Ein sauberes Dutzend
Die Entwickler des japanischen Herstellers Zoom haben ein neues Tool entworfen, das einen Dreifach-Spagat aus Live-Mischer Recording-Pult und USB-Audiointerface darstellt. Das LiveTrak L-12 weiß neben seiner funktionellen Vielfalt aber auch mit durchdachten Features und einer intuitiven Bedienung zu überzeugen.
Von Christian Stede
Zoom hat sich insbesondere durch Gitarreneffekte einen Namen gemacht, seit längerem gehören auch Drummachines und Mehrspur-Rekorder zum Produktportfolio. Das nun neu vorliegende LiveTrack L-12 ist, wie der Name vermuten lässt, in erster Linie für den Live-Einsatz oder den Proberaum konzipiert. Darauf weist neben der Bezeichnung die Ausstattung mit 8 symmetrischen XLR-Eingängen und insgesamt fünf dedizierten Monitorausgängen hin. Doch auch im Homerecording-Studio kann dieses Multifunktions-Pult eine gute Figur abgeben, denn dank des USB-Ports ist auch der Einsatz als Audio-Interface möglich.
Äußeres
Aufgrund des sehr guten Preis-/Leistungsverhältnisses stehen Zoom-Geräte oft bei denjenigen Musikern hoch im Kurs, deren Budget seine Grenzen kennt. Dies hat zur Folge, dass kleine Abstriche bei Optik und Verarbeitung hingenommen werden müssen, worin auch der LiveTrak L-12 keine Ausnahme macht. Gehäuse und Fader sind zwar aus Kunststoff, machen jedoch trotzdem einen langlebigen Eindruck, was auch für die Drucktaster gilt, die teilweise hintergrundbeleuchtet sind. Zudem ist ein postiver Nebeneffekt des Kunststoffgehäuses das geringe Gewicht. Die LED-Pegelanzeige der 8 Mono-Kanäle ist in je 12 Segmente unterteilt, leuchtstark und reaktionsschnell.
Das Display und der dazu gehörende Druck-/Drehregler sind vergleichsweise klein, da das L-12 aber so gut wie keine Editierfunktionen kennt, kann man damit gut leben.
Einschalten und loslegen
Die Bedienung des LiveTrak L-12 ist denkbar einfach und in weiten Teilen selbsterklärend. Die 8 Monokanäle lassen sich entweder als Mikrofoneingänge mit zuschaltbarer 48V-Phantomspeisung oder als Line-Eingänge nutzen, für letzteres ist ein Pad-Schalter pro Kanal vorhanden, der den Pegel um 20dB absenkt. Unter dem Drehregler für den Eingangspegel liegt praktischerweise direkt die Steuerung für die Kompression. (Für deren Wirkungsgrad siehe Abbildung weiter unten). Die Kanalpaare 9/10 und 11/12 sind entweder über die Cinch-Eingänge als Line nutzbar. Setzt man das L-12 als USB-Interface ein, liegen hier die Audio-Ausgänge des Rechners. Mit Apple Lightning ist es auch möglich, ein iPhone oder iPad (ab iOS 8) anzuschließen.
Durch Drücken der „Select“-Taste lädt man die einzelnen Kanäle in den Channel Strip, um dort die Einstellungen des Equalizers, das Panning und den Send-Anteil des Effektes zu regulieren. Der Stand der jeweiligen Drehregler wird durch einen umlaufenden LED-Kranz angezeigt. Auch ein LowCut-Filter steht im Channel Strip zur Wahl, der bei 75 Hz mit einer Flankensteilheit von 12dB pro Oktave einsetzt.
Der LiveTrak L-12 bietet insgesamt 16 verschiedene Reverb und Delay-Effekte an, es gibt jedoch dafür nur einen Slot, die getroffene Auswahl gilt also immer gleichzeitig für alle Kanäle. Für den Return-Pegel gibt es ebenfalls einen eigenen Fader samt Mute-Taster.
Der Master-Output des L-12 ist als symmetrische XLR-Klinke ausgeführt. Darüber hinaus gibt es noch fünf weitere Monitor-/Kopfhörerausgänge als TRS-6,3mm Klinke. Alle diese Ausgänge verfügen über einen eigenen Lautstärkeregler, zudem gibt ein Taster die Wahl, ob an diesen Ausgängen dasselbe Signal anliegt wie am Master-Output oder der im „Fader Mode“ gewählte Mix. Diese Funktion erlaubt es, fünf unterschiedliche Mixe für die Monitorausgänge zu erstellen, allerdings muss man hierfür jedoch leider auf den Effekt-Einschleifweg verzichten.
Multitracker mit Format
Setzt man den L-12 als Rekorder ein, ist eine Micro-SD Karte vonnöten, die im Lieferumfang nicht enthalten ist. Es werden Karten bis zu einer Kapazität von 512GB unterstützt. Die Auflösung beträgt wahlweise 16 oder 24 Bit, die Samplefrequenz 44,1; 48 oder 96 kHz. Ein Druck auf die „Rec/Play“-Taste, bis diese rot leuchtet, schaltet die einzelnen Spuren scharf, das Signal kann man aber auch schon vorher abhören. Die Aufnahme auf bis zu 12 Spuren gleichzeitig ist möglich. Das Tempo, das man mit Hilfe des Display-Menüs einstellt, ist nur für das Metronom von Bedeutung, da das Display nur die Laufzeit, aber nicht die Takte anzeigt. Daher sucht man auch eine Midi-Sync Funktion vergebens. Interne Routingmöglichkeiten von den Eingängen zu den Kanälen gibt es nicht, das heißt, das Signal von Input 1 landet auch immer auf dem ersten Kanal.
Der Name „LiveTrak“ ist auch bei den Aufnahmefunktionen Programm, denn um einen kompletten Song aufzunehmen, muss man ihn mit dem L-12 auch von A bis Z einspielen. Das Gerät selbst kennt keine Loop-Funktion oder ähnliche Editiermöglichkeiten bei den Audiospuren, nur das Punch in und Punch out ist möglich, was sich aber ohnehin nur mit dem optional erhältlichen Fußtaster zufriedenstellend realisieren lässt.
Möchte man weitere Spuren zu bereits aufgenommenem Material hinzufügen, gelingt dies durch nur nach vorherigem Aktivieren des „Overdub“ Tasters. Ansonsten legt der L-12 bei Start einer Aufnahme auch automatisch ein neues Projekt an, was andererseits aber durchaus praktisch ist, wenn man schnell mal etwas aufnehmen möchte.
Die „Overdub“-Funktion ist sicherlich eher für Homerecording-Anwendungen von Bedeutung. Da beide Tasten, also „Record“ und „Overdub“ nach einmaligem Drücken rot leuchten, ist es uns dabei allerdings mehrmals passiert, dass wir dachten, die Aufnahme läuft, obwohl nur „Overdub“ aktiviert war.
Messwerte
Auch im Messlabor wurde der LiveTrak L-12 auf Herz und Nieren geprüft. Die hohe Studio- und Livetauglichkeit stellt unter anderem der Geräuschspannungsabstand von 88,0 dBu (Line) und 85,6 dBu (Mic) unter Beweis. Der Fremdspannungsabstand liegt bei 86,2 dBu (Line), respektive 83,3 dBu (Mic). Die Phantomspannung wurde von uns mit 46,9 V gemessen, liegt also absolut noch im Toleranzbereich.
Der Empfindlichkeitsbereich der Mikrofoneingänge liegt nach unserer Messung bei -59,5 bis -15,1 dBu. Die Line-Eingänge weisen eine Empfindlichkeit von -33,5 bis +10,2 dBu auf.
Die Übersteuerungsreserven lassen ebenfalls nicht zu wünschen übrig, wie der maximale Eingangspegel von -3,5dB (Mic) und +22,4dB (Line) zeigt. Insbesondere beim Live-Einsatz muss man also keine plötzlich auftretenden, hässlichen Verzerrungen durch Übersteuerung fürchten.
