Duo compressore

Das hat die Welt noch nicht gesehen. Michael Krusch, Chefentwickler der Tegeler Audio Manufaktur aus Berlin, hat den neuen Vari Tube Recording Channel (VTRC) mit Opto- und Vari-µ-Kompressor bestückt. „Eine spontane Idee“, wie der Entwickler verrät, aber auch eine gute? 

Von Michael Nötges

Es ist tiefe Nacht. Die Hauptstadt schläft. Doch in der Wittestraße 30, Haus S, im Berliner Stadtteil Tegel brennt noch immer Licht. Michael Krusch zieht, weit über seine Werkbank gebeugt, den letzten der zahlreichen Verbindungsdrähte. Er reibt sich die müden Augen, tritt einen Schritt zurück und steckt voller Erwartung die Stecker der beiden aufgeschraubten Patienten ein. „Es sah in meiner Werkstatt etwas nach einer Operation an zwei offenen Herzen aus“, erzählt uns der Entwickler und fährt fort: „Aber als ich die spontane Idee hatte, unseren Vari Tube Compressor (Test, Ausgabe 10/2007) in den Tube Recording Channel (Test, Ausgabe 8/2006) zu integrieren, musste ich es auch gleich ausprobieren.“ Nach der geglückten Platinen-OP war dem Klangchirurgen anschließend klar, dass sein Vorhaben grundsätzlich funktionieren würde, auch wenn natürlich noch einige Anpassungen auf dem Plan standen. „Ich stellte mir dann die Frage“, erklärt Krusch, „ob ich den Opto- gegen den Vari-µ-Kompressor austauschen sollte (Beim Opto-Kompressor strahlt, vereinfacht ausgedrückt, eine pegelabhängige LED auf einen lichtempfindlichen Fotowiderstand, der für die Pegeländerung (Kompression) verantwortlich zeichnet. Opto-Kompressoren wird eine weiche Kompression bei weitestgehend gleichbleibender Binnendynamik nachgesagt. Beim Vari-µ-Kompressor beeinflusst eine spezielle Regel-Röhre die Verstärkung (Kompression). Die Gain Reduction hängt beim Vari-µ-Prinzip (variable gain) also von den Änderungen (Regelspannung) der Röhren-Bias ab, was in vielen Ohren zu einem sehr musikalischen Regelverhalten führt. Da sie sich aber sehr gut ergänzen, habe ich kurzerhand beide drin gelassen. Meines Wissens gibt es das in dieser Form in keinem anderen Gerät.“   Schlussendlich hat Krusch den Tube Recording Channel und den Vari Tube Compressor zu einem neuen Channelstrip, dem VTRC, vereint und in einem Aufwasch gleich noch ein paar Modifikationen und Verbesserungen vorgenommen. Herausgekommen ist am Ende ein Full-Service-Röhren-Channelstrip mit Class-A-Schaltung, passivem Equalizer und zwei Kompressor-Modulen, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem TRC (UVP: rund 1.900 Euro), einen größeren Funktionsumfang bietet, aber weniger kostet. Auf die Frage, wie das sein könne, antwortet Krusch: „Wir vertreiben die Geräte mittlerweile selber und verzichten auf einen zwischengeschalteten Vertrieb.“ Schließlich kostet der drei Höheneinheiten messende Röhrenbolide, überarbeitet und erweitert, jetzt rund 200 Euro weniger, sprich 1.700 Euro. Das ist immer noch eine Stange Geld. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass Krusch ausschließlich hochwertige Bauteile verwendet und seine Geräte in Handarbeit zusammensetzt, geht der Preis mehr als in Ordnung.

Im VTRC werkeln insgesamt vier selektierte Röhren, die ausschließlich vom slowakischen Hersteller JJ-Electronics stammen. Damit betreibt die Tegeler Audio Manufaktur keinen NOS-Hype, sondern bleibt sachlich auf dem Boden der Tatsachen. „Wichtig ist für uns der sehr gute Klang bei stabiler Qualität“, erläutert Krusch die Röhrenwahl. „Wir sind auf stetigen Nachschub angewiesen und können uns nicht darauf verlassen in Zukunft irgendwo noch ein paar NOS-Röhren zu finden.“ Dann ergänzt er in Bezug auf die spezielle Wahl der Vakuum-Kolben: „Jede der verwendeten Röhren hat ihre besonderen Stärken.“ Die ECC803S sei beispielsweise eine auf besondere Rauscharmut selektierte ECC83, die sich um die Mikrofonverstärkung kümmere. Die Nichtlinearität der ECC82 in einem bestimmten Bereich der Kennlinie nutzt Krusch hingegen als Verstärkungsregelung im Vari-µ-Kompressor. Bleibt noch die ECC81 als Ausgangsröhre des Mikrofonverstärkers (Gain-Stufe), die neben der Klangfärbung auch für die Impedanzwandlung verantwortlich zeichnet, um die folgenden Stufen anzusteuern. Die letzte Röhre im Doppeltrioden-Quartett, die E88CC, bildet die Ausgangsstufe.   Aber das ist bei Weitem noch nicht alles, was Krusch für den guten Ton des VTRC verbaut: Die beiden Eingangsstufen (Mikrofon/Line) sind trafosymmetriert, wobei der Entwickler Übertrager der A262-Series des englischen Herstellers OEP verwendet. „Zwei weitere Übertrager werden für die Vari-µ-Schaltung gebraucht“, erklärt der Entwickler. Ein weiterer diene als Ausgangsübertrager. Dann begründet er: „Wir haben uns nach einigen Vergleichen für Pikatron entschieden, weil sie hochwertige und gut klingende Übertrager produzieren. Alle fünf Übertrager sind übrigens mit µ-Metallgehäusen versehen, um Störeinflüsse durch Magnetfelder zu minimieren.“ Bezüglich der Stromversorgung erfahren wir, dass das Netzteil aus hochwertigen Ringkerntransformatoren bestehe, um das magnetische Streufeld möglichst klein zu halten.   Beim Blick ins Innere des Channelstrips fallen außerdem sofort die Filterspulen auf. „Die Spulen gehören zu den drei Equalizern“ erklärt uns Krusch, „und sorgen zusammen mit den selektierten Folienkondensatoren für den weichen angenehmen Klang des Equalizers.“ Wie man sehen kann, sind sie selbst gewickelt, um spezielle Werte zu erreichen, die man, laut Krusch, mit Spulen aus dem Elektronikhandel nicht hinbekomme. Der Equalizer ist, wie in alten Pultec-EQs, passiv aufgebaut, was zum einen Mehrkosten durch die teuren Spulen bedeutet und zum anderen keine stufenlos regelbaren Filterfrequenzen ermöglicht. Beides, so Krusch, nehme er aber in Kauf, da ihm aus klanglicher Sicht passive Filter einfach besser gefielen.   ‚Klang‘ ist ein wichtiges Stichwort, denn das Hauptaugenmerk richtet die Tegeler Audio Manufaktur bei ihren Geräten auf die klanglichen Eigenschaften und die Musikalität. Dementsprechend ist das stahlblaue Gehäuse mit den üppigen Vintage-Drehreglern, dem hinterleuchteten VU-Meter und den charmanten Kippschaltern keine Ausgeburt an nüchterner Präzision, sondern auf den ersten Blick vielmehr ein Klangwerkzeug zum Anfassen und Ausprobieren. Daran ändern auch die 5,7 Kilogramm nichts, die der analoge Röhrenbrocken in die Waagschale wirft. Das Gewicht macht ihn aber letztendlich auch nicht weniger sympathisch, es sei denn, man möchte ihn gerne häufig mit auf Reisen nehmen. Einmal im Studio-Rack auf drei Höheneinheiten installiert, macht er einen sehr gemütlichen und vor allem langlebigen Eindruck. Außerdem fordert er mit seiner übersichtlichen Vintage-Front unmittelbar zum Anfassen auf.  

Auf der Rückseite liegen der Mikrofon- und Line-Eingang sowie der Line-Ausgang im XLR-Format. Außerdem hat der Hersteller eine Link-Buchse vorgesehen, um zwei oder auch mehrere VTRC kaskadieren zu können. Die Kompressoren der verbundenen Geräte sind dann verlinkt. Überdies findet sich auf der Vorderseite noch eine zusätzliche XLR/Klinke-Combo-Buchse. Ist ein Instrumentenkabel dort an den Hi-Z-Eingang angeschlossen, sind alle anderen Eingänge blockiert. Der XLR-Teil der Combo-Buchse fungiert hingegen als parallel geschalteter Mikrofoneingang. Die beiden Mic-Inputs können allerdings nicht gleichzeitig betrieben werden, was schade ist. Damit verschenkt der Hersteller die Möglichkeit, ein fest installiertes Hauptmikrofon dauerhaft am hinteren Eingang anzuschließen, während bei Bedarf einfach eine Alternative vorne eingesteckt wird. Der hintere Stecker muss bei Nutzung des Front-Anschlusses immer erst gezogen werden.   Ansonsten bietet der VTRC zunächst alle Features, die von einem professionellen Channelstrip erwartet werden: Eingangsauswahl (Mic/Line), Phantomspannung, Phasenumkehrung (180/0), Lowcut (80 und 160 Hertz) und hilfreiche Bypass-Schalter für den Equalizer und die beiden Kompressor-Module für A/B-Vergleiche. Außerdem lässt sich die Reihenfolge der Effekt-Sektionen (EQ/Comp) vertauschen. In Kombination mit dem EQ-Bypass hat sich Krusch außerdem noch etwas cleveres einfallen lassen: Steht der EQ auf Bypass und der EQ/Comp-Kippschalter auf der oberen Position, arbeitet der Equalizer zwar trotzdem, er schickt sein Signal allerdings in den Sidechain der Kompressor-Sektion. Damit sind frequenzabhängige Kompressionen á la De-Esser kein Problem.  Für die beiden Kompressormodule steht lediglich ein gemeinsamer Regler bereit zum Einstellen der Gain-Reduction. Alle anderen Parameter sind durch das Schaltungsdesign vorgegeben und werden quasi automatisch eingestellt. Die Gleichung ist denkbar einfach: je mehr Gain Reduction, desto mehr Kompression. „Beide Kompressoren sind hintereinander geschaltet“, erklärt Krusch, „Wenn jeder von ihnen drei Dezibel komprimiert, bedeutet das insgesamt eine Gain Reduction von sechs Dezibel für das Gesamtsignal. Beide Module haben dieselbe Steuersignalaufbereitung.“ Auf die Frage nach Ratio-Werten sowie Attack- und Release-Zeiten antwortet der Entwickler: „Um den Kompressor für die Aufnahmepraxis so einfach wie möglich zu halten, wird das Timing durch eine Automatikschaltung bestimmt. Auf schnelle Impulse reagiert die Schaltung schnell, auf langsame Pegeländerungen langsamer. Kurze Attack- und Releasezeiten haben grundsätzlich den Vorteil, dass der Kompressor schnell reagiert, aber auch den Nachteil, dass das Signal schnell ‚totkomprimiert‘ klingt. Lange Attack- und Releasezeiten sorgen dafür, dass das Mikro-Timing erhalten bleibt, können aber heftiges Pumpen erzeugen. Außerdem verhindern sie keine Lautstärkespitzen, beispielsweise bei harten Konsonanten. Mit der Automatikschaltung kombinieren wir die Vorteile beider Timing-Einstellungen und eliminieren die Nachteile. Der Kompressor regelt den Pegel grundsätzlich gut aus, reagiert aber auf kurze Spitzen sehr schnell und ohne Pumpen.“ Dennoch bietet der VTRC einen Kippschalter, der die Dynamik-Prozessoren in einen Fast- oder Slow-Modus versetzen kann, um auch die Situationen in der Aufnahmepraxis abdecken zu können, in denen ausschließlich lange oder kurze Reaktionszeiten gefragt sind.  Was in den Modi passiert fasst Krusch zurückhaltend so zusammen: „Es wird ein bestimmter Zweig der Automatikregelung abgeschaltet. Die Zeiten für ‚Fast‘ und ‚Slow‘ sind hauptsächlich für die Automatikregelung angepasst, weshalb wir sie nicht separat angegeben haben.“ Dann ergänzt er noch ein wichtiges Detail: „Der Memory-Effekt des Fotowiderstandes im Optokompressor – bei längerem Anleuchten verlängert sich die Releasezeit – sorgt im Übrigen zusätzlich für eine programmabhängige Kompression.“ 

Der passive Equalizer des VTRC bietet drei Filter: Low-Boost, Mid-Cut und High-Boost. Je ein griffiger Drehregler dient zur Frequenzauswahl mit fixen Werten (siehe Tabelle) und einer zum Regulieren des Gain. Die Frequenzbänder überlappen sich dabei weit, was beim Einstellen eine musikalische Interaktion der drei Bänder zur Folge hat. Die flexible Schaltungs-Topologie bietet damit weitreichende Einstellmöglichkeiten. Präzises Eliminieren von Störfrequenzen in sehr schmalen Bandbereichen ist damit logischerweise nicht möglich, wohl aber eine sehr musikalische Verbiegung des Audio-Materials. Das Höhenfilter reicht sogar bis über den hörbaren Bereich hinaus. Die letzte Stufe des Höhenfilters liegt bei 24 Kilohertz.   Bevor wir noch einen Blick auf die Messwerte werfen, soll auch das schaltbare VU-Meter nicht unerwähnt bleiben. Schließlich bietet die analoge Anzeige vier unterschiedliche Modi, um die Pegel sicher zu überwachen: In der Preamp-Einstellung zeigt das VU-Meter den Ausgangspegel des Vorverstärkers an. Da der Equalizer durch die Überlappung der Bänder bestimmte Frequenzen um mehr als 15 Dezibel anheben kann, ist die EQ-Anzeige von Vorteil, um interne Übersteuerungen zu vermeiden. Im Compress-Modus wird die Stärke der Kompression – natürlich schlägt die Nadel von rechts (Null-Stellung) nach links aus – angezeigt. Schlussendlich informiert der Output-Modus über den Ausgangspegel relativ zum Studionormpegel. Die Null-Stellung entspricht also +4 dBu am Ausgang.  Im Messlabor von Professional audio fallen Einstreuungen bei 100, 50 und 30 Hertz auf. Die Peaks liegen bei maximal -42 Dezibel (siehe FFT-Spektrum), wodurch nicht nur die Gefahr von hörbarem Brummen besteht, sondern auch die ansonsten wahrscheinlich sehr guten Werte für Geräusch- und Fremdspannungsabstände dahin sind. Für den Mikrofoneingang liegen diese bei akzeptablen 64,1 und 51,8 Dezibel. Die Messungen des Instrumenteneingangs sind dagegen noch etwas schlechter (58,9 und 45,8 Dezibel). Ansonsten ist die Eingangsempfindlichkeit von -78,5 Dezibel mehr als überzeugend und hält auch für unempfindliche Bändchenmikrofone üppige Verstärkungsreserven bereit. Der Frequenzgang reicht weit über den hörbaren Bereich hinaus, verläuft dort allerdings alles andere als linear sondern zieht die Frequenzen bei 30 Kilohertz und 15 Hertz nach oben, um Höhen und Bässe dezent anzuheben. Die Gleichtaktunterdrückung geht mit Spitzenwerten von -45 Dezibel (Peak bei 20 Kilohertz) in Ordnung, könnte aber für Einstreuungssicherheit auch bei langen Kabelstrecken durchaus besser sein. Die THD+N-Werte liegen bei 0,9 Prozent, wobei der für Puristen inakzeptable Klirrfaktor beim VTRC gewollt ist und zum Sounddesign des Channelstrips gehört.  

Im Hör- und Praxistest verwenden wir den VTRC zum einen als Vocal-Prozessor, nehmen andererseits auch eine Konzert- und E-Gitarre sowie einen Gitarren-Amp auf. Abschließend stellen wir den Channelstrip auch bei der Bearbeitung einzelner Schlag-Instrumente (Snare, Bass-Drum und Hi-Hat) auf die Probe. In Sachen Grundsound ist der VTRC so flexibel und offen wie durchsetzungsstark und kraftvoll. Von Problemen mit tieffrequenten Einstreuungen kann definitiv keine Rede sein. Lässt man Equalizer- und Kompressor-Modul einmal außen vor, bietet er von zurückhaltend edel bis beißend angezerrt eine breite Palette an Grundsounds. Je nachdem wie die Eingangs-Regler (Input und Gain) stehen, bekommen wir einen modernen und durchsetzungsstarken Gesangssound (viel Input, wenig Gain), der sehr profiliert und griffig klingt. Mit zunehmend aktiver Gain-Stufe heizt der VTRC dem Signal aber ordentlich ein, profiliert das Timbre, und erzeugt einen ‚großen‘, satten Gesamtklang, der das Ausgangssignal sozusagen über sich hinaus wachsen lässt. Überzeugend sind der Detailreichtum und die angenehme Röhrensättigung. Beim Einschalten des Equalizers geht unmittelbar die Sonne auf. Bereits in linearer Stellung – die Filter heben und senken noch keine Frequenzen an/ab – klingt die Stimme samtig weich und angenehm abgerundet. Dabei klingt sie keineswegs künstlich, sondern ganz im Gegenteil sehr natürlich. Eher erscheint uns das unbearbeitete Signal im Rückblick unnatürlich harsch. Mit den gebotenen Möglichkeiten des Equalizers ist die Stimme schnell und komfortabel im Sound modelliert, wobei besonders die leichte Absenkung bei 700 Hertz und das Anheben bei 20 Kilohertz zu einem kompakt, aufgeräumten und angenehm strahlenden Gesangssound führt. Als wäre das noch nicht genug des Guten, stehen jetzt natürlich noch die beiden Kompressoren zur Auswahl, die sich rasch als Meister der Klangverdichtung erweisen: Etwas besser gefällt uns für den Gesang dabei das Opto-Kompressor-Modul, weil es eigentlich gar nicht hörbar ist. Erst in Stellung Bypass wird klar, dass der Verdichter einen ausgezeichneten Job macht und die Stimme unauffällig aber gekonnt veredelt. Der Auto-Modus ist übrigens Gold wert, da man sich wenig Gedanken über die richtigen Parameter-Einstellungen machen muss. Es passt einfach. Der Vari-µ-Kompressor packt etwas kraftvoller zu als die Opto-Variante und sorgt für noch etwas mehr Durchsetzungskraft sowie einen sehr kompakten aber immer noch natürlichen Sound.

Der Clou ist allerdings die Kombination beider Module: Sehr dezent eingestellt – Kompression von zwei bis drei Dezibel – gelingt ein edler und kraftvoller Gesangssound, der insgesamt etwas kerniger als der Opto-Kompressor aber weniger auffällig als der Vari-µ-Verdichter klingt. Um die anfangs gestellte Frage an dieser Stelle zu beantworten: Die spontane Idee von Krusch war durchaus auch eine sehr gute.  Auch die Aufnahme der Konzertgitarre weiß zu überzeugen, wobei der edle Grundklang der Filtersektion, auf Deutsch gesagt, schlicht und einfach der Hammer ist. Außerdem können Resonanzen angenehm entschärft und eine gehörige Brise Frische durch die Höhenanhebung beigemischt werden. Der minimal aktive Opto-Kompressor hilft zudem, Pegelspitzen gekonnt abzufangen. Puristen unter den Tontechnikern lehnen vielleicht den eigenen Klangcharakter des Röhren-Channelstrips ab, aber dezent eingestellt schafft er ein sehr natürliches Klangbild, das vielmehr dem Sound des Instruments auf die Sprünge hilft, als es rücksichtslos einzufärben.   Einfärben geht allerdings auch und das nicht zu knapp. Die aufgerissene Gain-Stufe bringt ein satt angecrunchtes E-Gitarrensignal zum Vorschein. Aber auch als Andicker eines cleanen Signals weiß der VTRC zu überzeugen. Auch hier gibt es keinerlei Brummprobleme. Die direkt angeschlossene Fender Telecaster kommt druckvoll, transparent und sehr direkt. Außerdem erlangt sie deutlich mehr charakteristische Eleganz durch den Equalizer und bekommt den vollendeten Biss durch den Einsatz des Vari-µ-Kompressors. Bei der Abnahme eines Engl Squeeze 50-Combos weiß der VTRC ebenfalls auf ganzer Linie zu überzeugen. Der mitunter etwas harsche Clean-Sound bekommt eine bislang ungehörte Zartheit und mit Hilfe der Gain-Stufe lässt sich nach Belieben der nötige Dreck beimischen. Einmal ganz zu schweigen davon, dass man die edlen Kompressoren – das Vari-µ-Modul im Fast-Modus gefällt uns für knackige Funk-Riffs am besten – am liebsten gleich in den Amp einpflanzen würde.  Schließlich bleibt wenig Neues zu berichten, als wir einzelne Schlagzeugspuren durch den VTRC schicken. Mit Hilfe von Gain-Stufe, Equalizer und den beiden Kompressoren sind der Klangbearbeitung kaum Grenzen gesetzt. Der Vari-µ-Kompressor erweist sich einmal mehr als wirksamer Kraftprotz, der auch Snare-Schläge gekonnt abfängt und geschmackvoll kontrolliert. Die Filter-Sektion und die Gain-Stufe lassen sehr musikalische, mitunter auch experimentelle Veränderungen (trashig angezerrt oder extrem gefiltert) zu. Am Ende führt die Vielzahl an interessanten Klangbearbeitungsmöglichkeiten vor allem zu ausgedehnten Sessions mit Suchtgefahr für kreative Köpfe.

Fazit

Der VTRC ist ein Full-Service-Channelstrip, der aufgrund seines breit gefächerten Klangspektrums und des intuitiv-spielerischen Bedienkonzepts überzeugen kann. Der klanglich herausragende passive Equalizer und die Kombination aus Vari-µ- und Opto-Kompressor machen ihn zu einem einzigartigen und sehr vielseitig einsetzbaren analogen Sound-Prozessor. Da sind rund 1.700 Euro schon fast ein Schnäppchen.

Erschienen in Ausgabe 09/2011

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1699 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut