Groove-Armada
Sechs Schlagzeug–Mikrofon-Sets von 265 bis 1800 Euro, mit insgesamt über 40 unterschiedlichen Mikrofonen, hat das Team von Professional audio Magazin gnadenlos an den Rand der Kessel geschickt. Ruhmreich zurückgekehrt sind alle, aber mit deutlich unterschiedlichen Ergebnissen.
Von Michael Nötges und Harald Wittig
Natürlicher Schlagzeug-Sound ist angesagt wie nie zuvor. Er war zwar immer ein wesentli-cher Bestandteil der Jazz- Rock- und Pop-Musik, ist aber durch elektronische Musikstile und technische Entwicklungen wie Drum-Computer und Sampler zeitweilig etwas aus der Mode geraten. Besser gesagt: Die Programmierung von Grooves oder das Verwenden von eingespielten Samples erfordert kein Studio mit Regie und gut klingendem Aufnahmeraum, kein teures Equipment und gute Mikrofone, keinen Tontechniker, Praktikanten und exzellente Drummer.
Sind Schlagzeugaufnahmen deswegen out oder das luxuriöse Privileg großer, Budget-starker Produktionen? Nein. Sicherlich müssen Bands und kleinere Indipendent-Labels bei ihren Produktionen mit dem Budget haushalten, aber die Musiklandschaft zeigt, dass sich klassische Band-Projekte großer Beliebtheit erfreuen. Schlagzeug ist dabei ein wichtiges Element, das im Gegensatz zu Drum-Loops und Programmierungen mehr Persönlichkeit in einen Song bringt. Durch individuelle Fills und die Spielweise des Drummers lebt eine Produktion auf und wirkt – vorausgesetzt der Schlagzeuger spielt gut und das Set ist gekonnt abgenommen – lebendiger und frischer. Aus Kostengründen die Schlagzeugparts einer Band zu programmieren, kann zu neuer kreativer Anregung führen, der eigentliche Sound der Band geht aber verloren. Ergo bleiben Schlagzeug-Aufnahmen ein wichtiger Bestand-teil zahlreicher Produktionen.
Neben der Qualität des Schlagzeugs, der Vor-verstärker und des Aufnahmeraums, spielen die Mikrofone eine entscheidende Rolle, um einen guten Schlagzeug-Sound zu fahren. Für unseren aufwendigen Test, haben wir deswe-gen für Sie sechs Mikrofon-Sets von T.bone, Smason, Audio-Technica, Shure, Beyerdynamic und Sennheiser ausgewählt und sie in die Preis-Segmente Low (bis 350 Euro), Mid (350 bis 700 Euro), High (ab700 Euro) eingeteilt. Bei den Testkandidaten handelt es sich um vier siebenteilige Sets (T.bone, Samson, Audio-Technica und Beyerdynamic), das das Shure-Set, welches aus sechs Mikrofonen besteht und die Sennheiser-Kombination, die eine Zusammenstellung von Einzelmikrofonen der Evolution-Serie ist. Der Vertrieb hat uns außerdem zum Experimentieren alternativ ein spezielles Bass-Drum- (E 901) und Tom Tom-Mikrofon (E 906) mit in den Koffer gelegt.
Besonderes Augenmerk legen wir auf die Ausstattung der Sets, die Verarbeitung der Mikrofone,… das Befestigungskonzept und natür-lich den Klang und die Praxis-Tauglichkeit. Dafür Haben wir uns einen Tag lang mit Profi-Drummer Alexander Lemke, einem von der Firma Music und Technik aus Marburg zur Verfügung gestellten Mapex Schlagzeug der Saturn Serie mit Black Panther Snare und Sabian-Becken, den sechs Mikrofon-Sets und unserem Aufnahme-Equipment zurückgezogen. Im Auftrag des guten Tons besteht das Recording-Setup aus einem Win-dows XP Professional Notebook mit Cubase SX, Digiface (siehe Test, Heft 01/2007), dem achtkanaligen Mikrofon-Vorverstärker Micstasy (siehe Test, S. 34), dem Grace Design m904 Monitoring System (siehe Test S. 56) und zwei ADAM P11A Monitoren (siehe Test, Heft 08/2006). Mikrofoniert wird das, wie Lemke beim Aufbau und ausgiebigen Stimmen des Sets feststellt, „sehr gutes Mittelklasse-Schlagzeug“ mit je zwei Mikrofonen als Overheads und je einem für Base-Drum, Snare und die drei Tom Toms (näheres zur richtigen Mikrofonierung von Schlagzeugen, siehe Kasten). Neben der guten Verarbeitung der Kessel und der stabilen Hardware, lässt sich der erfahrene Schlagzeuger positiv über das Sustain der Tom Toms und den knackigen Sound der Snare aus, die er am liebsten nach der Session gleich mitnehmen würde. Beste Voraussetzungen, um die Aufnahmen durchzuführen, denn nur ein wirklich gut klingendes Schlagzeug kann die Testkandidaten richtig fordern. . Bei der peniblen Montage und minutiösen Ausrichtung der einzelnen Mikrofone – was uns nach langem experimentieren zu einem optimalen Klang-Ergebnis führt -, nehmen wir die einzelnen Mikrofon-Sets schon einmal genauer unter die Lupe und stellen dabei kleine aber feine Unterschiede fest, lange bevor wir ihren Klang und die Messwerte kritisch vergleichen und bewerten.
Das DC-4000 aus dem Hause Thomann ist die erste kleine Überraschung: mit 265 Euro ist es das günstigste Mikrofon-Bundle. Den Anschein macht es allerdings gar nicht. Im schicken Alukoffer – bis auf das Sennheiser-Set werden durch die Bank weg Kunstoff-Koffer verwendet – sind die Mikrofone sicher in einer Schaumstoff-Schablone gebettet und zeigen sich im blaugrünen, robusten Metallic-Look, der keine Zweifel aufkommen lässt, dass sich das Geschwader auch im harten Live-Einsatz behaupten wird. Für den Schutz der Kapseln sorgt ein doppelt verstärkter Korb aus zwei ineinander geschobenen Drahtgeflechten, deren Maschengröße sich unterscheidet: außen grob, innen fein. Dieser robuste Schutz gegen mechanische Beschädigung findet sich bei unserer Auswahl sonst nur bei den teuren Mikrofonen von Sennheiser wieder. Für die Overheads vorgesehen, handelt es sich bei den EM-81 um zwei Mikrofone mit Back Electret-Wandlerprinzip. Ein Nachteil dieser Mikrofone ist deren hohes Gewicht (280 g) und die Länge. Grund: Da die Mikrofon-Stative für die Overheads sehr hoch geschraubt werden müssen und zudem der Galgen meist weit ausgefahren ist, sacken die Stative mit der Zeit durch das Gewicht der Mikrofone ab. Außer-dem gibt es kein separates Snare-Mikrofon, das den klanglichen Anforderungen der wichtigsten Trommel angepasst ist, sondern die vier dynamischen CD-56BETA werden universell für Snare und Tom Toms eingesetzt. Das dynamische BD-25BETA ist natürlich für die Belange der Bass-Drum-Abnahme optimiert. Die Reduziergewinde für alle Mikrofon-Klemmen, wie wir sie bei allen Sets außer dem von MBDK7 von Audio-Technica vorfinden, ermöglichen das Verschrauben der Halterungen sowohl an 3/8-, als auch 5/8-Zoll-Gewinden. Da standardmäßig nur herkömmliche Klemmen für Mikrofonständer in diesem Set inbegriffen sind empfiehlt uns Sven Schoderböck von Thomann die Mikrofon-Klemmen MKV 87 von Beyerdynamic, um die Mikrofone sicher an den Kesseln anzubringen und lästige Stativ-Konstruktionen bei der Abnahme zu vermeiden. Diese sind schnell und unkompliziert angebracht indem zwei, mit griffigem Gummi beklebte Backen, ähnlich der Bremsklötze einer Fahrad-Handbremsen, gegen den Widerstand zweier Federn auseinander gedrückt werden, um sie dann passgenau am Kesselrand zu arretieren. Mit dieser luxuriösen, wie praktischen Erweiterung kostet das Set 355 Euro: eine Investition die sich lohnt.
Das 7Kit von Samson ist mit 332 Euro der zweite Vertreter des unteren Preis-Segments und gleichzeitig das Fliegengewicht unter den Testkandidaten. Das ganze Set wiegt inklusive Koffer und Mikrofonen mit Halterungen gerade einmal 2,2 Kilogramm. Das liegt nicht zuletzt an den relativ leichten Snare- (QSNARE), Tom Tom- (QTOM) und Overhead-Mikrofonen (C02), die für exakte und stabile Ausrichtung und Installation gut geeignet sind. Die vier DMC-100 Mikrofon-Clips für die Kesselbefestigung sind einfach anzubringen und mit einer Schraube sicher festzustellen, so dass diese sich auch bei den ständigen Erschütterungen, die sich beim Schlagzeugspielen nicht vermeiden lassen, nicht lösen. Eine praktische Schiebevorrichtung zur Einstellung des Abstands der Mikrofone zum jeweiligen Fell lässt sich ebenfalls durch eine Schraube am richtigen Punkt fixieren. Außerdem ermöglicht, der im Winkel verstellbare Verbindungsteil zum Mikrofon, das Einstellen des optimalen Richt-Winkels (siehe Spezialkasten). Eine weitere Vorrichtung, um das Kabel festzuklemmen macht die Mikrofon-Clips zu einer sicheren und durchdachten Befestigungslösung. Die dynamischen Mikrofone für Kick, Snare und Tom Toms – die beiden C02 sind Konden-satormikrofone – haben die Hersteller besondere Magnetlegierungen aus Neodym ausgestattet. Hintergrund: Konstruktionen aus Neodym-Legierungen verfügen über bessere magnetische Eigenschaften und können deswegen im Vergleich zu Alnico-Magneten bei gleicher Feldstärke, also optimaler Performance, wesentlich kleiner gehalten werden.
Wie beim DC-4000 von T.bone bietet das MBDK7 von Audio-Technica drei unterschiedliche Mikrofontypen: zwei Kondensator Mikrofone (MB 4k) für die Overhead-Mikrofonierung, vier MB 5k für Snare und Tom Toms und ein spezielles Bass-Drum-Mikrofon: das MB 6k. Auch hier gibt es keine konstruktionsbedingte Differenzierung zwischen Tom Tom- und Snare-Mikrofon. Die zurückhaltend blauen Gehäuse sind stabil konstruiert und wirken massiv und robust. Die Mikrofon-Halterungen sind direkt an den Gehäusen montiert, mit Ausnahme der Overheads, die mit zwei Standard-Mirkofon-Klemmen befestigt werden. Trotz ihrer Länge sind die beiden MB 4k relativ leicht und deswegen für den Einsatz am Galgen besser geeignet als die EM-81 von T.bone. Wichntig: Es darf nicht vergessen werden einen Schiebeschalter am Schaft des MB 4k zu betätigen, ansonsten bleibt das Mikrofon ausgeschaltet und der Kanal stumm. Das Grundprinzip der Halterungen ist denen des Shure- Sennheiser- und Samson-Sets sehr ähnlich. Allerdings lässt sich die Verbindung zum Kessel wie beim 7Kit nicht sicher ver-schrauben. Der Abstand zum Fell ist nur in einem Spielraum von zirka vier Zentimetern verstellbar – wie übrigens bei dem Samson und Sennheiser-Set auch – und bietet damit weniger Flexibilität als das durchdachte Shure-Ensemble. Der Justage-Weg der Mikrofon-Clips beträgt hier knappe acht Zentimeter und erweitert die klanglichen Variationsmög-lichkeiten enorm.
Das PGDMK6 von Shure wird als einziges Set serienmäßig mit sechs XLR-Kabeln in einem Umkarton geliefert und kostet 435 Euro. Außer den beiden Kondensator-Mikrofonen PG81 für die Overheads befinden sich in diesem Set nur Vertreter der dynamischen Zunft (PG52, PG56). Neben den für das Sound-Design am besten geeigneten Befestigungs-Klemmen, liegt die zusätzliche Besonderheit in den auch im Batterie-Modus zu betreibenden Overhead-Mikrofonen. Die PG81 funktionieren damit auch, wenn keine Phantomspannung zur Ver-fügung steht. Damit ist das PGDMK6 das einzige Set, was komplett ohne externe Stromversorgung auskommt. Die benötigten AA-Batterien sind – das nennen wir Service – selbstverständlich im Paket inbegriffen und durch einen kleinen Schiebeschalter am Schaft der Mikrofone lässt sich problemlos der Modus wechseln. Eine Beschriftung wäre hier wünschenswert, um sich das lästige Aus-probieren zu sparen. Die Verarbeitung der Mikrofone ist ausgezeichnet und führt zu überzeugender Kompaktheit und Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischen Einflüssen. Allerdings führt diese Bauweise bei den PG81 zu leichtem Übergewicht und damit auch hier zu schwieriger Fixierung der Überkopf-Mikrofone.
Jetzt haben wir uns bis in das oberste PreisSegment dieses Tests vorgearbeitet. Das Opus-L-Set von Beyerdynamic kostet 923 Euro und bietet das innovativste Konzept für Schlagzeug-Mikrofonierungen. Das Opus 88 ist eine patentierte Kombination aus der MKV 87 Mikrofonklammer mit integriertem Vorverstärker und einem, im Gegensatz zum Vorgänger Opus 87, verkürzten Schwanenhals an einem horizontalen Drehgelenk. Die Kapsel mit Nierencharakteristik ist damit optimal auf die richtige Stelle des Fells auszurichten und das robuste Gehäuse und die gummierte Kapselaufhängung schützen das Mikrofon vor versehendlichen Treffern der Schlagzeug-Sticks. Es handelt sich hier wie bei den beiden Overhead-Mikrofonen Opus 53 auch, um Kondensator-Mikrofone. Diese wiegen durch das carbonfaserverstärkte Kunststoffgehäuse gerade einmal 36 Gramm pro Mikrofon und sind damit für die Overhead-Mikrofonierung optimal geeignet. Das, wie alle Mirofone die-ses Sets, sehr gut verarbeitete Tauchspulen-Bass-Drum-Mikrofon Opus 99 ist das einzige dynamische Mikrofon in dieser Zusammenstellung. Auch hier wird wie bei den Samson-Mikrofonen ein kraftvoller Neodym-Magnet verwendet, sowie eine Spezi-almembran aus Hostaphan, durch die eine druckvolle Wiedergabe und verbessertes Impulsverhalten erreicht werden soll. In Kombination mit dem Stativ ST 99 – ein sol-ches hat nur Beyerdynamic in seinem Set – ist dies eine perfekte Lösung zur Bass-Drum-Mikrofonierung.
Die Zusammenstellung aus der Sennheiser Evolution-Serie weist den Weg in die oberen Gefilde hochwertiger Schlagzeug-Mikrofonierung. In diesem Fall liegen uns neun Einzelmikrofone vor, aus denen wir uns, durch Austauschen des Bass-Drum- (E 902 durch E 901) und Stand-Tom-Mikrofons (E 905 durch E 906), zwei Sets zusammenstellen. Der Gesamtwert liegt dann bei rund 1800 Euro für Set eins, beziehungsweise 1900 Euro für Set zwei. „Selten“, erklärt Jérôme-E. Günther von Sennheiser „werden wirklich nur Mikrofone von einer Firma verwendet. Produzenten und Tontechniker stellen sich ihr Mikrofon-Set aus Modellen unterschiedlicher Firmen zusammen. Da hat jeder seine eigene Philosophie.“
Die Verarbeitung der Mikrofone der Evolution-Serie ist ausgezeichnet, was auch auf die Befestigungs-Klemmen (MZH 604) für die Schlagzeug-Kessel zutrifft. Eine griffige Metallschraube dient der sicheren Fixierung des richtigen Mikrofon-Abstands, während der Clip ohne Arretierung auskommen muss und einfach durch Auseinanderbiegen der elastischen Kunstoff-Klammer am Kesselrand einrastet. Das E 908 D ist ein Kondensator-Mikrofon der besonderen Art, welches wir für die Snare-Abnahme verwenden. Die an einem 12 Zentimeter langen Schwanenhals befestigte, federnd gelagerte Kapsel ist in Verbindung mit dem ausgeklügelten Befestigungs-System an Flexibilität kaum zu überbieten. Es lässt sich punktgenau eine Stelle auf dem Fell anvisieren, sowie die Entfernung und der Winkel zur Schallquelle exakt einstellen – natürlich nur solange der Hals reicht. Die flexible Konstruktion erweist sich zudem als äußerst praktisch, um extrem nah an das Fell heranzukommen und einen intensiven Nahbesprechungseffekt zu erreichen. Um das Mikrofon über ein XLR-Kabel anzuschließen, wird der Phantomspeise-Adapter MZA 900 P benötigt. Der verschraubbare 3,5-mm-Klinken-Stecker des E 908 D an der einen, die symmetrische XLR-Buchse an der anderen Seite, wartet das Verbindungsglied mit zwei versenkten Dip-Schaltern auf. Der eine dient zur Dämpfung um 12 Dezibel, der andere aktiviert ein Tiefenfilter mit 12 Dezibel pro Oktave bei 125 Hertz. Ähnliches hat das flache E 906 zu bieten, das wegen seiner Form für beengte Set-Ups geeignet ist. Es verfügt neben einer neutralen, über zwei Filter-Einstellungen. Die erste hat eine Anhebung im Präsenzbereich um 4,2 Kilohertz, die zweite eine Absenkung der Mit-tenfrequenz um vier Kilohertz zur Folge. Das Grenzflächenmikrofon [g] E 901 mit Halb-Nierencharakteristik ist für die Abnahme der Kick-Drum optimiert und zeichnet sich dadurch aus, dass es einfach auf den Boden vor die Bass-Drum oder in sie hinein gelegt wird. Ein Stativ ist überflüssig. Die extrem dünne Membran soll die Aufnahme tiefer Frequenzen bei hoher Impulstreue begünstigen. Der Einsprachekorb ist extrem robust und gerade für den Live-Einsatz zu empfehlen. Die beiden dauerpolarisierten Kondensator-Mikrofone E 914 (siehe Test, 12/2007) für die Abnahme des Overheads weisen ein zweistufiges Filter für tiefe Frequenzen und eine mögliche Vordämpfung von zehn oder 20 Dezibel auf. Das Roll-off-Filter bei 130 Hertz mit einer Flankensteilheit von sechs Dezibel pro Oktave hilft bei Überbetonungen im Bassbereich, die steilere Cut-off-Position bei 85 Hertz (18 Dezibel pro Oktave) bei tieffrequenten Windstörungen. Diese Features eignen sich besonders zur dezenten Verfeinerung des Overhead-Sounds. Diese Zusammenstellung verfügt über die flexibelsten Möglichkeiten für das individuelle Sound-Design bei Schlagzeugaufnahmen.
Die Darstellung aller Frequenzgangkurven der insgesamt 48 Einzelmikrofone hätte den Rahmen dieses Artikels bei weitem gesprengt. Daher finden Sie hier lediglich acht ausgewählte Kurven, die jeweils das Klangdesign der Hersteller illustrieren. Alle anderen Kurven sind unter www.professional-audio.de herunterladbar. Die Messwerte für die Geräuschpegelabstände der Kondensatormikrofone und die Ausgangsspannung in Millivolt können Sie der abschließenden Tabelle auf den Seite 32 und 33 entnehmen.
Bei allen Unterschieden ergaben sich aus den vielen Messungen auch Gemeinsamkeiten: Grundsätzlich weisen die Overheadmikrofone eine mehr oder weniger deutliche Höhenanhebung zwischen fünf und zehn Kilohertz auf. Dies soll theoretisch zu einem silbrigen Beckenklang verhelfen und könnte gerade bei weniger brillanten Becken Wunder wirken. Dass die Overheads dennoch sehr unterschiedlich klingen, liegt an den nicht messbaren, aber klangentscheidenden Faktoren wie sauberer Transientenwiedergabe, Auflösungsvermögen und Impulsverhalten. Eine Ausnahme bildet im Reigen der Overheads das Shure PG81: Sein Frequenzgang verläuft trotz einiger Welligkeiten erstaunlich gleichmäßig, was ein weniger präsentes, dafür insgesamt weicheres Klangbild vermuten lässt. Dagegen hat das MB 4K von Audio-Technica einen sehr ausgeprägten Höhenpeak, was unter Berücksichtigung des Abfalls ab etwa 150 Hertz einen viel brillanteren Klang erwarten lässt. Die Snare-Mikrofone haben die vornehme Aufgabe, diese wichtige Trommel ordentlich knallen lassen. Deswegen weisen alle Mikrofone eine Höhenanhebung etwa ab fünf Kilohertz auf. Besonders stark ist diese Anhebung beim Sennheiser E 908 D, einem speziell für die Snare entwickelten Mikrofon ausgeprägt, während das Opus 88 von Beyerdynamic, das für sowohl für Snare als auch Toms empfohlen wird, hier etwas zurückhaltender ist. Eine ähnliche Grundtendenz findet sich auch beim T. bone CD-56 Beta, allerdings folgt auf den typischen ersten Höhenpeak ein steiler Anstieg ab acht Kilohertz. Der Frequenzgang des Samson Q Tom mit seinem gleichmäßigen Anstieg ab einem Kilohertz stünde auch einem Snare-Mikrofon gut, obwohl es als Tom-Mikrofon konzipiert ist. Sowohl beim Samson als auch beim Beyerdynamic gibt es einen Abfall bei den Oberbässen: Recht steil beim Q Tom, sanfter beim Opus 88 als wäre beides Mal ein Low-Cutfilter aktiv. Das 908 D verläuft hier sehr viel gleichmäßiger. Eine konsequente Herstellerentscheidung, denn dank des ins Speiseteil integrierten Low-Cut-Filters kann der Benutzer diese Charakteristik nach Geschmack erzielen. Die Bass Drum-Mikrofone weisen allesamt eine mehr oder weniger stark ausgeprägte charakteristische Mittensenke zwischen 200 und 500 Hertz, eine stete Anhebung ab den oberen Mitten bei einem Kilohertz und eine mehr oder weniger starke Anhebung der oberen Bässe, meistens bei ungefähr 100 Hertz auf. Das E 902 von Sennheiser treibt es hier bis ins Extrem: Es weist nicht nur die ausgeprägteste Mittensenke auf, die Pegeldifferenz zum deutlichen Höhenpeak bei fünf Kilohertz beträgt über 20 Dezibel, gleichzeitig sind die Bässe deutlicher angehoben als beim Opus 99 von Beyerdynamic. Letzteres weist gewissermaßen einen mustergültigen Frequenzgang für die Gattung Bass Drum-Mikrofon auf. Die Messwerte für die Empfindlichkeit der Mikrofone beweisen, dass es sich um Spezialmikrofone handelt, die hohen Schalldrücken gewachsen sein müssen. So ermittelt das Labor für die Bass Drum-Mikrofone keinen Wert höher als 1,2 mV/Pascal, um keine Übersteuerungen von Pre-Amp oder Mischpult zu provozieren. Auch bei den Kondensatormikrofonen fällt die Ausgangsspannung durchweg moderat aus, lediglich die E 914 von Sennheiser, die keine ausgesprochenen Spezialisten sind und sein wollen, haben mit durchschnittlichen 10 mV/Pascal höhere Werte als die Mitbewerber, ohne dass es sich um wirklich laute Mikrofone handeln würde.
