Die synthetischen Vier
Mit dem Software-Bundle DCAM: Synth Squad feiert der britische Software-Hersteller Fxpansion eine Premiere im Produktsegment der virtuellen Synthesizer, die gleichzeitig für mächtig Wirbel am Markt sorgen will. Ob das klappt und ob es für die Entwickler auf der Premierenfeier Sekt oder Selters gab, steht im Test.
Von Georg Berger
Fxpansion? Das ist doch der Hersteller, der virtuelle Drumsampler und -Librarys produziert, oder? Bis vor kurzem konnte man darauf nur mit „Ja“ antworten. Mittlerweile lautet die Antwort jedoch „nicht nur“. Denn seit kurzem beackert das britische Software-Unternehmen mit dem DCAM: Synth Squad Bundle erstmals auch den Sektor der virtuellen Synthesizer und hat dafür sein angestammtes Sampler-Terrain verlassen. Für diese Premiere hat sich der Hersteller dabei wahrlich nicht lumpen lassen, denn das Bundle besteht aus den Plug-ins beziehungsweise Stand-alone einsetzbaren Klangerzeugern Amber, Cypher, Fusor und Strobe, das für einen Kampfpreis von knapp 230 Euro erhältlich ist. Ein Preis, der ansonsten für ein einziges Instrument verlangt wird und angesichts des Produktionsaufwands geradezu lächerlich wirkt. Denn nach Angaben des Herstellers hat die Entwicklung der vier Instrumente über drei Jahre gedauert, wobei sich die Entwickler als Erstes in eine akribische Analyse der Schaltungen alter Analog-Synthesizer stürzten. Nach Abschluss dieser Analyse wählten die Entwickler die für sie am besten geeigneten Schaltungen aus und konzipierten daraus völlig neue virtuelle Instrumente. Die Synth Squad Instrumente sind also keine detaillierte 1:1 Reproduktion alter Hardware. Vielmehr enthalten sie sozusagen das Beste der analogen Synthesizerwelt.
Dabei wurde das klangliche Verhalten und die Funktion jeder einzelnen kleinen Schaltung in einem aufwändigen Programmierverfahren virtuell nachempfunden, das von den Entwicklern „Discrete Component Analogue Modeling“, kurz DCAM, getauft wurde. Alle im Bundle enthaltenen Instrumente emulieren ihren Sound folglich auf Basis der subtraktiven Synthese und sind dem Grundsound alter Analog-Schlachtschiffe verpflichtet, wobei jedes Plug-in mit individuellen Features aufwartet. Erstes Instrument im Bund(l)e ist der Synthesizer Strobe, der mit seiner Klangerzeugungs-Architektur den klassischen monophonen Synthesizern nacheifert, wie etwa dem Sequential Circuits Pro-One oder auch dem Doepfer Dark Energy (Test im letzten Heft). Eigenwilliger aufgestellt ist Cypher, der sich als experimentelle Spielwiese für Klangschrauber empfehlen will und sich als flexibles Modulationswunder zu erkennen gibt. Im Kern steht eine opulente Auswahl an Funktionen und Features zum Verbiegen der insgesamt drei Oszillatoren. Amber hingegen reproduziert den Sound und die Frequenzteiler-Architektur klassischer String-Ensembles, die in den 1970er Jahren eine kostengünstige Alternative zu den sündhaft teuren polyphonen Synthesizern darstellten. Aus dem Rahmen dieser Plug-in Riege fällt das vierte Plug-in Fusor. Denn Fusor ist kein Klangerzeuger, dafür aber ein Software-Host, der ausschließlich die drei anderen Instrumente zwecks gemeinsamen Ansteuerns integrieren kann und konzeptionell an den Plug-in-Host Kore 2 von Native Instruments erinnert (Test in Heft 2/2008) oder etwa an das Combinator-Instrument in Propellerhead Reason 4 (Test in Heft 11/2007). Unterschiedliche Instrumenten-Kombinationen lassen sich in Fusor laden, die dort mit Onboard-Effekten veredelt, über Keymappings verschiedenen Tastaturzonen zugewiesen werden können und als Sahnehäubchen über insgesamt vier Step-Sequenzer ansteuerbar sind, die ihrerseits mit weit reichenden Einstellmöglichkeiten aufwarten. Doch das ist lediglich die berühmte Spitze des Eisbergs. Sämtliche Plug-ins warten mit individuellen Ausstattungsmerkmalen auf, die allerdings alle zu erwähnen, den Rahmen des Artikels locker sprengen würden, weshalb wir uns auf die wichtigsten Features beschränken. Doch bevor wir uns jedem einzelnen Instrument des Bundles widmen, gilt es, einige bemerkenswerte Gemeinsamkeiten näher zu beleuchten, die in allen Plug-ins vorhanden sind. Den Anfang macht der Sound-Browser, der nicht nur mit den mittlerweile üblichen Such- und Sortierfunktionen aufwartet. Sehr schön ist die Möglichkeit, noch vor dem Laden eines Presets, den Sound ohne Umschweife vorhören zu können, was sehr komfortabel ist. Ein separat einstellbares Oversampling für den Spielbetrieb und das offline Bouncen nimmt Einfluss auf die Klangqualität der Instrumente. Höhere Oversampling-Werte gehen logischerweise mit einer erhöhten CPU-Last einher, weshalb sich das Feature primär für das Bouncen anbietet. Im Test reicht es für den Echtzeit-Betrieb voll und ganz aus, den niedrigsten Wert beizubehalten. Selbst beim Bouncen von Spuren mit der niedrigsten Oversampling-Einstellung weiß die Klangqualität der gerenderten Ergebnisse zu überzeugen. Gleichwohl sorgt die Funktion schon bei moderater Anhebung der Einstellung für eine merkbare Verbesserung des Grundklangs. Gebouncte Melodielinien und Sounds klingen anschließend luftiger, feiner nach oben hin aufgelöst und besitzen einen gewissen Highend-Glanz. Die entgegen gesetzte Marschrichtung schlägt der Analogue-Drehregler ein, der subtil klangliche Artefakte analoger Schaltungen wie Rauschen, Brummen und Knistern hinzufügt und den Sounds der Synth Squad Instrumente einen zusätzlichen Schuss Vintage-Charakter verleiht.
Sehr löblich ist auch das in Echtzeit arbeitende Graphik-Display, das beim Editieren von Parametern anschaulich die dazu korrespondierende Änderung der Wellenform oder Verlaufskurve anzeigt. Die nächste Gemeinsamkeit in allen drei Synth Squad-Instrumenten ist die Möglichkeit, externe Audio-Signale ins Plug-in zu leiten und die Synthesizer in der DAW als herkömmliche Insert-Effekte zu nutzen. Damit dies funktioniert, muss in allen Oszillator-Sektionen der Rauschgenerator aktiviert sein, der seinen Platz für die externen Signale räumt. Wichtig: Um Klänge erfolgreich mit Filtern, Hüllkurven und LFOs verbiegen zu können, braucht das Synth-Squad-Effekt-Plug-in einen MIDI-Notenbefehl, der die Verstärker-Hüllkurve startet. Dazu muss man lediglich eine weitere MIDI-Spur im Projekt erzeugen, die ihre Daten an den Synth-Squad-Effekt schickt. Eine weitere besondere Gemeinsamkeit findet sich in den Hüllkurven und LFOs: Über den Gate-Drehschalter nehmen wir Einfluss auf das Triggern dieser Modulatoren. So lässt sich einstellen, ob bei jedem neuen Tastendruck, die Modulatoren gestartet werden sollen oder nur bei Anschlagen der ersten Taste. Der Clou: Das Triggern von Modulatoren kann auch untereinander erfolgen. So ist es beispielsweise möglich, die Filter-Hüllkurve vom LFO triggern zu lassen, was je nach Einstellung für pulsierende Filter-Sweeps sorgt. Genial: Die Auflösung der Pitch- und Detune-Regler kann per Rechtsklick auf harmonische Dreiklangsintervalle, Ganz- oder Halbtöne eingestellt werden, was für entsprechend homogen und angenehm klingende Ergebnisse sorgt und nicht zu den Selbstverständlichkeiten in virtuellen Synthesizern zählt. Dafür verdienen die Fxpansion-Entwickler ein Sonderlob. Ebenfalls nicht alltäglich: Ein Ramp-Generator erlaubt ein zusätzliches Feintunen von Modulationen. Er sendet wahlweise ein auf- oder absteigendes Steuersignal, um etwa zusätzlich auf die Intensität eines Hüllkurvenverlaufs einzuwirken oder per Delay-Parameter einen LFO verzögert einsetzen zu lassen. Unumstößliches Highlight in der Liste der gemeinsamen Features ist jedoch die sogenannte Transmod-Matrix, mit der sich opulente Modulationen erstellen lassen und den Rahmen dessen, was die Hardware-Vorbilder bieten, um Längen schlägt. Äußerlich gibt sich die Matrix mit acht Slots rechts vom Preset-Display zu erkennen, die jeweils eine Modulationsquelle enthalten können. Modulationsverknüpfungen sind kinderleicht und blitzschnell erstellt: Durch Klick auf die obere Hälfte des Slots erscheint ein Popup-Menü, was die Auswahl aus über 70 Quellen erlaubt. Die Zuweisung des Modulationsziels und Einstellung der Modulationstiefe geschieht anschließend durch ein simples Editieren des zu modulierenden Parameters auf der Bedienoberfläche. Doch das geht nicht nur mit einem Parameter. Wer mag, kann einer Quelle beliebig viele Ziele zuweisen und ein wahres Modulations-Inferno entfachen. Damit nicht genug, lässt sich die Modulationsquelle zusätzlich durch einen anderen Modulator modulieren. Dazu klicken wir auf die untere Hälfte des Slots, der den gleichen Umfang an Quellen via Popup-Menü offeriert. So kann man also etwa mit einer Hüllkurve einen Filtersweep realisieren, die Hüllkurve jedoch zusätzlich etwa über eine Zufallsfunktion, den Ramp-Generator oder einen LFO modulieren, was zu völlig verrückten Ergebnissen führt. Das klangliche Potenzial jedes Instruments erweitert sich dadurch um ein Vielfaches. Mit den Gemeinsamkeiten in allen Synth Squad-Plug-ins liefert Fxpansion schon eine Menge flexibel einsetzbarer, teils nicht selbstverständlicher, Features und Bedienhilfen, die aus dem Vollen an Möglichkeiten virtueller Klangerzeuger schöpfen.
Doch das ist ja erst das Hors d’Oeuvre. Die Hauptgänge folgen schließlich in Form der jeweils individuell ausgestatteten Instrumente, denen wir uns jetzt etwas eingehender widmen. Den Anfang macht der Strobe-Synthesizer. Er ist von den Entwicklern bewusst als einfach bedienbares Instrument mit übersichtlicher Ausstattung konzipiert worden und frönt der klassischen Konzeption monophoner Synthesizer. Doch anders als die Vorbilder bietet der Strobe per Voice-Dialog eine bis zu 16-fache Polyphonie, was übrigens auch für die anderen Instrumente gilt. Zur Klangerzeugung steht ein Oszillator bereit, dessen Wellenformen sich über einen Suboszillator zusätzlich verbiegen lassen. Dabei werden die verschiedenen Wellenformen der beiden Module per Fader hinzugemischt. Bemerkenswert: Die einzelnen Wellenformen des Suboszillators lassen sich separat um bis zu drei Oktaven nach unten transponieren und bieten somit ein reichhaltiges Arsenal an Formungsmöglichkeiten, was ebenfalls nicht allzu oft anzutreffen ist. Damit nicht genug, sorgt die Stackfunktion für ein Vervielfachen des Oszillators. Bis zu fünf Stück mit logischerweise identischer Einstellung sind in Strobe einsetzbar, die über den Detune-Regler für die sattsam bekannten Schwebungen und somit für einen fetten Sound sorgen und eine sinnvolle Alternative zur Unisono-Funktion darstellt. Von dort geht es in die Filtersektion, die mit einem Repertoire an über 20 Filtercharakteristiken aufwartet. Außer den üblichen Passfiltern in Ein-, Zwei- und Vierpol-Charakteristik stehen dort unterschiedliche Kombinationen aus mehreren Filterarten zur Auswahl. Ein Drive Regler sorgt je nach Intensität für ein subtiles Anrauen bis hin zu brachialen Verzerrungen, die abschließend an den Verstärker und somit an den Ausgang geschickt werden. Zwei Hüllkurven und ein LFO sorgen für Leben in der Klangerzeugung, wobei eine Hüllkurve fest auf den Verstärker geroutet ist. Der LFO und die zweite Hüllkurve können anteilig per Regler auf die Tonhöhe, die Pulswellenmodulation und die Filtersektion einwirken. Über die Transmod-Matrix sind selbstverständlich zusätzliche Modulationsverknüpfungen möglich. Ein einfach ausgestatteter Arpeggiator bietet schließlich eine weitere Option, den Strobe-Sounds zu mehr Lebendigkeit zu verhelfen. Mit dieser Ausstattung empfiehlt sich der Strobe primär als Lieferant für knackige Bass- und Leadsounds. Dank Transmod-Matrix, Polyphonie und Stackfunktion ist er aber auch in der Lage dichte Flächensounds und völlig abgedrehte Effektklänge zu liefern. Durch exzessiven Einsatz des Stack- und Sync-Reglers liefert er sogar bissige Spektren, die ansonsten eher der Frequenzmodulation vorbehalten sind. Im Hörtest überzeugt der Strobe durch Vordergründigkeit und ist in der Lage mächtig drückende Sounds zu erzeugen. Zwar klingt der Strobe eindeutig nach analoger Klangerzeugung, die wunderbar angenehm-mittig und knurrig klingt. Doch einem Minimoog kann er trotz Stackfunktion trotzdem nicht das Wasser reichen. Dafür ist der einzelne Oszillator eindeutig zu schwachbrüstig. Gleiches gilt auch für das Filter, das im Vergleich mit etwa dem Minimoog V von Arturia (Test in Heft 7/2009) oder dem Twin 2 von Fabfilter (Test in Heft 6/2009) eher dünn und kraftlos wirkt. Die Drive-Funktion vermag dies zwar ein wenig zu kompensieren, doch fehlt es dem Strobe-Filter im Vergleich dazu an Durchsetzungskraft, was jedoch kein Nachteil ist. Gerade mit dieser Charakteristik ist er in der Lage die sattsam bekannten zwitschernden Techno-Bässe zu erzeugen. Gerade im Einsatz mit dem Arpeggiator ist das eher verhaltene Resonanzpfeifen optimal abgestimmt. Insgesamt erinnert der Strobe von seinem Charakter weniger an einen Minimoog, sondern mehr an einen weiteren Klassiker, den Arp Odyssey (Test in Heft 12/2006).
Ganz anders aufgestellt ist das Amber-Instrument. Wie erwähnt, emuliert es den Sound und die Architektur von String-Ensembles, die mit Hilfe des Frequenzteiler-Prinzips ein polyphones Spiel möglich machen. Allerdings wurden diese polyphon gespielten Töne in vielen String-Ensembles an lediglich ein einziges Filter und eine Hüllkurve geleitet, weshalb der Grundklang dieser Instrumente recht dünn ausfiel. Abhilfe schafften die Entwickler damals durch Einbau einer Chorus-Sektion, die für ein Anfetten dieses Grundsounds sorgte. Zusätzlich bot eine einfach ausgestattete monophone Synthesizer-Sektion die Möglichkeit, den Streicherklängen Bass-Sounds hinzuzufügen und für ein wenig mehr Druck zu sorgen. Alle diese Ausstattungsmerkmale bietet auch das Amber-Plug-in und noch viel mehr. So ist es möglich, sowohl die Synthesizer-, als auch die Ensemble-Sektion wahlweise mono- oder polyphon zu spielen. Jede Klangerzeugungs-Sektion wartet überdies mit einem einfachen Hoch- und Tiefpassfilter zum Verfeinern des Grundklangs auf. Nach der Synthesizer-Sektion geht es in ein resonanzfähiges Multimode-Filter mit acht wählbaren Charakteristiken. Die Ensemble-Sektion wartet mit einem Formant-Filter auf, der aus vier einstellbaren Bändern besteht, die sich wiederum über die herkömmlichen Cutoff- und Resonanzregler gemeinsam beeinflussen lassen. Ein Button schaltet das Filter bei Bedarf auf eine Notch-Charakteristik um. Anschließend geht es in die Chorus-Sektion und von dort an den Verstärker. Drei Chorus-Algorithmen stehen zur Auswahl, die in Effektstärke und -Geschwindigkeit einstellbar sind. Beide Klangerzeugungs-Sektionen besitzen eine eigene Verstärkerhüllkurve, wobei das Ensemble-Modell mit einer einfachen Attack-/Release-Variante mit aktivierbarer Sustainphase aufwartet. Besonderheit: Per Schalter lässt sich das Signal der Synthesizer-Sektion wahlweise direkt, durch den Formantfilter und Chorus oder nur durch den Chorus leiten. Auffällig: Der LFO, der Ramp-Generator und die dritte Hüllkurve sind ausschließlich über die Transmod-Matrix integrierbar, die wiederum für ein deutliches Plus an Sounddesign-Möglichkeiten sorgen. Im Hörtest weiß Amber auf ganzer Linie zu überzeugen. Beim Spielen der im Frequenzgang typisch beschnittenen Stringsounds versprüht das Fxpansion-Instrument schon ganze Schwaden von Nostalgie. Erinnerungen an Songs und Bands aus den 1970er und frühen 1980er Jahren kommen in den Sinn. Der Sound ist durch und durch authentisch. Ein Highlight ist dabei der Chorus, der durch seine drei Algorithmen von zarter Schwebung bis hin zu kaputtem Eiern im Stile eines extrem eingestellten Solina String-Ensembles die Sounds aufwertet. Amber ist dabei nicht nur ein reiner String-Synthesizer. Billig klingende Orgelsounds (Farfisa lässt grüßen), Clavinet-artige Klänge bis hin zu Chor- und Bläsersounds sind möglich. Den Vogel schießt Amber jedoch mit den Modulationsmöglichkeiten ab, mit denen sich auf Basis der Klangerzeugung mannigfaltige Effektsounds erzeugen lassen und mit viel Rauschen, Blubbern und Zwitschern aufwarten. Als Lieferant für knackige und lebendig modulierte Bass-Sounds ist Amber ebenfalls nicht zu unterschätzen. Beide Filtersektionen klingen deutlich kraftvoller als das Pendant in Strobe. Kurz und gut: Amber ist eine auf ganzer Linie gelungene Emulation, die eindrucksvoll demonstriert, was sich aus einer vermeintlich eingeschränkten Klangerzeugung zusätzlich herausholen lässt. Allerdings darf nicht verhehlt werden, dass der Betrieb von Amber im Vergleich etwa zu Strobe mit einer sehr hohen CPU-Last einhergeht, was einen Einsatz je nach Projekt oder Computer-Konfiguration einschränkt. Ein kurzer Test mit Nuendo 4 zeigt beim Anheben des Oversamplingwerts im VST-Meter sehr schnell eine CPU-Last von über 60 Prozent. Da ist in jedem Falle Spielraum für künftige Updates vorhanden.
Der mit Abstand komplexeste Synthesizer des Synth Squad-Bundles ist Cypher. Oberflächlich betrachtet verfügt er über drei Oszillatoren und zwei Filter mit jeweils eigener Waveshaper-Sektion, die wahlweise seriell oder parallel verschaltet werden können. Zwei LFOs, drei Hüllkurven und ein Ramp-Generator sowie ein Arpeggiator bilden die Riege an Modulatoren, was zunächst recht banal wirkt. Das Gegenteil davon sind jedoch die vielen Modulationsmöglichkeiten innerhalb der Oszillator-Sektion, die unabhängig von der Transmod-Matrix aus Cypher ein reines Modulations-Monster machen. Die einzelnen Wellenformen der Oszillatoren sind über einen Drehregler nacheinander überblendbar. Ebenfalls per Drehregler lässt sich der zweite Oszillator vom dritten in der Frequenz modulieren. Der zweite Oszillator moduliert hingegen die Wellenform des dritten. Alle drei Oszillatoren verfügen über eine aktivierbare Ringmodulation wobei der erste mit dem zweiten, der zweite mit dem dritten und der dritte mit dem ersten Oszillator ringmoduliert wird. Damit nicht genug bietet ein weiterer Drehregler die Möglichkeit, anstelle des Oszillators wahlweise ein rosa oder weißes Rauschen oder ein per Sample-and-Hold-Generator erzeugtes Signal an die Filter zu schicken. In diesem Fall wird die Amplitude eines Oszillators abgegriffen und sozusagen auf den benachbarten Oszillator aufgeprägt. Die Verschaltung ist dabei identisch zur Ringmodulation. So wird das Sample-and-Hold-Signal des ersten Oszillators auf den zweiten angewendet. Wichtig: Am Ausgang des ersten Oszillators steht jedoch der Klang des zweiten, jetzt prozessierten, Oszillators. Das klingt insgesamt zunächst sehr kompliziert und es bedarf schon einiger Zeit der Einarbeitung um verwertbare Ergebnisse an den Tag zu bringen. Kenner werden jedoch genüsslich mit der Zunge schnalzen angesichts der Pracht an Einstell-Optionen. Genial: Der Beat-Parameter erzeugt eine konstante Schwebung unabhängig vom Verstimmen der einzelnen Oszillatoren und erübrigt den Einsatz des Detune-Reglers. Vorteil: Beim Spielen auf der Tastatur wird das Tempo der Schwebung nicht verändert und es lässt sich musikalisch einsetzen. Zwei Fader regulieren die Lautstärke der Oszillatoren und das anteilige Einspeisen des Signals in die beiden Filter. Die Filter selbst warten mit insgesamt 16 Filtercharakteristiken auf, es ist wiederum eine Drive-Funktion integriert, ein Regler erlaubt die anteilige Frequenzmodulation durch den dritten Oszillator und Cutoff sowie Resonanz sind individuell einstellbar. Übergeordnete Cutoff- und Resonanzregler nehmen simultan Einfluss auf beide Filter, die sich proportional zu ihren individuellen Einstellungen gemeinsam ändern lassen. Das jedem Filter beigeordnete Waveshaper-Modul lässt sich Pre- oder Postfilter schalten, verfügt über vier Clipping-Algorithmen und fügt dem gefilterten Signal zusätzliche Würze hinzu. In Sachen Klang ist der Cypher, nicht zuletzt aufgrund der drei Oszillatoren, deutlich mächtiger, druckvoller und voluminöser aufgestellt als der Strobe. Gerade die Bass- und Flächensounds wissen sich eindrucksvoll in den Vordergrund zu spielen und lassen schon eher eine Verwandschaft zum Minimoog erkennen. Gleiches gilt auch für die beiden Filter, die kräftig zupackend ans Werk gehen und in drastischer Weise Frequenzen zügeln. Das Repertoire an Sounds ist durch die Editiermöglichkeiten am breitesten aufgestellt. Flächen- und Bass-Sounds analoger Herkunft sind kein Problem für Cypher. Die wahren Stärken liegen aber in den opulenten Oszillator-Modulationen. Viele der hervorragend programmierten Presets erinnern oft an Klänge des guten alten Yamaha DX 7 oder an den TX 81 Z und das, obwohl lediglich ein Oszillator den anderen moduliert. Die sattsam bekannten metallischen Sounds, teils angereichert durch hauchige Rauschspektren sind zu hören. Glockenartige Klänge mit vielen unharmonischen Teiltönen sind ebenfalls vertreten. An teils brachial klingenden Effektsounds ist der Cypher gleichfalls nicht arm, die für Musik härterer Gangarten, aber auch in der Filmmusik ausreichend Material liefern. Großer Unterschied zu den Yamaha-Vorläufern: Dem analogen Grundcharakter verpflichtet, klingen die FM-Sounds in Cypher immer deutlich runder, angenehmer und eine Spur kräftiger. Im direkten Vergleich mit dem FM 8 Synthesizer von Native Instruments, geht Cypher in Sachen Volumen und Durchsetzungskraft ebenfalls als Sieger hervor.
Mit dem Fusor-Plug-in offeriert Fxpansion dem Anwender schließlich die Möglichkeit, sich sozusagen ein eigenes Synthesizer-Orchester oder einen Monster-Synthesizer zu erstellen, der bequem über eine Plug-in-Instanz und eine MIDI-Spur steuerbar ist. Haupt-Dialog ist die Global-Seite in der sich die drei Instrumente nach Belieben frei und sogar mehrfach laden lassen. Jeder Instrumenten-Slot verfügt über je drei Insert-Effekte und Aux Sends. Ein Einfach-Mixer und Slots für die drei Aux- und die Mastersummen-Effekte bieten ausreichend Angriffsfläche, um die Sounds zu veredeln. Insgesamt 27 Effekt-Algorithmen stehen zur Auswahl, darunter auch in Einzelversionen der Chorus und Formant-Filter aus Amber. Das übrige Effekt-Repertoire setzt sich aus Algorithmen zusammen, die bereits in BFD 2 und Guru zu finden sind und eine sehr gute Klangqualität bieten. Über eine unscheinbar wirkende Menüleiste über dem virtuellen Keyboard sind die jeweiligen Effekt-Slots zum Editieren der Effekte erreichbar. Gleiches gilt auch für das Editieren der geladenen Instrumente. Keyboard-Splits sind über den selbst erklärenden Keymap-Dialog erstellbar. Ein erstes Highlight in Fusor ist der, Animator genannte, Step-Sequenzer, der mit einer schon überbordenden Fülle an Einstell-Optionen aufwartet. Gleich vier unabhängig arbeitende Animator-Engines haben die Entwickler dabei dem Plug-in spendiert. Per Tastendruck ist er in der Lage als Luxus-Arpeggiator, als herkömmlicher Noten-Sequenzer oder sogar als zusätzlicher Modulator zum Ansteuern von Synthesizer-Parametern zu fungieren. Ein Advanced-Modus bietet weitere Features zur Feineinstellung der erstellten Sequenzen. Drei graphisch editierbare Unter-Dialoge erlauben die Eingabe von Tonhöhe, Anschlagsdynamik, Gate-Befehlen, der Notendauer und -wiederholung sowie von Controllerwerten nebst Glide-Funktion zum Erstellen kontinuierlicher Werteänderungen. Damit bietet der Animator einen luxuriösen Bedienkomfort zum Erstellen von Pattern und Sequenzen, der überdies einfach und unkompliziert zu handhaben ist und im Test einen Riesenspaß macht. Einzig das Speichern und Verwalten von Pattern wird im Animator stiefmütterlich behandelt, was den ansonsten hervorragenden Eindruck trübt. Da ist also noch viel Spielraum für Updates vorhanden.
Mit dem bisher Vorgestellten bietet Fusor eher Standard-Features, die zunächst Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Software-Hosts nähren. Doch weit gefehlt, denn auch Fusor verfügt über eine Transmod-Matrix und wartet überdies mit vier zusätzlichen LFOs und Hüllkurvenfolgern auf, mit der sich Steuersignale aus den Amplituden anliegender Audiosignale generieren lassen. Mit diesen Modulatoren sind dabei nicht nur die internen Effekte modulierbar. Den Vogel schießt Fusor mit der Möglichkeit ab, via Transmod-Matrix Modulationsverknüpfungen zwischen den einzelnen geladenen Instrumenten zu realisieren, was das Repertoire an ohnehin schon mannigfaltigen Modulationsmöglichkeiten verdreifacht. Praktischen Nutzen erhält man, um etwa über eine Master-Hüllkurve eines Instruments Einfluss auf alle Instrumenten-Filter zu nehmen, was schlichtweg genial ist und aus Fusor einen komplex aufgebauten, aber dennoch einfach bedienbaren Super-Synthesizer macht. Acht Macro-Regler, die via Transmod-Matrix eingebunden werden, bieten übrigens eine zusätzliche Option um per MIDI-Controller manuell in den Sound einzugreifen, sinnvoll im Live-Betrieb. Allerdings ist Fusor in Sachen CPU-Last in gleichem Maße fordernd wie Amber. Je nach geladenen Instrumenten-Kombinationen und bereits eingesetzten weiteren Plug-ins ist im Echtzeit-Betrieb mit Nuendo 4 nur eine eingeschränkte Polyphonie möglich. Unsere Empfehlung: Wer von der Mächtigkeit von Fusor profitieren will, spielt am Besten die entsprechenden Takes direkt am Beginn eines Projekts ein und legt das Plug-in anschließend via Track-Freeze lahm.
Fazit
Der Sekt auf der Premieren-Feier von DCAM: Synth Squad muss in Strömen geflossen sein. Die Entwickler haben es in jedem Falle verdient. Für einen Schnäppchenpreis offeriert Fxpansion drei charakteristisch klingende Instrumente und einen flexiblen Software-Host mit sehr guter Klangqualität, weit reichenden Sounddesign-Möglichkeiten bei gleichzeitig einfacher Bedienung. Highlights sind das Amber- und Cypher-Instrument, die mit teils einzigartigen Features aufwarten und alleine für sich schon den Verkaufspreis wert sind. Insgesamt decken die synthetischen Vier eine Bandbreite an analog klingenden Sounds ab, die ansonsten nur in Sample-Instrumenten zu finden sind.
Erschienen in Ausgabe 12/2009
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 225 €
Bewertung: sehr gut – überragend
Preis/Leistung: überragend
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