Feel the Groove Teil 2

Richtig mit Maschine arbeiten – Maschine hat eine für Anfänger nicht immer leicht zu verstehende Mischung aus Einfachheit und Komplexität – oft hilft aber ein kleiner Tipp weiter. Nach dem Hardware-Test in der letzten Ausgabe bietet Autor Heiner Kruse diesmal eine Übersicht über Workflowdetails – auch für bestehende Maschine User. Der Workflow der als Software mit Controller konzipierten Maschine wurde für die Maschine+ Hardware übernommen, so dass die Arbeit mit Maschine+ auch ein Test für alle Maschine-Versionen ist, wie gut man nun mit dem Controller Standalone arbeiten kann.

Von Heiner Kruse

Der Maschine-Workflow ist gut für Musik mit konstanten BPMs geeignet. Typischerweise nimmt man in Patterns auf und steuert vieles über die 4×4 Pads Struktur an. Man spielt Drumkits, nutzt Pads als Ersatzkeyboard (auch wenn man ein externes Keyboard anschließen kann) und ruft Patterns, Szenen und mehr über sie auf. Über den beiden Displays gibt es die Buttons 1-8, darunter acht Endlosdrehencoder, die bei der Bedienung im Stil klassischer Hardwareprodukte helfen. Achtung, Sie müssen bei der Bedienung von Maschine beachten, dass es einerseits links oberhalb des File-Buttons und andererseits ab und zu oberhalb von einem der beiden Bildschirme „Pfeiltasten“ oder Optionen gibt, die Sie in andere Ansichten oder Menüs führen. Auch die Shift-Taste macht viele wichtige Optionen überhaupt erst sichtbar.

Sounds, Gruppen, Patterns, Szenen

Eine Group hat 16 Sounds, die auf den Pads verteilt sind. Sounds können One Shots, über die ganze Tastatur spielbare Instrumente (die auch externe MIDI-Quellen ansteuern können) oder Effekte und Loops sein. Patterns spielen Sounds und gehören zu Group. In Scenes werden „Songteile“ angelegt (zum Beispiel Bridge), es kann pro Szene in jeder Group jeweils ein Pattern spielen. Scenes können aufeinander folgenden Sections zugewiesen werden und Sections zu einem Arrangement angeordnet oder ebenfalls live mit Pads aufgerufen werden.

Bei der Bedienung von Maschine spielen die 16 Pads eine wichtige Rolle

Bei der Bedienung von Maschine spielen die 16 Pads eine wichtige Rolle

Browsing

Sie laden Projekte, Gruppen, Sounds, Instrumente, Effekte, Samples (Loops oder One-Shots) und Plug-Ins im Browser. Im Browser geht das mit Vorhörfunktion schnell. Sie können via Shift im Browser eine Option finden, ob Groups beziehungsweise Drumkits mit Patterns, mit Routing oder ohne geladen werden. In der Channel-Ansicht offenbart die Shift-Taste Optionen zum Löschen und Einfügen von Plug-Ins.

Browser Inhalte können Sie nach Kriterien wie Packs oder Tags alphabetisch anzeigen lassen. Um an mit „Z“ beginnende Einträge zu gelangen, muss man lange scrollen, hier helfen Filter. Mit einem Stern markierte Favoriten lassen sich schneller finden. Via Quick Browse können Sie ein Plug-In auswählen und nach  Suchkriterien des zuvor geladenen Inhalts weiterbrowsen. Die Verwaltung von User-Content ist in Maschine+  mangelhaft. Tipp: Sie können Inhalte besser auf dem Computer in der Maschine-Software aufbereiten und anschließend auf die interne SD Card überspielen.

Im Ideas View können Sie in Szenen ausprobieren, was zusammen spielen soll

Im Ideas View können Sie in Szenen ausprobieren, was zusammen spielen soll

Routing und Channel View

Wählen Sie „Channel“, um Audio und MIDI Ins und Outs anzuzeigen – oder „Plug-In“, um geladene Plug-Ins zu sehen. In beiden Fällen wählen Sie über die Buttons 1-3, ob die Anzeige auf Master, Group oder Sound bezogen ist.

Sounds sind in Groups und Groups in den Master geroutet, doch das lässt sich in der Channel Ansicht ändern. Hier können Sie auch Einzelouts von Multi-Output-Instrumenten als Sound Input wählen oder externe Ins live in Soundslots durch Effekte routen. Jeder Sound mit einem Effekt als erstem Plug-In kann so zum Routingziel („Bussing Point“) gemacht werden. Jeder Sound und jede Gruppe haben zwei Aux Sends, von wo aus Sie solche Bussing Points als Ziel beschicken können. Groove Templates lassen sich nicht verarbeiten, doch ein Swing-Faktor lässt sich einstellen.

Recording MIDI und Editing

Um ein Pattern einzuspielen können Sie die Ansichten Pads/Keyboard/Chords (alle für Realtime-Aufnahmen) oder Step (für Programmierung via Lauflicht-Stepsequencer auf den Pads) wählen. Maschine+ besitzt „Spielhilfen“ wie Note Repeat, Akkordspeicher, Skalen und Arpeggiator. Sie können mit der Pattern-Grow-Funktion einfach so lang aufnehmen, wie Sie wollen und nachträglich den Startpunkt ändern. Gehen Sie nach der Aufnahme auf den Events-Button, können Sie oben mit Button 2 den Select Modus aktivieren, selektieren (zum Beispiel via Select All) und quantisieren. Dort lassen sich mit Hilfe des 4D Encoders auch Noten selektieren und verschieben.

Im Step Mode können Sie Patterns im Lauflichtmodus programmieren oder Programmierungen zu Realtimeaufnahmen hinzufügen. Dabei kann Knob 6 helfen, zu einem gewünschten Patternteil zu springen (das verrät nur das Manual). Tipp: Stellen Sie zuerst die Velocity ein, um danach einen Step zu aktivieren.

Manche Optionen, wie die Umschaltung zwischen Ideas und Song View, werden erst nach Drücken der Shift-Taste sichtbar

Manche Optionen, wie die Umschaltung zwischen Ideas und Song View, werden erst nach Drücken der Shift-Taste sichtbar

Ideas View

Im Ideas View können Sie Szenen in Tabs anlegen. Darunter sind Patterns einer Gruppe vertikal untereinander aufgelistet. Mit dem Drehregler darunter wird ein Pattern pro Gruppe ausgewählt. Alle ausgewählten Patterns der Szene sind in der horizontalen Ansicht des Tabs hell erleuchtet zu sehen. Sind Patterns einer Gruppe kürzer als andere, werden die kürzeren Patterns geloopt, um die Länge des längsten Patterns zu erreichen. Via „Make Scene Unique“ duplizieren Sie eine Szene, via „Scene + Append“ legen Sie sie ins Arrangement. Sie können Szenen über Pads ansteuern – via Scene Banks auch mehr als 16.

Der Ideas Button ruft nicht immer die Ideas View auf, stattdessen muss man manchmal Shift und Ideas drücken. Eigentlich steht auf dem Button groß „Ideas“ und klein „Song“ als Shift-Funktion. Doch nur, wenn man Shift+Song aufruft, kann man oberhalb der Displays in den Ideas View schalten, wenn vorher der Song View benutzt wurde. Klingt kompliziert? Ist es auch. Die Buttons Ideas/Song und Scene/Section sind zudem weit voneinander entfernt. Man sieht an der Hardware zumindest als Anfänger nicht eindeutig, in welchem Modus man sich grade befindet.

Wenn Sie im Song View unterwegs sind, sieht die Ansicht nach dem Drücken des Scene/Section Buttons anders aus. Sie arrangieren in Maschine nicht Scenes sondern Sections. Die Sections haben aufeinanderfolgende Positions-Nummern (Section#1, Section#2…) und jede Section wird mit einer Scene gefüllt. Für die Section kann dabei eine Länge eingestellt werden. Im Auto Mode entspricht die Section- Länge der Scene-Länge.  Tipp: Wollen Sie erst mal einen Bereich loopen, um darauf Gesang aufzunehmen, dann können Sie einfach die Sectionlänge hochdrehen. Die in der Section enthaltene Scene wird hierdurch länger geloopt.

Um den Song anders zu arrangieren, ändern Sie die Positionsnummer der Sections – hierdurch wandern alle Inhalte an eine andere Position im Arrangement, auch die Darstellung im 4×4 Pad Raster verändert sich.

Die Übersicht über das Arrangement zu behalten ist nicht einfach. Die Scene/Section-Ansicht zeigt die 16 zugewiesenen Scenes in der Reihenfolge der Position von links unten nach rechts oben. Positionen von Szenen, Patterns und Sections können in der 4×4 Matrix  auch via Shift Taste (und  erscheinenden Optionen) geändert werden.

In der Plug-In Ansicht können Sie Plug-Ins einfügen, wenn Sie mit dem 4D-Encoder nach rechts manövrieren wo das „+“ Zeichen steht und diesen drücken

In der Plug-In Ansicht können Sie Plug-Ins einfügen, wenn Sie mit dem 4D-Encoder nach rechts manövrieren wo das „+“ Zeichen steht und diesen drücken

Automation, Macros

Wenn Sie Parameter sehen, auf die Auto-Taste drücken und an Encodern drehen, werden prozentuale Modulationen – relative und nicht absolute Werte – für verfügbare Parameter aufgezeichnet, die Anzeige wechselt auf %. Die zugehörige Kurve können Sie bislang nur am Computer editieren, aber durch Aufzeichnung neuer Encoderbewegungen überschreiben, mit Step-Edits modifizieren oder via Erase und SHIFT + Pad 10 (Clear Auto) löschen. Für Step-Parameteredits halten Sie das zugehörige Pad im Step-Modus und verändern den Parameterwert. Maschine kann hier durchaus mit den Elektron-Geräten konkurrieren.

Macros steuern jeweils nur einen Parameter. Gruppenmacros können auf wichtige Soundparameter zugreifen, so dass in ladbaren Kits manchmal auf Gruppenebene Macros existieren, die schnell interessante Variationen bieten. Macros sind für Live-Performances oder als Templates zum Ansteuern externer Geräte besonders geeignet. Im Test verursachte das Aufzeichnen von Macrobewegungen als Automation jedoch ab und zu Glitches.

Eingespielte Noten können Sie über die Events Ansicht mit Hilfe des 4D Encoders editieren

Eingespielte Noten können Sie über die Events Ansicht mit Hilfe des 4D Encoders editieren

 

Clips

Neben Patterns gibt es seit kurzem noch „Clips“. Clips existieren nur auf der Songebene. Man kann auch direkt in Clips aufnehmen. Ein „Create“ in der Hardware erzeugt einen eintaktigen Clip. Patterns und ganze Sections können umgewandelt werden in Clips – alle Patterns werden dann zu Clips. Bei Clips geht es darum, frei verschiebbare Objekte zu haben, die sich nicht an ein Pattern-, Scene- oder Section-Raster halten und „unique“ sind. Das heißt: Es gibt jeden Clip nur einmal und wenn man ihn editiert, dann ändert sich nicht auch noch anderswo etwas.

Ein Clip liegt im Song auf der Spur der zugehörigen Gruppe, kann die gleichen Inhalte wie ein Pattern haben und frei verschoben werden. Liegt ein Clip da, wo auch eine Scene mit Patterninhalten spielt, so ist an dieser Stelle nur der heller leuchtende Clip zu hören, nicht mehr das Pattern.

 

Synthesizer in Maschine+

Massive oder FM8 Sounds lassen sich in Maschine+ gut mit Macros verwenden, aber nur begrenzt editieren, zum Beispiel kam ich nicht in den Expert View von FM8 oder Massives Polyphonie Settings. Tipp: Es gibt keinen einfachen Maschine+ Synth, aber Drumsynths und einen eigenen Sampler, mit dem man Instrumente bauen kann.

Die Mixer Ansicht kann Sounds oder Gruppen zeigen

Die Mixer Ansicht kann Sounds oder Gruppen zeigen

Der Performance-Bereich bietet viele Optionen wie den Smart Strip und die Locks

Der Performance-Bereich bietet viele Optionen wie den Smart Strip und die Locks

 

Sampling

Sie können sehr leicht sampeln, resampeln oder auch synchron zur laufenden Musik ins Audio Plug-In oder den Sampler aufnehmen. Wählen Sie im Sampling Mode den Audioeingang und „Auslösemechanismus“ für die Aufnahme.

Das Audio Plug-In bietet einen Gated-Abspielmodus, ausgefeilte Echtzeit-Tempoanpassungen sowie Loop-, Layer- und Take-Recording Modi. Im Gate Mode hören Sie den Sound nur, wenn Sie eine Note spielen, er läuft aber im Hintergrund weiter. Aufgenommenes beginnt immer bei Takt 1 des Patterns zu spielen. Tipp: Um das zu ändern, müssen Sie ein Pattern in einen Clip wandeln und verschieben.

Im Sampler aufgenommene Samples können sofort editiert und gespielt werden. Multisampling ist möglich, Velocity-Crossfades suchte ich vergebens. Tipp: Ein grade aufgenommenes Sample in einen anderen Soundslot zu laden ist via User Library (Loop oder One Shot) nach einem Browser Rescan möglich (Shift + Button 1 in der Browser Ansicht).

Der Sampling Mode erlaubt Timestretching-Edits, die in neue Files hereingerechnet werden, aber auch Slicing.

Performance-Optionen (Pitch, Mod, Perform, Notes, Locks)

Mit dem Smart Strip können Sie alternativ Pitch-Bend-, Modwheel-, Perform-FX- oder Note-Befehle (ähnlich wie  Strumming) performen. Mit Shift+FX Select fügen Sie einen Perform Fx Plug-In auf Gruppenebene ein. Für dieses können Sie Effekte (zum Beispiel Filter, Scratch, Stutter) einstellen, die sich via Smart Strip steuern lassen. Experimente können Sie mit gehaltener Auto Taste als Automation in Patterns aufzeichnen.

Parameter Lock Snapshots können Parametereinstellungen speichern. Ist ein Lock aktiv (nach Drücken auf „Lock“), können Sie nach Edits (zum Beispiel bei Live-Performances) durch erneutes Drücken auf Lock zu den alten Einstellungen zurück. Via Shift+Lock können Sie Veränderungen im Extended Lock Mode auch in einem neuen, leeren Lock-Slot speichern oder dort den selektierten Lock mit Button 5 updaten. Vorsicht: das Auswählen eines anderen Lock-Slots ruft dessen Einstellungen auf.

Im Browser erscheinen Inhalte getaggt und User-Aufnahmen mit automatischer Dateibenennung nach Datum.

Im Browser erscheinen Inhalte getaggt und User-Aufnahmen mit automatischer Dateibenennung nach Datum.

Variation Mode: Humanize/Random

Der Variation Mode bietet Random und Humanize auf Einzelsoundebene. Random fügt Variationen einer Auswahl aufgrund von Parametern ein (Probability, Velocity). Mit einem niedrigeren Probablility-Wert kommen „leerere“ Patterns raus, die weniger Schläge haben. Tipp: Auf diese Weise kann die Automatik zum Beispiel sinnvolle Trap-Patterns mit weniger Kicks und mehr Hi-Hats basteln. Humanize tut das gleiche bezogen auf die Velocity, versucht dabei einen natürlichen Flow zu behalten. Beide werden via APPLY in Patterns hineingerechnet.

Mixer

Den Mixer ruft man mit dem Mixer Button auf. Bewegt man den 4-D Encoder nach oben oder unten, wird zwischen einer Darstellung auf Gruppen- oder auf Soundebene umgeschaltet. Mit Mute- und Solo-Tasten kann man auf Mixer-Ebene arbeiten, indem aufleuchtende Buttons über der Kanaldarstellung drückt, während man Solo oder Mute Buttons festhält. Nicht mehr im Mix hörbare Kanäle erscheinen danach ausgegraut.

Maschine+ Zusammenspiel mit der Umwelt

Sie können Maschine+ Projekte in der Maschine-Software öffnen oder aus Maschine+ im Files Menü via Button 5 den Song oder die Szenen der Ideas-Ansicht auf Master, Gruppen oder Soundebene als Audiofile(s) exportieren.

Sounds einer Gruppe können wie ein Kit chromatisch angeordnet auf der Tastatur liegen, aber auch das ganze Keyboard einnehmen und einen eigenen MIDI-Kanal haben. Dies ist zu beachten, wenn Sie Maschine in einer DAW öffnen und erfordert Know-how. Tipp: Steuern Sie Wechsel von Scenes, Sections oder Lock Snapshots aus der DAW heraus via MIDI-Note oder Program Change Befehl an. Auf diese Weise können Sie die Vorteile von DAW- und Maschine-Sequencing optimal kombinieren. Das geht via File>Edit>MIDI Change in der Maschine Software, ist jedoch (noch) nicht in Maschine+ direkt konfigurierbar. Auch MIDI Files lassen sich bislang nur aus der Software exportieren.

Alternativ können Sie Maschine+ via Ableton Link und Netzwerk mit anderen Programmen syncen. Bedenken Sie, dass eine Synchronisation via MIDI Clock oft Finetuning braucht. Im Internet ist zu lesen, dass dieses via Ableton Link besser möglich ist, als über andere MIDI-Clock-Verbindungen, NI hier aber nachbessern möchte.

Reset und Fehlerbehebung

Drehen an Knopf 1 nach dem Aufrufen der Audio Settings schaltet zwischen internem und externem Interface um, führt aber auch  einen Soundkarten-Reset durch, falls es Soundprobleme wie plötzlich auftretende Verzerrungen gibt.