Die Quadratur des Interfaces

Quadratisch und kompakt präsentiert sich Tascams neuestes USB-Audio-Interface. Das US-366 ist mit einer Reihe interessanter Features ausgestattet, die sowohl Musiker als auch Podcaster neugierig machen könnten.

Von Sylvie Frei 

Als Update seiner Low Budget US-Serie stellte Tascam im Winter sein USB-Audio-Interface US-366 vor und hat dabei nicht mit neuen Features gegeizt. Das als Weiterentwicklung des beliebten US-144mkII (Test in Ausgabe 12/2009) angekündigte, portable Kompakt-Interface ist mit gerade mal 200 Euro weniger als 20 Euro teurer als der noch immer verkäufliche Vorgänger und wartet gleich mit einer ganzen Reihe neuer Features auf, die sonst eher bei deutlich teureren Modellen zu finden sind. Dazu zählen neben einer über Software steuerbaren Digital-Mixer-Funktion eine Auswahl von sechs DSP-Effekten – namentlich Kompressor, Noise-Gate, De-Esser, Exciter, Equalizer und Reverb. Ebenfalls neu: Das US-366 lässt sich in gleich zwei unterschiedlichen Modi – Multitrack und Stereo Mix – betreiben. Während der Multitrack-Modus wie gewohnt Einzelsignale separat an die DAW schickt sowie das Erstellen eines Monitormixs möglich macht, kann der Stereo Mix-Modus ausschließlich ein summiertes Stereosignal an die DAW ausgeben, das beispielsweise für Podcast-Anwendungen live ins Internet gestreamt oder als Tonspur für Video aufgezeichnet werden kann. Auch in Sachen Abtastraten hat sich der Hersteller nicht lumpen lassen. Das US-366 kann mit einer maximalen Samplerate von 192 Kilohertz bei einer festen Wortbreite von 24 Bit aufwarten, während das US-144mkII maximal 96 Kilohertz anbieten konnte. Die Stromversorgung unseres Testkandidaten erfolgt ausschließlich über USB-Bus-Power, sodass auch mobilem Aufnehmen nichts im Wege steht.

Wie der Vorgänger wartet das US-366 mit zwei XLR- sowie zwei Klinkeneingängen auf, von denen sich einer als Instrumenteneingang für E-Gitarre oder E-Bass umstellen lässt. Neu sind hingegen die hinter den XLR-Buchsen werkelnden Vorverstärker mit global zuschaltbarer Phantomspannung. Als Haupt-Ausgangspaar stehen zwei Klinkenbuchsen – das US-144mkII besaß stattdessen ein Cinch-Paar – sowie eine separat regelbare Stereo-Klinkenbuchse für den Kopfhörer zur Verfügung. Besonderheit: Das Interface verfügt zusätzlich über zwei Cinch-Anschlüsse, die sich wahlweise als Ein- oder Ausgänge umschalten lassen. Als Eingänge können sie beispielsweise zum Einspeisen eines CD-Player-Signals dienen, als Ausgänge zum Anschluss eines (weiteren) Lautsprecherpaars. Digitale Schnittstellen sind ebenfalls an Bord. Außer koaxialen Anschlüssen verfügt das US-366 nun auch über eine optische S/PDIF-Schnittstelle. Somit ist auch das Einbinden von DAT-Recordern, Mini-Disc-Playern, Spielkonsolen und ähnlichem ein Klacks. Außerdem verfügt das Interface über einen dreipoligen 2,5-mm-Remote-Anschluss. Darüber lässt es sich mit dem für rund 50 Euro erhältlichen Fußschalter Tascam RC-3F oder anderen Fernbedienungen steuern. Anders als beim US-144mkII wurde beim US-366 allerdings auf eine MIDI-Schnittstelle verzichtet. Dies mag wiederum für den einen oder anderen ein K.O.-Kriterium sein, andererseits lassen sich die meisten Keyboards mittlerweile auch direkt an einen USB-Port am Rechner anschließen. Dennoch hätten wir MIDI-Anschlüsse gerne gesehen. Ein weiteres typisches Feature des Vorgängers blieb allerdings erhalten: So bietet auch das US-366 eine Direct-Monitoring-Möglichkeit, die es erlaubt, ein Mischverhältnis zwischen den direkt zu den Ausgängen durchgeschleiften  Eingangs-Signalen und dem vom Computer ausgegebenen Signal zu erstellen.
Gerade einmal ein halbes Kilo schwer und von der Größe einer Frühstücks-Box, ist das Interface prädestiniert für den komfortablen Transport im Rucksack. Aufgrund der kunststoffartigen Haptik des Alumiumgehäuses wirkt es allerdings etwas billig. Der rechteckige und deutlich robuster gebaute Vorgänger macht einen stabileren und wertigeren Eindruck. Die Befestigung der XLR-Buchsen zeigt sich als etwas fragil und wirkt wenig vertrauenerweckend. Dennoch übersteht sie den Testzeitraum unbeschadet. Ansonsten wurden die Ein- und Ausgangs-Buchsen sauber eingepasst, wenn auch nicht separat mit dem Gehäuse verschraubt. In Sachen Verarbeitung gibt es dennoch Punktabzug. Werfen wir als nächstes einen Blick auf die Bedienelemente. Auf der Oberseite des Interfaces finden sich in einer Reihe angeordnet vier kleine Drehregler, welche die Eingangslautstärke der beiden Kanäle, das Mischverhältnis zwischen Eingangssignal und ausgehendem Computer-Signal für den Monitormix sowie die Lautstärke für den Kopfhörerausgang regeln lassen. Ein großer Drehregler direkt darunter dient zum Einstellen der Hauptausgangslautstärke. Vier Kontroll-LEDs unterhalb der beiden Eingangsregler dienen zur Pegelanzeige, zwei weitere geben Auskunft über den Zustand der USB-Verbindung und Phantomspannung. Über einen Kippschalter lässt sich einer der beiden Haupteingänge vom Line- zum Instrumenteneingang umschalten, während ein weiterer Kippschalter zur Aktivierung der Phantomspannung dient. Letztlich ermöglicht eine runde Taste das praktischen Öffnen und Schließen der Bedien-Software.
Auf der Vorderseite sind die beiden XLR- und Line-Eingänge sowie der Kopfhörerausgang verbaut. Auf der gegenüberliegenden Seite finden sich der USB-Port, die optischen und koaxialen Digitalanschlüsse, das zusätzliche Multifunktions-Cinch-Paar, die zwei Klinken-Hauptausgänge sowie der Remote-Anschluss.
Besonderheit: Auch auf der Unterseite des Interfaces sind Bedienelemente angebracht. Dort finden sich drei Schiebeschalter, die zur Auswahl des Digitalschnittstellenformats, der Rolle des Multifunktions-Cinch-Paars sowie des Betriebs-Modus dienen. Die Verortung der Schalter auf der Unterseite ist zwar etwas ungeschickt, verhindert jedoch wirkungsvoll das versehentliche Umstellen einer global wichtigen Funktion.
Ruckzuck, unproblematisch und schnell sind Treiber inklusive Bediensoftware installiert. Die Bediensoftware lässt sich durch Tastendruck am Interface rasch öffnen und schließen. Sie verfügt über drei Menü-Reiter, die auf die Interface-Einstellungen, die Mixer-Oberfläche und die Effekt-Einstellungen zugreifen lassen.
Das Interface-Menü gewährt den Eingriff in die Grundparameter, wie Latenz, Word Clock-Quelle, digitales Ausgabeformat und Kanalzuweisungen für die Ausgänge. Überdies können dort auch die Funktionen des Fußschalters sowie das Fußschalter-Protokoll (HUI oder Mackie Control) definiert werden. Als Remote-Funktionen stehen zwei Modi zur Wahl: Play und Record. Während der Play-Modus neben Abspiel- und Stopp-Funktion, Vor- und Zurück-Suchlauf unterstützt, sind im Record-Modus Aufnahme, Abspielen und Stoppen möglich.

Die farbkodierte Mixeroberfläche gliedert sich in einen mit Effekten versehbaren Kanalzug-Bereich. Die Eingangs-Kanalzüge sind mit Fadern, Pegelanzeigen inklusive dB-Skala, Mute-, Panning- und Solo-Funktionen ausgestattet und lassen sich paarweise über Link-Buttons zu einem Stereokanal verkoppeln. Außerdem sind sie mit blauen Schaltflächen für die Aktivierung zugewiesener Insert-Effekte sowie violetten Drehreglern zum Beimischen des Reverbs ausgestattet.
In beiden Interface-Modi stehen zwei Kanalzüge für die Digitalschnittstelle und zwei für die Analogeingänge bereit. Wenn das Multifunktions-Cinchpaar als Eingang definiert ist, stehen außerdem zwei Kanalzüge für das Cinchpaar und zudem zwei bis sechs Kanalzüge für vom Computer eingehende Signale zur Verfügung.
Zur Einstellung der unterschiedlichen Effekte dient der dritte und letzte Reiter der Bedienoberfläche. Dort sind in fünf blauen Unterreitern auf der linken Seite die Einstellmöglichkeiten für die Insert-Effekte und in violett auf der rechten Seite die Einstellmöglichkeiten für den Reverb zu finden. Aktive Effekte werden übrigens stets mit aufgenommen und können nicht allein zu Monitoring-Zwecken eingesetzt werden.
Im Test stellt sich schon nach kürzester Zeit sowohl an der Hardware als auch an der Software Routine in der Bedienung ein. Die Regler und Schalter am Interface lassen sich angenehm einstellen und auch auf der übersichtlich gegliederten und intuitiv bedienbaren Software-Oberfläche finden wir uns rasch zurecht. Einzig hinsichtlich der Nutzbarkeit der DSP-Effekte gibt es Einschränkungen, die wir auf den ersten Blick nicht erwartet hätten. So können bei einer Samplerate von 44,1 oder 48 Kilohertz maximal ein Insert- und ein Sendeffekt benutzt werden. Je höher die Samplerate, desto größer sind die Einschränkungen. Bei 88,2 oder 96 Kilohertz kann entweder ein Insert-Effekt oder ein Sendeffekt aktiviert werden, während bei 176,4 oder 192 Kilohertz keinerlei Effekte mehr zur Verfügung stehen. Auffällig: Selbst bei geringster Samplerate kann lediglich ein Insert-Effekt auf einem einzigen Mono- oder Stereo-Kanal eingesetzt werden, auch wenn die Optik der Benutzer-Oberfläche das Gegenteil suggeriert. Derartige Einschränkungen sind im ersten Moment etwas enttäuschend, wäre doch eine Kombinationsmöglichkeit von zumindest zwei Insert-Effekten mehr als wünschenswert gewesen. Andererseits ist das bloße Vorhandensein von DSP-Effekten bei einem Low Budget-Interface schon an sich ein klares Plus.
Für unseren Praxistest haben wir mehrere Gesangsstücke unterschiedlichen Charakters zunächst ohne DSP-Effekte und anschließend der Reihe nach mit sämtlichen Insert-Effekten und Reverb-Presets aufgenommen. Dabei konnte das Interface mit einem tendenziell transparenten, durch die dezent präsent wirkenden Mitten leicht anwärmenden Klang punkten. Die Stimme wird im Test natürlich, kräftig und ausgewogen abgebildet, erscheint dabei präsent, durchschnittlich konturiert, aber dynamisch gut aufgelöst. Damit ähnelt das US-366 klanglich dem Vorgänger, macht aber insgesamt einen feiner aufgelösten und ausgewogeneren Klangeindruck. Die Leistung der Preamps ist außerdem deutlich stärker.

Die DSP-Effekte können sowohl einzeln als auch paarig einen guten Eindruck hinterlassen. Der Klang des Kompressor-Effekts kann als natürlich und transparent beschrieben werden. Moderat eingestellt, verleiht er der Stimme einen ausgewogeneren Klang, der die gefühlte Dynamik kaum einschränkt. Etwas stärker aufgedreht, kann er der Stimme ordentlich Druck und Präsenz beisteuern. Das Noise Gate ist ebenfalls der Transparenz verpflichtet und erlaubt ein wirksames Eliminieren von Störgeräuschen. Der De-Esser greift verhältnismäßig subtil ein. Die Stimme bleibt auch bei voller Power präsent und verliert kaum an Glanz. Deutlich mehr Kraft zeigt der Exciter-Effekt. Schon bei sehr geringer Einstellung greift er sehr stark zu und erhöht Präsenz und Glanz der Stimme ungemein. Der dreibändige Equalizer hebt und senkt die gewählten Frequenzbereiche wirkungsvoll, ohne den Klang der Stimme zu verfärben. Alle fünf Presets für den Reverb-Effekt sind sich recht ähnlich und verfügen über einen angenehm tragenden, mittenreichen Grundklang. Je nach Preset verdichtet und lichtet sich der Reverb.
Auch im Messlabor kann das US-366 glänzen. Mit Werten von 82,6 und 79,7 Dezibel für Geräusch- und Fremdspannungsabstand über die Mikrofoneingänge bringt es sehr gute Werte mit, kann jedoch mit den rund zehn Dezibel besseren Werten des US-144mkII nicht mithalten. Die Empfindlichkeit der Mikrofoneingänge ist hingegen mit -63,6 Dezibel um fast 20 Dezibel besser als beim Vorgänger.

Das durchgehend gute Übersprechverhalten der beiden Mikrofoneingänge steigt zwar von tief nach hoch um gut 20 Dezibel an, bleibt über das gesamte Frequenzspektrum unterhalb von -80 Dezibel. Beim US-144mkII wurden die -80 Dezibel oberhalb von einem Kilohertz bereits überschritten. Die CMRR-Kurven weisen eine charakteristische Wannen-Form auf und zeigen sehr gute Werte. Diese bleiben im Mittenbereich unter -80 Dezibel und steigen in den Extremfrequenzbereichen auf maximal etwa -65 Dezibel an. Auch die FFT-Spektren machen einen sehr guten Eindruck: So können Mikrofon- und HiZ-Eingänge mit einem Noisefloor von -80 bis -90 Dezibel, der Line-Eingang sogar mit einem Noisefloor von nur -105 Dezibel aufwarten. Geringe Überschreitungen finden sich lediglich bei allen Eingangstypen als unspektakulärer Peak bei K2 von maximal -70 Dezibel. In Sachen Klirrfaktor bleiben Mikrofon- und Line-Signal bis etwa acht Kilohertz auf sehr guten Werten von 0,05 Prozent und überschreiten auch in den Höhen nie die 0,2 Prozent. Das Instrumentensignal ist konstant bei Werten um 0,4 Prozent.

Fazit

Insgesamt kann das US-366 in seiner Preiskategorie mit ausgewogenem Klang, vielseitiger DSP-Ausstattung und den zwei Betriebs-Modi punkten. Kleinere Defizite in der Verarbeitung, das Fehlen der im Vorgänger-Modell verbauten MIDI-Schnittstelle sowie starke Einschränkungen beim Einsatz der an sich wohlklingenden DSP-Effekte führen zu leichtem Punktabzug. Bei Gesamtnote und Preis-Leistungs-Verhältnis konnte unser Testkandidat den Vorgänger US-144mkII um jeweils eine halbe Note überholen.

Erschienen in Ausgabe 07/2013

Preisklasse: Economyklasse
Preis: 199 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut