Synthetisches Groove-Kraftwerk
Mit dem virtuellen Groove-Instrument Tremor huldigt Fxpansion synthetischer Drumsounds, wobei der jüngste Wurf der Briten den Spaß beim kreativen Programmieren von Sounds und Pattern in den Mittelpunkt stellen soll. Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht.
Von Georg Berger
Dass sich synthetische Schlagzeug-Klänge nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen und das nicht nur in allen angesagten Dancefloor-Genres, dürfte wohl niemand ernsthaft bezweifeln. Die Legionen am Markt erhältlicher Sample und Loop Librarys zu diesem Thema dokumentieren dies auf nachhaltige Weise. Doch abseits vorgefertigter Konfektions-Ware macht es immer noch am meisten Spaß, sich seine Drum-Sounds selbst zu programmieren. Problem dabei ist, dass für jeden Schlagzeug-Sound ein separater Synthesizer eingesetzt werden muss, was in der DAW nicht nur leicht die CPU-Last in die Höhe treiben kann, sondern recht schnell auch unübersichtlich und umständlich ausfällt. Bereits im letzten Jahr hat der Hersteller Rob Papen dieses Bedürfnis und die damit verbundenen Probleme erkannt und mit dem virtuellen Drum-Synthesizer Punch ein ungleich komfortabler zu bedienendes Produkt zum gezielten Programmieren dieser Sounds vorgelegt (Test in Heft 8/2011). Knapp ein Jahr später legt der britische Software-Hersteller Fxpansion jetzt nach und präsentiert mit Tremor seine eigene Interpretation eines dezidierten Drum-Sound-Synthesizers auf Basis subtraktiver Synthese.
Das rund 120 Euro kostende virtuelle Instrument vereint dabei viele Gene aus anderen Fxpansion-Produkten auf sich, die teils modifiziert ein neues Zuhause gefunden haben. Tremor enthält acht opulent editierbare virtuelle Synthesizer mit speziellen Features zum Programmieren von Schlagzeug-Sounds. Die Nähe zum DCAM:Synth Squad-Bundle (Test in Heft 12/2009) inklusive des pfiffigen Transmod-Konzepts zum Erstellen von Modulationsverknüpfungen ist, wen sollte es wundern, unverkennbar. Zweite Hauptsäule in Tremor markiert ein reichhaltig ausgestatteter Step-Sequenzer, der uns bereits im Test der virtuellen Groove Box Geist begegnet ist (Test in Heft 7/2011). Ein Mixer zum Abmischen der acht Klangerzeuger sowie eine Vielzahl an Effekten, die auf Instrumentenebene und am Summen-Ausgang ihren Dienst verrichten, runden die Ausstattung des Fxpansion-Neulings ab. Ein Gutteil der Effekte ist uns dabei bereits im Test des Drumsamplers BFD2 begegnet (Test in Heft 3/2008). Tremor ist jedoch kein lieblos zusammengewürfeltes Recycling-Produkt, das in Ermangelung neuer Ideen entstanden ist. Vielmehr steckt hinter dem Drum-Synthesizer ein eigenständiges Konzept, bei dem das lebendige Ausgestalten synthetischer Drum-Sounds im Mittelpunkt steht. Tremor stellt, ganz gleich ob im Verbund mit Geist oder etwa mit BFD2, eine sinnvolle und vor allem eigenständige Ergänzung des Klang-Repertoires und der Gestaltungsmöglichkeiten dar. Doch genug der Vorrede, schauen wir uns Tremor einmal näher an. Tremor lässt sich wahlweise Stand-alone oder als Plug-in über die üblichen Schnittstellen aufrufen. Das GUI fällt recht groß aus, was ausreichend Platz für die Bedienelemente bietet, ein Pluspunkt in Sachen Handling. Die übersichtliche Bedienoberfläche ist horizontal in zwei Haupt-Felder aufgeteilt. Das obere Drittel ist dem Step-Sequenzer sowie dem Graph- und Mapping-Dialog vorbehalten, die sich alternativ via Menü-Buttons dort aufrufen lassen. Später dazu mehr. Die unteren Zweidrittel des GUI sind ihrerseits noch einmal zweigeteilt. Auf der linken Seite lässt sich – wiederum per Menü-Button – wahlweise die Kit- oder Synth-Page aufrufen. Rechts davon hat die Effekt-Sektion ihren Platz eingenommen, wobei sich zwischen Master- und Synth-(Insert-)Effekten umschalten lässt. Jede Sektion erlaubt das Einfügen von maximal drei Effekten. Unterhalb der Effekt-Sektion finden sich schließlich eine Reihe globaler sowie Sequenzer relevanter Funktionen wie Un-/Redo, Start/Stop, das Metronom oder ein Button zum Aktivieren der MIDI-Lern-Funktion. Beim Erstaufruf blicken wir zunächst auf einen leeren Step-Sequenzer sowie auf die Kit-Page, die als virtueller Mixer mit acht Channelstrips – für jeden Synthesizer/Engine einen – sowie einem Master Fader aufwartet.
A propos Presets: Tremor wartet sowohl mit einer riesigen Zahl an Einzelsound-Presets, als auch einer gut sortierten Auswahl an Kit-Presets auf, in denen komplette Sets an Einzelsounds auf einen Schlag geladen werden. Darüber hinaus finden sich noch schlicht „Presets“ bezeichnete Files, die sowohl Kits, als auch eine Reihe programmierter Grooves enthalten. Kit- und Gesamt-Presets sind dabei in Genres wie etwa Dubstep, Hip Hop, Techno oder Industrial unterteilt. Die Einzelsounds sind erwartungsgemäß in die üblichen Instrumenten-Kategorien wie Bass- und Snare-Drum, Hihat, Tom oder Percussion unterteilt. Bemerkenswert: In den Kategorien FX und Synth stehen tonale Klänge zur Auswahl, mit denen sich die Grooves anreichern und mit Hilfe geschickt eingesetzter Modulationen sogar etwa Bassläufe programmieren lassen. Alles in allem besitzt Tremor mit den sich bietenden Möglichkeiten der Kit-Page, der Effekt-Sektion und durch rasches Programmieren nur eines Grooves im Step-Sequenzer schon einmal ein riesiges Potenzial an Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei haben wir sozusagen gerade erst einmal an der Oberfläche des GUI gekratzt. Ins Eingemachte gehts auf der Synth-Page, die mit einer sehr gut sortierten Ausstattung zum Editieren eines reinrassigen subtraktiven Synthesizers aufwartet. Jeder Klangerzeuger verfügt über einen Oszillator, einen Rauschgenerator und einen Mixer zum anteiligen Mischen von Oszillator, Rauschen und eines zusätzlichen Sub-Oszillators sowie eine Multimode-Filter-Sektion. An Modulatoren stehen jeweils drei Hüllkurven und LFOs zur Verfügung. Zwei weitere einstellbare LFOs wirken global auf sämtliche Engines und sind stets im direkten Zugriff auf jeder Synth-Page integriert. Doch das ist noch längst nicht alles. So haben die Entwickler zusätzlich zwei Verzerrer mit wählbaren Algorithmen einmal vor und hinter das Filter integriert, mit denen sich die Sounds ordentlich anrauen und -fetten lassen. Nicht alltäglich ist der Ramp-Generator, der Einfluss auf das Triggern des Oszillators nimmt. Mit seiner Hilfe sind Flams und Rolls und je nach Anzahl und Geschwindigkeit der eingestellten Ton-Wiederholungen sogar völlig abgedrehte Effekte möglich. An der Erzeugung von Clap-Sounds ist der Ramp-Generator übrigens maßgeblich beteiligt. Doch damit ist es immer noch nicht getan, denn die Entwickler haben jede Sektion nochmals mit weiteren teils individuellen Features aufgepeppt. So können die ersten beiden Synth-LFOs bis hinauf ein Kilohertz schwingen, wobei der erste LFO zusammen mit dem Oszillator eine einfache Frequenzmodulation erzeugt. Der dritte LFO wartet hingegen ausschließlich mit einer Sample & Hold Funktion auf. Die Hüllkurven kommen ohne Release-Phase aus. Dafür findet sich mit dem Decay-Curve-Regler eine zusätzliche Option, um den Verlauf der Decay-Phase feinfühlig von linear nach exponentiell auszuformen. Bemerkenswert: Die ersten beiden Hüllkurven warten mit unterschiedlich schnellen Ansprechzeiten – fast und slow – auf, um gezielt Einfluss auf das Ausformen der Transienten zu nehmen. Die dritte Hüllkurve ist fest auf den Verstärker geroutet. In der Filter-Sektion stehen zwei Grundarten – Clean und Fat – zur Auswahl, die ihrerseits mit einer Vielzahl an Filtercharakteristiken und Flankensteilheiten aufwarten. Nicht alltäglich sind auch Parameter zum Editieren des Rausch-Generators. So lässt sich das Signal dynamisch von mono nach stereo regeln und ein einstellbares Bandpass-Filter sorgt für ein nachhaltiges Ausformen des Signals. Das Highlight markiert jedoch der Oszillator, der mit gezielten Funktionen zum Realisieren impulsartiger Sounds aufwartet. Oberflächlich sind zunächst die üblichen Einstellungen realisierbar wie Tonhöhe, Sync, Pulswellenmodulation und die Auswahl der Wellenform, die sich dabei dynamisch zwischen Dreieck, Rechteck und Sägezahn morphen lässt. Der Clou: Tatsächlich wird pro Engine nicht ein Oszillator, sondern gleich eine ganze Bank von insgesamt acht Oszillatoren – von Fxpansion Cloud-Oscillator genannt – gleichzeitig eingestellt, die untereinander in einer Teilton-Beziehung stehen. Nächster Clou: Über die Einstellmöglichkeiten der Harmonics-Sektion lassen sich diese acht Einzel-Oszillatoren in einer Art rudimentärer additiver Synthese editieren. Zwei wählbare Modi – Harmonic und Membrane – erlauben das Erzeugen geräuschhafter und tonaler Spektren. Mit Hilfe des Peak-Parameters ist es möglich, jeden Teil-Oszillator als Grundton auszuwählen, Roll-Off sorgt für das anteilige Regulieren der Lautstärke sämtlicher Teiltöne und Decay nimmt Einfluss auf das Ausklingen der Teil-Oszillatoren. Der Space-Parameter erlaubt quasi das Einstellen des Tonumfangs, wobei sich die Teiltöne über die Frequenz proportional stauchen und strecken lassen. Solche Einstellmöglichkeiten sind uns an einer Oszillator-Sektion bislang noch nicht begegnet und erweitern die Klangformungs-Möglichkeiten auf markante Art.
Wir greifen beherzt zur Maus, fügen als erstes ein paar Noten im Step-Sequenzer ein und drücken anschließend auf den Start-Button, et voilà: Noch ohne Studium des wie immer detaillierten Handbuchs lauschen wir unserem ersten Groove, den wir anschließend über die Eingriffsmöglichkeiten der Kit-Page sowie den sich bietenden Möglichkeiten der Effekt-Sektion schon einmal in mannigfaltiger Art und Weise im Klang ausformen. Jeder Kanalzug verfügt zunächst über die übliche Ausstattung. Am Kopfende finden sich bis zu vier Drehregler, die frei belegbar den direkten Zugriff auf wichtige Parameter des dahinter werkelnden Klangerzeugers gewährt. Am Fuß der Channelstrips erlauben zwei Ausklapp-Menüs das Laden von Einzelsound-Presets sowie das Routen des Kanals wahlweise auf den Master- oder einen der weiteren acht verfügbaren Stereo-Sub-Outputs. Wichtig: Die in der Master-Effekt-Sektion insertierten Algorithmen sind ausschließlich auf den Master-Out geroutet. Einzelne Sounds lassen sich wahlweise durch Druck auf den Preview-Button im Channelstrip oder durch Klick auf die jeweilige Engine-Ziffer oberhalb des Kit-Dialogs im GUI triggern. Das Spielen via MIDI-Keyboard ist selbstverständlich auch möglich, wobei die acht Synthesizer ab der Oktavlage C1 sukzessive über die weißen Tasten spielbar sind. Das Spielen von Akkorden und Melodien über einen oder mehrere Engines ist jedoch nicht möglich, weshalb sich dieses Mapping in den darauffolgenden höheren Oktavlagen stur wiederholt. Einen Minuspunkt stellt dies nach unserer Meinung nicht dar, schließlich ist Tremor ein Drum-Synthesizer. Berufs-Nörgler mögen durchaus einen fehlenden GM-Modus monieren. Doch diese Kritik läuft ins Leere, denn jeder Klangerzeuger ist völlig frei mit Presets belegbar. Eine feste Regel, wonach etwa die Bass-Drum ausschließlich auf Kanal eins ladbar ist, existiert also nicht. Allerdings hätten wir uns schon die Möglichkeit gewünscht, die einzelnen Engines/Synthesizer nach eigenem Gusto auf MIDI-Noten zu routen. So sind wir in der jetzigen Version ausschließlich an die weißen Tasten gebunden und bereits in der DAW programmierte Grooves mit Noten-Einsätzen auf schwarzen Tasten, müssen bei Einsatz von Tremor im MIDI-Editor entsprechend angepasst werden. Dafür werden wir durch das völlig freie Bestücken der einzelnen Engines mit Presets versöhnt. Durch Austausch der Sounds mit völlig anderen Instrumenten erhalten wir, obwohl nur ein Groove gespielt wird, eine wahre Pracht an unterschiedlichen, teils überraschend klingenden Ergebnissen.
Um sämtlichen Klang gebenden Bausteinen zusätzliches Leben einhauchen zu können, müssen die bereits erwähnten Modulatoren mit ihnen verknüpft werden. Dies geschieht in Tremor über das von Fxpansion getaufte Transmod-System, das in den Synth-Squad-Instrumenten ihre Premiere feierte. Das Routing erfolgt dabei denkbar simpel: Schaltflächen am Fuß der Synth-Page repräsentieren die verfügbaren Modulatoren. Ein simpler Klick auf eine Schaltfläche wählt den gewünschten Modulator aus. Anschließend lässt sich durch Klicken und Ziehen auf den zu modulierenden Parameter die Modulations-Intensität einstellen, wobei sich zur Anzeige ein blauer Streifen um den Parameter herum zeigt. Der Clou: Nicht nur fast sämtliche Synthesizer-Parameter sind modulierbar, sondern auch eine Vielzahl an Parametern in der Effekt-Sektion. Dadurch erhalten die Effekte den Status eines integrativen Bestandteils der Klangerzeugung, was in der Art ebenfalls nicht alltäglich ist. Im Test müssen wir uns beim Erstellen von Modulationen anfangs erst daran gewöhnen, auch die Effekte mit einzubeziehen. Doch einmal verinnerlicht, erzielen wir durch gezielte Modulationen etwa von Dry-/Wet-Anteilen oder etwa der Delay-Zeit einen deutlichen Schub an klanglicher Lebendigkeit. Gleiches etwa via Host Automation zu realisieren, dauert im Vergleich dazu ungleich länger, was nicht heißt, dass dies nicht auch möglich ist. Dazu muss die Mapping-Page im oberen Drittel bemüht werden, die unter Zuhilfenahme der MIDI-Lern-Funktion und der 32 Schaltflächen die gewünschten Parameter für die Host Automation zugänglich macht. Herkömmliche MIDI-Controller-Zuweisungen werden dort ebenfalls aufgelistet und lassen sich anschließend bei Bedarf auch editieren, etwa das Eingrenzen des Wertebereichs. Fxpansion legt übrigens ab Werk auch gleich eine Reihe vorgefertigter MIDI-Mappings dazu. Zum Zeitpunkt des Tests stehen Templates für Controller wie NI Maschine, Korg Nano Kontrol oder der MPD32 von Akai zur Auswahl, über die sich Tremor direkt ansteuern lässt. Die Eingriffsmöglichkeiten in den Step-Sequenzer fallen gleichermaßen standesgemäß wie auffällig aus. Bis zu 32 Steps stehen pro Pattern zur Verfügung. Pro Instanz lassen sich maximal 24 Pattern programmieren. Pro Pattern stehen acht Spuren zur Verfügung, also für jede Engine eine. Das Tempo wird über die Length-Ausklappliste eingestellt und eine einstellbare Swing-Funktion sorgt für den Human Touch. Nicht alltäglich ist hingegen die Möglichkeit die Länge der Steps für jede Spur frei einstellen zu können. Konsequenz: Mit Leichtigkeit sind dadurch polyrhythmische Grooves erzeugt, die, obwohl nur ein Pattern spielt, ständig neue rhythmische Variationen erzeugt. Für diese Lösung gibt es einmal mehr ein Sonderlob. Doch Fxpansion hat noch mehr getan. Ebenso wie in Geist lassen sich die per Klick eingefügten Noten durch anschließendes Ziehen mit der Maus separat über das Drag Edits Menü in der Velocity einstellen. Der Repeats-Modus gestattet das Einfügen von Tonwiederholungen, respektive n-Tolen pro Note und der Probability-Modus erlaubt das Einstellen einer Trigger-Häufigkeit. Ein Beispiel: Ist die Probability auf 50 Prozent gestellt, wird die Note lediglich bei jedem zweiten Durchlauf des Patterns getriggert, was zu einer weiteren Steigerung der rhythmischen Vielfalt führt. Ebenso aus Geist bekannt ist das Insert-Menü, über das sich per simplem Klick bis zu 64 Einzelspur-Pattern einfügen lassen. Die beiden Modi Restart und Gate nehmen Einfluss auf das Starten und Triggern von Pattern. So lassen sie sich etwa ausschließlich über MIDI, in dem Fall unterhalb der C1-Lage, wechselweise aufrufen. Pfiffig ist auch die Nudge-Funktion, mit der sich das Gesamt-Pattern um jeweils ein Feld nach vorne oder hinten versetzen lässt. Insgesamt besticht die Ausstattung des Step-Sequenzers im Test durch einfachste Bedienung mit kreativ einsetzbaren Spezial-Features, die jedoch rasch verinnerlicht sind. Einzig die Möglichkeit, programmierte Pattern oder Einzelspuren als MIDI-File exportieren oder per simplem Drag-and-drop ins Projektfenster der DAW zu ziehen, haben wir vermisst. Last but not Least findet sich mit dem Graph-Dialog eine Step-Sequenzer basierte Option zum Erzeugen von Steuersignalen, die in Geist als Automationsspuren integriert und in Tremor als gesonderter Dialog ausgelagert sind. Maximal vier Graphen pro Pattern sind realisierbar, die als globale Modulatoren via Transmod-System Parameter in sämtlichen Engines modulieren können. Mit Hilfe der Maus können bis zu 32 Werte in Form von Balken eingezeichnet werden, wobei die Schrittlänge wiederum einstellbar ist. Über eine Reihe von Funktionen können die eingezeichneten Balken/Werte anschließend nochmals verändert und feinjustiert werden. So ist es möglich, die Modulationskurve zu halbieren, zu verdoppeln, umzukehren oder zu invertieren und eine Random-Funktion erzeugt zufällige Verläufe. Pfiffig ist der Slew-Parameter, der je nach Stärke einen weichen Verlauf von Balken zu Balken realisiert. Auf diese Art ist es möglich einen der tonalen Sounds in der Tonhöhe zu manipulieren. Dazu braucht der Graph lediglich auf den Pitch-Parameter des Oszillators geroutet zu werden. Einfacher gehts nimmer. Dadurch, dass sich für jedes Pattern jeweils eigene Graphen einzeichnen lassen, ist es möglich, etwa Bassläufe für Intro, Strophe und Refrain zu programmieren. Auch für dieses Feature gebührt den Entwicklern ein weiteres Lob, denn abseits der üblichen Modulatoren erlauben die Graphen ein ungleich detaillierteres Ausformen von Modulationsverläufen. Im Hör- und Praxistest besticht Tremor durch seine Übersichtlichkeit und intuitive Bedienung. Sämtliche relevanten Dialoge sind stets im direkten Zugriff oder lassen sich rasch mit einem Klick aufrufen, was die Kreativität beflügelt und den Workflow beim Editieren in keiner Weise behindert. Das Punch-Instrument von Rob Papen ist in der Hinsicht doch umständlicher programmierbar. Nur allzu leicht verlieren wir uns in den Tiefen der Klanggestaltung von Tremor und sind fasziniert von den sich bietenden Möglichkeiten der Synthesizer. Vor allem das Transmod-System in Verbindung mit den Graphen hat es uns angetan, das aus einem einzigen Grundsound durch geschicktes Routen der Parameter blitzschnell neue Klang-Variationen zaubert. Allerdings zeigt sich auch sehr rasch ein sehr herber Kritikpunkt: Je nach Einsatz und Programmierung der Sounds frisst Tremor den Großteil der verfügbaren CPU-Reserven. Selbst im Test mit einem Quadcore-Rechner mit 2,4 Gigahertz pro Kern schafft es Tremor mit einem Mal das VST-Meter von Cubase 6 bis hinauf 75 Prozent zu treiben. Bei maximal acht zu berechnenden Oszillatoren pro Engine läppert sich die Rechenkapazität logischerweise schnell zusammen. Dennoch ist das nicht praktikabel und wir hätten uns so etwas wie einen Eco-Modus mit geringerer Klangqualität gewünscht, der zumindest im Kompositionsprozess ein flüssiges Arbeiten garantiert. Klanglich gibt es hingegen rein gar nichts zu meckern. Anders als Rob Papens Punch-Instrument mit seinem eigentümlich bearbeiteten Grundsound klingen die Tremor-Sounds breitbandig, druckvoll und mächtig aus dem Lautsprecher. Die analoge Provenienz ist dabei nicht zu verleugnen. Doch Tremor kann auch anders. Nicht zuletzt durch die Pre-/Post-Filter, den Ramp-Generator und die Möglichkeit der Frequenzmodulation ist Tremor auch in der Lage bissige und scharf klingende Spektren zu erzeugen, die uns sofort an die Anfänge der digitalen Klangerzeugung erinnern und einen schrecklich-schönen Trash-Charakter besitzen. Tremor besitzt aber auch eine zarte und zerbrechliche Seite. Hauchfeine, luftige Snares und Hihats sowie kurze, percussionartige Bass-Drums sind ebenfalls mit Leichtigkeit erstellt und können als subtil eingesetzte Akzente durchaus punkten. Besonders gut gefallen haben uns im Test jedoch die Synth- und FX-Sounds, mit denen wir das angestammte Feld der Drum-Grooves rasch verlassen. Tremor wandelt sich dadurch in eine Effekt-Maschine mit der wir ein wahres elektronisches Collagen-Feuerwerk im Stile früher elektronischer Musik à la Stockhausen entfachen. Das macht nicht nur Spaß, sondern auch Appetit auf mehr. Wer jedoch erwartet, die sattsam bekannten Vertreter à la Roland TR-808/909 vorzufinden, wird enttäuscht sein. Das können die Sample Librarys doch deutlich authentischer. Tremor setzt mit seiner Ausstattung vielmehr auf Eigenständigkeit und hinterlässt einen ganz eigenen, erfrischend anders klingenden Eindruck.
Fazit
Fxpansion ist mit dem Drum-Synthesizer Tremor einmal mehr ein Husarenstück gelungen. Zusammen mit dem Drumsampler BFD und der Groove-Box Geist deckt der Hersteller jetzt sämtliche Aspekte rund um das Produzieren von Rhythmen ab. Tremor besticht dabei nicht nur durch ein mächtiges Potenzial im Erzeugen von Sounds und Grooves. Durch die einfache und intuitive Bedienung mit gleichzeitig opulenten Gestaltungsmöglichkeiten ist Tremor ein inspirierendes Kompositionswerkzeug, das süchtig macht und mit erfrischenden Klängen jenseits des Mainstreams aufwartet.
Erschienen in Ausgabe 05/2012
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 119 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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