RECORDER MIT STUDIO-QUALITÄTEN

Der Portacapture X8 ist Tascams neuester Streich und spricht Filmemacher, Podcaster, Musiker, Vlogger und sonstige „Content Creators“ an. Das Gerät bietet neben seinen Recording-Funktionen Extras wie integrierte Apps, Anpassungen für die Nutzung als Kamera-Mic und Podcast-Tool, Bedienung mittels Touchscreen oder Fernsteuerung via iOS und Android, vier XLR Ins, 32 Bit Float / 192 kHz Aufnahme, Blitzschuhbefestigung und einiges mehr.

VON HEINER KRUSE

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Seit Jahren nehme ich mit mobilen Tascam-Recordern auf, weil mich Bedienung und Klang seit jeher überzeugen und sie sich preislich in einem mittleren Rahmen bewegen. Entsprechend groß war die Spannung, wie sich Tascams Neuling schlagen wird. Für mein Empfinden können in kaum einer Produktkategorie die in der medialen Berichterstattung erlangten Ehren und der Praxiswert so stark auseinanderklaffen wie bei mobilen Recordern. Ist es euch auch schon mal passiert, dass ihr dachtet, ihr hättet etwas aufgenommen, doch das Gerät war durch Drücken der Rec-Taste nur im Bereitschaftsmodus? Die Aufnahme nicht klappte, weil die externe Quelle mangels Adapter nicht korrekt angeschlossen werden konnte, keine Speicherkarte da oder sie voll war? Sich das Gerät mit leerer Batterie verabschiedete, weil es versehentlich nicht ausgeschaltet wurde und die „Auto Power Off“-Funktion fehlte? Oder dass der Gedanke an eine mit 20 Minuten Aufwand verbundene Konfiguration abschreckte, um DAW, Screencast-Software und Interface aufeinander abzustimmen, so dass ihr ein Tutorial doch mit einem schlechten Mic aufgenommen habt? In der Praxis zählen eben oft andere Dinge als die reine Feature-Liste.

Meinen Tascam DR-100MKII verwende ich seit circa acht Jahren vor allem dank seiner guten Bedienbarkeit, Aufnahmequalität, schnellen Bereitschaft und Zuverlässigkeit für spontane Recording-Sessions und anspruchsvolle Aufnahmen (Chorgesang, aufgenommen mit externem, via XLR angeschlossenen Stereomikrofon). Um vier Kanäle aufnehmen zu können, kaufte ich später einen DR-60MKII, der aber nicht ganz so leicht wie der DR-100 zu konfigurieren ist. So scheinbar gut die Preis-Leistungsrelation bei manchem japanischen Mitbewerber oft aussieht, kann die Freude doch durch kryptische Menüführung, zu viel Rauschen oder fehlende Kleinigkeiten verdorben werden. Da verspricht der neue Tascam Portacapture X8 die optimale Lösung zu sein.

Schaltzentrale des Recorders ist sein berührungsempfndlicher Bildschirm.

Schaltzentrale des Recorders ist sein berührungsempfndlicher Bildschirm.

Launcher und Touchscreen

Die Bedienung des Recorders erfolgt über einen Touchscreen. Die Startseite präsentiert den „Launcher“. Hier kann man, grafisch schick dargestellt, zwischen verschiedenen Modi – oder besser: „Recording Apps“ – wählen. Diese heißen: Browse, ASMR, Voice (mit Mic Symbol), Music (mit Grand Piano Symbol), M (Manuell), Field, Podcast (mit Antennensymbol), Tuner, Metronome und SD Card Reader. Auf diese Weise kann ich, z.B. im Vergleich zum DR-60, schneller zwischen Konfigurationen umschalten, die einerseits auf ein oder zwei Kanälen (Voice) oder andererseits auf vier Kanälen (z.B. Mics + XLR Ins in der Podcast-App) aufnehmen, was wirklich klasse ist.

Jede App hat eine eigene Menüführung mit Home-, Mixer- und Input-Screens, Pegel- und Input-Anzeigen, Status-Bar und einen Button oben links, um wieder zum Launcher zurückzukehren. Nutzt man die Manual App zum ersten Mal, erscheinen (deaktivierbare) Hinweise bei der Aufnahmeprozedur, die z.B. auf die Page zum Einstellen der zugehörigen Inputs verweisen. Die meisten Apps sind selbsterklärend zu bedienen, manchmal gibt es jedoch „versteckte“ Optionen wie Effekte. Man könnte sie auch als Recording Presets interpretieren, sie liefern zudem eine Visualisierung. Allerdings konnte ich keine Presets innerhalb der Apps speichern, beim nächsten Anschalten empfing mich die zuletzt in der App genutzte Einstellung.

Voreingestellt mittig anwählbar und für individuelle Konfigurationen gedacht ist die App „Manual“ oder „Manuell“, wie sie je nach eingestellter Sprache heißt. Die Podcast-App mischt automatisch mehrere Kanäle zusammen und bietet zwei Pads zum Abfeuern von Jingles in konfigurierbaren Modi (Latch, Pause, Replay, One Shot, Repeat). ASMR zeigt optisch von links und rechts auf einen Kopf zulaufende Wellen, und eine A/B-Mikrofonierung wird vorgeschlagen.

Alternativ kann das Gerät über einen optionalen Bluetooth-Adapter (AK-BT 1, ca. 29 Euro) mit einer kostenlosen App (iOS, Android) verbunden werden. Diesen kann man in einem Einschub unten am Gerät unterbringen. Für mein Empfinden könnte der Adapter allerdings etwas fester in der Halterung stecken.

Die Mikrofone sind beweglich und abmontierbar.

Die Mikrofone sind beweglich und abmontierbar.

 

Mics on bord

Die beiden mitgelieferten Kondensatormikros sind zunächst nicht montiert. Sie werden einzeln in eine 3,5 mm Buchse gesteckt (mit zusätzlicher Halterung). Es gibt zwei Einsteckpositionen (für A/B- oder X/Y-Positionierung). Dadurch kann man die Aufnahme alternativ eher auf Umgebungsgeräusche oder gerichtet auf Schallquellen fokussieren. Sie erinnern mich äußerlich ein wenig an die Mics meines DR-100MKII: Die Kapseln sehen aber nur auf den ersten Blick nach Metall aus, denn die Außenhülle besteht aus Plastik. Eine solche Plastikabdeckung ist an meinem ansonsten tadellos funktionierenden DR-100 in der Vergangenheit schon abgebrochen. Ein Aspekt von dem auch andere User online berichten. Man findet auf dem Gebrauchtmarkt einige Geräte mit dem gleichen Defekt. Beim Portacapture kann man die Mics zwar auch abnehmen, ein Case zur Aufbewahrung ist jedoch nicht enthalten.

Der Klang der X8-Mikros erschien mir besser als der der Mikros des DR-100. Die Mic-Montage gestaltet sich anfangs mitunter etwas holprig, da auch die Gewinde aus Plastik sind und man einen bestimmten Punkt der Einsteckhalterung treffen und danach via „Lock“ festmachen muss. Nach etwas Gewöhnung geht dies aber etwas leichter von der Hand.

 

Mixer und Formate

Ein Mixer ist in der Manual- und der Podcast-App vorhanden. In der Manual App kann mit der Option „Abmischen“ ein Mix aus justierten Volume- und Pan-Einstellungen als neue Audiodatei erstellt werden. Achtung: Die Effekte dienen der direkten Bearbeitung der Aufnahme, nicht des nachträglichen Mixes.

Der Portacapture X8 erfreut User vor allen Dingen durch die Option, in bestmöglicher Qualität aufzunehmen, in diesem Fall 32 Bit Fließkomma und 192 kHz. Mit dieser Auflösung kann man einerseits nach der Aufnahme die Lautstärke leise aufgenommener Dateien erhöhen, ohne das Rauschen mit anzuheben. Andererseits ist es möglich, zu hoch ausgesteuerte Aufnahmen leiser zu machen und einen Klang mit weniger Clipping als vorher zu erreichen. Für User, die in der Regel aussteuern, kann dies zunächst etwas gewöhnungsbedürftig sein. Außerdem gibt es Einschränkungen, da diese Qualität z.B. nicht zur Verfügung steht, wenn das Gerät als Audiointerface benutzt wird.

Dank seiner vier Combo-Buchsen bietet der Tasacm Portacapture X8 eine gute Konnektivität.

Dank seiner vier Combo-Buchsen bietet der Tasacm Portacapture X8 eine gute Konnektivität.

 

Konnektivität

Am Recorder sind die Eingänge von 1 bis 6 durchnummeriert. Die Eingänge 1 und 2 sind für die oben erwähnten Mics vorgesehen. Die Eingänge 3, 4, 5 und 6 sind als Combo-Buchsen mit Verriegelung ausgeführt. Durch eine Stereo-Link-Option können Spurenpaare gebildet und im Mixer mit einem Fader bedient werden. Auch Phantomspeisung (alternativ 24 oder 48 Volt) steht zur Verfügung. Es existiert ein weiterer 3,5 mm Stereo Klinkeneingang, dieser ermöglicht auch ohne Adapter eine zusätzliche Anschluss-Option. Hierfür ein Lob!

Mit einem USB-C-Anschluss ausgestattet, erlaubt der Portacapture X8 auch den Betrieb als Audiointerface mit bis zu sechs Eingangs-Kanälen und zwei Ausgängen. Treiber müssen nicht installiert werden, weil sich das Modell class compliant präsentiert. Es können acht Spuren gleichzeitig aufgenommen werden, Spur 7 und 8 sind dann ein Mix der 6 Eingangsspuren. Das Mic-Signal kann in den Computer gestreamt werden. Umgekehrt kann „USB“ auch eine aufzunehmende Signalquelle sein. Damit ist der (Stereo-)Output gemeint, wenn Portacapture X8 als Audiointerface fungiert. Es können zudem Eingänge simultan (als Sicherheitskopie) auf die SD-Karte aufgenommen und an die DAW gestreamt werden.

 

Aus der Praxis

Der Portacapture X8 ist brandheiß und hat sehr viele Funktionen, die ich aus Zeit und Platzgründen vielleicht gar nicht alle hier würdigen kann. Doch soll vor allem der Praxistest nicht fehlen: Beim ersten Einschalten beeindruckte mich das Display mit den farblichen Darstellungen der Recording-Apps durchaus. Ich bekam direkt Lust, dieses edle Teil zu bedienen. Ich wählte zunächst den Voice-Modus. Wichtige Einstellungen konnten sofort in grafisch angenehm aufbereiteter Form über das Touch-Display oder mittels des Endlos-Drehrads unten am Gerät vorgenommen werden.

Zunächst legte ich eine Karte ein, die noch vom Gerät formatiert werden wollte. Anschließend verkabelte ich mein Modularsystem mit Input 3 und 4. Im Podcast-Modus wurde das hier anliegende Signal sofort erkannt und nach Betätigung des Rec Buttons aufgenommen – zusätzlich zum Signal der Mics. Auf der SD-Karte fanden sich im Anschluss jede Menge Audiofiles: Ein Stereo File für In 1-2, vier Monofiles für Ins 3-6, ein Stereofile der Gesamtabmischung sowie eine Binärdatei. Die Wiedergabe ist beim Gerät auch über einen internen Speaker möglich, der voreingestellt deaktiviert ist.

Ich verband das Gerät mit meinem Laptop. Die Batteriestatusanzeige wurde von einem USB-Symbol ersetzt, Strom kam dann via USB. Das Gerät wurde sofort von Logic als Audiointerface erkannt. Allerdings tauchte eine Meldung „USB FS Mismatch“ auf. Ich versuchte, die Samplerate zu ändern, ohne Erfolg, eine Aufnahme in Logic war nicht möglich. Ich wurde schließlich im Referenzhandbuch fündig: Wenn keine SD-Karte eingelegt ist, stellt sich das Gerät automatisch auf die Samplerate des Computers ein. Tatsächlich klappt dann auch eine Aufnahme am Computer.

Etwas verwirrend erscheint die Kanalbelegung. Voreingestellt beim Betrieb als Audiointerface nimmt USB 1-2 die Stereomischung auf, USB 3-4 die internen Mics, USB 5-6 die Inputs 3 und 4 und USB 7-8 die Inputs 5-6 oder Ext In – hat man jedoch das Manual gelesen, weiß man Bescheid.

Wenn ich eine Aufnahme von der Karte im Gerät abhören möchte, sehe ich in der Browser-Ansicht Aufnahmen zusammen mit einem Symbol, das die App darstellt, mit denen sie aufgenommen wurden. Aufnahmen können umbenannt markiert, geteilt, geschützt und normalisiert werden. Im Browser kann man auch Folder einrichten.

Das Mic-Symbol in der App führt zu Settings – und wenn man runterscrollt, sieht man nach Stereo Link- und Auto Gain-Optionen auch die Effekte und Bearbeitungs-Tools: Low Cut (Off, 40 Hz, 80 Hz, 120 Hz, 220 Hz), Noise Gate (Off, Low, Mid, High), Limiter/Compressor (Off, Limiter, Compressor), EQ (Off, Voice, Guitar, Loud, Vocal, Manual) sowie Phase Invert L/R. Im Manual Mode hat der EQ vier Bänder: Hi-/Lo-Shelf und zwei vollparametrische Bell-Filter. Der Hall kann nicht zusammen mit den anderen Effekten im Kanal, sondern lediglich in den I/O Einstellungen aktiviert werden (nur bei niedrigeren Sampleraten). Dort entscheidet man, auf welchen Kanal er sich auswirkt. Stellt man 1-2 ein, wird der Hall auf Spur 1-2 (z.B. mit den Mics) aufgenommen und fest in die Aufnahme hereingerechnet. Hall kann aber z.B. auch auf den automatisch generierten Mix der Podcast-App angewendet werden. Es gibt verschiedene Einstellungen (Großer Saal, Kleiner Saal, Raum, Studio, Plate 1, Plate 2), die man auch live hört.

Seitenansichten: Die Combo-Buchsen links und rechts außen für XLR und 6,3 mm Klinke sind sehr praktisch.

Seitenansichten: Die Combo-Buchsen links und rechts außen für XLR und 6,3 mm Klinke sind sehr praktisch.

Seitenansichten: Die Combo-Buchsen links und rechts außen für XLR und 6,3 mm Klinke sind sehr praktisch.

 

Batterie und Stromversorgung

Der Portacapture X8 ist mit knapp 400 Gramm etwas schwerer als der DR-100, wenn die vier AA Batterien im Fach sind. Einen internen Akku gibt es nicht, das Netzteil PS-P520U gibt es nur optional, aber die Stromversorgung kann via USB-C erfolgen, dazu reichte im Test auch eine Verbindung mit dem Laptop. Der Touchscreen wird allerdings im mobilen Betrieb wohl etwas mehr Strom brauchen als konventionelle ältere Tascam-Recorder, doch es gibt einen Stromsparmodus. Der Tascam DR-100MKII glänzte noch mit einem internen Akku, der bei angestecktem mitgelieferten Netzteil aufgeladen werden kann, zusätzlichem Batteriefach (für 2 AA Batterien) sowie externer, anschließbarer Batteriebox (für 6 AA Batterien), was eine mehrfache Absicherung darstellte. Das Verbauen nicht austauschbarer Akkus wird aber generell unter Nachhaltigkeitsaspekten zunehmend vermieden. Da man Strom via USB zuführen kann, lässt sich bequem mit einer Powerbank arbeiten.

Weitere Features

Der Portacapture X8 bietet weitere tolle Extras: Automatische Aussteuerung der Eingangssignale, Punch-In Recording, vorgezogene Aufnahme, parallele Aufnahme von zwei Formaten, automatische Fortsetzung der Aufnahme mit einer neuen Datei, Setzen von Markern sowie Benennungs- und Speicherortoptionen für neue Aufnahmen. Auf der Unterseite sind ein Gewinde und eine Blitzschuhbefestigung zur Montage z.B. auf einer Kamera zu finden.

Zur Optimierung der Synchronisation von Bild und Ton kann an Anfang und Ende der Aufzeichnung ein automatisch oder manuell generiertes Klappensignal an den Line Out gesendet und zudem dessen Lautstärke an die Kamera angepasst werden. Das Gerät arbeitet auch mit SDXC-Karten mit bis zu 512 GB Kapazität.

 

Fazit

Der Portacapture X8 ist ein moderner Mehrspur-Audiorecorder mit Touchscreen, der vielen aktuellen Ansprüchen in puncto Streaming, Vlogging oder Podcasting gerecht wird. Der intuitiv bedienbare Launcher mit vorkonfigurierten Aufnahmeszenarien, die Konnektivität und die Aufnahmemöglichkeit in 32 Bit Float / 192 kHz stechen positiv hervor. Die Verarbeitung ist äußerst solide. Alles in allem liefert Tascam ein hochinteressantes, vielseitiges und brandheißes Produkt für jeden, der mit Audioaufnahmen zu tun hat.