Kraftpaket – HEDD Type 20
Type 20 heißt das neuste Modell im noch kleinen Portfolio des Spezialisten für hochwertige Studiomonitore HEDD. Der kompakte Drei-Wege-Aktivmonitor überzeugte im Test mit einer exzellenten Klangqualität
Von Freda Ressel
Vor etwas mehr als einem Jahr testeten wir den Erstling des von Adam-Gründer Klaus Heinz neu aufgebauten Unternehmens Heinz Electrodynamic Designs, kurz HEDD, einen Aktivmonitor mit der Bezeichnung Type 07. Dieser punktete mit seiner neutralen Wiedergabe und einem hervorragenden Auflösungsvermögen und etablierte HEDD auf Anhieb als ernstzunehmenden neuen Player auf dem Studiomonitor-Sektor. Danach ging es Schlag auf Schlag, es folgte der kleinere Type 05 und der große Vier-Wege-Monitor Type 30, zwischen Type 07 und Type 30 rundet nun der neue Type 20 das Portfolio vorerst ab. Das Ziel der Entwicklung war es, eine platzsparende, aber vollausgestattete Abhöre mit „großem“ Klang für kleinere Studios oder engagierte Heimrecordler mit entsprechendem Budget zu bauen. Dabei setzte Klaus Heinz aber nicht auf eine aufgebohrte Variante des Type 07, sondern entschied sich, den Studioboliden Type 30 downzusizen und auf einen der beiden Tiefmitteltöner zu verzichten. Diese Entscheidung scheint sich auszuzahlen, denn der Typ 20 (UVP 2.200 Euro pro Stück) ist laut Hersteller der gefragteste Monitor im Sortiment und sorgte bereits bei der Premiere auf der Musikmesse 2017 für großes Aufsehen.
Gehäuse und Anschlüsse
Aufgrund seiner Konzeption fällt der Type 20 tatsächlich sofort auf, teilen sich die kompakte Frontplatte des würfelförmigen Gehäuses drei aufgewachsene Lautsprechersysteme plus Bassreflex-Öffnung. Mit 15 Kilogramm Gewicht ist demnach für seine Größe auch erstaunlich schwer, was der soliden Bauweise und dem getriebenen technischen Aufwand geschuldet ist. Das Gehäuse besteht wie üblich aus dicken MDF-Platten und wurde nahtlos mit einem dunkelgrauen Hartgummilack überzogen, was ihm die edle Anmutung einer Unibody-Bauweise verleiht. Die rutschfeste Lackierung ist zudem haptisch sehr angenehm – und sieht auch noch sehr schick aus.
Die Monitore sind spiegelbildlich aufgebaut, werden also axialsymmetrisch aufgestellt. HEDD empfiehl, die Tieftöner jeweils innen zu platzieren, sodass Mitteltöner und Air Motion Transformer außen sitzen. Je nach Raumgröße, beziehungsweise Abstand zu den Seitenwänden, kann es aber auch durchaus Sinne machen, die Positionen zu tauschen, die Hochmittelton-Einheit also innen zu platzieren. Ausprobieren sollte man das auf jeden Fall. Drei Signal-LEDs sitzen unter dem Mitteltöner. Die rote Lampe informiert über den Einsatz des Limiters, der bei Überlastung automatisch aktiv wird, um den Monitor vor Schäden zu schützen. Grün leuchtet der Type 20 im normalen Betrieb. Leuchtet die weiße LED, ist die HEDD-Bridge im Einsatz – dazu gleich mehr. Wie bei den anderen Modellen des Herstellers sitzen nicht nur die Anschlüsse (XLR- und unsymmetrischer Cincheingang) sondern auch die Bedienelemente auf der Rückseite, eingelassen in eine solide Metallplatte. Der Steckplatz für die separat erhältlichen HEDD-Bridge Module ist mit einer Metallplatte verschlossen. Obwohl der Typ 20 von Hause als konsequent analog aufgebauter Abhörmonitor entwickelt wurde, verzichtete Klaus Heinz nicht auf digitale Erweiterungsoptionen: Module für AES67 Ravenna, AES3/EBU, USB sowie ein Modul für den Wireless-Betrieb sind geplant, bereits erhältlich ist die Karte für das Dante-Netzwerkprotokoll, über die sich die Monitore in Audio-over-IP-Netzwerke einbinden lassen und so auch leicht in komplexen Mehrkanalumgebungen ansteuerbar werden. Die Dantekarte war laut Hersteller das mit Abstand gefragteste Modul, weshalb es nur logisch war, diese zuerst fertig zu stellen. Die HEDD-Bridge-Module sind grundsätzlich als Zwei-Kanal-Karten aufgebaut, so dass für ein Paar Monitore nur eine Karte benötigt wird. Um zwischen den drei Inputoptionen XLR, Cinch und HEDD Bridge zu wählen, findet sich auf der Rückseite ein Schiebeschalter. Außerdem bietet der Monitor Drehregler für die Eingangsempfindlichkeit und die Raumanpassungsfilter – dazu später mehr.
Innenleben
Die im Type 20 verbauten Treiber sind identisch mit denen des Type 30. Der wie gesagt einzige Unterschied ist, dass hier nur ein Tieftöner zum Einsatz kommt. Dieser besitzt einen Membrandurchmesser von 125 Millimeter. Die Sandwichmembran besteht aus sogenanntem Ultra Honeycomb Composite, einer Mischung aus Kevlargewebe und einer Kapton-Wabenstruktur im Inneren. Diese macht die Membran ultraleicht und dabei extrem steif, was bei geringstmöglicher Masse dennoch Partialschwingungen so gut wie unmöglich macht.
Aus dem gleichem Material ist auch der Mitteltöner, dessen Konusmembran mit 80 Millimeter im Durchmesser zählt. Natürlich kommt ein von Klaus Heinz entwickelter Monitor nicht ohne den obligatorischen AMT-Hochtöner aus. Diese vom deutsch-amerikanischen Physiker Oskar Heil entwickelte Version eines Bändchenhochtöners ist mittlerweile ein Markenzeichen der von Heinz entwickelten Monitore. Hier arbeitet eine große, Ziehharmonika förmig gefaltete und mit Aluminiumleiterbahnen versehene Kapton-Membran in einem starken Magnetfeld. Wird ein Signal angelegt, öffnen und schließen sich die Lamellen wie bei einem Blasebalg und quetschen die Luft derart vehement heraus, dass die Luftmoleküle im Vergleich zu konventielllen kaliztten oder Bändchen Membranen um den Faktor vier beschleunigt werden Dies macht aus dem AMT einen extrem schnellen Hochtöner mit einem besonders guten Impulsverhalten und einer akkuraten und extrem fein aufgelösten Höhenwiedergabe. Heinz führte dieses Hochtönerkonzept 1999 in die Studioszene ein und entwickelte es seither stetig weiter. Der hier verbaute AMT-Hochtöner besitzt außerdem eine Membranfläche, die der eines Kalottenhochtöners mit 56 mm Membrandurchmesser entspricht. Er ist in der Alufrontplatte mit geformtem Waveguide eingelassen.
Die Übernahmefrequenzen zwischen den Treibern liegen bei 250 Hz und 2,5 kHz. Hinter den Treibern werkelt jeweils eine üppige 300 Watt Class D-Endstufe des Herstellers ICEPower. Class D-Endstufen werden übrigens fälschlicherweise zuweilen als Digitalverstärker bezeichnet, was sie definitiv nicht sind. Damit verfügt die Type 20 über sage schreibe eine Dauerleistung von 900 Watt, also Leistungsreserven im Überfluss.
Anpassungsmöglichkeiten – analog und digital
Wie viele Studio-Monitore verfügt der Type 20 über eine Höhen- und eine Bassanpassung. Für die Höhen steht ein 20 kHz Shelvingfilter, welches eine Anpassung um +- 4dB erlaubt zur Verfügung, die Anpassung des Basspegels ganz unten erfolgt mit einem 200 Hz Shelvingfilter (+- 4dB). Eine hoch interessante Anpassungsmöglichkeit bietet die von HEDD gratis zur Verfügung gestellte Software „Lineariser“, das von der Herstellerseite heruntergeladen werden kann. Anstatt einen DSP in den Monitor einzubauen und damit auch AD/DA-Wandler hat HEDD hier eine Stand alone Softwarelösung entwickelt, um sowohl Phasen- als auch Frequenzgang im Computer, zu beeinflussen. Eine zusätzliche Plug-in-Version lässt sich auch in eine DAW einbinden., Wir haben ein wenig mit Lineariser-Plug-in experimentiert und dabei festgestellt, dass dafür mehr Zeit nötig ist, als derzeit zur Verfügung stand, um ein sicheres Urteil über dessen Qualitäten treffen zu können. Wir werden das demnächst nachholen.
Klang
Nach optimaler Positionierung, bei der die Hochtöner genau auf Ohrhöhe lagen und die Lautsprecher in exakt gleichem Abstand und identischem Winkel auf den Hörplatz ausgerichtet waren sowie einer langen Einrauschphase hörten wir über den Type 20 eine große Auswahl an Musikstücken aus Pop, Rock, Jazz und Klassik. Dabei zeigte er sich sofort als waschechter, gnadenloser Studiomonitor, der absolut ehrlich ohne Beschönigung jede Besonderheit eines Musikstückes, aber auch jeden Aufnahmefehler hörbar macht. Hervorragend aufgenommene Stücke wie etwa „Aqua Marine“ des Isao Suzuki Quartets klangen daher in jeder Hinsicht fabelhaft. Hier zeigte der Type 20 alle seine Stärken: absolut souverän wirft er selbst tiefe Kontrabässe in den Raum. Plötzliche Impulssprünge meistert er aus dem Stand wie ein Leistungsportler. Der Monitor klang extrem vital und spielfreudig. Feindynamik und Auflösung etwa bei Percussioninstrumenten ist schlicht makellos. Man möchte meinen, bei Schlagzeugaufnahmen etwa die feinen Unterschiede zwischen Becken der Hersteller Paiste oder Meinl heraushören zu können. In Sachen Ortbarkeit zeigte der Type 20 ebenfalls Bestleistungen – die Position der Instrumente im Stereopanorama wird äußerst akkurat und mit einer klaren, eng dimensionierten Phantommitte wiedergegeben.
Das Klangbild des Type 20 ist rund und völlig ausgeglichen. Es traten keinerlei Über- oder Unterbetonungen auf. Die Basswiedergabe ist positiv unauffällig, sehr linear und tief hinabreichend herab – die Tiefbässe in Yellos „Till Tomorrow“ etwa gehen regelrecht in die Magengrube. Kurze Bassimpulse kamen außerdem schlackenfrei schnell mit sehr viel Kraft und ließen den Type 20 deutlich größer klingen, als er es physikalisch gesehen ist. Einen zweiten Tieftöner vermissten wir in unserem Studio jedenfalls zu keiner Zeit. Die Mitten sind hervorragend aufgelöst. Celli oder mittlere Klavierpassagen kamen sehr schön lebendig und klar. Die Höhen waren ebenfalls ungemein fein aufgelöst, wie man es von guten AMT-Hochtönern gewohnt ist. Die bewusst etwas „ruppig“ aufgenommene Gitarre auf Nick Drakes „Pink Moon“ etwa wurde absolut ungeschönt an der Grenze zum Unangenehmen wiedergegeben, so wie es Künstler und Recordingengineer wohl auch wollten.
Findet eine Aufnahme jedoch Gnade vor dem Type 20, ist im Gegenschluss davon auszugehen, dass es auch über die anspruchsvollste High End-Lautsprecher ebenfalls hervorragend klingen wird. Das macht den Type 20 nicht nur zu einem uneingeschränkt empfehlenswerten Studiomonitor, sondern auch für verwöhnte Hifi-Hörer, die audiophile Aufnahmen genießen möchten, ebenfalls zu einer klaren Empfehlung.
Fazit
Die kompakte Bauweise des Type 20 täuscht: Hier handelt es sich um einen ausgewachsenen 3-Wege-Studiomonitor, der deutlich größer klingt, als er tatsächlich ist. Die Berliner von HEDD haben hier eine hochwertige Studioabhöre für kleinere Studios geschaffen, die zwar ihren Preis hat, aber auch einen entsprechend High-Endigen Klang liefert.
Erschienen in Professional audio 12/2017