Preiswerter Edelklon
Mit der exquisiten DLX-Version des Pre-73 an EQ-73 in robuster 19-Zoll-Wanne kredenzt der schwedische Hersteller Golden Age Project einen frisch überarbeiteten Preamp, der sich klanglich und schaltungstechnisch am legendären Neve 1073-Modul orientiert. Preislich allerdings überhaupt nicht: Die modulare Tonklon-Kombi kostet in dieser Zusammenstellung gerade einmal 717 Euro.
Von Michael Nötges
Der Spruch „Früher war alles besser“ gilt mit Sicherheit nicht ausnahmslos, aber es gibt eben legendäre Schaltungen wie beispielsweise die des 1073-Moduls (Preamp und Equalizer) aus den analogen Neve-Konsolen der 1970er Jahre, dessen Sound vielen bis heute als erstrebenswerte Benchmark gilt. Folglich treten immer dann moderne „Klonereien“ auf den Plan, wenn eine hohe Nachfrage nach dem mysteriösen Vintage-Klang besteht und die Originale in gutem Zustand nur selten und gleichzeitig sehr teuer zu bekommen sind. Diese Hersteller sind selbstverständlich an der Erhaltung des guten alten Tons interessiert, versuchen aber meist zusätzlich die Schaltungen den Gegebenheiten des zweiten Jahrtausends anzupassen. Im Falle des 1073-Moduls sind an dieser Stelle die Unternehmen AMS-Neve, Brent Averill Enterprises, Aurora Audio oder Chandler zu nennen, die sich mit ihren Produkten im Fahrwasser des Neve-Schlatungsdesigns tummeln. Allerdings rangieren deren Produkte vom Preis-Niveau her ebenfalls in der High-End-Liga. Unter 1.000 Euro ist da bei allen nichts zu holen.
Genau an diesem Punkt setzt jedoch der schwedische Hersteller Golden Age Project an und hat sich zum Ziel gesetzt, analoges High-End-Gerät (Mikrofone und Outboard) für Jedermann erschwinglich anzubieten. Bislang findet sich im Produkt-Portfolio eine Serie von Halb-19-Zoll-Geräten (Pre-73 MK2, Pre-73 DLX, Comp-54, EQ-73 und PS-AC4), die sämtlich auf historischen Schaltungspfaden wandeln. Neuerdings bietet der Hersteller mit dem knapp 40 Euro kostenden Unite-Rack-Kit die Möglichkeit, zwei Module in einer 19-Zoll-Wanne zu kombinieren. So geschehen für unser Neve-Klon Test-Setup, das aus dem rund 420 Euro kostenden und überarbeiteten Vorverstärker Pre-73 DLX und dem für knapp 260 Euro erhältlichen Drei-Band-Equalizer EQ-73 besteht. Summa summarum handelt es sich damit um einen gut ausgestatteten, einkanaligen und diskret aufgebauten Vorverstärker (Mic/Line/Instrument) samt Equalizer, der mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von knapp 720 Euro eine klare Kampfansage in puncto Preis macht. Der Test wird dabei zeigen, was tatsächlich für vergleichsweise kleines Geld möglich ist.
Beim neuen Pre-73 DLX handelt es sich übrigens um die Luxus-Variante des MK2-Modells, wobei sich am roten Outfit des Metallgehäuses ebenso wenig etwas verändert hat, wie an den schwarzen, griffigen Drehreglern und fingerspitzengroßen Tastern im Vintage-Look. Die Verarbeitung ist insgesamt gut und macht einen robusten, wenn auch nicht unbedingt sehr edlen Eindruck. Eingangsseitig verfügt der Preamp über zwei trafosymmetrierte XLR-Klinke-Combobuchsen, die jeweils separat für Line- und Mikrofonsignale gedacht sind, was sehr flexibel ausfällt. Besonderheit: Durch die Möglichkeit, zwei Trafowicklungen per Low-Z-Taster wahlweise parallel oder in Serie schalten zu können, lässt sich die Eingangsimpedanz des Mikrofoneingangs zwischen 1200 und 300 Ohm anpassen. Dabei sind je nach Mikrofon und jeweiliger Impedanzanpassung unterschiedliche Klang-Nuancen zu erwarten. Zusätzlich ist auf der Vorderseite ein aktiver DI/Instrumenten-Eingang mit FET-Buffer (6,35-mm-Klinke) verbaut, der eine Eingangsimpedanz von 1,5 Megaohm aufweist. Da er ab Werk – zu den Konfigurationsmöglichkeiten per Jumper-Settings später mehr – aber über den gleichen Eingangstrafo wie der Mikrofoneingang läuft, sind die Änderung der Eingangsimpedanz mithilfe des Low-Z-Tasters und die damit verbundene Klangmodifikation ebenso möglich. Sehr schön: Während der DI-Eingang eingeschaltet ist, können Mic- und Line-Eingang ruhig parallel belegt sein, was sehr praktisch ist, wenn der Preamp im Rack verschraubt und ansonsten fest mit der Studioumgebung verkabelt ist. Im Inneren des Pre-73 DLX finden sich als auffälliges Merkmal zwei Verstärkerstufen: Die erste sorgt für die Verstärkung bis 50 Dezibel, die zweite wird erst dann hinzugeschaltet, wenn Reserven darüber hinaus benötigt werden. Der Hersteller lässt es sich daher auch nicht nehmen und wirbt damit, dass beide Stufen lediglich aus drei Transistoren bestehen. Was heißt, dass bei geringen Verstärkungen bis 50 Dezibel auch weniger Bauteile im Signalweg nötig sind. Übrigens setzt Golden Age Project für möglichst verfärbungsfreie Signalführung bei der neuen Deluxe-Variante auf Tantal-Kondensatoren und realisiert das Aktivieren der Funktionen DI-Input, Phantomspannung, Mic-Low-Z, Insert und Phase mithilfe von Relais. Sind diese Optionen also ausgeschaltet, befinden sie sich auch tatsächlich nicht mehr im Signalweg. Eine praktische, auch in dunklen Umgebungen leicht erkennbare, Status-LED informiert über den aktiven Zustand dieser Funktionen.
Nachdem das Signal durch die oben erwähnten Schaltkreisteile geführt ist, gelangt es als nächstes an den Insert-Einschleifweg, der in Form einer 6,35-mm-Klinkenbuchse auf der Rückseite ausgeführt ist, um externe Effekte wie beispielsweise Kompressoren oder Equalizer via Y-Kabel anzuschließen. In unserem Test-Setup ist hier der EQ-73 per mitgeliefertem Insert-Kabel angeschlossen. Außerdem lässt sich an dieser Stelle das eingebaute Hochpassfilter (Off, 50, 80, 160 und 300 Hertz bei 18 dB/Oktave) zuschalten, was dem 1073-Modul nachempfunden ist. Der für diese Aufgabe bereitgestellte robuste Drehschalter ist gut zu bedienen. Allerdings ragt die Schraube zur Arretierung des Bedienelements an der Potiwelle etwas lieblos und kantig aus der geriffelten Oberfläche heraus und trübt den ansonsten überzeugenden Eindruck der Regler. Ebenso vor der Ausgangsstufe wird auch das Signal für das Metering abgegriffen. Dieses besteht aus vier LEDs (-10, 0, +10 und Clip), gibt aber keinesfalls Auskunft über die Eingangsverstärkung. Für die optimale Aussteuerung der Eingangsstufe muss schlicht und ergreifend genau hingehört werden.
Die Ausgangs-Stufe besteht wieder aus drei Transistoren, wobei der dritte und letzte ein sogenannter Power-Transistor des Typs 2N3055 (Class-A) ist. Der Clou: Dadurch, dass nach der Ausgangsstufe noch ein PAD mit festen Positionen bei -7, -14, -21 und -28 Dezibel folgt, ist eine gezielte Übersteuerung der Ausgangsstufe möglich, ohne die Eingänge nachfolgender Geräte (Wandler oder Interfaces) zu übersteuern. Ein- und Ausgangsstufe können also sehr weit aufgerissen werden, was sowohl zu angenehm klingenden Sättigungseffekten, als auch zu heftigen Verzerrungen der Ausgangsstufe führt. Dabei weist der Drehschalter für die Eingangsverstärkung mit seinen 23 fixen Positionen ein paar Besonderheiten auf: Er ist in drei Bereiche unterteilt, wobei die erste, die neunte und die siebzehnte Stellung jeweils den Verstärker muten. Die ersten acht Positionen (off, +10 bis -20) sind für die Line-Eingangsstufe reserviert. Die restlichen Positionen bleiben der Verstärkung des Instrumenten- und Mikrofoneingangs vorbehalten. Beim Hochschalten auf einen anderen Verstärkungsbereichs schaltet der Preamp automatisch auf den entsprechenden Eingang um. Die Abstände betragen immer fünf Dezibel, wobei die Skala rund um den Drehschalter von -20 bis -80 reicht. Nach der dritten Off-Position oberhalb -50 Dezibel wird schließlich die zweite Gain-Stage aktiviert. Der Ausgangsregler ist hingegen als Poti ausgelegt und kontinuierlich verstellbar.
Schlussendlich verlässt das Signal den Preamp über einen der beiden parallel geschalteten Ausgänge (XLR oder 6,35-mm-Klinke), was nochmals Flexibilität bei der Integration in das Studio-Environment bietet. Bemerkenswert: Der Ausgangsübertrager des Preamps ist eigentlich auf eine Eingangsimpedanz des Folgegeräts von 600 Ohm ausgerichtet. Bei früheren alten Konsolen war das üblich, heute sind hingegen zehn Kiloohm der Standard. Um beide Betriebsmodi zu ermöglichen, gibt es einen Schalter, mit dem sich zwischen beiden Werten auswählen lässt, was schaltungstechnisch per Widerstand realisiert wird. In der Praxis kann dieser Schalter nach Belieben sogar auch zur Klangmanipulation verwendet werden: Durch die Impedanzänderung werden besonders die hohen Frequenzen leicht angehoben und das Signal klingt offener und etwas kräftiger. Ein Groundlift-Schalter, um etwaige Brummschleifen auszumerzen, rundet das üppige Angebot des Pre-73 DLX schließlich ab.
Doch damit hat der Feature-Reigen im Pre-73 DLX noch längst nicht sein Ende gefunden: Zunächst ist die neue Version so konstruiert, dass eine sogenannte Carnhill-Mod problemlos möglich ist. Dabei werden die Standardübertrager chinesischer Herkunft des Mic-Inputs und des Line-Outputs durch Carnhill-Trafos ersetzt. Der deutsche Vertrieb Magis Audiobau bietet dieses Update für 129 Euro an. Hintergrund: Der britischen Bauteile-Spezialist Carnhill hat in puncto authentischem Vintage-Sound einen ausgezeichneten Ruf und die hochwertigen Übertrager sollen den Sound des Preamps noch einmal verbessern und ihn originalen 1073-Modulen klanglich noch näher bringen.
Weiter geht es mit einer Reihe modifizierbarer Funktionen für findige Fummler, die intern im Gerät schaltbar sind. Dafür muss zunächst allerdings auf eigene Gefahr das Gehäuse geöffnet werden. Mithilfe des Jumpers JP3 hinter der DI-Buchse kann jetzt die Impedanz des Instrumenteneingangs auf 100 Kiloohm gesetzt werden. Das klingt je nach Instrument anschließend wieder etwas anders.
Um das Signal des Instrumenteneingangs direkt auf die Eingangsstufe des Mikrofoneingangs zu schicken, muss der Stecker aus der „DIout“-Buchse auf der Platine gezogen und in die „DIpassOut“-Buchse verpflanzt werden. Soll zudem der Eingangsübertrager umgangen werden, geht die Suche auf der Platine weiter nach der Steckverbindung mit der Bezeichnung „DIpreXF“, welche auf die „DIpostXF“-Buchse umgelegt werden muss. Außerdem gilt es, zusätzlich den „DIpre“-Jumper auf die „DIpost“-Position zu setzen. Als letzte Modifikation besteht die Möglichkeit, das Ausgangssignal am Insert zu unterbrechen, wenn der Insert-Weg nicht aktiviert ist. Dafür reicht es, den Jumper „INSout“ zu entfernen.
Derart flexibel und vor allem eigenständig wie der Preamp ist der EQ-73 hingegen nicht aufgestellt, denn er dient ausschließlich als modulare Erweiterung der Pre-73-Modelle von Golden Age Project. Als Stand-alone-Equalizer ist er folglich nicht zu gebrauchen. Neben dem Groundlift-Button und der Buchse für die externe Stromversorgung befindet sich daher lediglich eine Insert-Buchse auf der Rückseite des Geräts. Die Class-A-Schaltung des EQ-73 ist laut Hersteller an die EQ-Sektion des 1073-Moduls angelehnt. Anders als im Original wurde allerdings auf den zusätzlichen Hochpassfilter verzichtet, einige Einsatzfrequenzen ergänzt und für das Mittenband zwei Spulen verwendet, um auch die tiefsten Mittenfrequenzen 160 und 240 Hertz optimal abzudecken. Die FiIterschaltkreise sind dabei passiv aufgebaut und ansonsten wirbt der Hersteller mit den wenigen aktiven Bauteilen in der Schaltung: Die zwei Gain-Stages bestünden jeweils aus lediglich drei Transistoren, ein paar Kondensatoren und Widerständen.
Beim EQ-73 handelt es sich, wie erwähnt, um einen Drei-Band-Equalizer, wobei das Höhen- und Bassband als Shelving- und das Mittenband als Glockenfilter konzipiert ist. Die Einsatzfrequenzen sind auf fixe Werte zwischen 20 Hertz und 24 Kilohertz festgelegt (siehe Steckbrief). Die Amplitudenänderung beträgt ±15 Dezibel für Mitten- und Bass-Band. Beim Höhenband gibt es drei Dezibel in jede Richtung mehr (±18 Dezibel), was zwar das Gain erweitert, allerdings auch eine etwas gröbere Auflösung des Potis nach sich zieht.
Jede Filtersektion hat einen eigenen Bypass-Button, um komfortabel A/B-Vergleiche vornehmen zu können. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Tatsache, dass ein hineingedrückter Button die Sektion aus der Signalbearbeitung ausschließt (Bypass) und dagegen der herausgenommene Taster das Filter aktiviert. Um den kompletten EQ aus dem Signalweg zu nehmen, reicht ein Druck auf den Insert-Button des Preamps. Außer einer LED-Anzeige neben dem Powerbutton sind keine weiteren Status-LEDs zu finden. Gerade bei den Bypass-Buttons könnten diese allerdings in der Praxis sehr hilfreich sein.
Im Messlabor von Professional audio zeigen sich sowohl Preamp als auch Equalizer in sehr guter Verfassung. Geräusch- und Fremdspannungsabstand des Pre-73 DLX liegen bei ausgezeichneten 90,0 und 86,8 Dezibel für den Mikrofoneingang. Die Eingangsempfindlichkeit von -74,6 Dezibel attestiert dem Preamp auch absolute Tauglichkeit für ausgangsschwache Bändchenmikrofone. Der Preamp hält somit genügend Verstärkungsreserven parat. Bei den Messungen des PAD-Schalters stellen wir hingegen Abweichungen von den aufgedruckten Angaben fest. Da könnte man akribischer sein, auch wenn die Pi-Mal-Daumen-Einstellung durchaus zu dem musikalisch konzipierten Preamp passen, denn er erhebt nicht den Anspruch ein Präzisionsgerät zu sein. Ein Blick auf die FFT-Spektren zeigt einen sehr niedrigen Noisefloor unterhalb -100 Dezibel und leicht hervorstechende k2- und k3-Anteile. Beim Instrumenteneingang sind die harmonischen und unharmonischen Verzerrungen etwas stärker ausgeprägt (-78 und -92 Dezibel) und Einstreuungen durch das Netzteil bei 50 Hertz treten mit -92 Dezibel etwas deutlicher hervor als bei den anderen Messungen, was in diesem Bereich aber zu vernachlässigen ist. Die THD+N-Werte weisen ein Maximum von 0,3 Prozent bei 20 Hertz auf, liegen aber zwischen 500 Hertz und zehn Kilohertz bei ausgezeichneten 0,005 Prozent. Da der Preamp eine bestimmte Klangphilosophie verfolgt, können die relativ hohen Maximalwerte nicht als grundsätzlich schlecht beurteilt werden, sondern sind Teil des Sounddesigns.
Der EQ-73 wird über den Line-Eingang des Pre-73 DLX gemessen. Dabei zeigt er ebenso sehr gute Werte für den Geräuschspannungs- (87,7 Dezibel) und Fremdspannungsabstand (83,1 Dezibel). Der Noisefloor liegt unterhalb -90 Dezibel, wobei ein Peak bei 50 Hertz (Einstreuungen des Netzteils) am deutlichsten hervortritt. Ansonsten sind k2-, k3- und k5-Anteile zu erkennen, die allerdings nicht sehr ausgeprägt sind. Die THD+N-Werte sind mit einem Maximum von 0,4 Prozent im Vergleich zu den ausschließlichen Messungen des Preamp etwas höher.
Im abschließenden Hör- und Praxistest stellt das Geräte-Duo seine Flexibilität souverän unter Beweis. An Anschlüssen (XLR und Klinke) für die optimale Einbindung in unterschiedliche Umgebungen im Studio- oder im Live-Rack ist alles vorhanden. Besonders erfreulich sind die griffigen Drehschalter, die komfortables Justieren der unterschiedlichen Parameter ermöglichen und auch die angenehm bedienbaren Taster inklusive Status-LEDs (Preamp). Klanglich ist der Pre-73 DLX tatsächlich sehr flexibel aufgestellt. Zunächst fertige ich möglichst verfärbungsfreie Aufnahmen (Gesang, E- und, A-Gitarre) an. Dafür stelle ich den Outputregler auf Rechtsanschlag und steppe durch die Eingangsverstärkungspositionen, bis ich eine optimale Aussteuerung gefunden habe, die nicht übersteuert. Dabei sind die 5-dB-Schritte zwar mitunter recht grob, in Zusammenarbeit mit dem fließend verstellbaren Output-Regler gelingen aber im Handumdrehen perfekte Aufnahmepegel. Dabei helfen mir meine Ohren deutlich mehr als die lediglich unterstützende Ausgangspegelanzeige. Der Grundsound, sprich eine möglichst neutrale Verstärkung, ist sehr transparent und natürlich mit einer angenehm-subtilen Griffigkeit. Die ansonsten unauffälligen Takes klingen wie mit einer hauchdünnen süßlich-klebrigen Schicht überzogen. Für die Konzertgitarrenaufnahmen darf es für meinen Geschmack aber ruhig noch direkter und ehrlicher sein. Die Auflösung ist wie die Transientenabbildung zwar gut, kann aber im Vergleich zu einem herkömmlichen Audio-Interface (M-Audio FW410) keinen wirklichen Aha-Effekt hervorrufen. Etwas mehr Offenheit und schärfere Transientenabbildung könnte nicht schaden. Offener und mit angenehmer Höhenanhebung klingt der Preamp allerdings sofort, wenn der 600-Ohm-Taster am Ausgang nicht gedrückt ist. E-Gitarrenaufnahmen und Gesang gewinnen jetzt an Präsenz und es klingt, als ob sich ein dünner Nebel plötzlich verflüchtigt hätte. Als nächstes experimentiere ich mit der Vorverstärkung, dem PAD und der Ausgangsverstärkung, woraufhin sich die klanglichen Stärken des Pre-73 DLX recht schnell zeigen. Übertrager und Ausgangsstufe lassen sich hervorragend anheizen, um charaktervolle Sounds zu modellieren. Dabei ist von angenehm angedickt über stark gesättigt bis hin zu hoffnungslos übersteuert alles möglich, ohne den angeschlossenen Eingang des Interfaces zu übersteuern. Um Nuancen – je nach Instrument oder Mikrofon – zu verändern ist auch der Low-Z-Modus empfehlenswert. Ist er aktiviert kommt die E-Gitarre sehr saftig in den unteren Mitten und klingt insgesamt frischer und offener, was gerade bei cleanen Funk-Riffs exzellent klingt. Auch bei dem angeschlossenen AT-4040 von Audio-Technica ist dieser Effekt sehr deutlich hörbar. Die Stimme wird aber nicht nur lauter, sondern bekommt in sich mehr Energie und wirkt sehr kompakt bei mehr Frische und Offenheit. Bei den Gesangstakes klingt es fast schon ein wenig nach Röhren- oder Bandsättigung. Das Timbre gewinnt sehr geschmackvoll an Charakter, was zusätzlich ausgereizt werden kann, wenn das Input-Gain aufgedreht und mit dem PAD und dem Ausgangspegelregler die Übersteuerung des Wandlers vermieden wird.
Mit dem EQ-73 im Signalweg kommt es noch besser. Die Regelung mit den sich weit überlappenden Bändern fällt sehr musikalisch aus. Beim Höhenband, das bis 24 Kilohertz reicht, sind elegante und subtile Sounderfrischungen möglich, ebenso wie heftige Höhenanhebungen oder Absenkungen. Besonders bei Akustikgitarren und Gesang hilft ein dezenter Boost bei 20 oder 24 Kilohertz fast unmerklich, klangliche Frische ins Spiel zu bringen. Mit dem Mittenfilter lassen sich schnell Frequenzbereiche finden, die es zu betonen lohnt, wobei die Güte je nach Einsatzfrequenz übrigens variiert. Natürlich sind die fixen Positionen eine Einschränkung, aber für meine Zwecke dennoch so geschickt gewählt, dass für gut klingende Ergebnisse keine Wünsche offen bleiben. Wer einzelne Störfrequenzen eliminieren möchte, muss allerdings auf anderes Gerät zurückgreifen. Es gelingt aber beispielsweise sehr gut, Resonanzen bei der Akustikgitarrenaufnahme in den Griff zu bekommen. Ich drehe die Amplitudenänderung auf -15 Dezibel und schalte mit gespitzten Ohren durch die Frequenzen. Bei 700 Hertz klingt es plötzlich sehr aufgeräumt. Jetzt lockere ich die Abschwächung so lange, bis mir das Ergebnis gefällt. Ähnlich gehe ich bei der Abschwächung von Bassfrequenzen vor. Bei allen Aufnahmen geht das Einstellen durch die vorgegebenen Positionen dabei sehr schnell und intuitiv vonstatten, ohne ständig die Qual der Wahl zu haben, die Einsatzfrequenz oder Güte nicht doch noch ein wenig zu verändern.
Durch den EQ, der in sich angenehm satt und transparent klingt, sind jedenfalls in kürzester Zeit sowohl E- und A-Gitarren, als auch die Vocaltracks geschmackvoll profiliert.
Fazit
Das Test-Set von Golden Age Project, bestehend aus Pre-73 DLX und EQ-73 in der 19-Zoll-Wanne, weiß in puncto Flexibilität (klanglich und anschlusstechnisch) zu überzeugen und legt mit sehr guten Messwerten noch einen obendrauf. Dabei klingt schon die kostengünstige Standard-Variante sehr überzeugend, was Lust auf mehr macht und den Wunsch aufkommen lässt, den Preamp einmal mit der hochwertigen Carnhill-Mod zu hören.
Erschienen in Ausgabe 07/2012
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 259 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut – überragend
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