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Juni 18, 2025

Test: beyerdynamic DT 70 IE, DT 71 IE, DT 72 IE – In-Ear-Vollprofis

Mit den brandneuen DT 70 In-Ear-Hörern bietet  Kopfhörer­spezialist beyerdynamic jetzt echte In-Ear-Monitore für ­professionelle Anwendungen an – und die Erwartungen an die neuen Vollprofis sind entsprechend hoch.

Text und Fotos von Harald Wittig

Das Heilbronner Traditionsunternehmen beyerdynamic gehört zu den renommiertesten Herstellern von Kopfhörern überhaupt. Aus gutem Grund, denn beyerdynamic-Hörer überzeugen stets mit überzeugend gestalteten und präzise gefertigten Modellen für die verschiedensten Anwendungen. Dazu gehören neben den herausragend guten HiFi-Hörern vor allem auch die bestens beleumundeten Studio-Kopfhörer. Auch In-Ears der Spitzenklasse haben die Heilbronner seit geraumer Zeit im Angebot. Mit dem kabelgebundenen Modell Xelento Remote schufen die beyerdynamic-Entwickler ein audiophiles Meisterstück, das inzwischen aber ausverkauft ist. Dafür gibt es seit Anfang dieses Jahres die neuen DT In-Ear-Hörer DT 70 IE, DT 71 IE, DT 72 IE und DT 73 IE, die auf den Erfahrungen mit dem Xelento Remote aufbauen und für professionelle Anwendungen – Monitoring im Studio und Live – konzipiert sind. Die in Heilbronn in aufwändiger Handarbeit gefertigten In-Ears sind bereits heftigst nachgefragt. Dennoch konnten wir uns drei Modelle – DT 70 IE, DT 71 IE und DT 72 IE – für einen ausführlichen Praxistest sichern. Bevor wir in den Test einsteigen, sei kurz übers liebe Geld gesprochen: Rund 500 Euro kosten die DT In-Ear-Hörer. Das muss keineswegs zu viel sein für In-Ears „Made In Germany“ – so sie denn halten können, was uns beyerdynamic verspricht.

Eigene Kerntechnologien

Äußerlich sind die DT In-Ears kaum zu unterscheiden. Lediglich der winzig kleine Aufdruck auf dem rechten Ohrhörer verrät das jeweilige Modell. Deswegen haben wir uns für das Aufmacherbild auf ein Modell beschränkt. Also nicht wundern, besprochen werden trotzdem DT 70 IE, DT 71 IE und DT 72 IE.

Die DT In-Ears lassen sich rein äußerlich nicht unterscheiden. Die Formgebung basiert auf MRT-Abformungen. Für präzisen, praktisch verzerrungsfreien Klang sorgen die TESLA.11-Treiber.

Neben den äußeren Gemeinsamkeiten setzt beyerdynamic bei allen vier Modellen – es gibt noch die DT 73 IE – auf das gleiche Design und Kerntechnologie:

Bei den neuen In-Ears kommt das mit den eingangs erwähnten Xelento Remote eingeführte TESLA.11-Treibersystem zum Einsatz. Die Tesla-Technologie ist ein Markenzeichen der Heilbronner, kam erstmals beim Super-Hörer T1 – nach unserem Erachten einer der besten dynamischen Kopfhörer – zum Einsatz, wurde selbstverständlich ständig verbessert und für In-Ears miniaturisiert. Grundsätzlich begünstigt die Tesla-Technologie die Klarheit der Wiedergabe bei außergewöhnlich geringen Verzerrungen. Im Falle der DT In-Ears seien das rekordverdächtige 0,02 % bei 1 kHz. Gleichzeitig haben die Entwickler besonders wirkungsgradstarke Hörer geschaffen: Mit einem ehrfurchtgebietenden maximalen Schalldruckpegel von bis zu 137 dB sollen die In-Ears zu den lautesten frei erhältlichen Systemen gehören. Da diese In-Ears unter anderem für den professionellen Live-Einsatz gemacht sind, ist diese Power nur konsequent und sinnvoll. Wie kraftvoll das Trio wirklich aufspielt, klären wir im Praxisteil.

Die Winzlinge für die Ohren haben schmucke bernsteinfarbene Gehäuse, bei deren Design beyerdynamic nichts dem Zufall überlassen wollte. Folgerichtig basiert die Formgestaltung auf hunderten von Ohrabformungen, die mittels Magnetresonanztomographie ermittelt wurden. Der Hersteller ist sehr selbstsicher davon überzeugt, dass diese In-Ears einen perfekten Sitz in jedem Ohr haben werden. Außerdem sollen sie eine rein passive Schallisolation von bis zu -39 dB bieten. Beides begrüßen Toningenieure und Musiker sowie die ebenfalls anvisierte Gruppe der audiophilen Unterwegshörer.

Schließlich decken alle DT In-Ear-Modelle einen sehr weiten Frequenzbereich von 5 Hertz bis 40 Kilohertz ab. Auf dass dem Träger auch wirklich gar nichts entgehen kann. Summa summarum sind diese In-Ears allein aufgrund der technischen Daten für Träger und Anwender mit gehobenen Ansprüchen gemacht und reihen sich insoweit bereits in die gehobene Oberklasse ein.

Neben dem hochwertigen Kevlar-Anschlusskabel gehören ein Stereo-Klinkenadapter sowie fünf Paar Silikon-Ohrpassstücke und drei Paar Gedächtnisschaum-Ohrpassstücke zum Lieferumfang.
Neben dem hochwertigen Kevlar-Anschlusskabel gehören ein Stereo-Klinkenadapter sowie fünf Paar Silikon-Ohrpassstücke und drei Paar Gedächtnisschaum-Ohrpassstücke zum Lieferumfang.

Individuelle Klangsignaturen

Neben den beschrieben Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die vier Modelle klanglich. Denn sie haben jeweils ihre eigene Klangsignatur:

Die DT 70 IE sind für „Mixing & Critical Listening“, also fürs Mixing und das kritische Abhören des Menschen hinter dem Live-Mischpult, im Profi- oder Homerecording-Studio gemacht. Folgerichtig sind diese In-Ears klanglich ausgewogen abgestimmt. Dabei folgt die Klangsignatur der Fletcher Munson Kurve, berücksichtigt also die menschlichen Hörempfindlichkeitsunterschiede. Folgerichtig zeigen sich Bass- und Höhenbereich ausweislich der veröffentlichten Frequenzkurve angehoben, sodass unabhängig von der Abhörlautstärke neben dem Mittenbereich eben auch Bässe und Höhen ausgewogen dargestellt werden. Wir erwarten also signaltreue In-Ears, mit denen sich ohne Weiteres mischen lässt, die wegen ihrer Klangsignatur aber auch fürs Musikhören mit highendigem Anspruch attraktiv sind.

Für „Drum & Bass“ – Schlagzeug und Bass – sind die DT 71 IE gedacht. Diesmal nicht für Toningenieure, sondern als Monitore für Schlagzeuger und Bassisten, live und im Studio. Ganz bewusst sind diesmal die Mitten weit zurückgenommen, während Bass- und Hochtonbereich sich ausweislich des Frequenzgangs stark angehoben zeigen. Klare Sache, dass es hierbei um eine prominente Darstellung von Bässen und Höhen geht. Was untenrum geschieht soll ebenso klar zu hören sein wie die Obertöne des Basses oder der Glanz der Becken.

Ähnlich speziell abgestimmt sind auch die DT 72 IE, nämlich für „Guitar & Voice“, mithin fürs Gitarrenspiel und/oder Gesang. Dabei ist der Grundton-/Fundamentaltonbereich dezent abgesenkt, während obere Mitten und Höhen angehoben sind. Damit sollen die Präsenz und Durchsetzungsfähigkeit von Gitarren und Stimmen im Mix gefördert sein. Gleichzeitig kompensiert diese Klangabstimmung den gerade für Sänger und Sprecher unangenehmen Okklusionseffekt, der zu einem dröhnenden Stimmklang im Kopf führt.

Die DT 73 IE schließlich sind für Streich-, Blas- und Tasteninstrumente – „Classic Instruments & Keys“ – abgestimmt. Interessanterweise verläuft der Referenzfrequenzgang diesmal von 20 Hertz bis einem Kilohertz völlig linear. Der Hochtonbereich ist zugunsten von „präzisen Obertönen“ ab fünf Kilohertz angehoben. Da uns die DT 73 IE diesmal noch nicht zur Verfügung standen, können wir noch keine Aussage zum Klang treffen.

Das Anschlusskabel wird über ein robustes MMCX-Steckersystem mit den Hörern verbunden.

Robustheit und Verlässlichkeit großgeschrieben

In puncto Verarbeitung und Zubehör ist beyerdynamic keine Kompromisse eingegangen. Die DT In-Ears sollen im harten Live- und Studio-Einsatz bestehen können. Folglich standen Robustheit und Verlässlichkeit weit oben im Pflichtenheft: Die Anschlusskabel sind aus Kevlar und werden über vergoldete Micro-Miniature CoaXial Connector (MMCX)-Steckerverbindungen an den Hörern angeschlossen. Diese Verbindung ist ausweislich unserer Erfahrungen mit anderen In-Ears generell zuverlässig und robust. Außerdem sind damit auch Edel-Kabel anderer Hersteller verwendbar. Denn was dem Rechner-Bastler sein Chip-Tuning, ist dem HighEnder das Kabel-Tuning. Wir verweigern uns da auch nicht, beeilen uns aber festzustellen, dass die beyerdynamic-Kabel im Laufe des Intensivtests in allen relevanten Bereichen – Robustheit, Steifigkeit und Übertragungsqualität – überzeugen können. Wenn ein Kabel mal kaputt gehen sollte: beyerdynamic bietet selbstverständlich erschwinglichen Ersatz an.

Apropos Robustheit: Die Modelle DT 70 IE, DT 72 IE und DT 73 IE sind IP68-zertifiziert. Sie halten damit Staub und einer Wassertiefe von bis zu 1,5 Metern stand. Die DT 71 IE erfüllen die Schutzklasse IP65, sind also staub- und wasserbeständig.

Bei In-Ears ist deren möglichst exakte Passform nicht nur eine Frage des Tragekomforts – auf den kommen wir noch zu sprechen -, sondern auch klangentscheidend. Folgerichtig finden sich im Lieferumfang fünf paar Silikon-Ohrpassstücke in den Größen XS, S, M, L und XL. Die haben sich bereits mit dem Xelento Remote bewährt, wurden sorgfältig entwickelt und es sollte sich in der Regel für jedes Ohrenpaar das richtige Passstück finden. Dazu gibt es noch drei Passstücke aus „Gedächtnisschaum“. Die haben den Vorteil, dass sie formbar sind und die einmal gefundene Form weitgehend beibehalten. Allerdings ist deren Lebenserwartung erheblich geringer als die der Silikon-Stücke.

Zur Abrundung der Ausstattung finden sich in den hochwertigen Transportköfferchen mit ihren abgedichteten Reißverschlüssen noch ein Paar Cerumenschutzfilter – um das Eindringen von Schmutz ins Hörerinnere zu verhindern – und ein vergoldeter 6,3 mm Stereo-Klinkenadapter. Das Zubehör ist in sinnvoll gestalteten Innenfächern sicher verstaut und kann nicht herum- oder gar herauskullern.

Die Verarbeitung der In-Ears selbst sowie sämtlichen Zubehörs entspricht mithin dem hohen beyerdynamic-Standard – der Erwerber sieht und fühlt, dass er für sein Geld einen entsprechenden Gegenwert erhält.

Echte In-Ear-Monitore

Kommen wir zur Praxis. Bevor es an die detaillierte Klangbeschreibung geht, sind Anmerkungen zum Tragekomfort unerlässlich:

Anscheinend hat beyerdynamic seine Ohrpassstücke bestens sortiert, denn ich konnte relativ schnell passende finden. Das ist durchaus bemerkenswert, da zumindest ich so meine liebe Not mit dem Anpassen von In-Ears an meine Ohren habe. Da auch Vergleichspersonen jeweils fündig wurden, sind die DT In-Ears wohl für die meisten Ohren anpassbar. Ein etwas längeres Geduldsspiel ist indes die Formung der flexiblen Ohrbügel der Kevlar-Kabel. An und für sich ist die Idee sehr gut, dass die Bügel formbar und damit auf das jeweilige Ohr zurecht biegbar sind. Das Kabel selbst ist allerdings vergleichsweise steif, weswegen es tendenziell die Bügel wieder von den Ohren zerrt. Nach einiger Zeit haben sich die zwei Kabel gewissermaßen eingeformt, sodass mit diesen beiden Klangleitern der weitere Praxis- und Hörtest vonstatten gehen kann.

Soweit die In-Ears sicher sitzen, sei nunmehr ihr Klang beschrieben. Dazu – quasi vor die Klammer gezogen – eine wichtige Vorbemerkung: Alle drei Test-Hörer benötigten eine gewisse Einspielzeit. Ohne die jetzt genau in Stunden bemessen zu können, war für uns ohrenfällig, dass das Trio nach drei Testtagen insgesamt befreiter aufspielte. Als wäre, im übertragenen Sinne, das leicht staubige Schutzglas vom Kameraobjektiv entfernt worden.  Sodann zu den Einzelbeschreibungen:

Die DT 70 IE halten exakt, was beyerdynamic verspricht. Die In-Ears erweisen sich als ganz groß beim Impulsverhalten, lösen sehr detailverliebt auf und sind auch in puncto Raumdarstellung sehr weit vorne. Im Vergleich zu meinen eigenen Clear Tune CT 300 Pro bringen sie ein fettes Plus an Informationen, klingen dabei durchweg eleganter ohne Tendenz zur Schönfärberei. Mit den DT 70 IE ist es ein Leichtes, die Aufnahmen mit dem in dieser Ausgabe besprochenen Millennia HV-32P abzuhören und die Wirkung verschiedener Hall- und Equalizer Plug-ins zu erhören. Dass es dabei zu keinen Irrtümern gekommen ist, beweist das Gegenhören über die Geithain RL906-Monitore. Klare Sache, dass diese In-Ears auch mit meinem treuen HighRes-Audioplayer, dem Pioneer XDP-300R, ran müssen – und einmal mehr überzeugen. Dabei sind die beyerdynamics noch lauter als die Clear Tones, sodass der Kopfhörerverstärker des Pioneers wenig zu tun hat. Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass das reine, audiophile Genusshören in dieser Kombination rundum vergnüglich ist.

Die DT 71 IE klingen bei vergleichbar feiner Auflösung und Raumdarstellung ziemlich genau so, wie es der Hersteller verhießen hat: Das Schlagzeug oder der Bass im Mix – wohlgemerkt – wirkt wunderbar prominent, sodass Drummer und Bassisten beim Live-Auftritt, aber auch beim Einspielen im Studio ihr Instrument und ihr Spiel bestens hören können. Damit sind sie selbst, aber auch der fleißige Tonmensch davor gefeit, zu viel des Guten – oder besser Unguten – an den Klangstellern zu tun. Lediglich das doch recht kurze Kabel könnte in der Praxis hinderlich sein. Das gilt für alle DT In-Ears.

Die DT 72 IE liefern ab, was herstellerseits versprochen ist und durchaus nach dem Geschmack von Gitarristen und Sängern sein kann. Allerdings unseres Erachtens nur im Kontext eines Ensembles. Ich habe mir nicht nehmen lassen, mit meiner Godin Multiac, gewissermaßen eine E-Konzertgitarre, die Probe aufs Exempel zu machen. Der Equalizer der Gitarre ist so eingestellt, dass sich ein einigermaßen natürlicher Konzertgitarrenklang ergibt. Den verwandeln die DT 72 IE in einen ausgesprochen bassschlanken, dafür sehr präsenten Klang. Der setzt sich gut durch im Ensemble, ist aber für Soloaufnahmen eher weniger geeignet. Für Gesang und Sprache ist der gewollte Effekt indes sehr angenehm, denn die unschöne Dominanz des Körperschalls bei Aufnahmen mit Kopfhörer ist effektiv zurückgedrängt. Insoweit hat beyerdynamic Wort gehalten – und alles goldrichtig gemacht.

Fazit

Die neuen DT In-Ear-Hörer von beyerdynamic sind professionelle Kleinst-Monitore, jeweils abgestimmt auf die Belange von Anwendergruppen und für Live und Studio nachhaltig zu empfehlen.

Herstellerbeyerdynamic
Vertriebhttps://beyerdynamic.de
TypIn-Ear-Hörer
FarbeBernstein
Maße447 x 115 x 270 mm (B x H x T)
Gewicht9 Gramm
Preis [UVP]499 Euro

Wandlerprinzipdynamisch
Bauweisegeschlossen
Frequenzbereich5 Hz – 40 kHz
TreiberTESLA.11
Maximaler
Schalldruckpegel
137 dB
Schallisolationbis -39 dB
Anschlusskabel1,4 Meter, 1x 3,5 mm Klinke, zweiseitig geführt, MMCX-­Steckersystem, vergoldet
Lieferumfang6,3mm Klinke-Adapter, Kevlar-Anschlusskabel, fünf Paar Silikon-Ohrpassstücke, drei Paar Gedächtnisschaum-Ohrpassstücke, ein Paar Cerumenschutzfilter, Kurzbedienungsanleitung, Transportköfferchen
BesonderheitenModelle mit eigener Klangsignatur, TESLA.11-Treiber, von Hand gefertigt in Deutschland

KategorieOberklasse
Ausstattungsehr gut
Tragekomfortsehr gut
Verarbeitungsehr gut
Klangsehr gut
Gesamtnotesehr gut