Erfahrener Neueinsteiger
Als einkanaliger Mikrofon- und Instrumentenvorverstärker präsentiert sich der krachneue pT2-500 nicht etwa als einfacher Abklatsch der bestehenden True Systems-Schaltungen, sondern als eigenständiges Preamp-Modul für das API-500-System mit neuer Typ-2-Schaltung und eigenem Sound-Konzept.
Von Michael Nötges
Tim Spencer, Chefentwickler beim amerikanischen Pro Audio Spezialisten True Systems, kann es einfach nicht lassen. Auch wenn sich der erfahrene Elektroingenieur nach 30 Jahren im Geschäft und exzellenten Produkt-Entwicklungen für True Systems getrost auf seinem Lorbeer ausruhen könnte. Sein Erfinder-Gen lässt ihm anscheinend keine Ruhe und immer wieder stellt sich der Mann aus Tucson Arizona neuen technischen und klanglichen Herausforderungen. Dass er weiß, wie’s geht, hat Spencer bereits mit dem P2analog (Test, Ausgabe 9/2006), dem P-Solo (Test, Ausgabe 12/2008) oder dem Precision 8i (Test, Ausgabe 1/2009) eindrucksvoll unter Beweis gestellt und fleißig Bestnoten in Bezug auf Klang und Messwerte eingeheimst. Beim jüngsten Clou ging es Spencer und True Systems um die Entwicklung eines einkanaligen Mikrofon- und Instrumentenverstärkers. „Gibt es doch schon“, werden die Stammleser von Professional audio dazwischen grätschen und den Test des P-Solo hochhalten. „Ja und nein“, ist die beschwichtigende Antwort, denn Spencer hat den neuen pT2-500 als Modul für das 500er-Rack-System von API entwickelt und schlägt damit in die gleiche Kerbe wie beispielsweise Grace Design, Empirical Labs, A Designs, Audient oder Burl Audio, die bereits erfolgreich den standardisierten Modul-Rahmen von API für ihre Entwicklungen nutzen. So schön die Standardisierung sein mag, die Entwickler müssen sich natürlich im wahrsten Sinne an die Rahmenbedingungen der API-Racks halten und ihre Produkte dementsprechend konstruieren. Das 13 Zentimeter hohe und rund vier Zentimeter breite Mikrofon- und Instrumentenverstärker-Modul ist dementsprechend sehr kompakt, damit es in die 3-HE-Racks der 500er-Serie (API 500V und 500-6B) passt.
An der Modulsteckerleiste liegen der elektronisch symmetrierte Mikrofon-Ein- und Line-Ausgang an. Zusätzlich hält der pT2-500 aber auf der Vorderseite einen hochohmigen FET-Instrumenteneingang sowie eine praktische Through-Buchse bereit. Beide sind bombensicher mit dem Frontpanel verschraubt. Der alternative Ausgang dient dazu, parallel einen Verstärker anzuschließen oder ein DI-Signal aufzunehmen. Die True Systems-typisch rot eloxierte Aluminium-Frontplatte bietet außerdem einen fein gerasteten, verhältnismäßig großen und vor allem griffigen Eingangspegel-Regler (rund 1,3 Dezibel pro Step), der präzise Einstellungen zulässt. Der insgesamt weite Regelbereich lässt sich je nach anliegendem Pegel umschalten (Low: -14 bis + 38 Dezibel, High: +18 bis +70 Dezibel). Außerdem gibt es drei weitere satt einrastende Taster mit zugehörigen Status-LEDs, um Phantomspannung oder das Trittschallfilter (80 Hertz, 6 Dezibel pro Oktave) zu aktivieren sowie die Phase umzukehren. Bei der Aussteuerungs-Anzeige hat sich True Systems mit vier LEDs (Sig, +4, +12 und OL) auf das Nötigste beschränkt. Das könnte komfortabler sein, reicht aber aus, um mit etwas Eingewöhnung optimale Eingangspegel zu bekommen. Tim Spencer erklärt uns zu den Besonderheiten und Schaltungsanpassungen des neuen Type-2-Designs: „Die komplett symmetrische Schaltung des pT2-500 ist dem Aufbau unserer anderen Preamps sehr ähnlich. Durch die SMT bekommen wir aber kürzere und deswegen auch besser symmetrierte Signalwege hin. Das Ergebnis ist mehr Immunität gegenüber Eigenrauschen und elektromagnetischen Interferenzen (EMI), was gerade bei einer Ansammlung von unterschiedlichen Modulen verschiedener Hersteller auf engstem Raum – Stichwort API 500-B6 „Lunchbox“ – entscheidend ist.“ Dann fährt er auf Nachfragen fort: „Der Aufbau des Gleichstromschaltkreises erlaubt es, wie bei unseren anderen Preamps auch, alle Kondensatoren aus dem Signalweg zu verbannen. Nur der Abblockkondensator für die Phantomspannung am Mikrofoneingang muss eben sein. Beim pT2-500 haben wir uns nach langen Hörtests an dieser Stelle für neue Bauteile entschieden.“ Zu weiteren Anpassungsmaßnahmen erläutert uns der Chefentwickler: „Für den pT2-500 verwenden wir ein sogenanntes Rail-to-rail-Design : Neue Halbleiter ermöglichen einen maximalen Ausgangspegel von bis zu +29 dBu bei 16-Volt-Stromversorgung, die bei den API-Racks vorliegt. Bei unseren 24-Volt-Schaltungen erreichen wir zum Vergleich +31 dBu. Mit dem Rail-to-rail-Design gelingt es uns daher, auch ohne Ausgangsübertrager genügend Ausgangspegel hinzubekommen.
Ein weiterer Vorteil des neuen Designs ist der vergrößerte interne Headroom und ein maximaler Eingangspegel von +22 dBu ohne zusätzlichem PAD.“ Auf die Frage nach dem neuen Klangdesign, das mehr analoge Wärme und einen größeren Sound verspricht, antwortet Spencer: „Oft wird die Bezeichnung ‚analoge Wärme’ für Preamps mit verringertem High-End, schlechterem Einschwingverhalten und lediglich angedicktem Low-End verwendet. Wir glauben aber, dass es bei analoger Wärme viel mehr um eine lebensechte Umsetzung des Eingangssignals geht.“ Die Ursache dafür, verrät uns der Entwickler, liege beim pT2-500 im Zusammenspiel der genannten Neuerungen: Sprich überarbeiteter Gain-Struktur, neuen Halbleitern, anderen Abblockkondensatoren für die Phantomspannung, neuen Präzisionswiderständen (Toleranz: 0,1 Prozent) und dem insgesamt kompakteren Signalweg durch Verwendung der SMT. Dass True Systems nicht zu viel versprochen hat, zeigen zunächst die Messwerte. Geräusch- und Fremdspannungsabstand über den Mikrofoneingang gemessen, liegen bei sehr guten 84,4 und 81,6 Dezibel. Der Noisefloor (siehe FFT-Spektrum) bleibt weit unterhalb -100 Dezibel. Verzerrungen á la k2 oder k3 sind genauso Fehlanzeige wie störende Einstreuungen. Die THD+N-Werte sind mit einem Maximum von 0,008 Prozent über jeden Zweifel erhaben und die Gleichtaktunterdrückung ist über den gesamten Frequenzbereich größer als 75 Dezibel. Der breitbandige Frequenzgang ist wie an der Schnur gezogen und verläuft sogar bis 100 Kilohertz absolut linear. Bei solchen Werten ist ein schnelles Einschwingverhalten und exakte Transientenübertragung zu erwarten. Die üppigen Verstärkungsreserven bei einer Eingangsempfindlichkeit von -66,3 Dezibel geben dem pT2-500 genügend Souveränität, um auch die Anforderungen von Bändchenmikrofonen oder unempfindlichen dynamischen Schallwandlern optimal zu erfüllen. Nicht ganz so unangreifbar präsentiert sich der FET-Instrumenteneingang. Der Noisefloor liegt im Schnitt bei rund -90 Dezibel. Allerdings treten Peaks bei 50 und 150 Hertz (-60 Dezibel) deutlich hervor, die auf Einstreuungen aus der Stromversorgung hindeuten. Dadurch liegen Geräusch- und Fremdspannungsabstand (68,9 und 60,8 Dezibel) knapp 20 Dezibel über den Messungen des Mikrofoneingangs. Die THD+N-Werte des Instrumenteneingangs steigen auf immer noch sehr gute 0,07 Prozent an. Für den Hör- und Praxistest von Professional audio ist das pT2-500-Modul in ein 19-Zoll-Rack 500HR von A Designs gesteckt und verschraubt, das auf einer Höheneinheit lediglich zwei Slots bietet. Übrigens: Neueinsteiger in die Welt der 500er-Module sollten den Aufpreis für einen geeigneten Rahmen bedenken. Der Doppel-Modul-Rahmen 500HR kostet rund 280 Euro, die bereits erwähnte ‚Lunchbox‘ von API (500-B6) für bis zu sechs Module rund 500 Euro und das 500V-Rack mit zehn Steckplätzen rund 900 Euro. Alternativ gibt es aber beispielsweise auch noch den Black 500-Adapter von Audient, der für rund 150 Euro bei vier Steckplätzen zu haben ist.
Die Bedienung des pT2-500 geht locker und komfortabel von der Hand. Das präzise Einpegeln gelingt nach kurzer Eingewöhnungsphase an das rudimentäre Metering problemlos und selbst bei Aufnahmen mit einem dynamischen M201TG von Beyerdynamic oder dem Shure SM58 ist das Anheben der Pegel auf ein Optimum auch bei filigranem Gitarrengezupfe kein Thema. Aber so leicht kommt uns der pT2-500 nicht davon. Wir testen seine Leistungsfähigkeit auf Herz und Nieren, indem wir eine zierliche und deshalb leise Gitarlele (Yamaha GL-1) – Mini-Gitarre im Ukulele-Stil – aufnehmen. Aber auch diese Herausforderung meistert der Preamp mit Bravour und bannt selbst mit dem dynamischen M201TG ein voll ausgesteuertes und vor allem immer noch absolut transparentes Signal auf die Festplatte unserer DAW. Rauschen oder Störgeräusche sind auch bei hoher Verstärkung nicht auszumachen. Absolut überzeugend ist der offene Klang des pT2-500, der besonders in den Höhen keine Grenzen zu haben scheint. Hinzu kommt eine sehr präzise Abbildung, die gerade bei den filigranen Anschlagsgeräuschen der Nägel auf den Nylon-Saiten ohrenfällig wird. Der pT2-500 ist außerdem blitzschnell, so dass er jede Transiente – wir nehmen dafür Body-Percussion-Grooves auf der Mini-Gitarre auf – exakt abbildet. Bei den Gesangs- und Sprachaufnahmen fällt zusätzlich der insgesamt reichhaltige und sehr fein aufgelöste Gesamtklang auf. Das Timbre kommt sehr natürlich, intim und angenehm authentisch. Von Färbung zu sprechen erscheint uns aber völlig fehl am Platz. Vielmehr zeigt sich der Gesamtsound angenehm abgerundet und ausgewogen aber vor allem extrem offen und lebendig. Das führt auch dazu, dass die Aufnahmen sehr griffig und plastisch wirken und vor allem eine Tiefe besitzen, die bei den Vocal-Tracks zu einem Klangerlebnis führen, das irgendwie über die bloße Kopie hinausgeht. Dabei erscheint die Stimme aber weder künstlich noch eingefärbt sondern im eigentlichen Sinn (über)natürlich. Schlussendlich stöpseln wir unsere Tele in den Intrumenteneingang. Klanglich erinnert uns dieser an das Pendant des ISA One Digital von Focusrite (Test, Ausgabe 6/2010). Zum einen ist der Sound in allen Pickup-Positionen offen, klar und transparent, so dass ein sehr charakteristischer und originalgetreuer Grundsound übertragen wird. In den unteren Mitten kommt der pT2-500 ähnlich kräftig wie der Brite und weist trotz natürlicher Leichtigkeit in den Höhen ein kompaktes Fundament auf. Die prognostizierte ‚analoge Wärme‘, versteht man sie wie Chefentwickler Tim Spencer als lebensechte Umsetzung des Eingangssignals, kommt klar zum Vorschein. Nicht aber als extravagante Klangfärberei, sondern indem das Gefühl entsteht, dem Original klanglich so nah zu sein, dass dieses bei der Aufnahme über sich hinaus wächst.
Fazit
Das pT2-500-Modul von True Systems ist ein exzellenter Mikrofon- und Instrumentenvorverstärker für die API 500er-Serie. Aufgrund seiner ausgezeichneten klanglichen Eigenschaften und der sehr guten Messwerte, ergattert sich das kleine Rote einen sicheren Platz in der Spitzenklasse. Bei einem angesichts seiner Qualitäten fast schon als Schnäppchen geltendem Preis von rund 700 Euro ist das einzige Problem, dass man am liebsten gleich acht dieser Module im Rack haben möchte.
Erschienen in Ausgabe 07/2010
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 699 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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