Geister-Stunde

Geister gelten gemeinhin als Furcht einflößend. Nicht jedoch dieser Geist, die jüngste Entwicklung von Fxpansion. Die virtuelle Groove Box tritt an, um mit einer Vielzahl an Features Ihren musikalischen Ideen jenseits einer klassischen DAW Leben einzuhauchen. Spaß macht das Ganze obendrein noch dazu.

Von Georg Berger 

Der Guru ist tot und führt sein Dasein künftig als Geist fort. Zugegeben dieser Satz klingt zunächst sehr kryptisch und wirft mehr Fragen als Antworten auf. Wer war dieser Guru, was tat er zuvor und was tut er jetzt als Geist? Des Rätsels Lösung ist so einfach wie banal: Die britische Software-Schmiede Fxpansion hat seine Groove Box Guru in Rente geschickt und mit Geist vor kurzem eine neue Groove Box inthronisiert. Dabei handelt es sich laut Aussage des Herstellers nicht um einen Nachfolger von Guru, der ab sofort nicht mehr weiter unterstützt wird. Zwar hat Geist eine Vielzahl der Kernfunktionen von Guru übernommen, die Software ist jedoch komplett neu programmiert worden, was letztlich durch die Namensgebung deutlich unterstrichen wird. Guru-Anwender brauchen jedoch nicht zu verzweifeln. Viele Features von Guru sind in Geist dennoch erkennbar. Überdies ist sogar eine Funktion zum Importieren und Konvertieren von Guru-Projekten ab Version 1.5 integriert. Die Unterschiede und zahlreichen Verbesserungen im Vergleich zu Guru an dieser Stelle auflisten zu wollen, würde jedoch zu weit führen. Stattdessen konzentrieren wir uns ausschließlich auf Geist. Geist besitzt sämtliche klassischen Merkmale einer Groove Box und kostet 225 Euro. Dafür erhält der Anwender eine markante Kombination an Features und Funktionen, die mit den MPC-Geräten des Herstellers Akai erstmals definiert wurden und bereits seit langem eine eigenständige Geräte-Gattung bildet (siehe Test Akai MPC 5000 in Heft 8/2009). Fxpansion bringt es selbst auf den Punkt und charakterisiert seine Software mit den Schlagworten „Drum-Machine“, „Sampler“, „Slicer“, „Looper“, „Arranger“ und „Mixer“. All das plus eine gut sortierte Auswahl an Effekten sowie eine rund drei Gigabyte große Library an Samples und Loops schlummert unter der Oberfläche von Geist. Außer sattsam bekannten Klassikern wie der TR-808/-909 finden sich eine Reihe weiterer Drum-Machine-Kits sowie ein Riesen-Arsenal an Drum-, Bass-, Vocal-, Lead- und Gitarren-Loops. Material von Drittanbietern ist in den Formaten Wav, Aiff und Rex 1/2 importierbar.