Ein wahrer Könner in Sachen Klang
Der LiveTrak L-12 kam während unseres Tests sowohl bei Mitschnitten im Proberaum, als auch im Projektstudio als USB-Interface zum Einsatz. Aufgrund seiner kompakten Größe und seines geringen Gewichtes von deutlich unter 3kg ist der spontane Transport überhaupt kein Problem. Gut möglich, dass Zoom bald auch eine von der Größe her perfekt abgestimmte Tragetasche auf den Markt bringt.
Die Verkabelung von Mikrofonen und Monitoren ist schnell erledigt. Für viele Bands wird die Ausstattung des L-12 mit fünf Monitor-/Kopfhörerausgängen, auf denen fünf unterschiedliche Mixe liegen können, ein wahrer Segen sein. Endlich ist Schluss mit Beschwerden, man höre sein eigenes Spiel oder das eines Mitmusikers nicht laut genug.
Meint man, ein passendes Lautstärkeverhältnis gefunden zu haben, kann dieses Setup mit dem LiveTrak als „Scene“ gespeichert werden, wofür insgesamt 9 verschiedene Fader- und Channel Strip-Konstellationen abrufbar sind.
Aber der L-12 ist ja nicht nur ein Mischer, sondern auch ein Rekorder. Welche Wandler Zoom genau einsetzt, wird auch auf der Internetseite nicht genau verraten. Vielleicht haben sich die Japaner auch etwas bei ihrer Geheimniskrämerei gedacht, denn die Aufnahmequalität ist für ein Gerät in dieser Preisklasse wirklich erstaunlich.
Die Schlagzeugspuren kommen schön druckvoll daher, der Obertonreichtum der Beckenschläge wird sehr gut eingefangen. Es erleichtert das Einstellen der richtigen Pegel ungemein, dass der LiveTrak L-12 über je einen Kompressions-Regler pro Kanal verfügt und dieser Insert-Effekt nicht erst umständlich in einem Menü gesucht und aktiviert werden muss.
Weibliche Lead-Vocals, aufgenommen mit dem Audio Technica AT-2035 (Test des gleichnamigen Recording Bundles in der nächsten Ausgabe) gelingen dem L-12 schön transparent, die Mikrofonvorverstärker arbeiten die oberen Mitten plausibel und ohne künstlich klingende Überbetonung heraus. Um die Stimme nicht zu trocken klingen zu lassen, fügten wir etwas „Hall 2“ hinzu, wobei wir es nicht als Makel empfanden, dass der LiveTrak L-12 nur über einen Effektslot verfügt.
Auch bei Klavieraufnahmen zeigten die Wandler keine Schwächen. Wieder nahmen wir das AT-2035, diesmal zusammen mit einem Rode NT-2 Kleinmembran-Kondensatormikrofon und nutzten gleichzeitig die Interface-Funktion des LiveTrak L-12. Ein Reason-Drumloop spielte über USB ab, gleichzeitig mit der Aufnahme der Klavierspur. Das Audio Technica-Mikrofon wurde zudem noch durch den Golden Age PRE-73 Vorverstärker geschickt um herauszufinden, ob der LiveTrak auch dessen klangliche Vorzüge wiederzugeben vermag. Und siehe da: die räumliche Dimension wie auch die Zartheit des Anschlages kamen wunderbar herüber. Da der LiveTrak L-12 zudem auch über eine „Card Reader“-Funktion verfügt, muss man sich auch nicht schämen, wenn einem eine Passage mal etwas missglückt. Denn die einzelnen Spuren eines Projektes lassen sich auch prima per USB exportieren und auf dem Rechner, in Cubase oder einer ähnlichen Anwendung, zusammenschneiden.
Fazit
Der LiveTrak L-12 ist ein sehr intuitiv zu bedienendes und für seine Preisklasse hervorragend klingendes Recording-Pult. Das Konzept ist durchdacht und so flexibel angelegt, dass sich der L-12 sowohl bei kleineren Live-Gigs, im Home-Studio als auch im Proberaum effizient nutzen lässt. Zoom ist hiermit eine echte Bereicherung für Musiker mit etwas knapperem Budget gelungen.
Erschienen in Professional audio 11/2017