Für den Hörtest nehmen wir das Schlagzeug mit allen Mikrofonen auf sieben, im Falle des Shure-Sets auf sechs separate Kanäle unter Cubase SX-3 mit 24Bit/96 Kilohertz auf. Wir bemühen uns peinlich um eine möglichst gleich bleibende Positionierung der Einzelmikrofone, der Micstasy erweist sich als höchst zuverlässiger Partner beim bestmöglichen Einpegeln. Drummer Alex Lemke spielt jedes Instrumentzunächst alleine, danach einen ordentlichen Groove mit abschließendem Break für den klanglichen Gesamteindruck. Da Lemke das Kunststück hinbekommt, die jeweiligen Take sowohl in der Länge als auch bei der Dynamik verblüffend exakt zu spielen, haben wir ausgezeichnetes Vergleichsmaterial für die beiden mehrstündigen Abhörsessions, bei denen die ADAM S3 A uns gute Dienste leisten. Lesen Sie im Folgenden die von uns ermittelten Klangeigenschaften aller sechs Mikrofon-Sets:
T. bone DC-4000
Der Preisbrecher im Test schlägt sich durchaus achtbar. Das Set bringt einen sehr knackig-kernigen Gesamtklang. Die Overheads sind etwas zu scharf, was in einem grellen Beckenklang resultiert. Gut ist das Snare-Mikrofon, es bringt guten Attack und einen kernigen Snare-Klang, allerdings lässt es ihm nachhörbar an Körper. Vergleichbar gilt das auch für die Tom-Mikrofone, wobei der etwas dünne Klang hier mehr auffälllt als bei der Snare. Am stärksten fällt das Bass Drum-Mikrofon ab: Die Bass Drum klingt zu distanziert und nicht allzu präzise, was sich auch bei Innen-Mikrofonierung nicht wesentlich ändert. Somit handelt es sich um ein ordentliches Einsteigerset, das gerade bei Anfänger-Schlagzeugen ein nicht unerwünschtes Schippchen Brillanz hinzufügen kann.
Samson 7Kit
Das zweitgünstigste Set des Testfelds schlägt sich achtbar, was vor allem an den guten Overheads, die nie grell und aufdringlich wirken und dem gelungenen Tom-Mikrofon QTom liegt. Das QTom liefert einen fülligen Grundklang, der weicher als das Snare-Mikrofon QSnare ist. Dieses erweist sich gleichwohl als zu distanziert, weswegen die Snare insgesamt leicht zurückgenommen wirkt. Das gilt vergleichbar für das an sich recht ordenliche Bass Drum-Mikrofon. Wäre das Set noch ausgewogener, wäre es ein ganz heißer Tipp, so verdient es sich das Prädikat „Gutes Einsteigerset“.
Audio-Technica MBDK7
Das insgesamt in sich erfreulich ausgewogene Set ermöglicht einen knackigen, gleichzeitig vollen Schlagzeugsound. Anders als nach den Messergebnissen erwartet, sind die Overheads keineswegs überpräsent und scharf, sondern zeichnen tendenziell weicher bei guter Detailauflösung. Obwohl das Set kein spezielles Snare-Mikrofon beinhaltet, erweist sich das MB 5k als gutes Universalmikrofon für Snare und Toms, das bei beiden Trommelarten eine gute klangliche Figur macht. Der Klang des Bass Drum-Mikrofons ist schön druckvoll, wirkt aber im direkten Vergleich mit dem Opus 99 von Beyerdynamic etwas distanzierter. In seiner Gesamtheit in richtig gutes Mittelklasse-Set.
Shure PG-Drum DMK6
Vergleichbar mit dem Set von Audio-Technica ist auch das Shure-Set erfreulich ausgewogen. Am Besten sind die weichen, dabei sehr detailliert auflösenden Overheads und das Bass Drum-Mikrofon, das einen druckvollen, fokussierten Bass Drum-Sound liefert, der nur gegenüber den Mikrofonen von Beyerdynamic und Sennheiser geringfügig zurückhaltender wirkt. Schwächer ist das PG56, zuständig für Snare und Toms: Beidesmal erscheinen die Trommeln leicht dumpf und weniger knackig-kernig. Unterm Strich ist das PG-Drum DMK6 ein gutes Mittelklasse-Set.
Beyerdynamic Opus L
Das Set des renommierten deutschen Herstellers hat sich im Laufe des Testes beinahe zum Liebling der Redaktion entwickelt. Der Grund sind die beiden Glanzlichter des Sets: Die feinen Overheads, die mit ihrer guten Detailwiedergabe einen sehr ausgewogenen Gesamtsound gewährleisten und die Snare-/Tom-Mikrofone des Typs Opus 88. Sowohl Snare als auch Toms kommen präzise mit reichlich Punch, was belegt, das es sich bei diesem Mikrofon um ein ausgezeichnetes Universalmikrofon handelt. Das Bass Drum Mikrofon ist auf annähernd gleich hohem Niveau und differenziert fein zwischen Außen- und Innen-Mikrofonierung, es wirkt nur nicht ganz so druckvoll wie das E 902 von Sennheiser. Insgesamt ist Opus L ein sehr gutes Set, das auch anspruchsvolle Ohren überzeugt.
Sennheiser Evolution Series
Obwohl vom Hersteller nicht ausdrücklich als Set angeboten, erspielt sich das teuerste Set den Spitzenplatz. Angefangen bei den Overheads, die trotz Höhenbetonung niemals grell wirken und das gesamte Schlagzeug sehr gut abbilden. Das spezielle Snare-Mikrofon übertrifft beim Impulsverhalten und der Transientenwiedergabe alle Mitbewerber: Als einziges Mikrofon stellt es die Klangfarben der beiden unterschiedlichen Anschläge des Drummers exakt dar. Die Tom-Mikrofone besorgen einen präzisen, druckvoll-trockenen Sound mit viel Körper. Das Bass Drum-Mikrofon ist sehr knackig und fokussiert ungemein präzise – auch bei der Abnahme von außen – wirkt aber insoweit nicht so differenziert wie das Opus 99 von Beyerdynamic. Ein hochwertiges Set für gehobene Ansprüche.
Fazit
Auch wenn dem Set von Sennheiser die Siegerkrone gebührt: Dieses Set ist auch das mit Abstand teuerste. Wer vom Setpreis abgeschreckt wird, sollte sich zumindest das E 908 D ansehen beziehungsweise anhören: Ein echtes Spitzenmikrofon speziell für die wichtige Snare. Für den halben Sennheiser-Preis gibt es das Opus L von Beyerdynamic, das dem deutschen Mitbewerber-Set klanglich erstaunlich nahe kommt und zudem mit pfiffigen Detaillösungen wie den ausgezeichneten Klemmen für die Snare-/Tom-Mikrofone aufwarten kann. Die beiden Sets von Audio-Technica und Shure sind rundum gute Mittelklasse-Sets, die auch gehobene Ansprüche befriedigen und klanglich viele Wünsche erfüllen. Wer sein Preislimit auf 500 Euro gesetzt hat, kann mit beiden Sets nicht viel falsch machen. Die beiden kostengünstigsten Sets von Samson und Thomann sind beide alles andere als schlecht. Klanglich hat das Samson-Set die Nase vorn, wenngleich sich auch das T. bone-Set achtbar schlägt. Mit feiner auflösenden Overheads ließe sich das Set klanglich deutlich aufwerten. So bleibt es erst mal bei einem ordentlichen, brauchbaren Einsteigerset mit dem sich arbeiten lässt.
Erschienen in Ausgabe 04/2007
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 923 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut – überragend
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