Dreiohrhase
Nicht eins, nicht zwei, sondern gleich drei Mikrofone besitzt der Olympus LS-14 und ist damit der Dreiohrhase unter den Handheld-Recordern. Lesen Sie, warum besonders Musiker künftig zum Hasenfreund werden könnten.
Von Sylvie Frei
Endlich ist Frühling, Sonne und Vogelstimmen locken ins Freie – ein guter Zeitpunkt, um den Test-Reigen der Field-Recorder fortzusetzen. Nachdem wir schon Anfang dieses Jahres das Flaggschiff-Modell LS-100 des japanischen Herstellers Olympus unter die Lupe genommen haben (Test in Ausgabe 01/2013), werfen wir heute einen näheren Blick auf seinen kleinen Bruder, den LS-14. Mit einem Preis von rund 220 Euro kostet der etwa Mobiltelefon-große Recorder gerade einmal die Hälfte des opulent ausgestatteten Verwandten und wartet naturgemäß mit einer etwas überschaubareren, aber nicht minder interessanten Ausstattung auf. Das Highlight: Für einen ausgewogenen und authentischen Klang bis hinein in den Bassbereich soll das sogenannte TRESMIC, ein dreigliedriges internes Mikrofonsystem bestehend aus Stereo-Richtmikrofonpaar und zusätzlich zuschaltbarem Bassmikrofon, sorgen.
Neben O-Ton-Jägern und Journalisten sollten beim LS-14 vor allen Dingen die Musiker aufhorchen. Hat Olympus den kleinen Kerl doch gleich mit einer ganzen Reihe musikerfreundlicher Features – von Stimmgerät, über Metronom, Monitoring bis hin zur Overdubbing-Funktion – ausgestattet. Damit soll auch Instrumentalübungen und Songskizzen außerhalb der eigenen vier Wände nichts mehr im Wege stehen.
Für eine komfortable Einstellung des Eingangspegels ist ebenfalls gesorgt: Außer dem automatischen und manuellen Einpegeln, bietet der LS-14 eine Funktion an, die den optimalen Pegel anhand eines zeitlich zuvor begrenzten Scanvorgangs einstellen kann und so auf quasi idiotensichere Weise zu einer optimalen Aussteuerung verhelfen soll. Durch ein ähnlich einfaches und intuitives Handling zeichnet sich – soviel sei schon einmal verraten – übrigens das gesamte Bedienkonzept des LS-14 aus. Dazu gehört auch ein in 13 Sprachen verfügbarer Voice-Guide, der für eine barrierefreie Führung durch die Menüstrukturen des Recorders sorgt. So weit wurde bisher bei nur wenigen Modellen gedacht, dafür gibt es schon einmal einen ersten Pluspunkt.
Anders als sein metallverschalter großer Bruder verbirgt sich das Innere des LS-14 in einem leichten Kunststoffgehäuse, das durch seine abgerundeten Ecken und geriffelten Seitenflächen angenehm und sicher in der Hand liegt. Mit deutlich unter 200 Gramm Gewicht und der Größe eines Handys kann der Recorder auch bei einem längeren Einsatz bequem in der Hand gehalten und mit dem Daumen bedient werden.Als Anzeige dient ein etwa briefmarkengroßes, monochromes LC-Matrix-Display, das mit einer gestochen scharfen Schrift und regelbarem Kontrast aufwartet. Durch seine bläuliche Hinterleuchtung kann in Situationen mit schlechten Lichtverhältnissen problemlos abgelesen werden. Auf einem Kunststoffbogen an der Vorderseite des LS-14 ist das TRESMIC angebracht: Links und rechts in einem Winkel von 90 Grad sind die beiden etwa würfelgroßen, in Metallzylindern eingefassten Stereorichtmikrofone montiert. Das omnidirektionale Bassmikrofon ist hingegen in der Mitte zwischen dem Stereopaar im Inneren des Kunststoffbogens eingelassen und lässt sich, je nach Bedarf ein- oder ausschalten (siehe Abbildung Seite 19). Zudem kann die Eingangsempfindlichkeit in drei Stufen sowie ein zweistufiges Low-Cut-Filter zum Ausblenden von Störfrequenzen ausgewählt werden.Wie beim großen Bruder lassen sich auch beim LS-14 externe Mikrofone verwenden sowie Line-Signale einspeisen. Klinken-, XLR-Buchsen und Phantomspannung besitzt der kleine Kerl natürlich nicht, aber mit zwei Miniklinkenbuchsen (Mic, Line) sowie Plug-in-Power für ein externes Mikrofon kann er allemal dienen. Für Abhörmöglichkeiten ist sogar gleich doppelt gesorgt: So verfügt der LS-14 neben einem integrierten Lautsprecher auf der Rückseite auch über einen Miniklinken-Kopfhörerausgang (Ear). Die Lautsprecher geben allemal genug Verstärkung her, sodass auch bei durchschnittlich lauten Umgebungsgeräuschen noch eine zuvor gut gepegelte Aufnahme abgehört werden kann. An einem konstant unruhigen Abhörort empfiehlt es sich dennoch mit Kopfhörern zu arbeiten.Auch an einer Remote-Buchse wurde nicht gespart, womit auch die Bedienung über eine optional erhältliche Fernbedienung möglich wird.
