À la mode française

Das ist wahrhaftige Heimat-Verbundenheit: Eine französische Software-Company – Xils Lab – bildet einen ultra-raren französischen Synthesizer – den RSF Polykobol II – akribisch nach. Wie der Synthesizer nach französischer Art klingt, was er leistet und ob man damit außer der Marsellaise auch noch andere Musik produzieren kann, haben wir für Sie herausgefunden.

Von Georg Berger

Wer sich aktiv mit der wechselvollen und spannenden Geschichte der elektronischen Klangerzeugung und der Synthesizer beschäftigt, wird außer den Branchen-Riesen wie etwa Moog, Oberheim, Korg, Roland oder Yamaha sehr rasch auch auf kleinere Unternehmen stoßen, die schon längst nicht mehr am Markt existieren, mit ihren Produkten aber dennoch ein ebenso wichtiges Wörtchen in der Synthesizer-Historie mitreden. Eines dieser Unternehmen war der französische Hersteller RSF, der in den 1970er Jahren mit seinen Kobol-Synthesizern von sich Reden machte. Das Flaggschiff des Herstellers markierte dabei der 1983 vorgestellte RSF Polykobol II, der als polyphoner Analog-Synthesizer Platzhirschen wie dem Memorymoog oder dem Prophet 5 Konkurrenz machen wollte. Allerdings machte der Zeitgeist in Form des Yamaha DX 7 dem Instrument den Garaus und letztlich wurden bis zum Konkurs von RSF wenig später nur um die 30 Exemplare produziert. Dabei hatte der Polykobol II einige bemerkenswerte Features im Gepäck, mit denen er sich durchaus hätte behaupten können. Knapp 27 Jahre später erfährt der Polykobol II jetzt seine Wiederauferstehung in Form einer virtuellen Emulation, die von der französischen Software-Schmiede Xils Lab realisiert wurde und den Synthesizer-Exoten jedermann zugänglich macht. Außer einer akribischen Reproduktion der Vorlage wartet das PolyKB II Plug-in mit einigen zusätzlichen Features auf, die in der Hardware nicht existieren. So ist ein Step-Sequenzer in der virtuellen Ausgabe enthalten, der in der Hardware zwar angedacht, aber nie realisiert wurde. Darüber hinaus besitzt die virtuelle Ausgabe eine Effekt-Sektion sowie ein deutliches Plus an Modulationsmöglichkeiten, die höchst markant, bisweilen sogar einzigartig ausfallen. Doch der Reihe nach. Wer sich dieses wieder auferstandene, exotische Stück klingender Synthesizer-Geschichte leisten möchte, zahlt für die Vollversion knapp 150 Euro. Deutlich günstiger geht es mit der Player-Version des PolyKB II, die für etwa 40 Euro zu haben ist. Sie wartet mit einem eingeschränkten Arsenal an einstellbaren Parametern auf, besitzt ansonsten jedoch die gleiche Audio-Engine und Werks-Library wie die Vollversion. Überdies bietet der Hersteller mit den Produkten Analog Bag 1 und 2 mittlerweile auch zwei Sound-Librarys zwischen knapp 15 bis 20 Euro an, die das Arsenal an Sounds in beiden Plug-in-Versionen entsprechend erweitert. Für den Test haben wir kurzerhand alle vier Produkte geordert und auf den Prüfstand gestellt.


Als erstes widmen wir uns der Vollversion.  Eines vorweg: Das PolyKB II Plug-in ist bereits die zweite Version des virtuellen Instruments, die bereits wenige Monate nach Veröffentlichung der Vorversion nachgereicht wurde und viele Kinderkrankheiten ausmerzte. So ist das GUI jetzt skalierbar, Modulationsverläufe können mit negativen Werten realisiert werden und der Step-Sequenzer besitzt ein verbessertes Handling. Sämtliche Unterschiede en detail auflisten zu wollen, würde jedoch zu weit führen. Stattdessen konzentrieren wir uns auf die Highlights des PolyKB II.   Auffällig: Beim Aufruf des Plug-ins werden wir von der Größe der Bedienoberfläche förmlich erschlagen. Mit einer Breite von 1200 Pixeln ist das PolyKB II-Plug-in ein potenzieller Kandidat für das Guinness-Buch der Weltrekorde in der Kategorie größtes Plug-in. Über das Optionen-Menü lässt es sich sogar auf 1400 Pixel, aber auch auf 1000 Pixel Kantenbreite skalieren. Kleinere Dimensionen würden allerdings wenig sinnvoll sein, da die Bedienelemente ansonsten wenig komfortabel zu handhaben wären. In Sachen Ausstattung und Features gibt sich der PolyKB II als reinrassiger Analog-Synthesizer zu erkennen. Er verfügt über eine einstellbare 16-fache Polyphonie, wobei sich je nach Einstellung zwischen zwei bis maximal sechs Stimmen unisono spielen lassen. Die Klangerzeugung ist, ebenso wie im Original, streng subtraktiv-analog ausgerichtet. Zwei Oszillatoren sind an Bord, deren Signale in ein Vier-Pol Tiefpassfilter und von dort an einen Verstärker geschickt werden. An Modulatoren stehen je zwei LFOs und Hüllkurven zur Verfügung wobei die Hüllkurven fest auf die Lautstärke und das Filter-Cutoff geroutet sind. Dabei besitzt jeder oben erwähnte Baustein zusätzliche individuelle Ausstattungsmerkmale, die wir jetzt kurz betrachten wollen. Highlight in den Oszillatoren ist die Möglichkeit, die Wellenformen über den Waveform-Parameter nahtlos zu überblenden, was sich selbstverständlich auch per Modulation automatisieren lässt und vom Prinzip her an die PPG-Synthesizer erinnert (Test in Heft 2/2011). Zur Auswahl stehen die Wellenformen Dreieck, (doppelter) Sägezahn und Rechteck. Der zweite Oszillator wartet überdies mit einem zuschaltbaren Rauschgenerator mit wählbarem weißem und rosa Rauschen sowie einer Lower-Funktion auf, die ihn in den Niederfrequenzbereich hinab transponiert. Somit fungiert er als zusätzlicher LFO, der als besonderes Schmankerl seine Geschwindigkeit in Abhängigkeit zur gespielten Tonhöhe ändert.

Die Besonderheit im Tiefpass-Filter findet sich in einer regulierbaren Verzerrerstufe, die sich wahlweise vor oder hinter den Schaltkreis routen lässt. Die Hüllkurven warten ebenfalls mit einigen Besonderheiten auf, die nicht alltäglich sind. So sind per Multiplier-Funktion die Wertebereiche der Hüllkurven-Parameter mit den Faktoren 2, 3, und 4 multiplizierbar, was in entsprechend länger dauernden Hüllkurven-Verläufen resultiert. Ein Druck auf den Loop-Taster führt unter Umgehung der Sustain-Phase zu einem ostinaten Durchlaufen der Attack-, Decay- und Release-Phase der Filter-Hüllkurve, die dadurch ebenfalls Aufgaben eines LFO ausführen kann. Das besondere Feature in den beiden LFOs ist die Möglichkeit, die verfügbaren Wellenformen per Taster additiv aufschalten zu können, was in farbenprächtigen und komplexen Schwingungsverläufen resultiert. Auffällig: Auf der Bedienoberfläche findet sich lediglich der Parametersatz eines Niederfrequenz-Oszillators. Der zweite LFO ist durch Klick auf das LFO-Label wechselseitig aufrufbar. Solche alternativen Schalt- und Aufrufmöglichkeiten finden sich übrigens noch an weiteren Stellen. Sie sind an Beschriftungen erkennbar, die von eckigen Klammern umrahmt werden. Insgesamt gibt sich der PolyKB II mit diesen Zusatz-Features sehr individuell und flexibel. So richtig Gas gibt der virtuelle Polykobol jedoch in Sachen Modulations-Möglichkeiten. Insgesamt drei Modulations-Sektionen stehen bereit, die ein farbenprächtiges Ausformen des Klangs ermöglichen. Den Anfang macht das mit „[Modulations]“ übertitelte Tastenfeld – Switch Modulation Matrix genannt – das via Taster und Regler fest vorgegebene Routings offeriert und vom Original übernommen wurde. Standard-Parameter wie Tonhöhe und Filter-Cutoff, aber auch der Waveform-Parameter sind dort modulierbar, die sich mit den üblichen Verdächtigen – LFOs, Rauschgenerator, die zweite Hüllkurve, Velocity und auch der zweite Oszillator –  ansteuern lassen. Unterhalb der Schalt-Matrix hat der Hersteller eine weitere Sektion, Dropdown-Matrix genannt, integriert, die weitere Modulationen – zwei Quellen auf jeweils vier Ziele – ermöglicht, wobei Quellen und Ziele über die Textfelder frei wählbar sind, die beim Klicken eine Auswahlliste von bis zu 31 Parametern erscheinen lässt.

Die dritte Modulationssektion verbirgt sich hinter dem quadratischen Abdeckfach, das im Original ein Cassettenband-Laufwerk zum Speichern von Sounds enthielt, in der virtuellen Ausgabe des Polykobol II dort Platz für verschiedene Einstell-Dialoge schafft, die per Panel-Button aufrufbar sind.   Außer dem graphisch editierbaren Step-Sequenzer und einem Optionen-Dialog zum Feinjustieren des Arpeggiators finden sich dort die beiden Dialoge „DynaMYX“ und „PolyMYX“, die eher unscheinbar das Highlight in Sachen Modulation markieren. Beide Dialoge zeigen eine XY-Matrix in der sich, ähnlich wie Glühwürmchen, eine Reihe von rot erleuchteten Punkten finden, die per Maus graphisch positionierbar sind. Jeder Punkt repräsentiert eine Stimme, die beim Ansteuern von rot auf grün wechselt. Das DynaMYX-Feld erlaubt dabei das Positionieren der einzelnen Stimmen im Stereofeld. Zusätzlich simuliert der Dialog zwei Mikrofone mit Nierencharakteristik, die im Winkel einstellbar sind. So lassen sich die Stimmen entsprechend nach links oder rechts sowie nah oder fern zu den virtuellen Mikrofonen positionieren. Der Clou: Die im DynaMYX-Dialog verteilten Stimmen lassen sich sogar per Amount- und Speed-Parameter animieren, was zu lebendig klingenden Panorama-Effekten führt. Solche Möglichkeiten haben wir bislang noch bei keinem anderen von uns getesteten Synthesizer angetroffen. Doch es geht noch weiter mit dem PolyMYX-Dialog, der ebenfalls eine XY-Matrix zum freien Positionieren von Stimmen besitzt. Mit seiner Hilfe können vier weitere Modulationen realisiert werden, die in Abhängigkeit zur Position der Stimme im Feld anteilig stark ausfallen, wobei sich über die Textfelder in den Ecken des Dialogs die Modulationsziele per Ausklapp-Liste auswählen lassen. Das Ergebnis: Je nach Verteilung der Stimmen im Feld und Auswahl der Parameter – bis zu 31 stehen zur Auswahl – klingt der Sound leicht bis stark variiert. So erklingen einzelne Akkordstimmen beispielsweise mit unterschiedlich stark veränderter Tonhöhe, Filter-Cutoff und Attack. Beim sukzessiven Ansteuern jeder Stimme während des Melodiespiels ist dies besonders stark hörbar. Doch anders als im DynaMYX-Dialog lassen sich die Stimmen/Punkte in der Matrix nicht animieren, was aber nicht weiter ins Gewicht fällt. Die Ergebnisse klingen je nach Einstellung des Dialogs bereits in der jetzigen Form mehr als abwechslungsreich, teils sogar schon recht chaotisch.   Am Ende der Signalkette erlauben jetzt vier Effekte den klanglichen Feinschliff des Sounds. Zum Delay und Chorus, die bereits in der Vorversion integriert sind, gesellen sich jetzt ein Phaser und ein Zwei-Band Shelving-Equalizer dazu. Alle Effekte warten mit einer überschaubaren, aber ausreichenden Ausstattung an Parametern auf. Besonderheit: Die Delay-Zeit sowie Chorus und Phaser-Rate sind modulierbar. Last but not Least verfügt der PolyKB II über einen Arpeggiator und Step-Sequenzer, die dem Anwender willkommene Spielhilfen offerieren. Die Möglichkeiten des Arpeggiators fallen dabei überschaubar aus, er wartet aber mit einigen pfiffigen Extras auf, die beim Aufruf des Arpeggiator-Menüs einstellbar und nicht alltäglich sind: Highlights darin sind unter anderem die einstellbare Notenlänge und eine Swing-Funktion.

Wer gezielt Phrasen abspielen möchte, greift einfach zum Step-Sequenzer. Er verfügt über eine achtfache Polyphonie und erlaubt das Programmieren von bis zu 128 Steps, wobei sich separat Tonhöhen- und Velocity-Werte ins Raster einzeichnen lassen. Sehr schön: Durch Klick auf das Lupen-Symbol legt sich ein neuer Dialog über die Bedienoberfläche mit vergrößertem Sequenzer-Raster. Ins Raster selbst lässt sich noch einmal hineinzoomen, was das Einzeichnen von Daten ungleich einfacher macht als über das winzige Panel. Jede programmierte Stimme/Spur ist via Taster aktivierbar, einem Programmieren von Akkordfolgen und ein rasches Aufrufen alternativer Melodiesequenzen per Knopfdruck steht damit nichts im Weg. Die Wiedergabe der Sequenz erfolgt dabei auf drei Arten: Nach Druck auf den Play-Button der Transporttasten-Sektion startet sie automatisch oder erst durch Druck auf eine Keyboard-Taste, wobei die Sequenz wahlweise zur Tonhöhe der angeschlagenen Taste transponiert wird oder nicht. Sehr schön: Programmierte Sequenzen sind separat speicherbar und lassen sich bei Bedarf auf andere Sounds anwenden. Besonderheit: Die einprogrammierten Werte für Tonhöhe und Velocity sind überdies auch als Modulationsquelle in der Dropdown-Matrix einsetzbar, was die Klangformungsmöglichkeiten noch einmal erweitert. Allerdings wird der bislang positive Eindruck, den der Step-Sequenzer im Test hinterlässt, durch einige Kritikpunkte teils deutlich getrübt, was jedoch durch ein Update leicht zu beheben sein sollte. So ist die Anzahl der Steps ausschließlich durch Rechts- und Links-Klick mit der Maus auf das entsprechende Ziffernfeld möglich. Wer lange Sequenzen programmieren möchte, darf also fröhlich drauflos klicken. Trotz separatem Editier-Dialog vermissen wir grundlegende Editiermöglichkeiten wie etwa das Markieren mehrerer Steps, die sich anschließend gemeinsam im Raster versetzen lassen. Eine Quantisierungs-Funktion beim Live-Einspielen von Sequenzen würde die Attraktivität ebenfalls deutlich verbessern. Last but not Least wird beim Starten von Sequenzen über das Keyboard jedes Mal ein zusätzlicher Klang abgespielt, was im Test mehr als störend ist, sofern man lediglich die Sequenz zu Gehör bringen möchte und nicht gleichzeitig darüber solieren will.    Alles in allem gibt sich der PolyKB II in Sachen Ausstattung wie der berühmte Wolf im Schafspelz: Oberflächlich betrachtet kommt er wie ein herkömmlich ausgestatteter Analog-Synthesizer daher. Doch unter der Oberfläche schlummert eine Vielzahl an Extras, die ihn zu einer Sounddesign-Maschine par exellence machen. Die abgespeckte Player-Version haut in die gleiche Kerbe: Zwar findet sich dort lediglich der Arpeggiator, jedoch ohne zusätzliche Einstellmöglichkeiten und die Effekte sind lediglich per Taster aktivierbar. Doch dort wo vergleichbare Player-Instrumente rigoros mit einer fest vorgegebenen Auswahl an Parametern aufwarten, herrscht im PolyKB Player deutlich mehr Freiheit. Die acht zur Verfügung stehenden Parameter-Slots lassen sich individuell aus einer Auswahl von 22 zur Verfügung stehenden Parametern bestücken. So lässt sich je nach Situation das Passende leicht zusammenstellen. Außer den üblichen Parametern wie Filter-Cutoff und -Resonanz und sämtlichen Hüllkurven-Parametern, stehen auch Oszillator-Tonhöhe und Wellenform sowie die Filter-Verzerrung zur Auswahl. Vermisst haben wir lediglich die Möglichkeit zur Einstellung der Geschwindigkeit beider LFOs. Ansonsten hinterlässt die Player-Version einen überaus positiven Eindruck, die sich für alle Anwender empfiehlt, denen das Schrauben an Sounds zu lästig oder langwierig ist, die aber trotzdem stets auf der Suche nach neuen Klängen sind.

m Hör- und Praxistest glänzen beide Plug-ins sowohl in positiver wie negativer Weise. Die schlechte Nachricht zuerst: Beide Synthesizer – Vollversion wie Player – bestechen durch eine äußerst hohe CPU-Last. Dabei gilt je höher die Polyphonie eingestellt, respektive je mehr Stimmen gleichzeitig gespielt werden, desto mehr Prozessor-Leistung wird verbraucht. Das VST-Meter von Nuendo 5 steigt beim Spielen von bereits sechs Stimmen auf circa 75 Prozent an und das bei einem Rechner mit Vier-Kern-Prozessor. Zwar finden sich im Optionen-Menü einige Einstellmöglichkeiten, um die Prozessor-Last zu minimieren. Wirkliche Abhilfe schaffen sie jedoch nicht.  Dafür heißt es ohne Wenn und Aber Daumen hoch in Sachen Sound. Analog-Sound at its best lautet das Motto. Mehr noch überzeugt der PolyKB II durch einen eigentümlichen und markant mittigen Grundsound, der ihn eindeutig charakterisiert und von den Mitstreitern absetzt. Zwar kann er sich auch in den Höhen ordentlich durchsetzen, doch irgendwie klingen selbst diese Spektren durch die klangliche Eigenart stets angenehm. Besonders Bass-Sounds profitieren von dieser Eigenheit, die sich stets wuchtig und voluminös in Szene setzen. Selbst perkussive Sequenzer-Bässe, die in anderen Klangerzeugern etwas dünnbrüstig daherkommen, klingen im PolyKB II eindrucksvoll mächtig. Dies ist nicht zuletzt auch das Verdienst des Tiefpass-Filters, das sich als äußerst kraftvolle Klangkomponente zeigt und es in Sachen Musikalität und Effizienz mit dem berühmten Moog-Filter aufnehmen kann. Auffällig ist bei aufgerissenem Resonanz-Regler das typische Filter-Pfeifen, das zwar deutlich in den Vordergrund drängt, jedoch keineswegs schrill oder unangenehm klingt. Wer es richtig scharf haben will, blendet einfach die Post-Filter geschaltete Verzerrerstufe ein, die aus dem Filter ein bissig klingendes Industrial-Ungetüm macht. Nicht minder auffällig klingt auch das Morphen zwischen den Wellenformen sowie Sync-Sounds und Pulswellenmodulationen, die äußerst transparent erklingen. Kein Wunder, denn Xils Lab hat einen immensen Programmieraufwand getrieben um diese Klangverläufe ohne störende Artefakte – Stichwort: Aliasing – realisieren zu können. Restlos begeistert sind wir jedoch von den Modulations-Möglichkeiten, insbesondere der beiden XY-Modulations-Matrizen und den beiden LFOs. Von subtil bis brachial ist alles möglich. Dort wo andere Analog-Synthesizer mit ihren Zwitscher- und Blubber-Sounds aufhören, fängt der PolyKB II erst an. Im Test entlocken wir dem Instrument eine wahre Pracht verschiedener Effekt-Sounds, die nicht Halt machen vor kreischenden und metallischen Spektren, nicht zuletzt auch unter starker Zuhilfenahme von Arpeggiator und Step-Sequenzer. Allerdings erfordert der Umgang mit den Parametern schon etwas Sachkenntnis, um zielgerichtet das Gewünschte am Ende zu erhalten. Passionierte Klangschrauber werden in jedem Fall ihre wahre Freude am PolyKB II haben. Wer denkt, dass der PolyKB II nur eine reine Effektmaschine ist, irrt jedoch gewaltig. Das mitgelieferte Repertoire an Werks-Sounds, aber auch die Sounds der beiden Librarys zeigen eindrucksvoll auch die Mainstream-Qualitäten dieses markanten Klangerzeugers. Bässe, Flächen, Leads, Streicher und Bläser-Sounds beherrscht der PolyKB II sicher und souverän. Gerade die Sync-Sounds in der Lead-Kategorie wissen zu gefallen, die zwar vordergründig, aber nie zu aufdringlich im Test zu gefallen wissen. Beeindruckend sind auch die Flächen-Sounds, die sich homogen ins Arrangement einfügen und auf subtile Art Frequenzlöcher stopfen. Erst wenn der PolyKB II auf Bypass geschaltet wird, merken wir, dass auf einmal etwas fehlt. Mit dem gebotenen Repertoire ist der PolyKB II für sämtliche Musikstile, in denen elektronische Klangerzeuger zum Einsatz kommen, bestens aufgestellt. Über die erhältlichen Sound Librarys erweitert sich das Repertoire noch einmal merkbar, wobei die Analog Bag 1 Library in erster Linie Dancefloor- und Ambient-Musiker ansprechen dürfte und die Analog Bag 2 Library zusätzlich Klänge für Postproduktion und Sounddesign bereitstellt.

Fazit

Das Xils Lab PolyKB II Plug-in ist nicht nur ein Stück authentisch wiederbelebte Synthesizer-Historie. Der Hersteller hat es geschafft ein markant klingendes virtuelles Instrument zu produzieren, das sich mit seinen vielen, teils einzigartigen Extra-Features als wandelbares Werkzeug mit markantem Klang präsentiert. Allerdings wird dies mit einer hohen CPU-Last teuer erkauft. Klangfrickler werden angesichts der gebotenen Klangformungsmöglichkeiten dennoch begeistert sein. Auf Basis analoger Klangerzeugung lassen sich diesem immergrünen Thema neue, frische Aspekte entlocken. Weniger ambitionierte Anwender mit Focus auf rasch spielbaren und musikalisch einsetzbaren Sounds seien die günstige Player-Version und die beiden Librarys anempfohlen.

 

Erschienen in Ausgabe 07/2011

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 149 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut