Viva España

Spanier kennen sich mit kleinen, kulinarischen Appetithäppchen bestens aus. Doch wie ist es um ihre Expertise für Stand-alone-Recorder bestellt? Lesen Sie selbst. 

Von Michael Nötges  

Seit über 25 Jahren liefert die spanische Firma AEQ, Audio- und Kommunikationssysteme für den Broadcast- und TV-Bereich. Darunter befindet sich auch der zeitgemäß als Hand Held Digital Recorder bezeichnete PAW-120, der als mobiles Aufnahme-Device eine kompakte Miniatur-Lösung für alle O-Ton- und Atmo-Jäger bietet. Die verblüffende Ähnlichkeit zum Nagra Ares-M II (Test 9/2007) brachte uns auf die Fährte einer gemeinsamen chinesischen Manufaktur. David Cassidy vom deutschen Vertrieb d.c. electronic bestätigte dann: „Der Rekorder besitzt die gleiche Hard- und Software wie der Ares-M II von Nagra.“ Die Unterschiede liegen im Detail: Zum einen hat der AEQ einen kleineren Flash-Festspeicher (ein, statt zwei Gigabyte), die langsamere USB-1.1-Schnittstelle und ein abgerundetes statt eckiges Gehäuse-Design. Außerdem unterscheiden sich die beiden Probanden in einigen Menüpunkten und der Display-Aufteilung geringfügig. Preislich liegt der elegante Spanier mit rund 730 Euro aber deutlich unter dem namhaften Schweizer (1.188 Euro), auch wenn das externe Steckmikrofon IECM-2 mit Sennheiser-Kapsel nicht im Lieferumgang enthalten ist und 107 Euro extra kostet.   Aufnahmen können sowohl mit dem internen Monomikrofon, dem IECM-2, externen Mikrofonen (dynamische, oder Elektret-Kondensatormikrofonen), als auch über den Line-Eingang angefertigt werden.

Alle Anschlüsse sind im 3,5-mm-Klinkenformat ausgeführt. Die stabile Steckverbindung für externe Mikrofone wird immer über zwei Stereo-Klinkenstecker sichergestellt. Auf den internen Flash-Speicher mit Fat16-Formatierung, lassen sich Daten im linearen PCM oder in komprimierten Formaten aufzeichnen. Es sind Samplingfrequenzen bis zu 48 Kilohertz bei 16 Bit Wortbreite möglich. Die USB-Schnittstelle ermöglicht den Datentransfer zum PC oder Mac.   Das kommt uns spanisch vor  Die Stromversorgung ist über zwei Batterien oder Akkus im AA-Format oder die USB-Schnittstelle sichergestellt. Akkus lassen sich im Gerät nicht aufladen.   Der in vornehmen Schwarz gehaltene Fäustling liegt angenehm in der Hand. Das kontrastreiche, übersichtliche OLED-Display ist auch in dunklen Umgebungen gut lesbar, nicht aber bei direkter Sonneneinstrahlung. Sämtliche Buttons auf der Oberseite verfügen über einen exakten Druckpunkt und eine angenehme Größe. Die griffigen Schiebe-Regler an der linken Flanke (Aufnahme, AGC und Hold) und die beiden Lautstärke-Taster (Line-Ausgang und Kopfhörer) auf der gegenüberliegenden Seite sind ergonomisch platziert und mit einer Hand praktisch zu bedienen.    Der PAW-120 bietet einen internen Editor mit Wellenform-Anzeige, der das Gerät zu einer rudimentären, aber autarken kleinen DAW macht. Die Mischung aus hochwertigem Diktier- und professionellem Aufnahmegerät verfügt über zahlreiche Features (sieh Steckbrief). Übersteuerungen sind durch die AGC so gut wie ausgeschlossen. Das VOR-System startet die Aufnahme, sobald das eingehende Signal einen wählbaren Threshold übersteigt. Zusätzlich sichert der Pre-Record-Buffer immer zwischen 500 Millisekunden und zwei Sekunden vor Aufnahmestart in einem separaten Speicher.ab   Menü-, Setup- und Manager-Fenster bieten eine Vielzahl von Untermenüs mit allgemeinen und sehr speziellen Konfigurationsmöglichkeiten, etwa Kompressionsvorgabe, AGC-Zielpegel oder Speicherordner.

In der Praxis wird die Auswahl des benötigten Formats und der Eingangsquelle am häufigsten benötigt. Dafür lassen sich im Setup-Fenster bis zu zehn individuelle Presets konfigurieren, wobei Mikrofontyp, Gain (0 bis 24 Dezibel), Boost (+19 oder +34 Dezibel), Phantomspeisung und Trittschallfilter wählbar sind.   Die Messungen des PAW-120 ergeben sehr ähnliche Ergebnisse wie beim Nagra Ares-M II (siehe Diagramme). Fremdspannungs- und Geräuschspannungsabstand betragen gute 80,8 und 82,3 Dezibel und aufgrund der hohen Verstärkungsreserven können auch dynamische Mikrofone mit geringen Ausgangsspannungen verwendet werden.   Für den ausführlichen Praxis- und Hörtest von Professional audio Magazin haben wir Sprache und Atmos über das interne Mikrofon, das Steckmikrofon IECM-2 und das Shure SM58 aufgenommen und mit Aufnahmen des Ares-M II verglichen.   Rund gemacht  Ein Nachteil wird beim Datentransfer deutlich: Über die USB-1.1-Schnittstelle dauert die Übertragung relativ lange. Die AGC erweist sich wie schon beim Ares-M II als probates Mittel zur optimalen Aussteuerung. Das Trittschallfilter eliminiert wirkungsvoll tieffrequente Störgeräusche. Das interne Mikrofon überzeugt durch ein klares Signal, mit sehr engagiertem Mitten- und Bassbereich. Das Steckmikrofon IECM-2 löst fein auf und liefert ein deutlich ausgewogeneres Klangbild. Bei den Atmo-Aufnahmen erscheint das Prasseln des Regens auf dem Fensterbrett natürlich und detailgetreu. Die Aufnahmen erinnern an das NM-MICS von Nagra, sind allerdings in den unteren Mitten ein wenig betonter. Für die Qualität der Wandler spricht der deutlich hörbare, nasale und präsente Klang des SM58. Die Aufnahme ist trotzdem ausgewogen, rauscharm und weiß auf ganzer Linie zu überzeugen. Hier ähneln sich die Aufnahmen des Nagra Ares-M II und des PAW-120 sehr, so dass keine nennenswerten Unterschiede auszumachen sind.

Fazit

Handlich, praktisch, gut ist der PAW-120 von AEQ. Er liefert klanglich professionelle und sendetaugliche Ergebnisse und lässt sich flexibel für verschiedene Aufnahmesituationen konfigurieren. Preislich unterläuft der schmucke Spanier mit rund 730 Euro seine direkte Konkurrenz. Allerdings zollt er seinen Tribut mit der langsamen USB-1.1-Schnittstelle, dem kleineren Festspeicher sowie geringerem Lieferumfang.

Erschienen in Ausgabe 10/2007

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 732 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut