Zurück in die Zukunft
Es gibt sie auch heute noch, die kompromisslosen Veteranen des reinen Röhrensounds. Sie meiden Transistoren und Halbleiter wie der Teufel das Weihwasser und fertigen in Hand-arbeit das Outboard, welches vielen Futuristen den Klang vergangener Zeiten zurückbringt. Einer von ihnen ist der britische Hersteller Thermionic Culture, der unter anderem einen viel versprechenden Verzerrer im Programm hat.
Von Michael Nötges
Im Geschäft ist Vic Keary, Firmengründer der britischen Röhren-Schmiede Thermionic Culture, bereits seit den 1960er-Jahren. Damals begann er mit dem Bau von Studios sowie der Entwicklung von Röhren-Outboard und arbeitete außerdem als Mixing- und Mastering-Engineer. Unter der Prämisse, dass der Einzug der Transistortechnik Ende der 1960er-Jahre insgesamt einen Schritt zurück und nicht nach vorne bedeute, ist er bis heute den reinen Röhrenschaltungen treu geblieben und entwickelt zusammen mit seinem Geschäftspartner Jon Bailes vom einfachen Kompressor bis hin zum Mikrofon-Vorverstärker oder passivem Equalizer alles ohne Transistoren oder ICs. Diese kommen bei Thermionic Culture, wenn überhaupt, lediglich zum Bereitstellen der Stromversorgung in Frage.
Der Testkandidat, das Modell The Culture Vulture, ist ein zweikanaliger Line- und Instrumenten-Verstärker. Er ist, wenn man so will, eine Distortion-Box die sich der flexibeln Anreicherung von Line- oder Instrumenten-Signalen mit harmonischen Verzerrungen verschrieben hat. Laut Hersteller eignet sich The Culture Vulture zur Bearbeitung von Gitarren- Bass- oder Piano-Tracks genauso wie für das Veredeln oder Verzerren von Gesangs- oder Schlagzeug-Signalen. Die Tatsache, dass Thermionic mittlerweile eine überarbeitete Mastering-Variante – The Culture Vulture MV – mit trafosymmetrierten Ein- und Ausgänge sowie fein rastenden Gain-Reglern anbietet, zeigt: Viele wollen den pechschwarzen Boliden wohl auch beim Mastering einsetzen. Die Standardvariante ist allerdings noch mit unsymmetrischen Ein- und Ausgängen und fließend laufenden Potis ausgestattet. Damit eignet sie sich eher als musikalischer Spezial-Effekt und weniger als Präzisions-Mastering-Tool.
Intern werkeln insgesamt fünf Röhren am Klang. Je eine EF86 für die Eingangstufen, je zwei 6AS6 von Tung-Sol, die für die Verzerrungen zuständig sind und eine Philips JAN 5963 für die Ausgangsstufe. Aufgrund des Schaltungsdesigns lassen sich sowohl die Bias als auch drei unterschiedliche Verzerrungs-Modi plus eine Overdrive-Funktion wählen, um im Zusammenspiel mit Eingangs- und Ausgangs-Gain unterschiedliche Verzerrungs-Charakteristiken und Sounds zu erzeugen. Das eigentliche Geheimnis ist das Verhältnis der hinzugefügten geraden und ungeraden harmonischen Verzerrungen zueinender. So soll es möglich sein den Sound einfach nur leicht anzuwärmen, aber auch nach einem 200-Watt-Gitarren-Stack klingen zu lassen – aber dazu mehr im Hörtest. Thermionic lässt sich die Auswahl hochwertiger Bauteile, besonders der gematchten Röhren, gut bezahlen und fordert für den viel versprechenden Verzerrungskünstler 1.425 Euro.
The Culture Vulture ist ein 19-Zoll-Gerät in edel schwarzem Design, wobei der Hammerschlaglack des Gehäuses und die auf Hochglanz polierte Frontplatte gleichzeitig einen sehr widerstandfähigen Eindruck machen. Dem Schaltungsdesign entsprechend, zeigt sich der Verzerrer optisch in der Manier alter analoger Messgeräte, wofür in erster Linie die beiden Anzeigen für die Steuerspannung der 6AS6, die silbernen Kippschalter und die griffigen Chickenhead-Poti-Knöpfe verantwortlich sind.
Alle Anschlüsse finden sich – bis auf die beiden Instrumenteneingänge – auf der Rückseite des The Culture Vulture. Um Einstreuungen zu vermeiden, würden wir uns, wie bei der Masteringvariante, symmetrische XLR-Steckverbindungen wünschen anstatt der verbauten unsymmetrischen 6,35-mm-Klinken-Buchsen. Beide Kanäle haben sowohl einen Line-Eingang, als auch zwei parallele Line-Ausgänge (Hi, Lo). Der Hi-Ausgang führt +4dBV, wohingegen das Lo-Pendant um 20 Dezibel bedämpft ist, um den Verzerrer etwa direkt an einen Instrumenten-Verstärker anschließen zu können. Beide Ausgänge sind gleichzeitig verfügbar, sodass beispielsweise einer an einen Gitarrenverstärker (Lo) und der andere (Hi) zur Aufnahme eines Direkt-Signals via A/D-Wandler in der DAW aufgezeichnet werden kann. Auch Re-Amping ist wie beim Edax VTP-100 (siehe Test Seite 74) möglich: Ein aufgenommener Track kann über den Line-Eingang eingespeist und über den Lo-Ausgang an einen Instrumenten-Verstärker geschickt werden, um das Signal erneut aufzuzeichnen.
Die spiegelbildliche Anordnung der identischen Bedienelemente für Kanal eins und zwei auf der Frontplatte ist ungewöhnlich. Außerdem sind bis auf die Ausgangspegelsteller, alle Potiknöpfe in Form und Farbe gleich. Dadurch ist ein anfängliches Verwechseln der Funktionen vorprogrammiert. Erschwerend kommt hinzu, dass die Beschriftung der Chickenhead-Regler, je nach Stellung des Knopfes, verdeckt wird. Die Knöpfe sind zwar sehr gut zu bedienen und die Potiwellen laufen geschmeidig, aber in puncto Ergonomie und Übersichtlichkeit besitzt das Frontplatten-Design noch Verbesserungspotential. Anders ist das bei den üppig dimensionierten Milliampere-Metern, die jeder Zeit gut lesbar sind und den komfortabel bedienbaren Kippschaltern, die weit genug auseinander liegen, um entspanntes und sicheres Umschalten zu gewährleisten. Eine grüne Powerleuchte, die wirklich aus den 60ern stammen könnte, ist die einzige Status-Anzeige. Sie erglimmt zur Freude von Analog-Nostalgikern im Vintage-Look, sobald der satt klackende Power-Kippschalter umgelegt wird.
Schauen wir uns die Funktionen der Bedienelemente genauer an: Zunächst gibt es den Drive- und den Output-Level-Regler, die fließend die Ein- beziehungsweise Ausgangslautstärke bestimmen. Eine Anzeige der jeweiligen Pegel gibt es nicht. Hier muss man sich auf sein Gehör, beziehungsweise die Anzeigen der voran- oder nachgeschalteten Geräte verlassen. Ist der Ausgangspegel des Hi-Ausgangs insgesamt zu hoch, kann glücklicherweise immer noch auf den –
Lo-Ausgang zurückgegriffen werden, um den Eingang eines angeschlossenen A/D-Wandlers oder auch InstrumentenVerstärkers nicht zu übersteuern. Eine Besonderheit ist der Bias-Regler des The Culture Vulture. Dieser regelt, wie der Name schon sagt, die Steuerspannung zwischen Kathode und Steuergitter der jeweiligen Röhren (6AS6) für die Verzerrung. Dadurch wird der Stromfluss, ablesbar auf den beiden Milliamperemetern, durch die Röhren bestimmt. Das Vergrößern der Biasspannung vermindert den Ruhestrom und bremst dadurch die Verstärkung aus. Bei extremen Einstellungen – sehr hoher Biasspannung – führt dies zum sogenannten Cut-Off, das heißt es fließt gar kein Strom mehr, der Hahn ist zugedreht. Dadurch lassen sich beispielsweise interessante Gate-Effekte erzeugen, wenn die Steuerspannung so eingestellt ist, dass erst ab einem bestimmten Pegel der Stromfluss zugelassen wird. Wird die Biasspannung verkleinert, erhöht sich der Ruhestrom – das Tor wird sozusagen weit geöffnet. Dadurch bekommt das Signal mehr Punch und Dynamik. Nachteil: Ein hoher Ruhestrom, respektive geringe Biasspannung, ist für die Lebensdauer der Röhren schlecht und hat hohen Verschleiß zur Folge.
Der Type-Wahlschalter bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Verzerrungs-Modi zu wählen. Steht er auf T, arbeitet die 6AS6-Pentode als Triode und liefert überwiegend harmonische Verzerrungen wie k2 oder k4 (siehe FFT-Spektrum). P1 und P2 dagegen schalten auf Pentoden-Betrieb um. Das Resultat ist ein deutliches Ansteigen der ungeraden Verzerrungen wie k3 oder k5 (siehe FFT-Spektrum), was zu einem aggressiveren Zerr-Sound führt. Der P2-Modus erhöht außerdem die Verzerrungen noch einmal deutlich und führt zusätzlich bei bestimmten Einstellungen zu einem Frequenz-Dopplungs-Effekt. Besonders, wenn der Overdrive-Kippschalter umgelegt ist – dieser erhöht die Gain um 20 Dezibel und zusätzlich die Biasspannung. Dadurch kommt noch mehr Distortion in das Signal, wobei die Lautstärke durch den verringerten Ruhestrom (hohe Biasspannung) etwas ausgebremst wird, der Sound aber trotzdem deutlich mehr zerrt.
Zusätzlich haben die Entwickler The Culture Vulture einen Low-Pass-Filter spendiert, der mit einer Flankensteilheit von zwölf Dezibel pro Oktave bei Einsatzfrequenzen von neun oder sechs Kilohertz, spitze Sounds entschärfen soll. Das kann gerade bei extremen Einstellungen sehr hilfreich sein. Sehr praktisch sind im Übrigen die beiden Bypass-Kippschalter. Sie ermöglichen es, kanalunabhängig die klanglichen Veränderungen zu überprüfen. Im kreativen Prozess schießt man schnell einmal über das Ziel hinaus und der direkte Vergleich mit dem Ausgangssignal hilft, nicht die Bodenhaftung zu verlieren. Wird The Culture Vulture zum Mastering oder als Effekt auf eine Subgruppe verwendet, können so die herausgearbeiteten Nuancen überprüft und durch A/B-Vergleiche gezielt auf den Punkt gebracht werden.
Für die Messungen definieren wir zunächst eine cleane DI-Einstellung, auf die alle Ergebnisse zurückzuführen sind. Dabei stehen Eingangs- und Ausgangsregler auf 11 und die Overdrive-Funktion ist ausgeschaltet. Die Biasspannung im -Trioden-Modus (Type: T) liegt bei etwa 0,3 Milliampere (Stellung: 8). Eins ist sofort klar: The Culture Vulture ist eine Soundmachine und Verzerrungen der Röhren gehören zu seinem Konzept. Das FFT-Spektrum zeigt bei dieser Einstellung ausschließlich die harmonische Verzerrungen k2, k4 und k6, wobei die zweite Harmonische um 45 Dezibel bedämpft ist. Weitere Peaks bei 50 und 100 Hertz deuten auf tieffrequente Einstreuungen hin, die aber mit 70 Dezibel mehr als ausreichend bedämpft sind. Auffallend sind zusätzliche Peaks bei 200, 300 und 400 Hertz, deren Bedämpfung zwischen 75 und 85 Dezibel liegt. Damit werden aber, wenn überhaupt, sehr subtile klangliche Veränderungen herbeigeführt. Außerdem wird eher das 50-Hertz-Brummen zu hören sein, als die deutlich leiseren Veränderungen in den unteren Mitten. Zum Vergleich fertigen wir weitere FFT-Spektren mit den von Thermionic vorgegebenen Einstellungsempfehlungen (Bass Fuzz, Warmer Bass, Warmer Drums)1 und eine selbstkreierte Overdrive Einstellung (Drive: 5; Bias: 4; Type: T; Filter 9 Kilohertz; Output: 8; und Overdrive: In) an. Im Wesentlichen verändern sich die Spektren durch die unterschiedliche Gewichtung und Intensität der geraden und ungeraden harmonischen Verzerrungen, die abhängig von dem jeweiligen Einstellungen der Bias-spannung, Röhren-Modus und natürlich der Overdrive-Funktion sind. Dabei steigen die Verzerrungen teilweise bis auf eine minimale Bedämpfung von zwei Dezibel an, sind also fast so laut wie die Anregungsfrequenz. Das bedeutet mitunter extrem hohe, aber gewollte Klirr-Werte. Bei unserer cleanen Einstellung ergibt sich mit 0,8 Prozent THD+N allerdings ein moderates Ergebnis. Fremd- und Geräuschspannungsabstand betragen über den Line-Eingang gemessen gute bis sehr gute 89,3 und 95,3 Dezibel. Der Instrumenten-Eingang liefert schlechtere aber immer noch akzeptable Werte von 66,2 beziehungsweise 77,3 Dezibel. Der Frequenzgang zeigt sich eigenwillig verbogen und beeinflusst das Klangdesign des The Culture Vulture entscheidend mit: Oberhalb von einem Kilohertz sackt er stetig bis auf drei Dezibel bei 20 Kilohertz ab, bedämpft also die obersten Mitten und Höhen. Darunter steigt er bis auf +6 Dezibel bei 50 Hertz an, um die unteren Mitten und den Bassbereich zu betonen. Tiefe Frequenzen unterhalb von 50 Hertz hingegen werden wieder leicht bedämpft (+2 Dezibel bei 20 Hertz). Auf die Messungen des maximalen Ein- oder Ausgangspegels beziehungsweise der Eingangsempfindlichkeit haben wir bewusst verzichtet, da laut unserer Messroutine die Maximalwerte erreicht sind, wenn der THD+N-Wert ein Prozent erreicht, was bei einem Verzerrer mit einem Grundklirr von 0,8 Prozent wenig sinnvoll erscheint, schließlich soll er ja das Signal mit Verzerrungen anreichern.
Für den Praxis- und Hörtest von Profes-sional audio Magazin haben wir The Culture Vulture als Effekt in einen Fender Concert Gitarrenverstärker eingeschleift. Will heißen, die Gitarren in den Verzerrer gestöpselt und den Lo-Ausgang auf den Return-Weg des Amps gegeben. In einem zweiten Schritt haben wir dann unterschiedliche Signale, wie E-Bass- oder Schlagzeug-Tracks sowie einen fertigen Stereo-Mix bearbeitet.
Zunächst wählen wir die cleane Einstellung des The Culture Vulture, die wir auch bei den Messungen verwendet haben. Der Klang des Fender-Amps zeigt sich deutlich mittiger und wärmer und verliert seinen charakteristischen Chime-Sound. Die klirrenden Höhen verschwinden zu Gunsten eines satten Mittensound mit viel Punch. Der Klang erinnert ein wenig an einen Vox AC-30, wobei besonders die Direktheit und Impulsivität überzeugt. Durch die Feinjustierung der Biasspannung gelingt es, einen sehr interessanten und kraftvollen Klang zu generieren, der zwar nicht mehr viel mit dem gewohnten Fender-Sound am Hut hat, aber auf seine unnachahmliche Art einen kraftvollen und energischen Charme versprüht. Als nächstes testen wir die unterschiedlichen Typen-Modi der 6AS6-Röhre. Mit der P1-Einstellung bekommen wir einen warmen angezerrten Sound hin, der sich für Rhythmusgitarren-Parts anbietet. Allerdings muss einige Zeit mit den unterschiedlichen Einstellungen experimentiert werden, bis das Ergebnis restlos gefällt. Bei starker Verzerrung klingt es zunächst etwas harsch und sehr aggressiv, was für bestimmte Geschmäcker und Musikstile mit Sicherheit aber kein Nachteil ist. Gerade bei hohen Lautstärken wird der Druck deutlich, den The Culture Vulture dem Signal beimischt. Den Vergleich des Herstellers mit einem 200-Watt-Stack können wir voll uns ganz bestätigen, als wir den Overdrive-Schalter betätigen. Der Amp beginnt regelrecht zu brüllen, wobei es nicht nach modernem High-Gain, sondern eher nach einem aufgerissenen Marshall-Amp mit Vintage-Charakter klingt. Der Grundsound ist stark verzerrt und sehr scharf, aber durchaus eigen und vor allem durchsetzungsstark. Experimentierfreudige und Fans von trashigen Gitarrensounds werden ihre helle Freude haben, da durch die Anpassung des Arbeitspunktes mitunter sehr schräge Klänge erzeugt werden können.
Jetzt schicken wir ein bereits aufgenommenes Bass-Signal durch den Verzerrer – dieser ist als externer Effekt in Cubase 4 eingeschleift. Das Signal kommt bei vorsichtigem Einsatz des Effekts, mächtig und sehr bassstark, ohne wirklich verzerrt zu klingen. Das lässt sich aber schnell ändern. Wir probieren es mit der empfohlenen Bass-Fuzz-Einstellung. „Schneidend“ ist wohl der richtige Ausdruck, für das, was wir hören. Das druckvolle Bassfundament bleibt bestehen und durch die heftigen Verzerrungen (besonders die ungeraden Harmonischen), die dem Signal beigemischt werden, klingt es rotzig und sägend. Zur Entzerrung schalten wir das Tiefpassfilter auf neun Kilohertz, dadurch klingt der Bass erdiger und das Signal verliert deutlich an Schärfe.
Besonders interessant wird es bei der Bearbeitung von Drum-Loops. Zunächst lassen sie sich angenehm andicken und kommen bei cleaner Einstellung deutlich direkter und vordergründiger. Bei einem Hip-Hop-Beat regeln wir The Culture Vulture genau bis an die Grenze, wo die geraden Harmonischen noch den Ton angeben. Jetzt zerrt der Drum-Loop ein wenig, was zu einem interessanten Distortion-Effekt führt, den wir bereits auf zahlreichen Loop-CDs gehört haben. Wer’s ein wenig trashig mag, ist hier genau an der richtigen Adresse. Aber es kommt noch dicker: Wir schmeißen den Overdrive an und wählen einen Funk-Beat. Jetzt scheppert wirklich alles, inklusive unserer Trommelfelle. Mit Hilfe des Filters lässt sich ein dumpfer Effekt-Loop kreieren, der gezielt eingesetzt, durchaus seinen Zweck erfüllt. Regelt man jetzt noch die Biasspannung auf ein Minimum herab, entsteht zusätzlich ein Gate-Effekt, da nur noch die Pegelspitzen durchgelassen werden. Der Ursprungs-Beat ist kaum noch zu erkennen, lediglich stark verzerrte und abgehackte Artefakte knarzen lautstark aus den Monitoren – wem’s gefällt.
Schlussendlich nehmen wir uns einen Mix vor und bemühen The Culture Vulture als Mastering-Tool. Die Kanalgleicheit ist ein Problem, deshalb gibt es offensichtlich auch den bereits erwähnten The Culture Culture MV mit gerasteten Gain-Reglern. Klanglich kann unser Testkandidat aber trotzdem überzeugen, solange man sich im Bereich der geraden harmonischen Verzerrungen bewegt. Mit dezenten Einstellungen kann ein Sound erzeugt werden, der stark an einen Bandsättigungs-Effekt erinnert. Die Stereo-Summe kommt energetischer und lebendiger und bekommt eine angenehme Körnigkeit und Tiefe. Allerdings ist es mitunter eine Gradwanderung, den richtigen Punkt zu treffen und nach zahlreichen Einstellungsversuchen ist unser klarer Tipp: Weniger ist mehr. Sehr -dezent eingesetzt kommt The Culture Culture als Mastering-Effekt sehr schön. Aber Vorsicht vor der lauernden Distor-tion-Front.
Fazit
The Culture Vulture ist ein Edel-Verzerrer, der sich durch die flexible Steuerung der geraden und ungeraden harmonischen Verzerrungen auszeichnet. Sein analoger Röhren-Sound ist insgesamt kraftvoll und mittig. Außerdem kann er das Signal je nach Bedarf geschmackvoll veredeln oder bis zur Unkenntlichkeit verzerren. Der britische Hersteller Thermionic Culture verlangt zwar stolze 1.425 Euro für das analoge Outboard, bietet dafür aber sowohl ein kreatives Effekt-Gerät als auch ein wirkungsvolles Mastering-Tool.
Erschienen in Ausgabe 11/2008
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 1425 €
Bewertung: gut
Preis/Leistung: befriedigend – gut
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