Aber bitte mit Sound!
SPL sorgt mit dem Creon – so viel sei schon einmal verraten – ordentlich für Furore unter den zweikanaligen USB-Audio-Interfaces unter 500 Euro. Warum das Creon anders klingt und warum sich die Unterschiede zwischen Creon und vielen Konkurrenten nicht im Ausstattungsumfang sondern im Detail finden, lesen Sie im Test.
Von Sylvie Frei
Im Laufe der Zeit kommen uns Professional audio-Redakteuren schon einige Testgeräte in die Finger. Besonders im Bereich der zweikanaligen USB-Audio-Interfaces hat sich in letzter Zeit wieder einiges getan, viele neue Produkte wurden veröffentlicht und bewegen sich, ganz unabhängig vom Hersteller und den unterschiedlichen Konzepten, klanglich und messtechnisch auf einem beachtlich hohen Niveau. Um in dieser Preis- und Geräteklasse herauszustechen, müssen sich die Produkt-Konzeptoren also schon etwas einfallen lassen. Dies ist dem Hersteller SPL mit seinem in Deutschland entwickelten und gefertigten Creon gelungen. Doch der Reihe nach…
Das Creon stellt sich als zwei-kanaliges USB-Audio-Interface und Stand-alone-fähiger Monitor Controller für PC, Mac sowie iOS-Geräte vor und ist für einen unverbindlichen Richtpreis von 479 Euro zu haben. Es kommt mit zwei Mikrofon-, zwei Line- und einem HiZ-Instrumenten-Eingang für hochohmige Instrumentenquellen wie E-Gitarre oder E-Bass, einem Stereo-Ausgangspaar zum Anschluss von Aktiv-Monitoren respektive Verstärker und Passiv-Boxen daher. Die beiden Mikrofon-Vorverstärker sind mit separat schaltbarer 48-Volt-Phantomspannung sowie Hochpassfiltern ausgestattet.
Zusätzlich zu den erwähnten Eingangsquellen lassen sich allein für die Wiedergabe CD-Player, oder andere Wiedergabegeräte in Stereo anschließen. So kann das Creon auch als Schnittstelle zwischen Monitoren und Stereo-Anlage eingesetzt werden. Ein paar einfach gehaltene, aber effektive Monitor Controller-Features und eine eigene Wordclock komplettieren das überschaubare, aber durchdachte Gesamtpaket. DSP, Bediensoftware und Effekte besitzt das Creon übrigens nicht. Derartige Features überlässt SPL selbstbewusst der Konkurrenz.
Anschlussoptionen
Eingänge
Schon bei den Anschlüssen macht SPL kleine, aber feine Unterschiede. Während die meisten, selbst höherpreisigen Zwei-Kanal-Interfaces bei den Eingängen auf Combo-Buchsen setzen, sind im Creon höherwertige, separate Buchsen verbaut. Dazu zählen zwei symmetrische XLR-Eingänge für Mikrofonsignale (Kanal 1 und 2), zwei symmetrische 6,3 mm-Klinkenbuchsen für Line-Signale (Kanal 1 und 2) sowie ein praxisgerecht frontseitig verbauter unsymmetrischer 6,3 mm Klinkenanschluss für HiZ-Instrumente (nur Kanal 2). All diese Eingänge können für die Interface-Funktion des Creon genutzt – ergo, die darüber eingespeisten Signale können nicht nur verstärkt und wiedergegeben, sondern, wie bei einem Interface üblich, gewandelt und aufgenommen werden.
Darüber hinaus ist das Creon aber auch mit zwei Stereo-Eingangspaaren (Cinch und 6,3 mm Klinke) ausgestattet, an die sich – wie erwähnt – Stereo-Quellen wie CD-Player, DVD-Player, AV-Receiver, Stereoanlage und Co anschließen lassen. Geräte mit Consumerpegel, die an die RCA-Eingänge angeschlossen werden, verstärkt das Creon übrigens automatisch auf Studio-Pegel.
Beide Eingangs-Stereopaare sind allein für die Wiedergabe konzipiert und können mit den Monitor-Controller-Features beeinflusst werden. Aufgenommen kann über diese sogenannten Sources-Paare (= Quellen-Paare) nicht. Doch so lässt sich beispielsweise die heimische Musikanlage gleichzeitig zum Computer mit nur einem Monitor-Paar verbinden. Je nach momentanem Verwendungszweck kann bequem zwischen den aufnahmefähigen Kanälen und den Stereo-Sources umgeschaltet werden. Ein praktisches, ganz und gar nicht alltägliches Feature, das besonders auch Nutzer ansprechen könnte, bei denen sich Wohnzimmer/Hörraum und Home/Projekt-Studio einen Raum teilen.
Ausgänge
Vorbildlich ist auch die Ausgangs-Sektion des Creon ausgestattet. Während man bei der Konkurrenz häufig symmetrische Klinkenanschlüsse, oder seltener auch mal nur ein Cinch-Paar findet, ist im Creon ein professionelles XLR-Paar für den Anschluss von Monitoren verbaut. Für das Monitoring über Kopfhörer steht ein frontseitiger 6,3 mm-Stereoklinken-Ausgang zur Verfügung. Er kann mit einer Vielzahl von Kopfhörern mit einer Eingangsimpedanz zwischen 20 und 600 Ohm arbeiten.
Computerschnittstelle
Das Creon lässt sich nicht nur in Interaktion mit dem Computer, sondern auch Stand-alone nutzen. So muss es nicht immer, wenn es nur um die Verstärkung und/oder Wiedergabe von Signalen geht, mit dem angeschalteten Computer verbunden sein. Dies ist nur notwendig, wenn tatsächlich aufgenommen werden soll, oder Computer/iOS-Gerät als Wiedergabegerät fugieren.
Als Schnittstelle besitzt das Creon einen USB 2.0-Anschluss, mit dem es sich mit Hilfe des im Lieferumfang enthaltenen USB-Kabels mit dem PC, Mac oder iOS-Mobilgerät (mit entsprechendem Adapter bzw. Camera Connection Kit) verbinden lässt. In Interaktion mit dem Mac (ab OS 10.6) ist es direkt ohne Treiberinstallation Plug-and-Play-einsatzfähig. Für PCs (ab Windows XP) und iOS-Geräte (ab iOS 6) ist zuvor eine Treiberinstallation vonnöten. Die Treibersoftware lässt sich auf www.SPL.info herunterladen. Eine extra Bediensoftware, wie sie die meisten Konkurrenz-Produkte besitzen, benötigt das Interface indes nicht.
Stromversorgung
Bei der Stromversorgung ist das Creon ganz auf das beiliegende Netzteil angewiesen – was für ein Stand-alone-fähiges Gerät nicht ausbleibt. Ein Betrieb über USB-Bus-Power oder Batterien ist nicht möglich. Das ist angesichts der Konzeption des Creon unseres Erachtens nach auch gar nicht notwendig, mobile Live- und Fieldrecordler haben jedoch das Nachsehen.
Stimmiges Hardware-Bedienkonzept
Das in den Farben Schwarz und Weiß erhältliche Gerät macht einen überaus wertigen Eindruck und bringt mit rund 26 mal 18 mal sieben Zentimetern zwar kompakte Maße, aber mit 2,5 Kilogramm dennoch etwas mehr Gewicht auf die Waage als viele zweikanalige Konkurrenten. Das aus einem Stück gegossene Metallgehäuse, das schützend über drei Seitenflächen und die schräge Hauptbedienfläche ragt, hält die Konstruktion fest zusammen. Die drei Gain- und die drei Monitoring-Drehregler und die zehn runden, hinterleuchteten Bedien-Tasten erlauben eine rein Hardware-seitige Kontrolle des Interfaces. Ein ständiger Blick auf eine zusätzliche Software-Oberfläche auf dem Computerbildschirm bleibt somit komplett aus – ein angenehm puristisches Bedienkonzept. Die Anschlüsse sind überwiegend auf der Geräterückseite untergebracht und im Falle der XLR-Anschlüsse separat mit dem Gehäuse verschraubt.
Anschließen, Pegeln, Abhören
Der Workflow mit dem Creon gestaltet sich herrlich entspannt und unkompliziert. Dennoch gilt es einige Grundregeln zu beachten: Gemeinhin gilt, dass die Eingänge nach Priorität geschaltet sind. So hat bei Kanal 1 und 2 im Falle von zwei gleichzeitig anliegenden Signalen (Mic und Line), der Line-Eingang den Vortritt. Bei Kanal 2 hat der Instrumenteneingang außerdem noch einmal Vorrang vor dem Line- und Mic-Signal.
Das Aussteuern der Eingangsverstärkung gelingt mit Hilfe der präzise justierbaren Drehregler und der Ampel-artigen Pegelanzeige bestehend aus grüner (Signal liegt an), gelber (Signal ist ausreichend ausgesteuert) und roter LED (Übersteuerung) rasch und problemlos. Die drei Gain-Drehregler regeln die Eingänge, die mit einem Vorverstärker versehen sind separat. So besitzen nicht nur die beiden Mikrofon-Eingänge, sondern auch der Instrumenten-Eingang einen separaten Regler. Line-Signale werden stets mit Unity Gain gehandlet und besitzen daher keine manuellen Stellglieder.
Für das Monitoring stehen beim Creon folgende Funktionen zur Verfügung:
Inputs 1/2-Taste: stellt die beiden Eingangskanäle für Aufnahme von Mic-, Line- und Instrumentensignalen scharf. Beim Monitoring hören wir den linken Kanal hart links, den rechten hart rechts gepannt. Das Direkt-Monitoring erfolgt immer latenzfrei ohne den Umweg über den Computer.
Inputs Mono-Taste: erlaubt bei der Mono-Aufnahmen, dass wir das eingehende Signal nicht hart links oder rechts, sondern mittig abhören können.
DAW 1/2-Taste: lässt uns das von der DAW (oder von einer Player-Software) abgespielte Stereo-Ausgangssignal hören.
Sources Jack-Taste: aktiviert das Klinkenbuchsen-Anschlusspaar für die Wiedergabe.
Sources RCA-Taste: aktiviert das Cinch-Anschlusspaar für die Wiedergabe.
Speaker Dim-Taste: senkt die Ausgangslautstärke um 20 Dezibel.
Monitor-Mix-Drehregler: lässt das Eingangssignal mit dem ausgehenden DAW-Signal bzw. Sources-Signal mischen. In Mittelstellung sind beide Signale in gleichen Anteilen zu hören. Je weiter nach links gedreht wird, desto mehr Eingangssignal, je weiter nach rechts gedreht wird, desto mehr DAW/Sources-Signal wird hörbar.
Desweiteren steht ein großer, voll analog arbeitender Volume-Drehregler für die Ausgangslautstärke des Hauptausgangspaares und ein separater Headphone Amplifier-Gainregler für die Aussteuerung der Kopfhörerlautstärke bereit.
Was steckt drin?
Vorverstärker
Das Creon ist mit zwei diskreten SPL- Mikrofon-Vorverstärkern ausgestattet, welche sich gewöhnlich nur in preislich sehr viel höher angesiedelten Boutique-Preamps finden. Gemeinhin gelten mit einzelnen Transistoren ausgebaute Verstärker als qualitativ höher als solche in IC-Schaltung, die gewöhnliche in Interfaces dieser Klasse verbaut sind.
Signalverarbeitung
Gewandelt wird im Creon mit 24 Bit/192 Kilohertz-Auflösung. Der Mikro-Controller für das Monitoring arbeitet sogar mit einer Auflösung von 32 Bit.
Wordclock
Das Creon ist mit einer Fixe Master-Clock ausgestattet, die direktes 1-zu-1-Audio-unterstützt, sprich die Abtastrate nicht umwandelt und ohne Clock-Wiederherstellerung arbeitet. Auf diese Weise soll sie eine besonders Jitter-arme Wandlung unterstützen.
Traum-Messwerte
Im Messlabor kann das Creon, obwohl es vielleicht nicht gerade die empfindlichsten Eingänge der Welt besitzt, ordentlich glänzen. Mit einer Eingangsempfindlichkeit von -52,9 Dezibel an den Mikrofoneingängen ist das Creon zwar nicht optimal, aber für die meisten Mikrofone empfindlich genug. Mit extrem leisen, dynamischen Mikrofonen, beispielsweise historischen Bändchen-Mikrofonen, könnte das Creon unter Umständen überfordert sein. Gleiches gilt auch für sehr leise Instrumenten-Signale, wobei ein Empfindlichkeits-Wert von -21,4 Dezibel für die Mehrzahl der HiZ-Instrumente gut ausreichen sollte. Verstärkungsreserven sind hingegen mehr als ausreichend vorhanden. Mikrofonsignale lassen sich um bis zu sehr gute 76,1 Dezibel, Instrumentensignale um noch gute bis zu 44,6 Dezibel verstärken.
Bei allen anderen Messwerten ist das Creon indes in der absoluten Spitze angesiedelt. Mit Geräusch- und Fremdspannungswerten zwischen 87,6 (Mic) und 97,7 (Line) beziehungsweise 84,8 (Mic) und 94,5 (Line) muss sich der geneigte Interessent nicht die geringsten Sorgen um Störgeräusche machen. Das bestätigen auch die FFT-Spektren, die sehr niedrige Noisefloors von
-100 (Mic), -110 (Instr.) und -120 (Line) zeigen, die an keiner Stelle erwähnenswert überschritten werden.
Auch die Klirrfaktorwerte von 0,006 (Mic), 0,008 (Instr.) und 0,007 (Line) Dezibel sind durch die Bank sehr gut. Auch die Werte für das Übersprechverhalten und die Gleichtaktunterdrückung bewegen sich absolut im grünen Bereich.
Das gewisse Etwas im Sound
Klanglich ist das Creon deutlich anders aufgestellt, als das, was uns in letzter Zeit überwiegend bei unseren Interface-Tests begegnet ist. Sind die meisten Produkte derzeit auf einen eher transparenten, sehr nüchternen, aber klaren Klang abgestimmt, hat das Creon trotz absolut linearem Frequenzgang und keinerlei Anzeichen auf Verfärbungen einen sehr analog anmutenden, organischen, schimmernden und filigranen Klangcharakter, der uns vielleicht noch am ehesten an das etwa doppelt so teure Prismsound-Interface Lyra 2 (Test in Professional audio 2/2014) erinnert. Besonders auffällig ist die sehr feine und weit nach oben reichende Wiedergabe der Transienten. Der Frequenzgang, der sich beim Creon bis auf 50 Kilohertz als völlig linear präsentiert und selbst bis auf 100 Kilohertz nur um 1 dB abfällt, bestätigt diesen Höreindruck auch messtechnisch. Dies gibt unseren Gesang- und Gitarrenaufnahmen viel Offenheit in den Höhen, eine feine Auflösung und insgesamt einen aufregend frischen und dennoch ausgewogenen Klang-Charakter. Auffällig: Allerdings kommen hohe S-, Zisch-Laute und ähnlichen Geräusche auch bei Mikrofonen ohne allzu deutliche Höhenanhebung vergleichsweise scharf und können bei Gesang- und Schlagzeug-Beckenaufnahmen unter Umständen etwas überzeichnet werden. Ein De-Esser oder das weiche Ausblenden der Höhen oberhalb 30 Kilohertz können solche „Problemsignale“ bei Bedarf aber spielend zügeln.
Abgesehen davon zeigt das Creon einen ausgewogenen, detailreichen, frischen und lebendigen Klang, der zwar möglicherweise Geschmackssache ist, aber uns im Test sehr gut gefällt – weil er eben „anders“ ist. Wer auf der Suche nach einem Interface ist, das nicht nur sklavisch und nüchtern das wiedergibt, was eingespeist wird, sondern dem Signal noch etwas Charakter und einen Kick Lebendigkeit beisteuert, der könnte mit dem Creon seinen Wunschkandidaten gefunden haben.
Einsatzempfehlung
Das Creon sei jedem Projekt/Home-Studio-Besitzer empfohlen, der nach einem Interface mit Charakter und dem „gewissen Etwas“ im Sound sucht und gleichzeitig nach einer guten Doppel-Lösung für das Monitoring und Musikhören sucht. Auch übenden Musikern, die mit Playback arbeiten, bietet das Creon ob seiner Anschluss-Möglichkeiten eine wandelbare Plattform, die auch mal ganz Stand-alone eingesetzt und erst bei Aufnahmebedarf mit dem Computer verknüpft werden muss. Für Mobil-Täter ist ebenfalls gesorgt, solange sich eine Stromquelle für das Creon findet. Dank iOS-Unterstützung muss noch nicht einmal zwangsweise der Laptop mitgeschleppt werden – iPhone oder iPad genügen.
Fazit
Mit dem Creon hat SPL ein rundum überzeugend ausgestattetes Kombigerät aus USB-Interface und Monitor Controller gestaltet, das nicht nur klanglich aus der Masse heraussticht, sondern auch durch entscheidende Detail-Unterschiede und sein reines Hardware-Bedienkonzept.
Erschienen in Ausgabe 1/2016
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 479
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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