Die Koreaner kommen
Dass Japan und China seit langem ein gewichtiges Wörtchen in unserer Branche mitreden, dürfte allenthalben bekannt sein. Doch Tontechnik aus Korea ist uns bislang noch nicht auf den Tester-Tisch geflattert. Grund genug also, sich das Spartan Cue 110-Interface des koreanischen Herstellers Audioprobe näher anzuschauen.
Von Georg Berger
Kennen Sie Künstler und Produzenten wie Haam ChoonHo, HanSang Kim, SungMin Kwon oder KyuSik Jang? Wir auch nicht. Und doch zählen sie zu bekannten Größen in Süd-Korea, einem Land, das sich bislang auf der Weltbühne der Tontechnik nicht nennenswert in den Vordergrund gebracht hat. OK, anders herum dürften viele Koreaner beim Nennen bekannter deutscher Künstler wie Marius Müller-Westernhagen, Wolfgang Niedecken oder Helene Fischer ebenfalls nur mit den Schultern zucken. Jedenfalls zählen die genannten koreanischen Tonschaffenden zu den glücklichen und überzeugten Nutzern des Spartan Cue 110 USB Audio-Interface, seines Zeichens das Erstlingswerk des südkoreanischen Herstellers Audioprobe. Der will künftig mit Hilfe des deutschen Vertriebs M3C im deutschsprachigen Markt Fuß fassen. Grund genug, einmal zu ergründen, was koreanische Ingenieurskunst zu bieten hat. Dabei hat sich der Hersteller auf die Fahnen geschrieben, Produkte herzustellen, die nicht nur einfach zu bedienen sind, sondern gleichzeitig auch mit exzellentem Klang aufwarten sollen. Das rund 200 Euro kostende Spartan Cue 110 Interface positioniert sich in die Zweikanal-Klasse, es warte tatsächlich – Nomen est Omen – mit einer spartanischen Ausstattung auf, wandelt bis 192 Kilohertz bei 24 Bit und soll sowohl den Einsteiger, als auch primär den Mobilisten mit gehobenem Anspruch ansprechen, der beispielsweise mal eben rasch im Hotelzimmer seine Inspirationen festhalten will. Damit fischt es im gleichen Tümpel wie etwa das Fast Track solo von Avid (UVP: 139,-), das Tascam US-100 (UVP: 115,-), das Focusrite iTrack solo respektive Scarlett 2i2 (UVP: 133,- und 159,-), im weiteren Sinne auch dem Steinberg UR-22 (UVP: 148,-, Test in Heft 4/2013), der Presonus Audiobox USB (UVP: 155,-), dem Apogee Duet 2 (UVP: 530,-, Test in Heft 8/2012) sowie dem RME Babyface (UVP: 599,-, Test in Heft 6/2011). Somit positioniert es sich hinsichtlich Preis-Niveau knapp oberhalb des Durchschnitts. Ob dieser Preis gerechtfertigt ist, wird der Mess- und Hörtest zu zeigen haben.
Im Lieferumfang finden sich lediglich ein USB-Kabel sowie eine Treiber-CD nebst gedrucktem Quickstart-Guide und als besonderes Gimmick drei Klettverschluss-Kabelbinder. Für Einsteiger, die noch über keine Grundausstattung an Musik-Software verfügen, dürfte dies zunächst wenig attraktiv sein, weshalb dem Hersteller anzuraten ist, einmal entsprechende Überlegungen in diese Richtung vorzunehmen. Ein Manko ist dies in unseren Augen dennoch nicht, betrachtet man Hersteller wie beispielsweise RME, das zuletzt von Professional audio getestete Interface UH-7000 von Tascam (Test in Heft 5/2014) oder die Produkte von Prism Sound, die ebenfalls ohne Zusatz-Software-Paket daherkommen. Meckern müssen wir aber trotzdem in Sachen Lieferumfang. Zwar lässt sich das Spartan-Interface problemlos über die USB-Leitung mit Strom versorgen und am Gerät existiert auch eine Buchse zum Anschluss eines Netzgeräts. Das muss bei Bedarf aber aufpreispflichtig erworben werden, was wenig kundenfreundlich ist und auch in dieser Preisklasse zur Selbstverständlichkeit zählen sollte.
Rein gar nichts zu meckern gibt es hingegen bei der Verarbeitung. Beim Gehäuse aus stabilem Aluminium hat der Hersteller wahrlich nicht gegeizt. Denn mit rund einem Kilo Gewicht ist das Interface für seine Dimensionen richtig schwer. Die Oberseite besteht aus transparentem, stabilem, Kunststoff, durch den die Anzeige-LEDs deutlich hindurchscheinen. Die Anschlüsse sind zwar nicht am Gehäuse verschraubt, sie sitzen aber dennoch bombenfest und passgenau an ihrem Platz. Das alles flößt schon einmal eine gehörige Portion Vertrauen ein.
Zweimal rein, zweimal raus lautet die Devise hinsichtlich Anschlüsse und Kanäle. Zur Auswahl stehen an der unteren Schmalseite ein separater XLR-Anschluss und eine 6,3-Millimeter-Klinkenbuchse in mono mit Hi-Z-Empfindlichkeit zum direkten Anschluss elektrischer Instrumente, ideal also für Singer-Songwriter, die sich mit Mikrofon und Gitarre selbst aufnehmen wollen. Alternativ können die beiden Kanäle auch Signale mit Line-Pegel über zwei symmetrische Klinkenbuchsen auf der Kopfseite ins Interface speisen. Direkt neben den Line-Eingängen findet sich ein weiteres Pärchen Klinkenbuchsen zum Anschluss aktiver Monitore. Ein Kopfhörer-Anschluss ist gleich zweimal vorhanden, die komfortabel ebenfalls in die untere Schmalseite eingelassen sind. Besonderheit: Beide Buchsen sind verschieden verschaltet. Steckt der Kopfhörer im unteren Anschluss, wird das Signal simultan auf die Monitor-Ausgänge geleitet, bei Belegung des oberen Anschlusses, wird der Monitor-Ausgang stumm geschaltet. Sinn und Zweck: Geht’s an Aufnahmen, müssen die Monitore nicht unbedingt Schall abgeben, Stichwort Übersprechen. Beim Abmischen ist hingegen das gleichzeitige Senden auf den Line outs und dem Kopfhörer zwecks Kontrollhören von Vorteil. Sicherlich, je nach Szenario darf der Anwender den Kopfhörer immer wieder umstöpseln, weshalb eine Alternative, beispielsweise in Form eines Schalters eleganter gewesen wäre. Dennoch ist das besser als gar nichts und in der Form nicht oft anzutreffen. Audioprobe realisiert damit jedenfalls eine Funktion, die eher an einem Monitoring-Controller anzutreffen ist.
Ein Pärchen Fünf-Pol-MIDI-Buchsen (In/Out), die USB-2.0- sowie die Netzgeräte-Buchse komplettieren schließlich das Arsenal verfügbarer Anschlüsse.
In Sachen Bedienung gibt sich der kleine Koreaner ebenfalls recht spartanisch, aber dennoch zufriedenstellend. Die Fußseite besitzt zwei Drei-Positions-Kippschalter. Über den ersten werden die physikalischen Eingänge für die anstehende Aufnahme festgelegt. Zur Auswahl stehen das XLR/Hi-Z-Gespann oder die beiden Line-Eingänge, wobei einmal ein festes Gain bei 0 dBu oder ein variabel einstellbares Gain zur Auswahl steht. Über den zweiten Schalter wählen wir verschiedene Optionen fürs Direct Monitoring aus. Zur Auswahl steht eine Ausgabe in stereo, in mono (beide Kanäle werden summiert ausgegeben) und eine Mute-Funktion.
Die Oberseite wird von drei großen, griffigen Drehreglern beherrscht. Linker und mittlerer Drehgeber dienen zum Einpegeln der beiden Eingänge, der rechte beeinflusst die Ausgangs-Lautstärke, wobei darüber auch gleichzeitig die Line-outs und Kopfhörer-Anschlüsse geregelt werden. Ein kleiner Schalter auf der Kopfseite aktiviert bei Bedarf die Phantomspannung am XLR-Eingang. In Sachen Anzeige verfügt das Spartan Cue 110 über zwei Acht-Segment-LED-Ketten zur Anzeige des Eingangspegels sowie drei Status-LEDs, die Auskunft über den Betriebszustand und die Phantomspannung geben.
Wie üblich ist beim Betrieb auch des Spartan-Interface auf Windows-Rechnern zunächst die Installation eines dezidierten ASIO-Treibers erforderlich. Mac-User können sich dieses Prozedere einmal mehr schenken und das Spartan Cue 110 via Core-Audio einstellen. Dafür erhalten Windows-User ein separat aufrufbares Software-Panel, das eine zwar überschaubare Zahl an Funktionen bereitstellt, das es aber dennoch in sich hat.
Das Panel verfügt über die üblichen Einstellmöglichkeiten wie Samplerate und Sample-Buffer sowie über eine Meter-Sektion, in der die Pegel von Ein- und Ausgang angezeigt sowie die Möglichkeit zum Regulieren der Ausgangs-Lautstärke inklusive Mute-Schalter besteht. Der Clou: Mit der Capture-Probe-Funktion innerhalb des Settings-Reiters stellt Audioprobe eine denkbar einfache Lösung bereit, um Audiostreams, die über WDM oder ASIO gesendet werden, direkt wieder in der DAW aufzuzeichnen, ein simples Klicken auf die entsprechenden Buttons genügt. Dies geht sogar additiv. Wer mag, kann also die physikalischen Eingänge, ein Playback, das vom Windows Media Player wiedergegeben wird sowie ein Grundarrangement von der DAW als kompletten Audio-Stream direkt wieder in der DAW aufnehmen. Sicherlich, neu ist das jetzt nicht – Stichwort „Loopback“. Doch die völlig einfache Art, um dies zu bewerkstelligen ist schon bemerkenswert. Dabei lässt sich das Ganze separat für Aufzeichnungen via WDM und ASIO einstellen, was so auch nicht alltäglich ist.
Die üblichen Tests im Professional audio Messlabor absolviert das Spartan Cue 110 nicht nur mit Bravour, sondern gar mit einem ausgesprochen glänzenden Ergebnis. So liefert der kleine Koreaner satte 58,3 Dezibel Verstärkungsreserven am Mikrofon-Eingang, so dass sich auch leise Schallwandler ausreichend verstärken lassen. Die Frequenzgänge gemessen an sämtlichen Eingängen (Mikrofon, Instrument, Line) sind wie mit dem Lineal gezogen. Gleiches gilt auch für den Klirrfaktor. Die Verlaufskurve erreicht über das gesamte Frequenzspektrum maximal 0,006 (Mikrofon), 0,005 (Instrument) und 0,003 (Line) Prozent – ein ausgezeichnetes Ergebnis für en Gerät dieser Preisklasse. Geräusch- und Fremdspannungsabstände können sich ebenfalls sehen lassen und rangieren ohne weiteres in der Oberklasse. So messen wir am Mikrofon-Eingang Werte von 86,3 und 82,1 Dezibel. Der Instrumenten-Eingang ist um ein Dezibel besser und die Line-Eingänge glänzen mit Ergebnissen von 93,7 und 91,1 Dezibel. Nicht minder tadellos zeigen sich auch die FFT-Spektren, die einen Noisefloor unterhalb -100 und sogar -110 Dezibel (Line) zeigen. Die Peaks bei k2 und k20 fallen nicht ins Gewicht. Sie reichen bis maximal -90 Dezibel. Auffällig, aber nicht minder glanzvoll ist das Ergebnis nach Messung der Gleichtaktunterdrückung: Der Kurvenverlauf beschreibt den Buchstaben V, wobei an den Rändern des Frequenzspektrums sehr gute Werte unterhalb -70 Dezibel stehen und Werte von phantastischen -103 Dezibel bei 350 Hertz erreicht werden. Lange Kabelstrecken jenseits fünf Meter steckt das Spartan-Interface also locker weg. Selbst die Phantomspannung zeigt sich bilderbuchhaft: Wir ermitteln Werte von 47 Volt bei satten 13,4 Milliampère Stromfluss. Insgesamt steht das Spartan Cue 110 messtechnisch damit auf Augenhöhe zu unserer Oberklasse-Referenz, dem Fireface 400 von RME. Hinsichtlich Latenz eilt das Spartan-Interface dem Fireface 400 sogar davon. Bei 96 Kilohertz Samplingrate und einem Buffer von 128 Samples besitzt der kleine Koreaner ein- und ausgangsseitig je 1,3 Millisekunden. Das Fireface 400 kommt auf 1,8 (Input) und 3 Millisekunden (out). Das gleiche Bild zeigt sich auch bei anderen Samplingraten und Buffer-Einstellungen.
Im finalen Hör- und Praxistest setzt das Spartan Cue 110 schließlich zu einem souveränen Siegeszug an. Der Hersteller hat in Bezug auf ein einfaches Handling nicht zuviel versprochen. Das Interface bietet schnörkellose Bedienung ohne überflüssigen Schnickschnack. Das Einpegeln mit Hilfe der Drehregler geschieht komfortabel und ohne nervenaufreibendes Justieren im Mikrometer-Bereich. Klanglich ist das Spartan Cue 110 der Transparenz verpflichtet, wenngleich es an der einen oder anderen Stelle ästhetisch im Klangbild nachhilft. Beim ersten oberflächlichen Hörvergleich mit dem RME Fireface 400 stellt sich zunächst kein markanter Unterschied ein. Beide Interfaces wandeln Schall auf akkurate Weise, Signale werden präzise eingefangen. Doch dort wo sich das Fireface 400 durch schonungslose Offenheit und Ehrlichkeit hervortut, nimmt sich das Spartan Cue 110 minimal zurück. So sind die Spartan-Aufnahmen einen Hauch weniger luftig als die des Fireface 400. Griffgeräusche beim Spielen auf einer akustischen Gitarre erklingen geschmackvoll zurückgenommen und nicht so deutlich wie beim teutonisch-sachlichen RME-Wandler, was aber durchaus gefällt. Beim genaueren Hören ist auch eine leichte Dominanz im unteren Mittenbereich bemerkbar, was den eingespeisten Signalen ohne Wenn und Aber schmeichelt. Sie klingen eine Wenigkeit kraftvoller, voluminöser, aber auch ein bisschen zweidimensionaler als die Aufnahmen des Fireface 400. Doch das sind Unterschiede, die erst beim intensiven Hören zu Tage treten. Ein Makel ist das indes nicht, vielmehr eine Frage des persönlichen Klanggeschmacks. Mit diesen Qualitäten dürfte das Spartan Cue 110 jedenfalls viele Anhänger finden, denn insgesamt agiert der kleine Koreaner auch in Sachen Klang problemlos in der Oberklasse.
Fazit
Mit dem zweikanaligen USB Audio-Interface Spartan Cue 110 feiert der koreanische Hersteller Audioprobe einen glänzenden Einstieg in den deutschen Markt, der zwar momentan noch den Status eines Geheimtipps hat, aber durchaus das Zeug besitzt, diesen alsbald zu verlassen. Schnörkellose Bedienung, hervorragende Messwerte und ein exzellenter Klang pulverisieren das Klischee vom asiatischen Billig-Schrott vom Fleck weg. Das Preis-Leistungsverhältnis ist angesichts der Qualitäten des kompakten Koreaners nur als sehr gut zu bezeichnen. Die Etablierten dürfen sich jedenfalls künftig warm anziehen. Wir sind schon jetzt auf weitere Modelle von Audioprobe gespannt.
Erschienen in Ausgabe 09/2014
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 199 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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