Sehr schön: Eine Beschränkung der Samplingrate existiert nicht, so dass auch hochauflösendes Audio-Material zum Einsatz kommen kann. In der Ausstattung von Geist findet sich somit alles, was zur Produktion von sample- und loop-basierter (Dancefloor-)Musik nötig ist. Wem das zur Umsetzung seiner Ideen reicht, kann auf eine DAW getrost verzichten, denn Geist arbeitet Stand-alone, ist aber auch als Plug-in über die üblichen Schnittstellen einsetzbar. Wem die Möglichkeiten in seiner DAW zum loop-basierten Produzieren zu schmächtig oder kompliziert erscheinen, erhält mit Geist also eine entsprechende Alternative an die Hand.  Zum Ansteuern von Geist reichen bereits ein herkömmliches Keyboard sowie die Maus aus. Gezielter geht dies mit dezidierten Groove-Box-Controllern. Im Lieferumfang finden sich zurzeit Controller-Map-Files für den Maschine-Controller von Native Instruments (siehe Test in Heft 5/2009) sowie für den MPD32 von Akai. Die Maus hat danach, ausweislich unseres Tests mit dem Maschine-Controller zum Großteil ausgedient. Schade ist jedoch, dass sich zurzeit nur Controller-Presets für die oben erwähnte Hardware finden. Wir würden uns in jedem Fall eine größere Auswahl wünschen.    Die Bedienoberfläche ist übersichtlich in drei Haupt-Sektionen unterteilt. Der Browser – bei Bedarf ausblendbar – zeigt die Verzeichnis- und Festplatten-Struktur des Rechners und erlaubt den direkten Zugriff auf die Werks-Library. Rechts unten findet sich ein Bedienfeld, bestehend aus 16 Pads, 24 Tasten im TB-303-Stil, die wie eine Klaviatur angeordnet sind, darüber ein Tastenfeld zum Aufrufen sogenannter Engines sowie ein Transporttastenfeld und weitere Bedienelemente zum Einstellen der Pads und globaler Parameter wie der Gesamtlautstärke, einer Transponierungs- und Swing-Funktion. Die Hauptrolle spielt jedoch die Display-Sektion oberhalb des Bedienfelds, in das sich insgesamt neun Dialoge respektive Editoren wechselseitig aufrufen lassen zum Programmieren und Einstellen von Samples, Pattern, Songs und Mixen. Die Architektur von Klangerzeugung und Sequenzer ist ebenso übersichtlich ausgefallen. Zentrale Elemente sind die sogenannten Engines, die Klangerzeugung und Sequenzer-Daten auf sich vereinigen. Acht Engines stehen zur Verfügung, die sich in Analogie zu einer herkömmlichen DAW am besten mit (MIDI-)Spuren gleichsetzen lassen. Das Bedienfeld oberhalb der Klaviatur erlaubt dabei die Auswahl, das Aktivieren, solo und stumm Schalten der Engines. Jeweils 16 Pads sind in einer Engine zusammengefasst, wobei Jedes Pad bis zu acht Layer-Sounds enthalten kann, die sich auf verschiedene Weise ansteuern lassen. Pro Engine können maximal 24 Pattern im Step-Sequenzer-Dialog programmiert werden, die sich über die Klaviatur-Tasten aufrufen lassen, wobei jedes Pattern aus maximal 1.024 Steps bestehen kann. Durch Aufruf, Anordnen und Verknüpfen von Pattern der einzelnen Engines entsteht schließlich der resultierende Song. Über virtuelle Mixer, die an verschiedenen Stellen innerhalb von Geist ansetzen (Pad, Layer, Engine, Global) lässt sich den Sounds mit Hilfe insertierbarer Effekte der letzte Feinschliff verpassen. Dabei ist es möglich, Pads, Layer und Engines auf bis zu 16 Stereo-Ausgänge zu routen, was primär bei Einsatz von Geist in einer DAW zwecks weiterer Signalbearbeitung von Vorteil ist. Ist das erledigt, lässt sich der Song am Ende aus Geist heraus als Wav-Datei exportieren. Doch das ist noch nicht alles. Als virtuelle Groove Box, deren Klangerzeugung auf Samples basiert, offeriert Geist selbstverständlich auch Optionen zum Editieren und Erstellen von Samples. So bietet der Slice-Dialog komfortable und flexible Möglichkeiten zum Slicen von Loops, die sich anschließend tempounabhängig abspielen und sogar nach allen Regeln der Kunst neu arrangieren lassen. Ein Sampler-Dialog ermöglicht den Einsatz von Geist als waschechten Sampler zum Aufnehmen und Bearbeiten eigener Samples und Loops.

