Do it yourself

Kann sich überhaupt noch jemand an die alten Zeiten erinnern, in denen es nur Hardware-Sampler gab und das eigenhändige Samplen von Sounds zur Tagesordnung gehörte? Der virtuelle Sampler Morgana führt Sie in jeglicher Hinsicht wieder in diese Epoche zurück.

Von Georg Berger

Musikschaffende haben es heutzutage leicht, wenn sie Sampler einsetzen wollen. Die Auswahl ist fast unüberschaubar und die Fülle an Funktionen ist schier unerschöpflich. Der Sound der zumeist riesigen und aufwändig produzierten Werks-Libraries erfüllt selbst höchste Ansprüche. Vor knapp 25 Jahren war das jedoch noch ganz anders. Die Technik des Digitalsamplings steckte noch in den Kinderschuhen und wer in den Besitz eines der revolutionären Instrumente gelangen wollte, musste dafür locker fünfstellige D-Mark-Summen auf den Tisch blättern. Im Vergleich zu heute war der Gegenwert dafür mehr als mager. Die Hersteller legten ihren Produkten, wenn überhaupt, nur eine handvoll Demo-Sounds bei, der notwendige Arbeitsspeicher bewegte sich im unteren einstelligen Megabyte-Bereich, die Gesamtsamplingzeit erstreckte sich auf wenige Sekunden und Sounds wurden mit acht Bit Wortbreite und Samplingraten unterhalb von 20 Kilohertz digitalisiert. Artefakte wie Aliasing-Rauschen, Jitter, ein beschnittener Frequenzgang und andere Nebengeräusche waren ständige Begleiter, die den Sampler-Sound aber markant mitprägten. Doch diese Einschränkungen konnten den Siegeszug der Sampler nicht aufhalten. Denn mit ihnen war es erstmals möglich, jenseits von Sinus-, Sägezahn- und Rechteckwelle völlig neue Dimensionen in der Klanggestaltung zu erzielen. Mehr noch forderte die grenzenlose Freiheit dieser inspirierenden Instrumente die Kreativität der Künstler heraus. In Konsequenz wurde damals fast jedes Schallereignis in wahren Sample-Orgien digitalisiert und hinsichtlich musikalischer Verwertbarkeit überprüft. Es war für jeden Künstler Ehrensache, sich seine eigene Sound-Library zusammenzustellen und seine Killer-Sounds wie Staatsgeheimnisse zu hüten. Dieser Do-it-yourself-Gedanke ist bei den aktuellen virtuellen Sampler-Boliden allerdings völlig unter den Tisch gefallen. Sie konzentrieren sich stattdessen zu Gunsten der mitgelieferten Werks-Library zumeist auf das Abspielen und Editieren von Vorgefertigtem. Genau an dieser Stelle setzt das niederländische Ein-Mann-Software-Unternehmen 112dB an, das mit ihrem Erstlingswerk, dem virtuellen Sampler Morgana, den Pioniergeist des Digitalsamplings heraufbeschwören will…

Firmengründer Jules Vleugels, der nach wie vor als Programmierer bei Audio Ease tätig ist und dort für die Windows-Adaptionen von Altiverb und Speakerphone (Tests in den Heften 5/2007 und 2/2008) verantwortlich zeichnet, hat seiner Schöpfung Funktionen mitgegeben, die wieder das aktive Samplen von Sounds auf Instrumenten-Ebene ermöglicht. Die zweite Hauptrolle in Morgana spielt der Klang, der den Instrumenten der ersten Stunde nacheifern will,  mitsamt den oben erwähnten Begleiterscheinungen. Mit alten Konzepten Vollgas in die Zukunft lautet das Motto. Das zeigt sich auch in Sachen Ausstattung: Morgana erlaubt acht Bit-Sampling mit einer frei wählbaren Samplingrate zwischen zehn bis knapp 30 Kilohertz. Die Samplingdauer ist auf zehn Sekunden pro Sample beschränkt und Morgana besitzt lediglich eine achtfache Polyphonie. Die Stimmen können wahlweise monophon über acht separate Audio-Ausgänge oder polyphon in mono oder stereo ausgegeben werden. Vergleichsweise bescheidene Eingriffsmöglichkeiten in die Sample-Organisation und in den Klang zeigen, dass der holländische Retro-Sampler tatsächlich ganz dem Geist der 1980er-Jahre verpflichtet ist. Doch das hat Methode, denn das eigenhändige Erstellen von Samples soll möglichst einfach über die Bühne gehen. Auf Nachfrage teilt uns Jules Vleugels mit, dass er sich bei der Entwicklung von Morgana an dem Mirage-Sampler des amerikanischen Unternehmens Ensoniq orientiert hat. Morgana setzt sich deshalb erst gar nicht in Konkurrenz zu den angesagten Sampler-Platzhirschen. Dies zeigt sich auch in der Werks-Library, die mit einer für heutige Verhältnisse geradezu lächerlichen Datenmenge von knapp 60 Megabyte daherkommt und die sich auf nur 350 Sounds verteilen. Der 170 Euro teure virtuelle Sampler kann ausschließlich über die Homepage des Herstellers bezogen werden und liegt als VST- und AU-Version vor. Eine RTAS-Variante ist zurzeit in Arbeit. Zum Test tritt Morgana in der jüngst veröffentlichten Version 1.2.3 an. Beim Start des Samplers wird man von einer aufgeräumten und klar strukturierten Bedienoberfläche empfangen, die alle wichtigen Parameter im Direktzugriff enthält. Einzige Ausnahmen: Der Sound-Browser und der Wellenform-Editor benötigen viel Platz und erscheinen daher bei Aufruf als schwebende Fenster, die den Großteil der Regler abdecken.

Von großem Interesse ist natürlich, wie das Samplen in Morgana realisiert wird. Wichtig ist hierbei die Preamp-Sektion, die außer einem Fader zur Einstellung des Eingangspegels noch zwei Drehregler enthält, mit dem sich die Samplingrate dynamisch wählen sowie ein Cutoff einstellen lässt, der für eine Dämpfung des Aliasing-Rauschens sorgt. Eine weitere Option bietet die zuschaltbare Mikrofonverstärker-Simulation, die allerdings mit Vorsicht zu genießen ist, denn sie erzeugt schon bei niedrigen Einstellungen des Faders deutliche Verzerrungen. Das sehr gut gemachte und informative Handbuch verhehlt dazu nicht, dass der Mikrofonverstärker lediglich als zusätzliche Variante fungiert, um den Samples bei Bedarf ein wenig mehr Schmutz und Härte zu verleihen.   Um Signale in Morgana einzuspeisen, ist ein Rechtsklick mit der Maus auf der Bedienoberfläche nötig, der ein Ausklapp-Menü zeigt mit einer Auswahl an möglichen Signalquellen. Zur Auswahl stehen, sofern vorhanden, die virtuellen Eingänge der Host-Anwendung und sogar der Ausgang von Morgana selbst, um ein Resampling geladener Sounds zu ermöglichen. Für den Großteil der Sequenzer, die keine virtuellen Audio-Eingänge für Instrumenten-Plug-ins vorsehen, bietet 112db mit dem SampLink-VST-Plug-in eine zusätzliche pfiffige und einzigartige Option, die als freier Download erhältlich ist. Das Plug-in wird wie ein Insert-Effekt in eine Spur eingebunden und fungiert als direkte Schnittstelle zwischen Sequenzer-Spur und Morgana. Bereits aufgenommene Audio-Tracks oder dort anliegende Aufnahme-Signale können damit als weitere Soundquelle in Morgana geleitet werden. Wer möchte, kann beliebig viele Instanzen von SampLink auf weitere Spuren verteilen, die sich schließlich im Ausklapp-Menü von Morgana auswählen lassen. Ein Doppelklick auf den Connection-Eintrag in SampLink erlaubt ein komfortables Umbenennen der Plug-in-Instanz, um bei der Auswahl des Aufnahmekanals die Übersicht zu behalten. Ist der gewünschte Eingang ausgewählt und das Signal richtig eingepegelt, reicht ein Druck auf den Record-Button und Morgana ist zur Aufnahme bereit, die erst bei Eintreffen von Audio-Signalen startet. Um die Aufnahme zu stoppen, muss der Record-Button noch einmal gedrückt werden, was wichtig ist. Zwar endet die Aufnahme automatisch nach zehn Sekunden. Doch dann hat man eventuell unerwünschtes Audio-Material oder Stille mitgesamplet, was zusätzlichen Speicherplatz benötigt. Das mag zwar angesichts der heutigen Festplatten-Kapazitäten nicht viel ausmachen, man sollte aber drauf achten. Denn Morgana bearbeitet die Samples durchweg non-destruktiv und bei der anschließenden Bearbeitung muss das unerwünschte Material virtuell beschnitten werden. Alles in allem ist der Sampling-Vorgang kinderleicht und geht flott über die Bühne. Multisamples sind in Windeseile erstellt. Dank des SampLink-Plug-ins eröffnen sich komfortable und flexible Möglichkeiten, um schnell an Audio-Material zu gelangen. Die aktuellen virtuellen Sampler bieten so etwas nicht. Wer mit ihnen aktiv Sampling betreiben will, muss den Umweg über eine separate Aufnahme-Software gehen, in der der gewünschte Sound zuerst gespeichert wird, um ihn abschließend in den Sampler zu importieren. In Morgana geschieht dies ungleich rascher und unkomplizierter. 

Nach dem Ende des Sampling-Vorgangs in Morgana erscheint die Aufnahme anschließend als sogenannte Zone in Form eines Balkens oberhalb der virtuellen Klaviatur, die den Tastaturbereich beschreibt, in dem das Sample spielbar ist. Der Tastaturumfang der Zone kann selbstverständlich verändert und versetzt werden. Wer ein Multisample oder Key-Splits realisieren möchte, erstellt einfach eine weitere Zone durch Klick in diesen Bereich, in den das nächste aufzunehmende Sample automatisch abgelegt wird. Das Laden und Importieren bereits erstellter Samples geschieht bequem per Drag and drop etwa aus dem Sequenzer oder einem Ordner heraus. Wer Samples der Morgana-Library verwenden möchte, klickt einfach im Sound-Browser die gewünschte Datei an. Morgana ist in der Lage Audio-Material im Wav-, Aiff- und sogar im Rex-Format zu importieren. Eigenkreationen werden ausschließlich im Wav-Format gespeichert. Der Slice-Button erlaubt das separate Ansteuern der Teilsamples im Rex-File. Ist er deaktiviert verhält sich der Loop wie ein herkömmliches Audio-Sample. Mit dieser Option geht 112db ein Zugeständnis an die Moderne ein und schielt eindeutig in Richtung Dancefloor-Einsatz. Doch zurück zur Sample-Organisation: Neu definierte Zonen sind nur mit viel Geduld einstellbar, denn der entsprechende Zonen-Balken ist viel zu schmal. Versuche, den Tastaturbereich zu erweitern, münden in ein mehrmaliges Versetzen des Balkens, der sich bei dieser Aktion nur widerwillig erweitert. Erst nach mehreren hektischen Versuchen ist er ausreichend breit gezogen, um schließlich bequem den Tastaturbereich zu definieren. Er könnte schon beim Erstaufruf in jedem Falle größer sein. Natürlich lässt sich für jede Taste des virtuellen Keyboards eine eigene Zone definieren, was beim Erstellen von Drumsets nützlich ist. Der Root-Key, also die Taste, bei der das Sample in seiner Originaltonhöhe erklingt, ist selbstverständlich auch einstellbar. Besonderheit: Die Zonen können über unterschiedliche MIDI-Kanäle angesteuert werden. Morgana realisiert auf diese Weise ganz unkompliziert einen MIDI-Multimode.

Damit sind die Möglichkeiten der Sample-Organisation jedoch noch nicht erschöpft. Denn Morgana offeriert noch eine Layer-Funktion, mit der sich zwei unterschiedliche Zonen-Sets erstellen und simultan anspielen lassen. Features wie Tastatur- und Velocity-Crossfades sucht man allerdings vergeblich. Ein weiches Überblenden und Überlappen von Zonen ist nicht vorgesehen, wird im Test zugunsten der einfachen und schnörkellosen Bedienung aber auch nicht vermisst. Mit den zwar für heutige Verhältnisse bescheidenen Möglichkeiten lässt sich trotzdem eine Menge anstellen. In Windeseile haben wir ein bombastisches Klanggebirge aus verschiedenen Gitarrenphrasen erstellt, das für eine psychedelische Atmosphäre sorgt.   Den Feinschliff des Gitarren-Multisamples erledigen wir als nächstes in der Zonen- und Oszillator-Sektion von Morgana. Für jede Zone ist die Lautstärke, ein Grob- und Feintuning sowie eine Höhendämpfung einstellbar, um bei Bedarf den Klang der einzelnen Samples im Layer anzugleichen. Die Oszillator-Sektion kümmert sich um das globale Abspielverhalten des Gesamtsounds. So erlaubt der Key-Balance-Regler ein Austarieren der Lautstärke zwischen den beiden Layern. Ist der Mix-Mode-Button aktiviert, legen sich die Zonen innerhalb eines Layers paarweise übereinander, die in Konsequenz gleichzeitig erklingen, aber von separaten Oszillatoren ausgegeben werden. Der Mix-Fader erlaubt in diesem Modus den Sound der Zonen zu mischen und der Detune-Regler sorgt für eine Verstimmung der unteren Zone im Verhältnis zur oberen. In Gesamtheit verfügt Morgana also über 32 Oszillatoren – pro Layer 16 und pro Zone zwei –, die achtstimmig spielbar sind. Damit ist der Reigen an Sounddesign-Möglichkeiten natürlich noch nicht erschöpft. Ebenso wie bei den Hardware-Originalen verfügt Morgana auch über Filter, Hüllkurven und LFOs, die den Samples zu mehr Lebendigkeit verhelfen. Pro Layer stehen jeweils ein Filter, eine Hüllkurve für die Amplitude und das Filter sowie ein LFO zur Verfügung. Das Filter emuliert eine analoge Schaltung und arbeitet mit einer Flankensteilheit von 24 Dezibel/Oktave. Besonderheit: Der Response-Regler blendet die Charakteristik nahtlos von Tief-, über Band-, nach Hochpass und offeriert mannigfaltige Möglichkeiten. Im Test erweist sich das Filter jedoch als sehr zahm und eher von der subtilen Sorte. Zwar erfolgt ein Beschneiden des Frequenzspektrums zufrieden stellend. Doch bei voll aufgedrehter Filterresonanz ist nur ein zartes Zwitschern zu hören. Ein ordentliches Schippchen mehr Kraft würde dieser Komponente durchaus gut zu Gesicht stehen. Die Hüllkurven warten mit einer Peak-Funktion auf, die die maximale Lautstärke nach durchlaufener Attack-Phase definiert und eine zusätzliche Option zur Klanggestaltung bietet. Der LFO kann schließlich simultan auf die Tonhöhe, das Filter und die Amplitude des gesamten Layers einwirken. Ähnlich wie beim Filter besitzt er mit dem Shape-Regler eine Möglichkeit zur nahtlosen Überblendung zwischen Dreieck- und Rechteckwelle. Im Test automatisieren wir den Regler über einen MIDI-Controller und erhalten vielfarbige Ergebnisse, die in Extremstellungen das Basismaterial nicht mehr erkennen lassen. Die Ansteuerungsmöglichkeiten der Modulatoren sind aufs Nötigste beschränkt. So ist der Wirkungsgrad der LFO-Modulation ausschließlich über das Modulationsrad einstellbar und die Phasen der Hüllkurven über die Anschlagsstärke der Tastatur. Ausnahme: Die Decay-Phase wird über die Tonhöhe angesteuert. Das heißt, je höher die angeschlagene Taste liegt, desto schneller ist der Durchlauf des Decays geschehen.

Im Test ist der Funktionsumfang und die Bedienung von Morgana schnell erfasst, nicht nur trotz, sondern gerade wegen des überschaubaren Vorrats an Einstellmöglichkeiten. Die Gefahr, sich beim Editieren in immer weiter verzweigte Unterebenen zu verirren, ist ausgeschlossen. Alles ist auf einen Blick erfassbar und gewährleistet auf lange Sicht viel Spaß beim Selbersamplen. Musikalisch verwertbare Ergebnisse sind sehr schnell erstellt.   Bei allem Lob gibt es jedoch auch einen Kritikpunkt in Morgana, der sich in der Königsdisziplin des Samplings zeigt, nämlich beim Erstellen von Loops. Zwar hat Jules Vleugels gut daran getan, in Morgana einen graphisch editierbaren Wellenformeditor zu implementieren, mit dem sich komfortabel Anfangs-, End- und Looppunkte einstellen lassen. Zoom-Funktionen erlauben überdies ein präzises Einstellen der Loop-Punkte. Doch ist hier nur einfaches Looping möglich. In Abhängigkeit zur Komplexität des Ausgangsmaterials, sind die Ergebnisse trotz sorgfältiger Einstellung immer wieder unzureichend, weil deutliche Knackser an den Loop-Punkten hörbar sind. Was fehlt, ist die Möglichkeit, Crossfade-Loops zu erstellen, die ein Überblenden von Anfangs- und Endpunkt des Loops ermöglichen und das Knacksen erfolgreich unterdrücken. Das ist uns dann doch ein wenig zu sehr retro und trübt den tadellosen Eindruck, den wir bis jetzt von Morgana gewonnen haben. Da ist in jedem Falle noch Spielraum für künftige Updates vorhanden. Ein anderes Thema ist natürlich der Sound, den Morgana erzeugt. Hier gilt, wie auch schon bei Sampletron (Test im gleichen Heft): Sound-Puristen lassen besser die Finger davon. Denn Morgana gibt aufgrund von Bit- und Samplingrate nicht nur einen im Frequenzgang beschnittenen und eigentümlichen Klang aus, der allerdings durch eine gewisse Wärme zu gefallen weiß. Er erzeugt auch sämtliche Nebengeräusche, für die die Sampler dieser Zeit bekannt sind. An erster Stelle ist das Aliasing-Rauschen (Näheres dazu im Glossar auf www.professional-audio.de) zu nennen, das sich gerade bei Samples mit langer Ausklingphase überdeutlich bemerkbar macht. Es ist überdies beim Spiel auf der Tastatur sehr schnell hörbar, wenn das Sample bereits in der Unterquinte des Originaltons erklingt. Doch das ist nur einer der Nebeneffekte. Weitere klangliche Auffälligkeiten liefert die Vorverstärker-Emulation, die sich durch ein Rauschen und die Simulation von Übersprechen bemerkbar macht. Der Interpolations-Algorithmus, der das Transponieren der Samples erst möglich macht, liefert darüber hinaus beim Spielen auf der Tastatur ab cirka einer Oktave auf- und abwärts klangliche Resultate, die nur noch wenig mit dem Originalklang gemeinsam haben. Vom künstlerischen Standpunkt aus erklingen mitunter höchst interessante Klangspektren. Nach heutigen Maßstäben ist das völlig unzureichend, in Morgana ist das aber Absicht. Man muss diesem Acht-Bit-Sound schon eine gewisse ästhetische Schönheit abgewinnen können, die vielleicht diejenigen am ehesten zu schätzen wissen, die mit solchen Dinosauriern einmal gearbeitet haben.

Nicht ohne Stolz verrät uns Jules Vleugels, dass zu seinem Kundenstamm eine Vielzahl an Ensoniq Mirage Usern zählt. Er konnte darüber hinaus auch namhafte Dancefloor-Künstler für Morgana begeistern, die sich als Beta-Tester für kommende Updates zur Verfügung stellen.   Im Test tappen wir beim Erstellen eigener Samples zu Anfang in die klassische Falle: Wir haben noch die Schablone für die Bewertung moderner virtueller Sampler im Hinterkopf und sind anfangs vom überdeutlichen Rauschen der Sounds enttäuscht. Der Cutoff-Regler in der Preamp-Sektion schafft keine wirkliche Abhilfe. Er vermindert zwar das Rauschen, beschneidet aber auch in überdeutlicher Form den Klang, was nicht gewollt ist. Ein Vergleich mit den Sounds der Werks-Library lässt unsere Ergebnisse ebenfalls klanglich schlechter erscheinen. Der Grund: Wir haben die Ausklingphasen mitgesamplet, die natürlich am Ende nur noch Rumpeln und Rauschen erzeugen. Dafür waren die Sampler der ersten Stunde nie ausgelegt. Die Lösung liegt auf der Hand: Weniger ist oft mehr. Wir schneiden die Ausklingphasen im Sample ab, erstellen einen Loop und lassen das Ausklingen von der Amplituden-Hüllkurve erledigen. Und voilà: Die Klangqualität unserer Schöpfungen liegen gleichauf mit denen der Werks-Library. Morgana bietet hier einen Querschnitt durch alle Arten von Synthesizer-Sounds, die zumindest dem Namen nach von analogen Instrumenten wie unter anderem dem Roland JX3P und Juno 60, Korg MS 10 und Poly 800 sowie dem Yamaha CS01 stammen sollen. Sämtliche Sounds wissen sich durch den eigenständigen Sampler-Retrosound charakteristisch in Szene zu setzen. Nach unserem Empfinden hätte Morgana aber durchaus noch etwas weniger Schmutz vertragen können. Stellenweise hätten wir uns gerade bei unseren Eigenschöpfungen etwas mehr Klarheit gewünscht. Aber das ist letzten Endes Geschmackssache. Weitere lang nicht mehr gehörte Eigenarten sind im Test bei Nutzung der Hüllkurven und des LFOs zu hören: Sie verleihen dem Klang zusätzlich etwas Raues und mitunter Spitzes, was an der simulierten groben Auflösung des Regelverhaltens dieser Komponenten liegt und ebenfalls akribisch nachempfunden wurde. Wem das zu kantig klingt, erhält über den Analog-Regler im Preferences-Dialog die Möglichkeit, dies zu kompensieren. Modulationsverläufe klingen anschließend weicher und angenehmer.   

Fazit 

Nachdem so ziemlich jeder legendäre Synthesizer in virtueller Form am Markt erhältlich ist, war es nur eine Frage der Zeit, wann sich ein Hersteller auch um die Emulation alter Sampler kümmert. 112db übernimmt hier die Vorreiterrolle. Morgana reproduziert nicht nur akribisch sämtliche klanglichen Vor- und Nachteile dieser Instrumentengattung der ersten Generation. Die Holländer haben es auch geschafft, den längst vergessen geglaubten Aspekt des Selbersamplens wieder in den Vordergrund zu rücken. Mehr noch ist es ihnen gelungen, durch die bewusste Reduktion der Ausstattung den Spaß in der Disziplin des Samplings wieder auferstehen zu lassen. Demnächst dürften Bratpfannen, Eierschneider und Spielzeuginstrumente fröhliche Urständ in der Musik feiern.

Erschienen in Ausgabe 07/2008

Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 169 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut