Kreativist

Sie wollen mal eben schnell eine Melodie festhalten, einen -Proben-, oder Konzert-Mitschnitt anfertigen und vielleicht sogar mehrstimmigen Gesang auf ein Playback schustern? All das ist mit dem kostengünstigen Handheld-Recorder DR-1 von Tascam kein Problem. Wie’s außerdem mit Klang und Praxistauglichkeit bestellt ist, zeigt der Test.

Von Michael Nötges 

In der stetig wachsenden Riege der Handheld-Recorder gibt es zwei Lager: Die einen – nennen wir sie Journalisten-Geräte – dienen in erster Linie den Belangen von Reportern bei Rundfunk- und Fernseh-Anstalten. Die anderen, die Kreativisten, helfen Musikern, Komponisten und Produzenten, ihre Ideen und Song-Layouts immer und überall festzuhalten. Zur ersten Gruppe gehören sicher der Nagra Ares-M II (Test in Ausgabe 9/2007), PAW-120 von AEQ (10/2007), Sony PCM-D50 (6/2008) oder PCM-D1 (12/2007) sowie Marantz PMD620 (8/2008), Maycom Handheld II (4/2008) oder das Flashmic DRM85 von HBB (8/2007). Auf die Seite der Kreativisten schlagen sich Edirol R-09 (10/2006), M-Audio Microtrack 24/96 (11/2006), Zoom H4 (3/2007) und auch unser Testkandidat DR-1 von Tascam. Natürlich überschneiden sich die Bereiche und auch ein Microtrack 24/96 eignet sich für sendetaugliche O-Töne beim Radio oder der Ares-M II liefert Aufnahmen für hochwertige Song-Layouts, aber Features wie Overdubbing, Pitch-Shifting oder ein eingebautes Metronom interessieren den eingefleischten Journalisten nicht wirklich. Wohl aber Limiter, Auto Gain Control und Pre-Record-Buffer. Deswegen ist es bei der Kaufentscheidung eines Handheld-Recorders so wichtig, die Frage zu stellen: Wofür brauche ich den Mobilisten eigentlich? Welche Features sind notwendig und last not least, was bin ich bereit auszugeben? Die von Professional audio Magazin bereits getesteten Handheld-Recorder rangieren zwischen 366 für den R-09 von Edirol und 1.188 Euro für den Broadcast-Spezialisten Ares-M II von Nagra. Den preisbewussten Einkäufer wird es freuen, dass der DR-1 von Tascam mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 349 Euro die Preis-Range der Handheld-Recorder nach unten erweitert.

Der DR-1 ist 13,5 Zentimeter hoch, sieben breit, knapp drei stark und wiegt insgesamt 208 Gramm. Durch sein schlichtes schwarz-graues Kunststoff-Design erinnert er damit – wie schon der R-09 von Edirol – an die schlichte Trockenrasierer-Statur alter Braun-Geräte. Er verfügt über ein eigens von Tascam entwickeltes Stereo-Mikrofon, dessen Ausrichtung um maximal 90 Grad nach oben – der DR-1 liegt dabei auf dem Rücken – verändert werden kann. Die Kapseln des Elektret-Kondensator-Mikrofons haben Nierencharakteristik und sind in starrer A/B-Anordnung montiert. Die beiden Kapseln sind um je 45 Grad nach außen gewandt, um auch bei kurzem Aufnahmeabstand eine breite Stereobasis einfangen zu können. Der DR-1 bietet außerdem zwei Eingänge, um auch externe Mikrofone anschließen zu können. Aufnahmen sind mit maximal 24 Bit und 48 Kilohertz im Wave-Format möglich. Der Mobilist erweist sich aber auch als Speicherplatz sparender MP3-Recorder, der Auflösungen zwischen 32 und 320 kbps anbietet. Als Speichermedium dienen SD oder SDHC-Karten mit einer maximalen Speicherkapazität von 32 Gigabyte (SDHC). Im Lieferumfang enthalten ist eine 1-Gigabyte-Karte, auf der gut eine Stunde Audio-Daten im Wave- (24 Bit/48 Kilohertz) oder cirka 18,5 Stunden im MP3-Format Platz finden. Ganz schön üppig im Vergleich zum Microtrack 24/96, dem Zoom H4 oder dem R-09 von Edirol, die lediglich 64- oder 128-Megabyte-Karten ab Werk bieten. Zur Übertragung der -Daten auf den PC oder Mac ist  eine USB-2.0-Schnittstelle verbaut. Die Stromversorgung besorgt ein proprietärer Lithium-Ionen-Akku, der laut Hersteller, voll aufgeladen für cirka sieben Stunden Dauerbetrieb reichen soll. Die zusätzliche Anschaffung eines Ersatzakkus BP-L2 (49 Euro) und des Netzteils PS-P520 (26 Euro), die beide nicht im Lieferumfang enthalten sind, ist dringend zu empfehlen, damit in wichtigen Aufnahme-situationen dem DR-1 nicht der Saft wegbleibt, weil keine alternative Stromversorgung zur Hand ist. Außerdem dauert das Aufladen des Akkus über die USB-Schnittstelle fast doppelt solange wie mit Hilfe des Netzteils (cirka drei Stunden). Da loben wir uns doch die Stromversorgung mit gängigen AA- oder AAA-Batterien, wie sie beispielsweise der Edirol
R-09 oder der Zoom H4 bieten, die bekommt man schließlich an jeder Tankstelle. Mit dem AK-DR1 Zubehör-Set (59 Euro) lässt sich die Ausstattung des DR-1 zudem um einen Windschutz, Dreibeinstativ, einen Adapter für Mikrofonständer und einen Stativkupplung erweitern.
Der Mobilist hat neben dem internen Stereo-Mikrofon drei analoge Eingänge: Zwei 3,5-mm-Klinken-Buchsen (Mic1-In und Line-In) finden  zwischen den beiden Mikrofonkapseln am Kopf des Gerätes, um Stereo-Signale von externen Mikrofonen oder Zuspielern zu empfangen. Gegenüberliegend ist eine 6,35-mm-Klinken-Buchse (Mic2-In) als alternativer Mono-Mikrofoneingang verbaut. Die Phantomspannung von gerade einmal 2,3 Volt – gemessen im Professional audio Magazin-Labor –  ist nur für den ersten Eingang aktivierbar und reicht keinesfalls für Kondensator-Mikrofone aus, die eine genormte Phantomspannung von 48 Volt benötigen. Sie eignet sich lediglich für Elektret-Kondensator-Mikrofone, die mit dieser Pseudo-Phantomspannung arbeiten. Schade, dass Tascam dies im Handbuch nicht erwähnt. Für den zweiten Eingang lässt sich die Phantomspannung nicht aktivieren, also muss auf Schallwandler zurückgegriffen werden, die über eine eigene Stromversorgung verfügen oder gar keine benötigen.
Den Eingangspegel stellt man per Drehrad ein, dessen oberer Teil aus der rechten Gehäuseflanke ragt. Es ist zwar nicht viel größer als ein Ein-Cent-Stück, aber dank seiner geriffelten Kante trotzdem problemlos zu bedienen. Der analoge Ausgang für Line- und Kopfhörer-Signale (3,5-mm-Klinken-Buchse) findet sich auch an der rechten Flanke des DR-1. Die Ausgangslautstärke ist über eine Pegel-Wippe einzustellen, die stark an Bauteile von Handys  erinnert – etwas fumme-lig, aber durchaus funktionstüchtig. Ein Bedienelement der gleichen Bauart (Mix Balance), direkt über dem Ausgangs-
Pegelsteller fordert besondere Aufmerksamkeit, da es einem Spezial-Feature des DR-1 zugeordnet ist: Die Overdub-
Aufnahme.
Dieser spezielle Aufnahme-Modus – ähnliches bietet  der H-4 von Zoom mit seinem 4-Track-Modus – erlaubt es, eine Mischung aus dem Wiedergabe- und Eingangs-Signal zu erstellen. Will heißen, ein Sänger kann problemlos seine Stimme auf ein bestehendes Playback legen. Dafür muss als erstes aber das Firmware-Update 1.10 von der Tascam-Homepage (www.tascam.de) heruntergeladen und auf dem DR-1 installiert werden. Dann öffnet sich bei jedem Aufnahmevorgang ein Pop-Up-Fenster im Display, um die Overdub-Funktion an- oder auszuschalten. Die Mix-Balance-Wippe bestimmt dann das Verhältnis des schon aufgezeichneten Tracks zur Aufnahme. Der DR-1 legt immer eine neue Datei an. Die alte wird also nicht überschrieben, sondern steht auch nach der Aufnahme weiter unverfälscht zur Verfügung. Durch wiederholtes Overdubbing lassen sich sogar mehrstimmige Backing-Vocals aufnehmen. Aber der DR-1 hat speziell für Musiker noch mehr Features zu bieten. Zum Beispiel ein eingebautes Metronom sowie ein chromatisches Stimmgerät, die dem Musiker helfen, sein Timing und Tuning auf den Punkt zu bringen. Außerdem bietet der DR-1 weitere hilfreiche Features zum Üben oder Heraushören bestimmter Instrumental-Parts: Die PB-Control – das Menü wird über den PB-Control-Button auf der Oberseite aufgerufen – ermöglicht die Veränderung der Abspielgeschwindigkeit zwischen -50 und +16 Prozent. Ist zusätzlich die sogenannte VSA-Funktion gewählt, ändert sich zwar die Geschwindigkeit, nicht aber die Tonhöhe – besonders hilfreich beim Heraushören von schnellen Soli. Die Key-Funktion ändert die Tonhöhe des jeweiligen Tracks in Halbtonschritten, ohne die Geschwindigkeit zu beeinflussen. Damit lässt sich im Handumdrehen die richtige Tonart für eine Sängerin herausfinden. Aber das ist immer noch nicht alles, was der DR-1 in punkto Kreativen-Support zu bieten hat. Die Gesangs- und Instrumentalstimmenunterdrückung bedämpft nach Wunsch die Lautstärke der Hauptstimme oder bestimmter Instrumental-Stimmen. Der Bearbeitungsbereich ist entweder der gesamte (All) oder lediglich der mittlere Frequenzbereich (Mid). Außerdem kann das zu eliminierenden Instrument im Stereopanorama angefahren werden. Die Abstufung zwischen der Center- und den beiden Außen-Positionen (links und rechts) beträgt je zehn Schritte. Das müssen wir natürlich sofort ausprobieren: Per USB-2.0-Schnittstelle laden wir Jim Croces „Time in a Bottle“ auf den DR-1. Bei eingeschalteter Part-Canncel-Funktion verschwindet die Hauptstimme tatsächlich aus der Center-Position. Zurück bleibt lediglich das Seitensignal, also Raumanteile. Problemlos lässt sich auch die Akustigitarren-Stimme auf dem linken Kanal anfahren und bis auf ein paar Hallanteile auslöschen. Diese bleiben aber unscheinbar im Hintergrund, so dass der gelöschte Part problemlos und ohne Ablenkung geübt werden kann. „Letztendlich fußt das Verfahren natürlich auf Phasenauslöschungen“, erklärt uns Dirk Born, Marketing Manager bei Tascam. „Allerdings“, fügt er hinzu, „mit einem stark verbesserten Algorithmus.“

Tascam hat sich nicht lumpen lassen und zusätzlich elf Effekt-Algorithmen implementiert, um Aufnahmen noch weiter veredeln zu können. Die Auswahl bietet vier reine Reverb-Effekte (RevHall, RevRoom, RevLive und RevStudio), drei kombinierte (RevCho, RevPit, RevEnh) eine Art Exciter und Chorus (Emphasis, Detune), sowie einen Panning-Effekt (AutoPan) und einen Lo-Fi-Effekt für trashige Sounds. Mit dem FX-Button ist das Menü im Handumdrehen aufgerufen. Zunächst kann der User entscheiden, ob der Effekt für das Eingangssignal, also bei der Aufnahme, oder beim Abspielen verwendet werden soll. Zu jedem Preset gibt es immer die beiden gleichen Parameter zum groben Anpassen: Level und Depth. Der Level-Regler bestimmt den Ausgangspegel des Effektes, der Depth-Regler dessen Intensität. Auch die Effekte wollen wir uns sofort anhören und spielen dazu einen Akustikgitarren-Take mit der Loop-Funktion des DR-1 ab: Die Algorithmen klingen durch die Bank ordentlich und erfüllen ihren Zweck. Eine Feinabstimmung ist aber nicht möglich. Besonders positiv fällt der Reverb-Chorus auf, der Akustikgitarrensignale angenehm andickt und im Raum platziert. Für Gesang gefällt der dezent eingesetzte RevHall-Algorithmus am besten. Etwas garstig kommt der Reverb-Pitch-Shift-Effekt daher – aber das bleibt Geschmackssache.
Bevor wir uns den Messwerten zuwenden, noch ein paar Worte zu interessanten Features, den verschiedenen Menüs und zur Bedienung des DR-1: Positiv fällt sofort das Zwei-Euro-Stück große Jogg-Wheel auf, das ergonomisch sauber konstruiert, in einer Senke auf der Geräte-oberfläche untergebracht ist. Der flache Endlosring dient zum Navigieren und Einstellen unterschiedlicher Parameter, sowie zum schnellen Auffinden, also gezieltem Vor- oder Zurückspulen von bestimmten Passagen im jeweiligen Track. Beim Drehen sind leichte Rasterpunkte zu spüren, die besonders beim exakten Einstellen hilfreich sind. Die Transport-Buttons und die Taster für die Menü-Auswahl oder die Loop-Funktion sind nur fingerspitzengroß, was aber dank ihres exakten Druckpunkts keine Einschränkung in der Bedienung darstellt. Der Hold-Schiebeschalter ist schwergängig. Zu Recht, da sich dieser nicht versehendlich verstellen soll. Das hinterleuchtete zweifarbige LCD-Display ist funktionell, erreicht aber keinesfalls die Schärfe und den Kontrast eines OLED-Displays, wie es der PMD-620 von Marantz (Test in Ausgabe 8/2008) bietet.
Die unterschiedlichen Einstellungsseiten bieten eine Vielzahl an Konfigurationsmöglichkeiten. Hinter dem PB-Control- und dem FX-Button verbergen sich die bereits erwähnten Übungsfunktionen und Effekt-Einstellungen. Allgemeine Einstellungen für das Aufnahme-Format, die üblichen Display-Contrast-, Auto-Shut-Down- und die Formatierungs-Funktionen sowie die Dauer der Hintergrundbeleuchtung (30 Sekunden bis Off) finden sich im Setup-Menü, das über den Menü-Button erreichbar ist. Außerdem bietet das Browser-Unter-menü eine dem Windows-Explorer nachempfundene Ordnerstruktur, um alle aufgenommenen und gespeicherten Tracks übersichtlich zu strukturieren. Zur Umbenennung – das gilt auch für die aufgenommenen Tracks – muss der DR-1 an einen Mac oder PC angeschlossen werden. Als Wechseldatenträger erkannt, lassen sich am besten vor den Aufnahmen passende Ordner erstellen, in die dann die einzelnen Takes abgelegt werden. Um eine Auswahl an bestimmten Stücken oder Aufnahmen zusammenzustellen, dient die Playlist. Um diese zu erstellen, wählt man einfach -einen gewünschten Track im Browser-Menü aus, klickt auf die Play-Taste und wählt Add-List und schon füllt sie die Wunschliste.
Für das Abspielen nicht von Belang, aber für die Aufnahmen entscheidend sind die Input-Settings, die über ein eigenes Menü durch einen Druck auf den an der Flanke installierten Settings-Button aufgerufen werden. Zunächst lässt sich zwischen Int/Mic, Mic2 und dem Line-Eingang wählen, wobei das interne Mikrofon immer automatisch abgeschaltet ist, sobald ein externes Mikrofon am Mic1-Eingang angeschlossen ist. Die Monitor-Funktion ist für die Overdub-Aufnahmen zu aktivieren, ansonsten kann das Mix-Signal nicht über den Kopfhörer/Line-Ausgang abgehört werden. Außerdem bietet der DR-1 – aber nur für den ersten Mikrofoneingang – weitere Features: Die Eingangsempfindlichkeit ist in drei Stufen justierbar (High: -48 dBV; Midi: -32 dBV; Low: -16 dBV). Es gibt einen Mono- und Stereo-Aufnahme-Modus und die bereits erwähnte Phantomspannung. Die Einsatzfrequenz des Trittschallfilters ist zwischen 40, 80, und 120 Hertz umschaltbar, um Wind oder auch Griffgeräusche zu minimieren. Um die Lautstärke zu kontrollieren, dient entweder ein Limiter, der Übersteuerungen vermeiden soll oder eine automatische Pegelanpassung: Leise Stellen werden angehoben, laute bedämpft. Je nachdem, in welcher Position der Rekorder auf die Schallquelle ausgerichtet ist, kann es hilfreich sein, die beiden Stereoseiten der Eingangskanäle zu vertauschen. Damit immer das Stereobild der Aufnahmen, dem reellen Abbild der Schallquelle entspricht.
Die Messwerte des DR-1 können problemlos mit der direkten Konkurrenz mithalten und übertreffen diese sogar in manchen Bereichen. Besonders überzeugend ist der Klirrfaktor von 0,03 Prozent, der zwar nicht ganz an den sehr guten Wert des Microtrack 24/96 von M-Audio heran reicht, aber den R-09 (0,3 Prozent) und den H4 von Zoom (0,15 Prozent) deutlich übertrifft. Auch die Geräusch- und Fremdspannungsabstände liegen bei guten 76,2 und 73,5 Dezibel, siedeln sich im direkten Preisklassen-Vergleich also im oberen Drittel an. Ziemlich niedrig ist allerdings die Eingangsempfindlichkeit von -39,4 Dezibel. Da empfehlen sich externe Elektret-Kondensator-Mikrofone mit hoher Eingangsempfindlichkeit – am besten größer 8 mV/Pa –, damit auch bei leisen Schallquellen genügend Verstärkungsreserven zur Verfügung stehen. Das FFT-Spektrum zeigt leichte k2- und k3-Anteile und Einstreuungen im Bass-Bereich, die Geräusch- und Fremdspannungsabstand um fast zehn Dezibel mindern. Auch  die Übersprechdämpfung ist ausgezeichnet, bleibt das Übersprechen von Kanal 1 auf Kanal 2 in einen Bereich weit unterhalb von -65 Dezibel.

Für den Hör- und Praxistest haben wir natürlich Aufnahmen mit 24 Bit und 48 Kilohertz über das  interne Stereo-Mikrofon angefertigt und diese mit Aufnahmen des MCE 82 von Beyerdynamic (Test in Ausgabe 11/2007) verglichen. Außerdem standen natürlich einige der interessanten Zusatz-Features in puncto Praxistauglichkeit auf den Prüfstand. Aber zunächst zum Klang des DR-1: Auch wenn der Kopfhörer-Ausgang beim Monitoring etwas rauscht, sind die Aufnahmen weitestgehend frei von hörbaren Störgeräuschen. Lediglich bei sehr weit entfernten und leisen Schallquellen, wie einer Kirchenglocke, die für einen optimalen Aufnahmepegel heftig verstärkt werden muss, steigt der Noise-Floor deutlich hörbar an. Bei gut ausgesteuerten und nah mikrofonierten Sprach- und Instrumenten-Aufnahmen gibt es aber kein Rausch-Problem.
Beim Abhören der Aufnahmen zeigt sich: Das interne Mikrofon klingt analytisch und ist  insgesamt sehr präsent, aber etwas kraftlos. Die Höhen kommen zwar detailliert und die Anschlagsgeräusche bei den Akustikgitarren-Aufnahmen werden detailgetreu eingefangen, aber ab den unteren Mitten verlässt den DR-1 etwas die Kraft, was zu einem insgesamt eher dünnen Klangbild führt. Das ist bei Probe- und Konzertmitschnitten aber mitunter ein Vorteil. Es empfiehlt sich sogar besonders bei impulsiven Rhythmusgruppen (Bass/Schlagzeug), die Einsatzfrequenz des Trittschallfilters zusätzich auf 120 Hertz zu setzen, um tieffrequentes Dröhnen bei den Aufnahmen zu vermeiden.
Alles andere als schwach auf der Brust klingt der DR-1 mit dem externen MCE 82 von Beyerdynamic. Grund: Der Frequenzgang des Mikrofoneingangs weist eine Anhebung der Frequenzen unterhalb von 200 Hertz um maximal vier Dezibel bei 20 Hertz auf (siehe Kurve). Der Frequenzgang des MCE 82 dagegen -einen sanften Abfall unterhalb von 130  Hertz und eine Höhenbetonung bei acht Kilohertz. Das Ergebnis: Die unteren Mitten kommen insgesamt leicht -betont, während sich die Frequenz–
gang-Änderungen des Mikrofons und Rekorder-Eingangs im Bass-Bereich gegenseitig aufheben. Für den Klang der Akustikgitarre bedeutet das einen sehr ausgeglichenen Klang mit leichter Andickung in den unteren Mitten. Besonders dünnen Stimmen hilft unsere Kombination mit mehr Kraft auf die Sprünge. Insgesamt gewinnen die Aufnahmen mit dem externen Mikrofon zusätzlich deutlich an Lebendigkeit und Frische, was nicht zuletzt auf die feinere Auflösung und das bessere Impulsverhalten des MCE 82 zurückzuführen ist.
Für Songlayouts und Songskizzen reicht das interne Mikrofon aber allemal. Bevor wir einen Song einspielen, stimmen wir die Gitarre mit dem internen Tuner, der zwar keinen Komfortpreis in punkto Anzeige im Display erlangt, aber im Gegensatz zu vielen anderen integrierten Stimmgeräten bestens funktioniert. Dann spielen wir die Rhythmusgitarre ein und fügen per Overdub-Aufnahme zunächst eine zweite Gitarre und dann einen auf den Schenkeln getrommelten Grund-Rhythmus dazu. Es ist nicht ganz einfach, das richtige Mischverhältnis einzustellen und eine Undo-Funktion wäre wünschenswert, aber das Overdub-Prinzip funktioniert. Dann singen wir die Melodie in fließendem Kauderwelsch ein und versehen sie dabei mit einem dezenten Hall – fertig ist das Layout. Als Skizze und kreatives Gedächtnis perfekt, aber der nächste Schritt sollte auf jeden Fall eine schnelle Mehrspuraufnahme in der DAW sein. Dabei zeigt sich die Tempo-Funktion als praktische Hilfe. Ist der spontan gespielte Gitarrenlauf zwar perfekt gelungen, aber nach ein paar Tagen nicht unmittelbar wiederholbar, ruft er sich langsam abgespielt schnell wieder ins Gedächtnis. Soll das Layout jetzt von einer Sängerin interpretiert werden, die sich aber über die Tonart mokiert, hilft die Pitch-Funktion. Natürlich leidet die Klangqualität unter den Bearbeitungen, aber darum geht es hier nicht, denn sie sollen lediglich helfen, die qualitativ hochwertigen Hauptaufnahmen vorzubereiten und dafür erfüllen diese Features zuverlässig ihren Zweck.

Fazit

Der Handheld-Rekorder DR-1 von Tascam ist mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 349 Euro ein kostengünstiger Allrounder, der besonders durch seine praxisnahen Aufnahme-, Abspiel- und Übungs-Features für Produzenten, Instrumentalisten und Sänger punkten kann. Dennoch hat der Kreativist auch das Zeug zum Reporter-Tool, liefert er doch brauchbare O-Töne mit dem internen Stereo-Mikrofon und zeigt sich als ausgeglichener Schall-Konservierer mit externen Elektret-Kondensator-Mikrofonen – große Möglichkeiten für kleines Geld.

Erschienen in Ausgabe 10/2008

Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 349 €
Bewertung: gut
Preis/Leistung: sehr gut