Insgesamt bieten sich dem Anwender somit weit reichende und umfangreiche Möglichkeiten, seine Ideen in die Realität umzusetzen. Überdies wartet Geist in den einzelnen Sektionen und Dialogen mit einer Vielzahl an pfiffigen Features auf, die das Handling komfortabel, intuitiv und kinderleicht gestalten. Sie alle aufzählen und vorstellen zu wollen, würde jedoch zu weit führen, weshalb wir uns auf die Highlights konzentrieren wollen. Den Anfang macht der Browser.   Der Dialog bietet nicht nur einen Verzeichnisbaum zum Navigieren durch die Werks-Library und die Festplatten des Rechners. Darüber hinaus verfügt er über eine intelligente Suchfunktion und die Möglichkeit, die Ergebnisse verschiedener Suchvorgänge abspeichern und bei Bedarf blitzschnell aufrufen zu können. Gleiches gilt auch für eigene Zusammenstellungen an Samples, die als Shortlist- und Favourite-Dateien speicher- und aufrufbar sind. Das Vorhören von Audio-Material im Browser ist selbstverständlich möglich. Highlight im Browser sind jedoch die Lade-Optionen „Auto“ und „Slice“ sowie die Möglichkeit, Pads und Pattern für den Empfang von Daten zu blockieren. Ist Auto-Load aktiv, wird das im Browser angeklickte Sample automatisch in den ersten Layer des zuvor selektierten Pads geladen. Weitere Sounds sind mit gedrückter Alt-Taste in die weiteren Layer des gleichen Pads ladbar. Das gilt natürlich auch für das Laden kompletter Pad-Sets, in Geist „Kit“ genannt. Der Clou: Einzelne Pads können blockiert werden, so dass das Laden eines weiteren Kits nur dort Samples auf die Pads lädt, die nicht blockiert sind. Das Gleiche gilt auch für das Laden von Pattern und Pattern-Banks auf die Klaviatur-Tasten. Im Test haben wir dadurch in Windeseile ein komplett neues Kit erstellt. Über die Lock-Tasten im Browser können dabei sämtliche Pads und Pattern-Bänke blockiert werden. So ist es möglich, sich durch das Laden verschiedener Engine-Files rasch einen eigenen Mix aus Patterns und Sounds/Kits zusammenzustellen, was sehr pfiffig gelöst ist. Ist der Slice-Button aktiviert, öffnet sich beim Laden von Loops automatisch der Slice-Dialog, der mit einer Reihe von Eingriffsmöglichkeiten zum rhythmischen Zerteilen des Loops aufwartet. Zwei Modi stehen zur Auswahl: Transients und Divided. Im Divided-Modus wird der Loop ungeachtet seines Inhalts in eine zuvor definierte Anzahl von Teilen zerschnitten. Im Transient-Modus hört der Slicer quasi auf die Transienten und nimmt die Schnitte anhand der Signalspitzen vor. Highlight hierbei ist der Sensitivity-Regler, der ähnlich wie ein Threshold-Parameter fungiert und je nach Einstellung entsprechend sensibel auf eintreffende Transienten reagiert und dabei Slice-Punkte setzt. Ähnliches hat Steinberg übrigens zuvor in Cubase 6 implementiert (siehe Test in Heft 4/2011). Im Test arbeitet der Detektor-Algorithmus äußerst zufriedenstellend. Das manuelle Korrigieren und ein nachträgliches Einfügen von Slice-Punkten arten wahrlich nicht zu einer zeitraubenden Aktion aus. Sind die Slice-Punkte richtig positioniert, reicht ein Druck auf den „Done“-Button und schon zerteilt Geist den Loop in einzelne Abschnitte, routet diese auf die Pads und erstellt gleichzeitig ein MIDI-Pattern, das die Slices sukzessiv abspielt. Sehr schön: Das Tempo und die Anzahl der Takte sind noch vor dem Slice-Vorgang zusätzlich einstellbar, um die Loop-Slices an ein existierendes Projekt anpassen zu können. Wichtig: Zeigt das Ergebnis mehr als 16 Slices, werden die überzähligen Slices beim Extrahieren nicht berücksichtigt, es sei denn, der „Use Layer“-Button ist aktiv. Daraufhin werden die überzähligen Slices sukzessive auf die nächsten Layer der Pads geroutet und per Force Layer-Funktion, die ein gezieltes Spielen von Layern realisiert, entsprechend getriggert.

Eine besondere Betrachtung verdient die „Classify“-Funktion: Ist sie aktiv, wird der Loop nicht nur anhand seiner Transienten analysiert, sondern auch der Inhalt der Slices, der in die Haupt-Kategorien Kick, Snare, Hihat und Percussion unterteilt wird. Dies wird im Slice-Dialog farbig hervorgehoben, was per Rechtsklick selbstverständlich auch manuell vorgenommen werden kann. Diese Sortierung findet Niederschlag beim Extrahieren und Routen des Audio-Materials auf die Pads. Jeder Kategorie stehen vier Pads zur Verfügung, die in vier horizontalen Reihen angeordnet sind. Die Bass-Drum-Slices nehmen dabei Pad eins bis vier ein, die Snares Pad fünf bis acht, und so weiter. Konsequenz: Je nach Groove und Einsatz der vier Haupt-Instrumente zeigt sich im Sequenzer, anders als erwartet ein teils wüst verteiltes Arrangement von MIDI-Noten. Das Geniale daran: Nicht nur der Sound des Loops, sondern auch sein Groove ist beim Analysieren und Extrahieren erfasst worden. Konsequenz: Sounds und (MIDI-)Grooves geslicter Loops lassen sich untereinander austauschen, was die Einsatzmöglichkeiten noch einmal erhöht und ohne Zweifel zu einem der Highlights von Geist zählt. Im Test verpassen wir auf diese Weise einem Hip Hop-Groove ein rein akustisches Klanggewand. Versuchen Sie das einmal mit herkömmlichen Mitteln.   Mit den Pads sind zudem eine Reihe zusätzlicher Funktionen ausführbar. So lässt sich ein Sound/Pad auswählen und anschließend über die 16 Spielflächen wahlweise gezielt in der Velocity ansteuern oder sogar chromatisch transponiert spielen. Im Test wählen wir uns das Slice eines Bass-Loops aus und fügen im chromatischen Modus über das gerade laufende Pattern eine Melodie ein. Allerdings ist der verfügbare Tonraum begrenzt, aber immerhin. Sicherlich, Native Instruments Maschine zeigt sich in dieser Disziplin deutlich flexibler und offener, indem sich auch virtuelle Klangerzeuger an Bord der Software befinden und Sounds über mehrere Oktaven hinweg spielbar sind. Geist setzt aber zu Gunsten einer einfachen und intuitiven Bedienung absichtlich auf eine reduzierte Ausstattung. Doch zurück zu den Pads. Für Live-Einsätze lassen sich bei Bedarf auch die Solo- und Mute-Funktionen der einzelnen Engines auf die Pads routen.

Die Sounds/Layer der Pads sind im separat aufrufbaren Pad/Layer-Dialog einstellbar. Pro Layer stehen außer den üblichen Mischpult-Funktionen (Gain, Panpot, solo, mute) ein opulent einstellbares Filter mit zehn wählbaren Charakteristiken, eine sehr gut klingende Timestretch-Sektion sowie zwei ADSR-Hüllkurven zum Verbiegen und Anpassen des Samples zur Verfügung. Die erste Hüllkurve ist fest auf die Lautstärke geroutet. Sie kann aber zusätzlich, ebenso wie die zweite, frei einsetzbare Hüllkurve, auch anteilig auf Modulationsziele wie Filter-Cutoff, -Resonanz und -Drive sowie die Tonhöhe geroutet werden. Der Hüllkurvenverlauf ist dabei graphisch einstellbar und geht dank der großen Darstellung komfortabel über die Bühne. Sample-Start- und -Endpunkt sind bei Bedarf übrigens ebenfalls dort einstellbar. Vier Send-Regler zweigen das Signal auf entsprechende Aux-Wege ab und Optionen zum rückwärts Abspielen des Samples sowie zum Einstellen der Tonhöhe und zum anschlagsabhängigen Modulieren der Tonhöhe runden die Ausstattung des Pad-Dialogs ab. Besonderheit: Einstellungen im gerade angewählten Layer können bei Bedarf simultan auf alle anderen Layer, auf die horizontale Pad-Reihe oder auf alle Pads gemeinsam angewendet werden. Ein Knopfdruck reicht. So ist ein Filter-Sweep blitzschnell entweder nur auf ein einziges Snare-Pad, auf alle Snare-Pads oder das gesamte Drumkit angewendet. Ein LFO ist nicht an Bord, wird aber auch nicht vermisst, denn in erster Linie geht es um das Spielen von Drumsounds und das Abfeuern von Loops und weniger um das Spielen von Synthesizer-Leads oder Flächen-Sounds. Wichtig: Sind mehrere Layer geladen, offeriert der Mapping-Dialog im Pad-Editor zusätzliche Einstell-Optionen zum Triggern der Layer. Velocity-Splits sind graphisch editierbar inklusive Crossfades. Zusätzlich lässt sich über das Play Mode Menü definieren, ob die Layer über eine Round Robin-Funktion beim Triggern sukzessive oder zufällig abgespielt werden sollen. Ein weiteres Menü erlaubt das Routen des Pads auf die maximal 16 Stereo-Ausgänge oder direkt auf die vier Aux-Wege. Einzig und alleine mit diesen gebotenen Möglichkeiten lässt sich im Test schon eine Menge anstellen und Sounds in ihrer Gestalt ordentlich verbiegen.

Über die separat aufrufbaren Pad- und Layer-Mixer sind zusätzliche Sounddesign-Optionen erreichbar. Die Zahl an Channelstrips orientiert sich logischerweise an der Zahl der verfügbaren Layer (8) und Pads (16). Die Ausstattung ist jedoch identisch, was übrigens auch für den Engine-Mixer gilt, der ein Ausbalancieren aller acht Engines beziehungsweise Spuren bietet. Jeder Kanalzug besitzt außer den üblichen Mischpult-Funktionen die Möglichkeit maximal sechs Effekte zu insertieren. Die Reihenfolge der Effekte ist per Drag-and-Drop der Effekt-Icons in der oberen Menüleiste änderbar. Ab Werk findet sich eine opulente Zahl an musikalisch hervorragend einsetzbaren Effekt-Presets, die als Ausgangs-Basis genügend Stoff für Eigenkreationen bieten. Über den Send-Reiter sind wiederum die vier Drehregler zum anteiligen Routen der jeweiligen Kanäle auf die Aux-Wege aufrufbar. Einstellungen in einem Channelstrip des Pad- und Layer-Mixers können, ebenso wie im Pad/Layer-Dialog, wiederum auf alle Layer, Pads oder eine Pad-Reihe angewendet werden, was den Workflow auch in diesem Bereich deutlich beschleunigt. Der Engine-Mixer enthält als besonderes Leckerli noch einen dritten Reiter, der ein Aufprägen von Swing-Mustern auf die Patterns einer Engine ermöglicht. Allerdings finden sich ab Werk dort lediglich drei Templates zur Auswahl. Doch über MIDI-Extraktions- und Import-Funktionen lässt sich das Repertoire rasch erweitern. Konsequenz: Statisch durchratternde Pattern einer Engine erhalten mit Hilfe dieses Features einen gehörigen Schuss an Lebendigkeit. Neu ist diese Art von Mixer jedoch nicht. In Propellerheads Reason 4 (Test in Heft 11/2007) ist uns dieses Feature bereits andernorts begegnet. Eine Sonderstellung nimmt der Global-Mixer ein. Er steht am Ende der Signalkette und erlaubt das Insertieren von Effekten in die vier Aux-Wege sowie in den Summen-Ausgang, wobei die Aux-Wege pre- und postfader schaltbar sind und ihre Signale bei Bedarf wahlweise an den Summen-Ausgang oder an die übrigen 15 Stereo-Ausgänge schicken können.   Eher versteckt am Rande, aber dennoch sehr wichtig, ist der Sampler-Dialog zum Aufzeichnen und Bearbeiten eigener Samples. Wahlweise ein Mono- oder Stereosignal ist aufnehmbar, was per Gain-Regler in der Lautstärke justierbar ist. Mehrere Modi zum Aufzeichnen lassen keine Wünsche offen. So kann das Aufzeichnen sofort, nach Eintreffen eines MIDI-Signals, beim Starten des Host-Sequenzers oder nach Überschreiten der Lautstärke eines zuvor definierten Schwellenwertes erfolgen. Gleiches gilt auch für die Aufnahmedauer, die wahlweise frei oder für eine bestimmte Anzahl von Takten oder Sekunden einstellbar ist. Der Clou: Geist kann sich selbst resamplen, wobei der Aufnahmekanal frei aus den verfügbaren 16 Ausgängen gewählt werden kann. Das ist aber noch nicht alles. Selbstverständlich können auch externe Signale aufgenommen werden. Das geht sowohl Stand-alone als auch innerhalb einer DAW. Besonderheit: Wer mit einem Sequenzer wie etwa Cubase arbeitet, der kein direktes Routing von Eingängen in Instrumente erlaubt, braucht nicht zu verzweifeln. Im Lieferumfang von Geist findet sich ein separates Plug-in, das diesen Job erledigt. Das „Spitter“ getaufte Plug-in braucht dabei nur auf den zu samplenden Kanal im Sequenzer eingefügt zu werden. Anschließend wählen wir im Routing-Menü des Geist-Sampler-Dialogs die Spitter-Instanz aus und das war es auch schon. Dabei sind beliebig viele Instanzen des Spitter-Plug-ins im Sequenzer einsetzbar. Es lässt sich jedoch immer nur eine Instanz zum Samplen auswählen. Auch dieses Verfahren ist uns nicht neu. Der Morgana-Sampler des Herstellers 112db nutzt das gleiche Verfahren (siehe Test in Heft 7/2008). Sehr schön: Im Threshold-Modus sind gleich mehrere Takes in einem Rutsch aufnehmbar, die jedes Mal nach Unter- und anschließendem Überschreiten des Threshold-Wertes entstehen. Nach Abschluss der Aufnahme lädt eine Crop- und Normalize-Funktion zum Beschneiden der Samples und zum Angleichen der Lautstärke ein. Ist dies geschehen, erlaubt der Export/Send-Button das Speichern und Routen des Samples auf ein Pad oder ein Layer. Das geht übrigens auch auf einen Schlag für mehrere Takes, die sich im Speicher befinden. Einfacher geht’s nimmer. Loop- und Crossfade-Funktionen sind jedoch nicht an Bord, werden aber auch nicht vermisst. Für den Zweck, den Geist erfüllt, nämlich als Drum- und Loop-Sampler zu fungieren, reichen die gebotenen Sampling-Features jedenfalls voll und ganz aus. 

Doch eine Groove Box ohne Sequenzer ist nur die halbe Miete, den wir uns jetzt ein wenig näher anschauen wollen. Klassisch ausgelegt als Pattern-Sequenzer mit Step-Raster werden pro Pattern in separaten Spuren für jedes Pad Noten-Informationen gespeichert. Die Pattern können wahlweise im Live-Betrieb – bei Bedarf mit aktiviertem Auto-Quantize –  eingespielt oder durch Einzeichnen der Noten mit Hilfe der Maus erstellt werden. Der Clou: Wer beim Spielen auf den Pads versehentlich vergisst auf Aufnahme zu schalten, braucht nicht zu verzweifeln. Über den Retro-Record-Button ist das zuvor Gespielte wie von Zauberhand in den Sequenzer eingefügt. Geist hört also permanent auf das, was an Noten-Informationen eingegeben wird und merkt sich dies. Für dieses Feature gibt’s in jedem Falle ein Sonderlob. Doch zurück zum Sequenzer: Ein Multi-Werkzeug erlaubt anstelle der Auswahl einzelner Werkzeuge das Einzeichnen, Löschen und Markieren mehrerer Noten mit Hilfe von Shortcuts. Genial: Über 20 wählbare Parameter, aufrufbar über das Drag-Edit-Menü, sind per Drag-Bewegung mit der Maus direkt auf einzelne Noten einstellbar. Doch damit beginnt erst der Reigen an Automations-Optionen. Jede Spur im Pattern lässt sich erweitern und gibt den Blick auf eine Automationsspur frei, in die wiederum verschiedene Parameter aufrufbar sind, die sich mit der Maus graphisch editieren lassen. Wer möchte, kann sogar diverse graphische Figuren (Rampe auf-/abwärts, Sinus, Zufall, und so weiter) per Klick blitzschnell in die Spur einzeichnen. Wer Zugriff auf mehr Automationsspuren eines Pads haben möchte, wechselt einfach den View-Modus auf Multi-Graph und erhält direkten Zugriff auf vier Automationsspuren. Im Test zeigen sich die verfügbaren Features wiederum als überschaubar, aber dennoch mächtig mit weit reichenden Möglichkeiten zum Ausformen von Pattern und Grooves. Sehr schön sind auch eine Reihe wählbarer vorgefertigter Noten-Muster, die sich mit einem einfachen Klick in eine Pad-Spur einfügen lassen, was mitunter sehr inspirierend sein kann.   Um aus der Vielzahl an Pattern einen Song zu konstruieren, ist als nächstes der Aufruf des Song-Editors erforderlich. Der Dialog zeigt, ganz so wie in einer DAW, ein Arrangement-Fenster mit acht Spuren in die sich durch simples Einzeichnen von Blöcken die gewünschten Pattern einzeichnen lassen. Der Dialog offeriert dabei die gleichen Werkzeuge wie der Pattern-Sequenzer, um eingezeichnete Blöcke in der Größe zu ändern, zu verschieben oder zu duplizieren.  Dabei ist es nicht unbedingt erforderlich, vor dem Einzeichnen eines Blocks das zu spielende Pattern als erstes auszuwählen. Das gewünschte Pattern lässt sich auch nachträglich im eingezeichneten Block auswählen/-tauschen, was uns im Test deutlich mehr entgegen kommt. Auf diese Weise erstellen wir blitzschnell das Arrangement und definieren erst danach, welche Pattern in den einzelnen Spuren/Engines abgespielt werden sollen. Eine Alternative zum Arrangieren von Pattern bietet schließlich noch der Scene-Editor, der sich überdies als pfiffiger Dialog für Remixe vor allem im Live-Einsatz empfiehlt. Der Dialog zeigt eine Reihe von Pads – insgesamt stehen 72 zur Verfügung – auf die sich sogenannte Snapshots speichern lassen. Ein Snapshot speichert dabei den momentanen Zustand sämtlicher Engines, also welche Engine ist aktiv und welche Pattern werden in den Engines gerade gespielt. Dies zeigt zudem eine Liste rechts vom Pad-Feld. Auf diese Weise lassen sich entsprechende Pattern-/Engine-Kombinationen durch simplen Druck auf ein Pad wahlweise sofort, auf der nächsten Zählzeit oder im nächsten Takt abfeuern. Das Beste: Ist der Song-Modus aktiv und Geist auf Aufnahme geschaltet, werden sämtliche Vorgänge im Scene-Dialog gleichzeitig im Song-Editor aufgezeichnet. Ein händisches Einzeichnen von Blöcken und Auswählen von Pattern ist also nicht unbedingt erforderlich. Mit Hilfe des Scene-Dialogs macht das Erstellen von Songs dabei deutlich mehr Spaß.   Spaß ist auch das Schlagwort im Hör- und Praxistest. Dank der leichten Bedienung und überschaubaren Ausstattung kommen wir nicht in Versuchung, uns beim Produzieren von Pattern und Songs zu verzetteln. Weniger, dies zeigt Geist in Perfektion, ist oftmals doch mehr. Trotzdem bietet Geist immer noch genügend Möglichkeiten, um Samples und Loops bis hin zur völligen Dekonstruktion zu verbiegen, was gerade im Pad-/Layer-Dialog und auch dank der Automations-Möglichkeiten im Pattern-Sequenzer zu immer neuen, überraschenden und vor allem auch musikalisch ansprechenden Ergebnissen führt. Die mitgelieferten Effekte stehen dem in nichts nach und erweitern die Sounddesign-Optionen noch einmal. Dogmatiker, die nach wie vor die Nase über loop-basiertes Songwriting rümpfen und das Ganze als unkreative Baukasten-Musik abtun, sollten sich zumindest einmal die Demo-Version von Geist anschauen, um zu sehen, dass sich weitaus mehr mit Loops anstellen lässt als sie nur schnöde abzuspielen.  

Fazit

In Goethes „Zauberlehrling“ ruft ebenjener „Die Geister die ich rief, werd ich nicht mehr los“. In Abwandlung dessen und auf Fxpansions Groove Box angewendet, rufen wir aus, „Den Geist, den wir riefen, wollen wir nicht mehr los werden“. Die Groove Box besticht durch intuitives Handling, was einfach nur einen Heiden-Spaß macht, sehr inspirierend wirkt und dem Anwender ein Riesen-Arsenal an kreativen Werkzeugen zur Song-Produktion an die Hand gibt. Das einzige wovor man sich vor diesem Geist fürchten muss, ist sein Sucht-Potenzial.

Erschienen in Ausgabe 07/2011

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 225 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut