Klein im Umfang, groß im Sound
Zwei Libraries für Fxpansions Drumsampler BFD wollen trotz überschaubarer Ausstattung für großen Klang sorgen. Ob und wie das klappt, klärt der Test.
Von Georg Berger
Bislang zeichneten sich Sample-Libraries für den Drumsampler BFD stets durch eine Riesenfülle unterschiedlicher Drumsets aus, gepaart mit einer entsprechend hohen Datenmenge und Verkaufspreisen in dreistelligen Euro-Bereichen. Doch es geht auch anders. Die neu erschienenen Libraries Glamouflage Kit von Platinum Samples und Snare Drum Selects Volume One des amerikanischen Modern Drummer Magazins gehen den entgegen gesetzten Weg. Sie konzentrieren die Palette an verfügbaren Sounds und Instrumenten auf wenige Aspekte, sind, je nach installierter Detailstufe, mit Datenvolumen zwischen sechs bis 20 Gigabyte ungleich Festplatten schonender als die großen Brüder und kosten jedes für sich gerade einmal knapp 90 Euro. Das Glamouflage-Produkt ist sozusagen eine Single-Auskopplung aus der Joe Barresi Evil Drums Library, die wir bereits in Heft 2/2008 ausführlich vorgestellt haben. Im Zentrum dieses sogenannten Quick Packs steht – Nomen est Omen – das Porkpie Glamouflage Kit, das vom Namensgeber der Library, Joe Barresi, nochmals tontechnisch aufbereitet wurde. Als Bonus gibt’s obendrein noch eine opulente Auswahl von über 1.200 MIDI-Grooves, die einen Parforce-Ritt durch sämtliche Rockstile bis hin zu Blues, Country und Funk bieten. In dieser Disziplin überragt das kleine Quick Pack seinen großen Bruder um Längen und sorgt für einen deutlichen Mehrwert. Der zweite Testkandidat, die Snare Drum Select Library, enthält zwölf Snare-Drums, die von den Redakteuren des Modern Drummer Magazins in loser Folge zwischen 2007 bis Anfang 2009 zur „Snare-Drum of the Month“ gekürt wurden. Die Produktion der Library oblag John Emrich, der sein Know-how schon öfters für Fxpansion-Libraries zur Verfügung stellte, so etwa bei der B.O.M.B.- (Test in Heft 8/2008) oder der Jazz & Funk-Library von Fxpansion (Test in Heft 8/2006). Das Instrumentarium des Glamouflage Quick Packs ist identisch zum fünften Drum-Kit der Evil Drums Library. Gleiches gilt auch für die enthaltenen Spielvariationen auf Hi-Hat, Snare-Drum und Ride-Becken. Der Clou an den Glamouflage-Sounds besteht in einer nochmaligen tontechnischen Aufbereitung durch die Hand von Joe Barresi. Außer seiner SSL 4000 G+ Konsole kam dabei ein vom Meister streng gehütetes Setup an Outboard zum Einsatz. Besonderheit: Der Room-/PZM-Kanal des BFD-Mixers, mit dem sich normalerweise zusätzliche Rauminformationen hinzufügen lassen, ist im Glamouflage Kit zweckentfremdet worden und erlaubt jetzt ein anteiliges Hinzumischen der Outboard-Signale auf das Summensignal.
Damit nicht genug, sind die Bass- und Snare-Drum-Samples zusätzlich bearbeitet worden, indem sie nochmals durch die Line- und Mikrofon-Eingänge von Channelstrips einer in Fachkreisen heiß begehrten Helios-Konsole geschickt wurden. So stehen also insgesamt drei verschieden klingende Bass- und Snare-Drum-Sounds zur Auswahl. Im Hörtest weiss das Glamouflage-Kit auf ganzer Linie zu überzeugen. Im Vergleich zu den Sounds auf Evil Drums, klingt das Glamouflage-Kit selbst mit deaktiviertem Ambience-Kanal merkbar knackiger, vordergründiger und knalliger. Die Attackphasen der Instrumente sind deutlicher herausmodelliert und das Nachklingen und Resonieren der Instrumente ist ein wenig länger zu hören. Das Einblenden der Effekt-Signale verstärkt diesen Klangeindruck nochmals. Insgesamt klingt das Drum-Kit schon eindeutig mehr nach Heavy Metal oder beinhartem Alternative. Wieselflink gespielte Double-Bass-Drums klingen mit dem Glamouflage-Kit deutlich prägnanter und präziser. Vergleichbares ist mit dem Evil Drums Pendant nur durch vorheriges Eingreifen mit Equalizern und Kompressoren möglich. Vorteil: Beim Glamouflage-Kit braucht man sich keine Gedanken zu machen und profitiert auf bequeme Art vom Know-how und den Gerätschaften des Meisters. Auffällig: Durch die Betonung der Impulsspitzen klingen die tonalen Anteile der Glamouflage-Instrumente leicht höher als die Evil-Drums-Pendants, was eine Kombination der Drumkits aus beiden Libraries zu einer reizvollen und abwechslungsreichen Angelegenheit macht. Die Sahnehäubchen liefern schließlich die durch die Helios-Channelstrips verfeinerten Bass- und Snare-Drums. Die Line-Samples besitzen nochmals ein Schippchen mehr Bissigkeit und Luftigkeit. Gleichzeitig klingen sie auch etwas vordergründiger und kürzer, da das Ausklingen der Trommeln deutlich reduziert ist. Die Mikrofon-Variante sorgt zusätzlich für neue Klangfarben: So schleichen sich Verzerrungen in den Sound ein, die bei der Bass-Drum für mehr Volumen sorgen und gerade die Attackphase noch einmal betonen. Man meint, das Schmatzen des Fells beim Aufschlagen des Schlegels noch deutlicher zu hören, was gleichzeitig mit einem hochfrequenten Impulsgeräusch, ähnlich eines Rim-Sounds, einhergeht. Ähnliches gilt auch für die Snare-Drum, wenngleich dort mehr Kesselanteil und Snareteppich zu hören ist, was ihr zusätzlich Plastizität verleiht. Im Vergleich zur Line-Variante klingt diese Snare auch ein wenig höher. Der Eindruck entsteht, als ob das Balance-Verhältnis zwischen oberem und unterem Mikrofon verändert ist. Mit dem Glamouflage Quick Pack offeriert Platinum Samples ein exzellent klingendes Drum Kit für alle Spielarten harter Rockmusik an. Die Sounds sind out-of-the-Box hervorragend einsetzbar, lassen die professionelle Handschrift des Meisters erkennen und bieten überdies flexible Eingriffsmöglichkeiten in den Klang. Das Quick Pack ist auch für Besitzer der Evil Drums Library ein Muss.
Der zweite Testkandidat, die Snare Drum Select Library konzentriert sich auf die klangliche Visitenkarte jedes Drumsets: Die Schnarrtrommel. Sie prägt vor allen anderen Instrumenten den Gesamtsound des Schlagzeugs und ist das erste Instrument, das ausgetauscht wird, wenn es ums Sound-Design geht. Mit den zwölf enthaltenen Trommeln der Library erhält der Anwender willkommene Alternativen, um seinen bestehenden virtuellen Instrumentenpool aufzustocken. Wichtig: Die Snare-Drum Select Library ist jedoch nur ab BFD in der Version 2.1 lauffähig. Jede Snare ist zum Einen mit herkömmlichen Drumsticks gespielt. Außer normalen Schlägen stehen die üblichen Spielvariationen wie Sidestick, Rimshot/-click, Flams und Rolls zur Verfügung, die für ein lebendiges Spiel sorgen. Außerdem findet sich zu fast jeder Snare – Ausnahme, das Worldmax-Modell – noch ein alternativ ladbarer Sound, teils mit ungespanntem Snareteppich, der entweder mit einem Besen oder einem Rod und im Falle der Tama-Snare sogar mit der Hand gespielt ist. Ihr Repertoire an Spielvariationen ist im Vergleich zu den Stick-Samples etwas eingegrenzt, aber ausreichend. Produzent John Emrich beweist bei der Auswahl und dem Einsatz der weiteren Schlegel professionelles Know-how und ein untrügliches Gespür, das Optimum an Klangfarben aus jeder Trommel herauszukitzeln. Auffällig: Ähnlich wie im Glamouflage-Kit lassen sich über die beiden Raumkanäle des BFD-Mixers zusätzliche Klangbestandteile der Snares hinzumischen, die jedoch nichts mit Raumsimulationen zu tun haben. Der Room-Kanal sorgt dabei für ein sehr deutliches Anheben der, sofern vorhanden, resonierenden Kessel- und geräuschhaften Snareteppich-Anteile. Der Ambience-Kanal realisiert ähnliches, geht jedoch merkbar subtiler ans Werk. Vorteil: Die Snares lassen sich aufgrund ihres direkten Sounds flexibel in jedes Drumset integrieren. Unabhängig von diesen Einstellmöglichkeiten wartet jede Snare mit ihren ganz eigenen klanglichen Charakteristiken auf. Das Instrumenten-Arsenal ist dabei grob in drei Bereiche unterteilbar: Fünf Modelle offerieren sehr kurze und impulsartig klingende Sounds, die mitunter wie Piccolo-Snares klingen und sich bestens für Pop und Dancefloor eignen. Sounds mit erdig klingenden Kesselanteilen und teils herrlich-schön scheppernden Snareteppichen im Nachklang sind bei vier Modellen zu hören. Rockmusiker aller Couleur werden mit Sicherheit ihre Freude daran haben. Die übrigen drei Snares positionieren sich schließlich zwischen diesen beiden Polen. Die Snare Drum Select Volume One Library enthält zwölf sehr gut klingende Snare-Drums, die willkommene und musikalisch sehr gut einsetzbare Optionen zum weiteren Verfeinern des Gesamt-Drumsounds liefern. Wer mit der Auswahl an Snares in seinen Libraries unzufrieden ist oder sich klanglich flexibler aufstellen will, sollte sich das Modern Drummer Produkt in jedem Falle einmal anhören.
Erschienen in Ausgabe 07/2009
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 85 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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