Doch nun wollen wir uns mit den Haupt-Features des LS-14 vertraut machen. Da wären zunächst die drei Aufnahme-Modi (Quick, Smart und Manual), die sich lediglich durch verschiedene Arten der Pegeleinstellung unterscheiden. Während im Quick-Modus der Aufnahmepegel automatisch eingestellt wird und die Aufnahme sofort gestartet werden kann, bietet der Manual-Modus die Möglichkeit den Eingangspegel von Hand einzustellen. Eine Zwischenform bietet der Smart-Modus: Dieser vermag es, den Pegel automatisch im Bezug auf einen zuvor bestimmten Zeitrahmen festzulegen. Vier Zeitintervalle von zehn Sekunden, 30 Sekunden, eine Minute bis unbegrenzt (manuell zu beenden) stehen zur Wahl. Während dieses Zeitraums scannt der Modus zunächst das Eingangssignal und stellt währenddessen den dafür optimalen Pegel ein. Nach Ablauf des Scanvorgangs startet die Aufnahme automatisch. Im Test lassen sich mit der Smart-Funktion sehr gut ausgesteuerte Aufnahmen erstellen, die sogar an die Qualität der manuellen Pegelung heran reichen und dafür ungleich bequemer erzielt werden konnten.Als nächstes schauen wir uns die Metronomfunktion an, die sowohl akustisch als auch optisch, über zwei blitzende LEDs oberhalb des Displays, den Takt angeben kann. Das Metronom lässt sich in Tempo (40 – 250 bpm), Anzahl der Schläge Pro Takt, Lautstärke und Sound einstellen. Anschließend kann das Metronom während der Aufnahme oder während einer Aufnahmepause aktiviert werden. Nachteil: Weder ein gleichzeitiges Starten von Aufnahme und Metronom noch ein Vorzählen vor der Aufnahme wird unterstützt. Über letzteres können wir hinwegsehen, die Möglichkeit des gleichzeitigen Startens von Metronom und Aufnahme wäre hingegen mehr als wünschenswert gewesen. Dafür müssen wir einen Punkt abziehen. Als nächstes nehmen wir die Stimmgerät-Funktion unter die Lupe. Beim Stimmen wird im Display der nächstgelegene chromatische Ton eingeblendet sowie die derzeitige Abweichung über eine Nadelanzeige. Alternativ kann auf eine Wellenform-Anzeige umgeschaltet werden. Der Hersteller empfiehlt diese Ansicht übrigens als Intonationshilfe für Naturtoninstrumente. Allerdings ist die Wellenanzeige unserer Ansicht nach eine zu kleine und ungenaue Referenz. Wir bevorzugen im Test die Nadelanzeige.
Doch dem ist noch immer nicht genug: Olympus hat dem Kleinen auch noch drei praktische Datei-Schnittfunktionen – Teilen, teilweise Löschen und Zuschneiden – verpasst, die rudimentäres Bearbeiten von Aufnahmen direkt im Recorder ermöglichen – ein Goodie, das nicht nur Musikern, sondern auch Journalisten und O-Ton-Jägern gelegen kommen dürfte. Für deren Bedürfnisse stehen außerdem Limiter, Hochpassfilter, Pre-Recording-, Hold-, A/B-Loop-Funktion, Skipping in unterschiedlichen Zeitintervallen sowie eine anpassbare Abspielgeschwindigkeit zur Verfügung.Auch in Sachen Aufnahmequalität, Speicherkapazität und Batterielebensdauer muss sich der LS-14 absolut nicht verstecken: Aufnahmen sind laut Hersteller wie beim großen Bruder mit einer Samplerate von bis zu 96 Kilohertz und einer Wortbreite von bis zu 24 Bit im PCM-Format (wav) möglich. Natürlich steht auch noch eine ganze Auswahl anderer PCM- und MP3-Formate zur Verfügung (siehe Steckbrief). Der LS-14 besitzt vier Gigabyte internen Speicher und kann Karten im SD oder SDHC-Format bis zu einer Größe von 32 Gigabyte aufnehmen. Zur Stromversorgung für laut Hersteller bis zu 46 Stunden am Stück dienen entweder zwei AA Mignon-Batterien oder zwei Ni-MH-Akkus. Als zusätzliche Anzeige dienen die beiden Metronom-LEDs, die je nach dem, ob sich die Abweichung des Tons unterhalb des Zieltons oder darüber befindet links oder rechts aufblinken. Die Stimmfunktion bietet sogar die Möglichkeit, den Kammerton von 440 Hertz in ein-Hertz-Schritten um bis zu fünf Hertz nach oben und nach unten anzupassen. Im Test lässt sich die akustische Gitarre in relativ kurzer Zeit sauber Stimmen. Das Stimmgerät reagiert dabei schnell, benötigt allerdings einen ziemlich lauten Saitenanschlag um den Eingangston zu erkennen. Zu leise Töne werden schlicht ignoriert und gar nicht angezeigt. Bei entsprechender Lautstärke ist die Tonerkennung allerdings sehr präzise, sodass einer exakten Stimmung nichts im Wege steht.Weiter geht es mit der Overdub-Funktion. Dafür genügt es, einen der bereits aufgenommenen Takes auszuwählen, die Overdub-Funktion zu aktivieren und daraufhin wird das Abspielen der Datei inklusive der neuen Aufnahme sofort gestartet und endet automatisch am Ende der Basisdatei. Während der Aufnahme lässt sich dank der Monitoring-Funktion über Kopfhörer mithören. Besonderheit: Der LS-14 verfährt beim Overdub so, dass die Basisdatei erhalten bleibt und eine neue Datei bestehend aus Basisdatei und Overdub-Take gespeichert wird. Mit jedem Overdub-Schritt entsteht also eine neue mehrstimmige Datei. Aber Achtung: Manche Funktionen des Recorders sind an ein bestimmtes Format gebunden. So ist das Teilen, Zuschneiden und teilweise Löschen von Dateien nur in PCM-Formaten möglich. Außerdem ist die Overdub-Funktion nur bei einer Samplerate von 44,1 Kilohertz und einer Wortbreite von 16 Bit verfügbar. Eine Funktion, die ebenfalls beim Overdubbing nicht zur Verfügung steht, das Pre-Recording, das schon mehrere Sekunden Tonmaterial vor dem eigentlichen Betätigen des Aufnahmeknopfes aufnehmen kann. Das sollte der Nutzer auf jeden Fall beachten, sonst endet die Aufnahme-Session im Format- und Funktionen-Frust schon bevor sie richtig angefangen hat. Apropos Frust: Im Overdub-Modus ist es übrigens ebenfalls nicht möglich, das Metronom zu aktivieren und Dateien zu teilen. Da wir aber der Meinung sind, dass ein Metronom beim Overdubbing eigentlich unerlässlich ist – dafür müsste es allerdings auch gleichzeitig mit der Aufnahme gestartet werden können –, müssen wir an dieser Stelle einen weiteren Punkt abziehen. So lässt sich die Overdub-Funktion zwar allemal für Gesangsaufnahmen oder Instrumentensoli über einem zuvor eingespielten Stück einsetzen – Aufnahmen mit gleichzeitig einsetzenden Stimmen sind hingegen ohne Hilfskonstruktionen kaum möglich.
Da wir im Rahmen dieses Tests natürlich nicht auf alle Funktionen eingehen können, wollen wir uns nun den klanglichen Eigenschaften des LS-14 widmen. Neben dem obligatorischen Gesangstest in allen Einstellungskombinationen, muss sich unser Kandidat bei einer Atmo-Aufnahme am Waldrand, in einem Interview und beim Mitschneiden eines Konzerts beweisen. Insgesamt lässt sich sein Klang anhand aller Testsituationen als äußerst naturgetreu und transparent beschreiben. Rein vom Hören her erwarten wir gute bis sehr gute Messergebnisse, die es durchaus auch mit dem einen oder anderen Interface aufnehmen können. Die Stereowirkung ist deutlich ausgeprägt, sodass ein eindrucksvoll räumlicher Eindruck entsteht. Auffällig: Der LS-14 kann selbst Töne in den absoluten Extremfrequenzbereichen noch deutlich wiedergeben. Im Test empfinden wir seinen Klang als weitgehend transparent; einzig für Signale mit hohen Frequenzanteilen wie Atemgeräusche oder das Knirschen von Kies ist der Recorder etwas anfällig, sodass diese deutlich stärker als in der Hörsituation hervortreten. Das Abschalten des Bassmikrofons macht deutlich, wie viel vom Klang des dritten Mikrofons abhängt. Die Aufnahmen mit dem Stereopaar wirken deutlich bassärmer und sehr viel körperloser, was sich bereits in den hohen Mitten bemerkbar macht. Zischlaute und andere hohe Frequenzen treten im Vergleich noch stärker hervor. Unserer Erfahrung nach ist das Betreiben aller drei internen Mikrofone grundsätzlich empfehlenswert, führt das Bassmikrofon doch zu einem deutlich ausgewogeneren Klangbild. Einzig bei Sprachaufnahmen, die in unruhiger Geräuschkulisse stattfinden, kann ein Abschalten des Bassmikrofons zu einer besseren Sprachverständlichkeit führen.
Im Messlabor schlägt sich unser Testkandidat überaus gut: Mit einer Eingangsempfindlichkeit von -68,2 Dezibel am Mikrofon-Eingang unterbietet der LS-14 seinen großen Bruder sogar um ganze zehn Dezibel. So können auch noch sehr leise dynamische Mikrofone für den LS-14 benutzt werden, die der kleine mit maximal 40 Dezibel noch ordentlich verstärken kann. Mit seinen äußerst vorzeigbaren Werten für Geräuschspannungs- sowie Fremdspannungsabstand um die 80 Dezibel stellt der kleine Recorder so manches Mittelklasse-Interface in den Schatten, wenn auch der LS-100 mit noch besseren Werten aufwarten kann. Auch das FFT des Kleinen kann sich sehen lassen: So wird der Noisefloor von gerade einmal -100 dB beim Mikrofon-Eingang nie überschritten. Der Klirrfaktor ist mit 0,2 % für beide Eingänge in Ordnung – beim Mikrofon-Eingang finden sich jedoch drei extrem hohe Peaks von bis zu -30 dB im Bassbereich auf einer Höhe von 45, 50 und 65 Hertz. Während der Frequenzgang des Line-Eingangs wie glattgebügelt erscheint, weist der Frequenzgang für den Mikrofon-Eingang in den Extrembereichen nur kleinere, unauffällige Abweichungen auf.
Fazit
Insgesamt kann der LS-14 mit überzeugender Klangqualität, sehr guten Messwerten sowie kinderleichtem Handling punkten. Highlight ist ganz klar das TRESMIC, das ausgewogene und authentische Aufnahmen bis hinein in die Extremfrequenzbereiche möglich macht. Allerdings führen die Einschränkungen bei der Nutzung mehrerer Musiker-Tools – besonders in Sachen Metronom bei der Aufnahme und im Overdub-Betrieb – dazu, dass der Recorder nur eingeschränkt musikalisch genutzt werden kann.
Erschienen in Ausgabe 06/2013
Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 219 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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