Aufgedreht
Sind Sie mit dem Sound Ihres Gitarren-Amp-Plug-ins -unzufrieden oder noch unschlüssig, welches Produkt Ihre Musik optimal zur Geltung bringt? Kein Problem. Unser Vergleichstest schafft Abhilfe und präsentiert die klanglichen Vorzüge von neun Gitarrenverstärker-Emulations-Plug-ins.
Von Georg Berger, Michael Nötges und Harald Wittig
Als aktive Gitarristen unterhalten wir uns regelmäßig über unsere Erfahrungen mit Gitarrenverstärker-Plug-ins. Dabei diskutieren wir besonders heftig, wenn es um die Klangqualität der virtuellen Röhrenverstärker geht. Wir wissen auch, dass genau dies bei vielen Musikern ein, wenn nicht das Thema ist. Was lag also näher, verschiedene Software-Nachbildungen von Gitarren-Amps einem aufwändigen Klangvergleich zu unterziehen – damit wir und auch Sie endlich wissen, welches Plug-in am authentischsten die Glaskolben glühen lässt. Wir haben für Sie – und uns – ein Testfeld aus neun Produkten zusammengestellt, die teils mit einer Kombination aus Soft- und Hardware aufwarten und mit unterschiedlich umfangreicher Zahl an Verstärker-, Boxen- und Effekt-Emulationen ausgestattet sind. Um ein homogenes Ergebnis zu erhalten, haben wir bewusst die Bodeneffekte aus dem Vergleich genommen und uns nur auf die reine Kombination aus Verstärker und Lautsprecher konzentriert. Als einzigen Effekt setzen wir – sofern vorhanden – den integrierten Hall im Verstärker dezent und geschmackvoll ein. Sofern eine Auswahl des virtuellen Aufnahme-Mikrofons möglich ist, haben wir immer den Klassiker Shure SM57 ausgewählt. Sämtliche Testkandidaten müssen dann in den drei Klang-Disziplinen High-Gain, Crunch und Clean antreten. Für jede Disziplin haben wir einen stilistisch dazu korrespondierenden Gitarren-Take aufgenommen, der uns als Basis-Signal fürs virtuelle Reamping dient. Die Ergebnisse können Sie sich anhören und downloaden. Dazu müssen Sie lediglich den Zugangs-Code eingeben. Dort finden Sie auch die Diagramme und Messergebnisse aller Hardware-Geräte, die im Rahmen dieses Klangvergleichs erstmals auf dem Prüfstand stehen. Last but not Least haben wir schließlich die Plug-ins, die ohne zusätzlich erhältliches Fuß-Pedal auskommen, mit dem Roland FC-300 Fuß-Controller auf ihre Live-Tauglichkeit hin untersucht… ( zu den Messdiagrammen)
Digidesign präsentiert mit dem Eleven-Plug-in eine reine Amp-Emulation ohne viel Schnickschnack und separiert sich somit von den Komplett-Lösungen. An Bord sind eine Reihe wählbarer Verstärker-, Boxen- und Mikrofon-Emulationen, die frei miteinander kombinierbar sind. Als Besonderheit findet sich ein einstellbares Speaker-Breakup, mit dem sich die sogenannte Pappenzerre, also das Verzerren des Lautsprechers, nahtlos in den Sound einblenden lässt. Zusätzlich findet sich ein Noise Gate zum Abschneiden von Rauschfahnen, was sich im Test allerdings nur bedingt erfolgreich einsetzen lässt. An Simu-lationen tummelt sich im Elfer-Plug-in eine exquisite Auswahl an Verstärkern. Neben üblichen Verdächtigen wie dem Bassman und dem Twin Reverb von Fender, dem Marshall Plexi und JCM 800 und Vox AC 30, finden sich Emulationen des Soldano SLO 100 sowie ein Mark II und Dual Rectifier von Mesa Boogie. Somit liefert Digidesign Eleven damit eine feine Kollektion von namhaften Röhren-Amps von den Anfängen bis in die Neuzeit. Insgesamt begeistert das Eleven-Plug-in durch einen äußerst edlen Gesamtsound, der sich durch Präsenz, Druck und Breitbandigkeit auszeichnet. Der Soldano-Amp, der mit einem 4x12er Green-Cabinet mit cirka 30 Prozent Speaker-Breakup versehen ist, liefert einen druckvollen und mächtigen Sound in der High-Gain-Disziplin, der sich ohne Umschweife durchzusetzen weiß. Bässe und Höhenanteile klingen ausgewogen und trotz der Ultra-brutal-Zerre klingt nichts matschig oder unangenehm spitz. Der Twin Reverb als klassischer Clean-Sound Vertreter lässt allerdings in Sachen Soundeinstellung zu wünschen übrig. Zwar liefert er den typischen Twin-Sound mit seinen kristallenen Höhen inklusive subtiler Anzerrung, besitzt dabei aber zu wenig Clean-Reserven. Ein absolut klarer Klang ist kaum einstellbar, zumal die Klangregelung ebenfalls recht schwach in den Sound eingreift. Ein Highlight findet sich in den Tweed-Emulationen, die, dank der einstellbaren Lautsprecher-Verzerrung, einen sehr authentischen angezerrten Ton liefern, der überdies detailliert einstellbar ist. Die hohen Single-Notes singen vollmundig und dennoch präsent, Akkorde klingen kraftvoll ohne den Eigenklang der Gitarre zu verdecken. Eine nicht zu unterschätzende Komponente bilden dabei die Boxen, die für eine entsprechende Klangformung sorgen. So klingts bei der 1×12 Tweed Lux-Box zwar angenehm voll, aber dennoch schlank, wohingegen die 4x10er Tweed Bass-Box für mehr Schärfe und Druck steht. Wirklich schade, dass Eleven nur für Pro Tools erhältlich ist.
Gleichzeitig zur Veröffentlichung des Stomp IO Fußcontrollers mit integriertem Audio-Interface (Test in Heft 4/2008) präsentierte IK Multimedia mit X-Gear eine Software, die als Host für sämtliche bis dato und auch zukünftig entwickelten Amplitube-Produkte dient. Sinn und Zweck: Über X-Gear sind die Verstärker-, Boxen-, Abnahme-Mikrofon- und Effekt-Simulationen sämtlicher Einzelprodukte frei miteinander kombinierbar. Damit offeriert der Hersteller eine modular erweiterbare Lösung, die mit Zukauf jeder weiteren Amplitube-Simulation immer Klang gewaltiger wird. Der Clou: Der Anwender erhält Möglichkeiten zur Soundgestaltung, die über das real Machbare hinausgehen. Bei Einsatz aller Simulationen sollen laut Hersteller bis zu 180.000 Kombinationen möglich sein. X-Gear liegt ab sofort jedem Amplitube-Produkt kostenlos bei. Die Bedienoberfläche und die Einstellmöglichkeiten von X-Gear sind dabei identisch zu den bislang veröffentlichten Simulationen Amplitube 2, Amplitube Jimi Hendrix und Metal sowie Ampeg SVX. Über vier Menüs lassen sich wechselweise Dialoge zur Auswahl und Einstellung der Verstärker, Boxen und Mikrofone, Bodeneffekte und eines Studio-Effekte-Racks aufrufen. Zwei Verstärker-Setups können gleichzeitig erstellt werden, die über acht unterschiedliche Signal-Routings miteinander verbunden werden können. Besonderheit: Der Verstärker-Dialog erlaubt die separate Auswahl des Vorverstärkers, der Klangregelung und des Endstufen-Verstärkers. Eine Matched-Funktion sorgt automatisch für die richtige Zuweisung der passenden Komponenten bei Auswahl eines Amps. Logischerweise macht X-Gear erst so richtig Spaß, wenn man Besitzer von mindestens zwei IK Multimedia-Verstärker-Plug-ins ist.
Im Test greifen wir auf die komplette Produktlinie zu, die automatisch bei Kauf von Stomp IO im Lieferumfang enthalten ist. In dieser Ausbaustufe ist X-Gear der Sieger in Sachen Verstärker-, Boxen- und Effekte-Auswahl, die von Vintage bis Modern geht und von Röhre bis Transistor reicht. Im Repertoire finden sich Klassiker aus dem Hause Fender und Marshall, der Vox AC 30 ist dabei, genauso wie eine Reihe von Mesa Boogie Verstärkern. Als besondere Leckerchen enthält etwa Amplitube Metal noch den Peavey 5150-Eddie-van-Halen Amp sowie den JMP 100 Vorverstärker von Marshall. Für den High-Gain-Test entscheiden wir uns für den Eddie-van-Halen-Amp mit gematchtem 4x12er-Cabinet. Ein schneidend scharfer und stahlharter Rasierapparat-Sound dringt anschließend aus den Monitoren – Metaller auf den Spuren von Dimebag Darrell werden ihn lieben. Allerdings fehlt es ihm ein wenig am Bass-Fundament, das sich auch nicht mit der Klangregelung aufpeppen lässt. Abhilfe schafft der Randall Warhead-Verstärker mit integriertem graphischem Equalizer, der eine detaillierte Modellierung des Klangs gestattet. Bei den Clean-Sounds entscheiden wir uns für den Jimi Hendrix Twin Reverb mit einzelnem 12-Zoll-Lautsprecher und erhalten den typischen Vintage-Sound dieses Verstärkers mit den präsenten, kristall-klaren Höhen und dem subtilen Anzerren des Gitarrenklangs. Dagegen liefert die Kombination Fender Deluxe Reverb 65 plus 1x12er-Open-Vintage-Box aus dem Amplitube 2-Paket einen durch und durch cleanen Sound, der fast schon an einen Transistor-Verstärker erinnert. Vor allem die äußerst feine Höhen-Auflösung, die den Klang wunderbar luftig macht, weiß zu gefallen. Eine optimale Wahl für alle, die ihr Gitarrensignal möglichst verzerrungsfrei übertragen wollen. In Sachen Crunch vertrauen wir wiederum auf die Jimi Hendrix-Verstärker und wählen standesgemäß einen Fender Bassman aus, der sein Signal über die dazu passende Box mit zwei 15-Zoll-Lautsprechern schickt. Das Ergebnis begeistert auf Anhieb mit seinem vordergründigen und wohlig-angenehmen Sound, der den unteren Mitten schmeichelt und die Höhen seidig glänzen lässt. Insgesamt bietet die Amplitube-Produktlinie von IK Multimedia für jeden Musikstil den passenden Verstärker. Und jetzt stellen Sie sich einmal vor, was man mit den Möglichkeiten von X-Gear noch zusätzlich an Sounds herausholen kann. Absolute Empfehlung für diejenigen, die ein breites Repertoire an Musik-Genres abdecken wollen.
Die Gear Box des amerikanischen Herstellers und Emulations-Spezialisten erster Stunde, Line 6, ist die Plug-in und Stand-alone Software-Lösung für alle Produkte der PODxt-, POD X3-, TonePort und Guitar-Port-Serien. Ohne passende Hardware ist das Plug-in allerdings nicht einsetzbar – auch ein wirksamer Kopierschutz. Es gibt von Line 6 – vergleiche die Tests des UX8 (Test in Ausgabe 2/2008) oder des Toneport KB37 (Test in Ausgabe13/2006) – unterschiedliche Interfaces mit gänzlich verschiedener Ausstattung und Ausrichtung. Gitarristen, egal ob Anfänger oder Profi stehen bei der üppig ausgestatteten Gold-Edition (siehe Tabelle Seite 42) vor einer riesigen Auswahl an Amps (unter anderem von Fender, Marshall, Mesa Boogie, Vox, Soldano, Bogner, Peavey oder Engl), Cabinets aller Couleur und einer Armada von Effekten, um sich nach allen Regeln der Gitarrenkunst einmal richtig auszutoben. Zusätzliche Model-Packs und die Online-Datenbank unter http://www.customtone.com/ bieten zusätzlich eine schier unendliche Vielfalt an Sound-Presets. Ist die Installations-Hürde genommen und das Plug-in registriert und aktiviert – dafür muss der Computer ans Internet angeschlossen sein – kann unmittelbar losgelegt werden. Latenz-Probleme gibt es dank der stabilen Treiber nicht. Die Gear Box hat an Verstärker-Emulationen und Grundsounds im besten Sinne alle Klischees parat und der überwiegende Teil klingt ohne weiteres Zutun direkt amtlich. Manchmal erscheinen sie zwar etwas steril und nicht so organisch wie die RAL- oder Revalver-Sounds, aber insgesamt sind sie sehr überzeugend. Die Simulation des Fender Deluxe Reverb, den wir für das cleane Testfile verwenden, kommt klirrend klar, nach Wunsch mit rotzigem Röhren-Drive und in Kombination mit einem 2×12-Bassman-Cabinet mit sattem Ton. Transistor-Freunde sollten den Line 6 Super Clean testen – klarer geht’s nimmer. Für den Crunch-Sound überzeugt ein Fender Bassman-Klon. Dieser sorgt für einen bissigen Blues-Sound, wobei als Cabinet eine 2×12-Bassman-Box unsere erste Wahl ist – erstaunlich, wie unterschiedlich die verschiedenen Boxen klingen, zeigt sich die 1×12-Variante deutlich mulmiger. Die Mikrofonwahl zur Abnahme (Shure SM57, Sennheiser MD-421 oder Neumann U67) kann die klangliche Präferenz zudem weiter optimieren. Für den High-Gain-Track wählen wir eine Soldano-SLO-100 mit 4×12-Cabinet und 1968 Greenback 25-Speakern. Der körnige, bei Single-Notes und Solo-Phrasen sehr weiche und insgesamt druckvolle Sound erinnert -authentisch an den Metal-Sound der 80-er-Jahre. Besonders Flitzefinger bekommen mit diesem Amp, und dem endlosen Sustain richtig Spaß. Die Geheim-Zerre ist aber in jedem Fall die Bogner-Überschall-Emulation. Druckvoll und organisch setzt sich der Sound des Boutique-Amps in Szene und klingt am Besten, wenn die Gain auf zirka 12 Uhr steht. Bleibt schlussendlich noch zu erwähnen, dass Line 6 außerdem eine ganze Palette an modernen Metal- und Ultra-Distortion-Sounds (Line6 Agro, Chemical X, Line 6 Insane) bereitstellt und damit auch die Hardcore- und Industrial-Fraktion zufrieden stellt.
Guitar Rig Session von Native Instruments ist ein attraktives Einsteigerpaket: Es wird mit Session I/O, einem schnuckeligen, nur handtellergroßen USB-Audio-Interface geliefert, das neben zwei Hi-Z-Instrumenten-Eingängen auch einen Mikrofoneingang bietet. Im Verbund mit dem mitgelieferten Softwarebundle ist alles Notwendige zur Erstellung hochwertiger Demoaufnahmen an Bord. Speziell Gitarristen und Bassisten freuen sich über Guitar Rig XE, eine abgespeckte Version von Guitar Rig 3 (ausführlicher Test in Ausgabe 12/2007). Gegenüber der ausgezeichneten Vollversion gibt es weniger Verstärker-Emulationen und Effekte, außerdem fehlt das üppige Cabinets- und Mics-Modul. Dafür garantiert das mit Guitar Rig 3 eingeführte „Matched Cabinet“-Modul auch unerfahrenen Benutzern eine immer sehr gut klingende Amp-Boxen-Kombination – wenige Mausklicks genügen. Dass die XE-Version im Vergleich zur Vollversion ohne geniale Emulationen wie den Hypersonic (Bogner Überschall) oder den Tweed Delight (Fender Tweed Deluxe) auskommt, ist für Guitar-Rig-Kenner ein Wermutstropfen, aber in der Praxis tatsächlich verschmerzbar. Denn das vorhandene Verstärker-Angebot ist allemal ausreichend, um Stilistiken von Jazz, Blues/Rock bis Metal abzudecken. Bevor wir uns dem Klang der Verstärker-Simulationen widmen, richten wir Augen- und Ohrenmerk auf das Session I/O. Der praktische Umgang mit dem schicken Winz-Interface ist völlig unproblematisch – von der Treiberinstallation, über die Einbindung in Cubase 4 und Sonar 7, bis zur Aufnahme. Die Latenzen sind auch bei einem schlicht ausgestatteten Notebook mit 2,9 Millisekunden bei 24 Bit/48 Kilohertz erfreulich niedrig – den guten Treibern sei dank. Klanglich ist das Interface trotz einer ganz leichten Höhenvorliebe auf der neutralen Seite und praktisch eigenrausch- und verzerrungsfrei. Somit empfiehlt sich Session I/O auch für Aufnahmen mit guten Kondensatormikrofonen. Insoweit haben die Berliner an alles gedacht.
Guitar Rig XE beschert uns in kürzester Zeit klangliche Erfolgserlebnisse. Diese Software erfreut Eilige und Einsteiger gleichermaßen, denn umfangreiche Tuning-Maßnahmen sind nicht vonnöten, um ansprechende Sounds zu erhalten. Die Emulation des guten alten Marschall JCM 800, 800 Lead genannt, sorgt für einen High-Gain-Sound mit einiger Schlagkraft, wobei der Software-Amp dank „Matched Cabinet“ deutlich pfundiger rüberkommt als noch bei Guitar Rig 2. Das Zerrverhalten ist in puncto Natürlichkeit mehr als zufriedenstellend – insoweit wird dieser Amp-Klon nur von den Mitbewerbern der absoluten Spitzenklasse und der Konkurrenz aus eigenem Hause, dem tollen Hypersonic, übertroffen. Der Twang-Reverb (Fender Twin Reverb) ist für den Clean-Track erste Wahl: Sehr gut klingt bei dieser Emulation in jedem Fall der virtuelle Feder-Hall. Der Amp selbst besitzt ohne Zweifel Fender-Charakter, ohne allerdings die Höhen-Brillanz des Vorbilds zu erreichen. Dafür gefällt die sanft, wenn auch etwas zu früh einsetzende, sehr röhrige Verzerrung. Für den Crunch-Sound nehmen wir den Citrus, eine rundum überzeugende Orange-Emulation, die mit Guitar Rig 3 ihre Premiere feierte: Dieser Amp hat einen ganz eigenen Charakter, jenseits der üblichen Verdächtigen Marke Fender Bassman und verbindet bei moderater Gain-Einstellung Klarheit mit britischer Raubeinigkeit – unbedingt antesten.
Der Name ist Programm: Rock Amp Legends von Nomad Factory setzt einen Schwerpunkt auf klassische Vintage-Röhrenverstärker. Dies zeigt sich auch in der Bedienoberfläche, die ein liebevoll reproduziertes Marshall-Topteil zeigt. Vorteil: Die Bedienung ist binnen weniger Augenblicke verstanden. Ein Druck auf den FX-Button wechselt zur Effekt-Seite, die zum Großteil mit Studio-Effekten bestückt ist und erst gar nicht versucht, mit all den klassischen Bodeneffekten in Konkurrenz treten zu wollen. Die Auswahl an emulierten Verstärkern ist in Zusammenarbeit mit Jimmy Crespo entstanden, der von 1978 bis 1984 als Gitarrist in den Diensten von Aerosmith stand und sich daneben als Studio-Gitarrist einen Namen gemacht hat. Anders als bei vielen Mitbewerbern offeriert Rock Amp Legends ausschließlich Emulationen kompletter Verstärker-Legenden. Eine Kombination der Verstärker-, Boxen- und Aufnahme-Mikrofone, mit der sich Setups jenseits des real Machbaren realisieren lassen, ist nicht vorgesehen. Im Arsenal finden sich Marshall-Verstärker wie den Plexi, den JCM 800 und den Bluesbreaker, die in jeweils drei wählbaren Mikrofon-Varianten vorliegen. Ganz klassisch wird’s mit den Bassman- und Twin Reverb-Modellen in unterschiedlichen Boxen-Varianten. Der modernste Vertreter wird von einer Emulation des Mesa Boogie Dual Rectifier gestellt. Im Test wählen wir für die High-Gain Sounds sowohl eine JCM800-, als auch eine Rectifier-Emulation, die jeweils fest mit einer 4x12er-Box ausgestattet sind. Der Sound ist durchweg kräftig, erdig und mit einer angenehmen Wärme und Kratzigkeit durchsetzt, die mehr an die 70er Jahre erinnert, als an die modernen Metal-Amps der Neuzeit. Das damit einhergehende Verstärker-Rauschen beim Ausklingen der Saiten ist allerdings ein wenig zu authentisch emuliert, was sich nur schwer mit dem eingebauten Noise Gate zähmen lässt. Dennoch: Wer es klassisch rockig mag, wird hier seine wahre Freude haben. Bei den Clean-Sounds überzeugt die Twin Reverb-Emulation mit ihrem sauberen, höhenpräsenten Ton inklusive ganz leichter Zerre, die wir durch Anwahl des High-Eingangs erreichen. Besonders gut gefällt dabei die eingebaute Hall-Simulation. Doch auch beim Twin Reverb fällt wiederum ein eher weiches Klangbild auf, was den prägnanten Twin Reverb-Klang zwar sehr gut wiedergibt, aber insgesamt eher etwas passiv erscheinen lässt. Ähnlich verhält es sich auch in der Crunch-Abteilung bei Einsatz der Tweed-Verstärker. Sie überzeugen durch ein -ordentliches Pfund im unteren Mittenbereich und klingen insgesamt etwas verhalten und durchaus schmeichelnd. Mit der kraftvoll arbeitenden Klangregelung kitzeln wir trotzdem noch die nötige Portion Schärfe und Bissigkeit heraus. Für Puristen ist Rock Amp Legends ein Muss.
Mit der Revalver MK III-Software hat es sich der namhafte Verstärker-Hersteller Peavey nicht nehmen lassen, ebenfalls ein gewichtiges Wörtchen im Konzert der Amp-Plug-ins mitzureden. Die Software bietet alles, was zur Klangformung eines Gitarrensignals notwendig ist und noch viel mehr. Die Bedienoberfläche zeigt ein 19-Zoll-Rack, das sich nach Belieben mit Verstärkern, Boxen und Effekten bestücken lässt. Ein Verstärker-Setup ist in Windeseile zusammengestellt und nach allen Regeln der Kunst eingestellt. Doch das ist nur die erste Ebene der Eingriffsmöglichkeiten. Denn wo bei den Mitbewerbern die Gestaltungsmöglichkeiten enden, fangen sie bei Revalver erst an. So kann der Benutzer seinen eigenen Frankenstein-Verstärker aus einzelnen Vorstufen, Amp-Klangregelungen und Endstufen zusammensetzen. Absolutes und einzigartiges Highlight ist die Möglichkeit, nachträglich in fast jedes Klang-formende Bauteil eines Verstärkers einzugreifen, angefangen bei den Röhren, über die Transformatoren bis hin zum Netzteil. Dazu poppt jeweils ein eigenes Dialogfenster mit zum Teil unzähligen Parametern auf. Wer sich in Röhrentechnik auskennt, kann den Sound nachhaltig ändern durch Austausch des Röhrentyps, Änderung der Gitter- und Kathodenspannung und noch viel mehr. Soundfrickler und Amp-Experten werden mit Revalver MK III eine unerschöpfliche Spielwiese zum Sound-Tuning erhalten. Anfänger sollten allerdings die Finger davon lassen. Denn ehe man sich versieht, taucht man in die Tiefen des Röhrentunings ab und verliert sich dort. An Boxen-Modulen stehen zwei ebenfalls unkonventionelle Varianten zur Auswahl. Das erste Modul ist ein reiner Faltungsprozessor und emuliert den Boxensound über Impulsantworten. Revalver MK III gestattet es sogar, eigene Impulsantworten im Plug-in zu erstellen und solche von Drittanbietern zu importieren. Das zweite Modul erlaubt die völlig freie Definition eines eigenen Boxentyps, angefangen mit der Gehäusegröße und der Lautsprecherbestückung, bis hin zum Mikrofontyp und seiner Positionierung. Weitere Highlights finden sich in einer Reihe von Tools wie einem Frequenz-Analyser und einem THD-Modul zur Anzeige und zum Eingriff in die bestehenden Verzerrungen. Last but not Least gestattet Revalver MK III auch die Integration von Drittanbieter-VST-Plug-ins in sein virtuelles Rack.
iese Opulenz an Gestaltungsmöglichkeiten ist uns bis dato noch bei keinem anderen Produkt untergekommen. Wer es nicht ganz so detailliert mag, wählt eines der kompletten Verstärker-Module aus. Selbstverständlich enthält das Plug-in Amp-Emulationen aus eigener Herstellung wie den Eddie-van-Halen-6505-Amp. Neben Standards wie Fender Twin Reverb, Bassman, Marshall JCM 900 und Bluesbreaker sowie Vox AC 30 enthält das Repertoire auch noch weitere Schätzchen wie den Joe-Satriani-Signature Amp und den Triple X-Rectifier von Mesa Boogie, gefolgt von einem Matchless-Combo. Im Test lassen wir es uns natürlich nicht nehmen und basteln uns für den High-Gain-Sound einen eigenen Verstärker aus dem Joe-Satriani-Preamp mit der Endstufe des 6505-Amps zusammen. Das Signal geht anschließend über die 4x12er-Joe-Satriani-Box. Das Ergebnis weiß rundum zu überzeugen. Wir erhalten einen ausgewogenen und druckvollen Sound mit prägnantem Höhenanteil, der die künstlichen Obertöne des Riffs sehr schön in Szene setzt und sie nicht unangenehm schrill erklingen lässt. Durch Eingriff in die Vorstufen-Röhren nehmen wir noch einmal Einfluss auf das Klangbild, das wir je nach Röhrentyp mal etwas heller oder dunkler und bassiger gestalten. Auffällig ist auch eine sehr deutliche Klangänderung bei Wechsel des Boxentyps im Faltungs-Prozessor. In Sachen Clean-Sound wählen wir anstelle des Twin Reverb, den Matchless-Combo, gepaart mit einer 2×10-Zoll-Box. Wir erhalten einen durchweg verzerrungsfreien Sound, der wohlig angenehm in den Mitten erklingt und mit seidigen Höhen daherkommt. Er klingt einfach nur edel und zeichnet sich durch vornehme Zurückhaltung aus. Durch entsprechendes Röhrentuning verwandeln wir den zuvor noch zahmen Matchless jedoch recht schnell in einen raubeinigen Blueser, der jetzt sein Signal über eine 4x12er-Alnico-Box überträgt. Zwar ist das Signal jetzt deutlich verzerrter und die Single-Notes singen wie gewünscht. Doch insgesamt ist die Verzerrung bei geschlagenen Akkorden zu zahm und erinnert mehr an Rockabilly oder Old-School-Blues. Richtig original nach Chicago-Blues klingts schließlich bei Einsatz des Bassman-Modells mit einer 2x12er-Box.
Hinter dem schlicht aussehenden Plug-in Studio Devil steht ein Mann: Der Amerikaner Marc Gallo, seines Zeichens studierter Ingenieur und AES-Mitglied. Er erfand die sogenannte Tube Preamplifier Emulation Technology, eine aufwändige Methode zur Emulierung des Zerrverhaltens von 12AX7A-Vorstufenröhren. Diese Technik verhilft dem Studio Devil-Plug-in, dessen Benutzer-Interface an analoge Hardware-Preamps älterer Bauart erinnert, zu seinem Klang. Was auf den ersten Blick niemand vernutet: Hinter dem GUI und den wenigen Presets verbergen sich nicht nur Klassiker-Emulationen wie ein 100 Watt Marshall-Stack oder ein Fender Bassman, sondern auch sündhaft teure Hardware-Leckerlis wie ein Soldano SLO-100 oder ein Matchless-Combo. Der Kenner schnalzt da natürlich anerkennend mit der Zunge und denkt unwillkürlich an perfekte, ausgewogene High-Gain- und feine Boutique-Crunch-Sounds. Dafür gibt es keinerlei Effekte und auch bei den Boxen ist der Studio Devil auf die Emulation zweier Modelle beschränkt: Stack und Combo. Wer hier mehr Auswahlmöglichkeiten verlangt, soll der Empfehlung Marc Gallos folgen: In der Stellung „D.I.-Box“ erklingt nur der Verstärker. Dieses Signal lässt sich dann ohne Weiteres mit den Cabinets und Effekten eines Fremd-Plug-ins aufpeppen. Wer jetzt allerdings annimmt, der Studio Devil habe – auch angesichts seines Preises von gerade mal 60 Euro – nichts zu bieten, befindet sich gänzlich auf dem Holzweg. Dieses Plug-in liefert bei den High-Gain-Emulationen (Marshall und Soldano) einen dermaßen mächtigen, durchsetzungsfähigen Kraftmeier-Sound, dass wir fast vergessen, dass es sich „nur“ um Software handelt. Obwohl uns die Marshall-Emulation ganz ausgezeichnet gefällt, entscheiden wir uns für den etwas runderen Soldano. Die Emulation der Stack-Boxen ist den Entwicklern hervorragend gelungen: Die mächtigen Bässe und kräftigen Hochmitten sowie die Höhen erinnern deutlich an Marshall. Klasse. Studio Devil überzeugt nicht weniger bei angezerrten Sounds: Ob Fender-Combo oder Matchless: Die jeweiligen Klangcharakteristiken sind wunderbar getroffen und Verzerrungen sind immer ausgesprochen warm und harmonisch. Da kann so mancher Billig-Röhrenamp aus Fernost nicht mithalten. Bei aller Begeisterung über das kostengünstige Plug-in aus den USA: Glasklare, verzerrungsfreie Sounds hat der dynamische Teufel nicht zu bieten. Zumindest konnten wir, trotz langer Einstellarbeit, nicht fündig werden. Wer allerdings auch bei Clean-Sounds einen gewissen Grad an Röhren-Zerre schätzt, ist mit dem Studio Devil gut bedient. Übrigens: Wer sich selbst von der Kompetenz Marc Gallos überzeugen möchte, kann unter www.studiodevil.com das kostenlose Plug-in Studio Devil BVC herunterladen. Dabei handelt es sich um die Emulation eines Marshall JCM 800-Stacks, der richtig rockt.
Die üppig ausgestattete Gitarristen-Software GTR-3 der israelischen Software-Schmiede Waves stand schon lange auf der Wunschliste der Testredaktion. Davon abgesehen, dass Waves-Produkte im Allgemeinen in der ersten Liga spielen und dementsprechend in früheren Tests von Professional audio Magazin stets Höchstnoten einfahren konnten, lockt GTR-3 uns Gitarristen ganz besonders: Diese Software entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Gitarrenbaumeister Paul Reed Smith, dessen edle E-Gitarren für viele das Non-Plus-Ultra in puncto Verarbeitung, Bespielbarkeit und Klang darstellen. Früchte dieser Kooperation: In GTR-3 finden sich jede Menge Amp-Emulationen, die Software-Nachbauten von Einzelstücken aus der privaten Sammlung des Mr. Smith darstellen. Außerdem ließ es sich PRS, wie er in der Szene auch genannt wird, nicht nehmen, selbst eigene Presets beizusteuern. Damit nicht genug: Mit dem Guitar Interface bietet Waves eine aktive D.I.-Box an, die PRS entwickelt hat und die speziell auf E-Gitarren zugeschnitten ist. Dieser vorzüglich verarbeitete kleine Preamp, der sich wahlweise mit zwei 9-Volt-Blöcken oder Netzteil betreiben lässt, hätte bestens in den D.I.-Boxen-Test in Ausgabe 7/2008 gepasst: Nicht nur, dass das schwarze Kistchen mit ausgezeichneten Messwerten wie beispielsweise 95,9 und 93,0 dBu für Geräusch- und Fremdspannungsabstand aufwartet – es klingt auch richtig gut: Sie benötigen nicht mehr als einen erstklassigen A/D-Wandler und eine gute Gitarre und werden mit einem wundervoll runden, warmen Clean-Sound belohnt, der keiner Aufbereitung mittels Effekten bedarf. Das Waves Guitar Interface ist auch – ebenso wie der sehr gute Fuß-Controller GTR-Ground – separat erhältlich und schlägt mit moderaten 84 Euro zu Buche. Unseres Erachtens ist es ein heißer Tipp für jeden Gitarristen, der eine D.I.-Box mit einnehmendem Klangcharakter sucht. Teil des Komplett-Bundles – also inklusive Interface und GTR-Ground – sind auch drei Tutorial-DVDs. Diese sollten sich auch Fortgeschrittene unbedingt ansehen, denn GTR-3 ist eine mächtige Software, die dem Benutzer einige Einstellarbeit abverlangt. Das gilt glücklicherweise nicht für die massive Controller-Einheit: Dank der Verwendung generischer Treiber, ist sie schnellstmöglich einsetzbar. Gerade für das Spiel der zahlreichen Bodentreter, die nach Meinung von GTR-Kennern die Sahneschnitten dieser Software darstellen, ist GTR-Ground ein Muss. Außerdem verdient der grundsolide Controller ohne Weiteres das Prädikat live-tauglich.
Kommen wir jetzt zum Eingemachten, den Sounds der Amps und Cabinets. Unsere erste Begegnung mit den Klängen ist eher ernüchternd: Während wir mit allen anderen Plug-ins mehr oder weniger zügig zufriedenstellende bis hervorragende High-Gain-Sounds finden, dauert das mit GTR-3 bedeutend länger. Wenig überzeugen kann uns „Modern“, eine Mesa Rectifier-Emulation. Trotz typischem Bass-Schub fehlt uns insgesamt der Druck, den andere Emulationen sofort – gewissermaßen frisch ausgepackt – aufbauen. Außerdem klingt der Höhenbereich etwas künstlich und brüchig. Sehr viel besser ist „Monster“, wohinter sich ein 100-Watt-Marshall-Top verbirgt. Dieser Amp bringt im Verbund mit einer erstklassig emulierten 4x12er-Box mit Celestion Vintage 30-Speakern ein fettes Pfund. Allerdings fällt auch hier der Höhenbereich ab, außerdem sind die starken Nebengeräusche auch mit dem Noise-Gate nicht in den Griff zu bekommen. Das spezielle PRS-Preset für den Monster bringt zwar noch mehr Power und klingt auch in den Höhen überzeugender, dafür übersteigen die Nebengeräusche das noch tolerable Maß. In der Clean- und Crunch-Abteilung kann das Waves Plug-in einiges an Boden gut machen: Bei den Clean-Amps hat GTR-3 zwar keinen Twin Reverb im Angebot, dafür finden wir mit „Warm“, einem der Amps der PRS-Sammlung, einen sehr flexiblen, vollmundig klingenden Verstärker, der – je nach Einstellung – auch einen guten Schuss Höhenbrillanz bereithält. Die Sonne geht endgültig mit der Emulation des Fender Super Reverb auf, der bei Waves schlicht „Drive“ heißt. Wir wählen ihn als optimalen Verstärker für den Blues-Track. Aus einem Grund: Mit einer Strat erhalten wir den Stevie Ray Vaughn-Sound. Allein der offene E7#9-Akkord präsentiert sich eingehüllt in eine weiche, ungemein transparente Verzerrung, die dem vergleichsweise komplexen Voicing keine Gewalt antut. Außerdem reagiert dieser Amp sehr lebendig und dynamisch auf die unterschiedlichsten Anschlagsarten. Ganz wie im richtigen Leben. Spätestens mit diesem Klasse-Verstärker belegt Waves, dass auch GTR-3 eine Spitzensoftware ist, die auch anspruchsvollen Gitarristen-Ohren – jedenfalls bei den eher Vintage-orientierten Clean- und Crunchsounds – schmeichelt.
Für sein ZFX Control Package hat Zoom ein pralles Ausstattungspaket geschnürt: Zur Fußcontroller-/Audio-Interface-Kombination und einem eindrucksvoll ausgestatteten Amp-Plug-in eigener Entwicklung, packt der Hersteller für rund 260 Euro Gesamtpreis neben Cubase LE4 sogar noch Guitar Rig 3 LE obendrauf. Das macht nicht nur Einsteiger mit schmalem Geldbeutel sondern auch uns neugierig. Hinzu kommt, dass die Gitarren-Effekt-Prozessoren von Zoom schon seit den 1990er-Jahren einen guten Ruf genießen und außerdem das ZFX-Interface eine Besonderheit aufweist, auf die gerade die Gitarren-Fraktion anspringt: Es verfügt über eine zusätzliche ECC83/12AX7-Röhrenvorstufe, die sich nach Gusto dem Eingangssignal stufenlos beimischen lässt. Obwohl die Röhre ausweislich unserer Messungen mit 4,4 Volt unterheizt und mit zu geringer Anodenspannung betrieben wird, sorgt sie gleichfalls für tüchtige Verzerrungen, wobei harmonische Oberwellen zweiter Ordnung dominieren (siehe FFT-Spektrum, Seite 40). Hörbar wirkt sich das, bei feinfühliger Beimischung, vor allem in den Höhen und bei Transienten aus, die etwas weicher und gleichzeitig ein Quäntchen luftiger erscheinen. Für eine Extraportion Wärme muss die Röhrenstufe indes nicht sorgen. Das Interface klingt grundsätzlich sehr warm, mit ausgeprägtem Mittenbauch und ist weit entfernt von der Klarheit des Session I/O. Angenehm ins Ohr geht dieser Sound aber in jedem Fall und gerade Gitarristen, die den Klang einer trocken aufgenommenen E-Gitarre nicht mögen, werden daran eher Gefallen finden. Zumal auch Griffgeräusche und Unsauberkeiten damit unterdrückt werden. Die maximale Auflösung reicht nur bis maximal 24 Bit/48 Kilohertz, was aber gerade für Einsteiger allemal ausreichend ist. Die Verarbeitung ist mehr als zufriedenstellend und das Fußpedal und die Controller-Schalter sind auch gegen heftige Stepp-Tanz-Attacken gewappnet.
Wichtig zu wissen: Das Zoom-eigene Emulations-Plug-in, ZFX genannt, lässt sich nur aufrufen, wenn das Interface mit dem Rechner verbunden ist. Allerdings erlaubt Zoom dem Anwender, unter Cubase oder Sonar ein anderes Audio-Gerät für Ein- und Ausgabe zu verwenden. Insofern haben wir während dieses Tests mit dem Lynx Aurora 8 unser bewährtes Interface verwendet. Das ZFX-Plug-in hat eine hübsche Amp- und Cabinet-Sammlung an Bord, die auch renommierte Mitbewerber schwerlich toppen können. Neben den Quasi-Standard-Emulationen wie Fender Twin Reverb und Bassman, Vox AC30, Marshall Plexi und JCM 800, finden sich hier auch einige modernere High-End-Verstärker: Dabei sind ein Matchless Chieftain, ein Diezel Herbert und sogar der recht neue E(ddie)V(an)H(alen)-Amp. Außerdem erlaubt diese Software die umfangreichsten Eingriffsmöglichkeiten bei der virtuellen Mikrofonierung der zahlreichen Boxen. Hier kann die Position des ausgewählten Mikrofons sowohl bei der Ausrichtung auf die Lautsprecher-Membran als auch beim Abstand zu den Lautsprechern praktisch stufenlos verschoben werden. Mit teilweise drastischen, durchaus der Wirklichkeit entsprechenden, klanglichen Auswirkungen. Trotz dieser und noch weiterer umfangreicher und auch von Einsteigern zu bewältigenden Einstellmöglichkeiten, erreichen die Emulationen der ZFX-Software nicht die Klangqualität der übrigen Testkandidaten. Unser erster Kandidat für den Heavy-Track ist die Nachbildung des Diezel Herbert, einer der edelsten und besten High-Gain-Amps auf dem Weltmarkt. Die optisch ansprechende Emulation kann hingegen nicht überzeugen und klingt leicht muffig und wenig druckvoll. Auch das Einladen des Rectifier-Clons bringt nur wenig Besserung: Hier mulmt es bei den unteren Frequenzen doch etwas zu sehr. Dagegen überzeugt der EvH-Amp und liefert uns ein sattes Heavy-Brett, dem es allenfalls an der Wucht und Durchschlagskraft der Konkurrenten fehlt. Aber gut gelungen ist diese Nachbildung auf jeden Fall. Der für den Clean-Track auserkorene Fender Twin Reverb dämpft dann wieder die kurzzeitig aufgekommene Freude. Obwohl Zoom den Twin Reverb in der Grundtendenz getroffen hat, wirken auch hier die Tiefen dumpf und belegt. Dem ist auch mittels heftigen Schraubens an den virtuellen Reglern nicht beizukommen. Diese mittelschwere Enttäuschung macht das ZFX-Plug-in dann wieder mit seinem angenehm zerrenden Bassman-Clon, der für den Blues-Track zum Einsatz kommt, wett. Zwar können es alle anderen Testkandidaten besser, gut klingt es allemal. Manch eingeschworener Gegner von digitalen Amp-Nachbildungen wird sich wundern, was Software-Entwickler heute alles hinbekommen. Auch für vergleichsweise wenig Geld, wie Zoom beweist.
Fazit
Ein Sieger kann aus diesem Vergleichstest nicht hervorgehen. Sämtliche Produkte besitzen ihre ganz eigenen Qualitäten, die je nach Geschmack sowohl positiv als auch negativ bewertet werden können. Das Ergebnis kann daher nur subjektiv gefärbt sein, zumal nicht jedes Produkt in all seiner Tiefe durchgetestet werden konnte. Dennoch zeigen sich in den drei Disziplinen Hi-Gain, Crunch und Clean deutliche Tendenzen, die Aufschluss über den klanglichen Schwerpunkt geben. Den tiefsten Eindruck in Sachen Hi-Gain haben dabei der Virtual Guitar Amp, die Rock Amp Legends und Digidesigns Eleven-Plug-in hinterlassen, dicht gefolgt von Peaveys Revalver. Ihr Sound konnte durch Druck und einen edlen Anstrich im Test am meisten überzeugen, wobei die Rock Amp Legends einen eindeutigen Retro-Touch besitzen. Im Mittelfeld tummeln sich die Gear Box, die deutlich prägnanter klingt als Guitar Rig Session. Insgesamt enttäuschend zeigen sich die Hi-Gain Sounds im Waves- und Zoom-Kandidaten, die im Vergleich zu den übrigen Mitbewerbern klanglich entweder nicht höhenreich genug aufgelöst sind, oder im letzteren Fall einfach zu mulmig klingen. Bei GTR3 gerät das Einstellen eines zufrieden stellenden Sounds zum Geduldsspiel, was meistens mit einem nicht tolerierbaren Rauschen einhergeht. Eine Sonderstellung nimmt IK Multimedias X-Gear ein. Wer rasiermesserscharfe-Zerr-Sounds mag, wird die Emulationen lieben. Doch im Vergleich mit den übrigen Kandidaten sind gerade die Metal-Sounds zumeist eher höhenlastig und mit wenig Bassfundament ausgestattet. Überraschend zeigt sich das Ergebnis in der Crunch-Disziplin. Hier kann jeder Kandidat punkten und sich gehörig in Szene setzen. Ein markanter Ausreißer ist nicht auszumachen. Die klanglichen Unterschiede zeigen sich höchstens marginal in unterschiedlich hellen oder dunklen Sounds, was jedoch nicht ins Gewicht fällt. Bei den Clean-Sounds ist das Testfeld jedoch zweigeteilt. X-Gear, Revalver, Guitar Rig Session und GTR3 überzeugen durch verzerrungsfreie Clean-Sounds, wobei IK Multimedia den am feinsten aufgelösten Klang liefert. Revalver hingegen begeistert durch einen edlen Gesamtsound. Den charakteristischen subtil angezerrten Clean-Sound der Marke Fender beherrschen die oben genannten Plug-ins ebenfalls aufs Beste, genauso wie die Gear Box und die Rock Amp Legends. Das Waves GTR3 kann hier, zusammen mit den Crunch-Sounds wieder deutlich aufholen. Ein Reinfall sind hingegen die Clean Sounds von Digidesign Eleven, Studio Devil Virtual Guitar Amp und Zoom ZFX. Die zwei erstgenannten liefern durchweg zu stark angezerrte Sounds, die nur wenig mit dem zu tun haben, was wir uns unter einem Fender-Clean-Sound vorstellen. Das Einstellen des Gain-Reglers bis fast auf Null liefert kein befriedigendes Ergebnis. Beim ZFX-Plug-in schimmert zwar der typische Fender-Klang durch, insgesamt klingt der Twin-Clon aber viel zu dumpf. Ein Aufreißen von Höhen- und Presence-Regler bietet keine Abhilfe. Wer ausschließlich auf Zerr- und Crunch-Sounds setzt, wird am meisten von den Plug-ins der Hersteller Digidesign, Studio Devil und Nomad Factory profitieren. In Bezug auf Vielseitigkeit sind X-Gear, GTR3, Gear Box, ZFX, Guitar Rig Session und Revalver die erste Wahl, wobei sich das Peavey-Plug-in an Experten wendet.
Erschienen in Ausgabe 10/2008
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 375 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut
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