
Avantone hat seinen erfolgreichen Magnetostaten überarbeitet und setzt einen Profihörer auf den Regiestuhl, der als sanfter Innovator überzeugen möchte.
von Harald Wittig (Text und Fotos)
Der im Country-Mekka Nashville residierende Pro Audio-Hersteller Avantone Pro ist in der Szene bestens bekannt für seine Nachschöpfungen von Studioklassikern wie beispielsweise den Yamaha NS10-Lautsprechern, den auch noch namentlich sehr ähnlich klingenden Auratone-Breitbändern sowie dem durchaus passablen AKG C12 Nachbau namens CV12. Doch auch mit seinen Eigenentwicklungen können die Amerikaner, die ganz konsequent auf ein herausragendes Preis-Leistungsverhältnis setzen, überzeugen. Bestes Beispiel ist der magnetostatische Kopfhörer The Planar, der bei Tonschaffenden und Genusshörern auf sehr große Gegenliebe gestoßen ist und auch bei unserem Test in Ausgabe 2/2021 eine sehr saubere Kür mit entsprechender Note hinlegte. Dabei konnte der Planar sich sicherlich auch zu einem Bestseller entwickeln, weil er mit rund 500 Euro für einen Magnetostaten recht kostengünstig zu haben ist.
Doch bei Avantone Pro scheint die Weisheit „Sich regen bringt Segen“ über den Bürotüren zu stehen und in den Entwicklerhirnen eingraviert zu sein, denn seit Kurzem gibt es den Planar The II. Der kostet soviel wie der noch weiterhin erhältliche Planar, setzt auf die bereits bewährte Technik, soll allerdings in puncto Tragekomfort und Erscheinungsbild verbessert sein. Das wollten wir ganz genau wissen und haben seine Majestät, Planar den Zweiten zur Ohrenscheinnahme geladen. Unsere Feststellungen wollen wir mit Euch teilen. Selbstverständlich sollt Ihr auch erfahren, was an dem erschwinglichen Magnetostaten dran und drin ist.
Mit bewährter Technik

Passend zum Produktportfolio Avantones mit seinem gewissen Retrogepräge erinnert der Planar The II rein äußerlich an gewisse, an dieser Stelle nicht namentlich genannte Kopfhörerklassiker. Die waren allerdings dynamische Hörer, während der Prüfling, wie schon einleitend mehrfach erwähnt, konstruktiv ein Magnetostat oder planar-magnetischer Kopfhörer ist. Wir fühlen uns bei der rechteckigen Form der Treibergehäuse – als „Muscheln“ mögen wir die nun wirklich nicht fehl benennen – an die legendären und sündhaft teueren Elektrostaten von Stax erinnert. Außergewöhnlich ist die Formgebung des Kopfhörers in jedem Fall und es dürfte niemanden überraschen, dass auch die eigentlichen Treiber diese Rechteckform haben. Die bestehen aus 70 x 95 Millimeter großen Planarmembranen aus 21 Mikrometer dünnem Polyethylenterephthalat, besser unter dem Kürzel PET bekannt. Als Permanentmagneten dient eine Neodymium-Matrix, woran der Kenner sofort sieht, dass bei der Herstellung nicht am falschen Ende gespart wurde. Zugegeben, es gibt etliche Magnetostaten, deren Membranen noch feiner sind und die nicht aus PET, sondern aus Mylar gemacht sind. Gleichwohl müssen die Treiber des Avantone in puncto Leistung nicht nachstehen. Deswegen erwarten wir auch von diesem Magnetostaten ein herausragendes Impulsverhalten und, die Anregung der gesamten Membranfläche macht´s möglich, besonders geringe Verzerrungen und eine ausgezeichnete Basswiedergabe. Der Hersteller verspricht einen natürlichen Klang, der den Anforderungen von Tonschaffenden genügen soll. Wir erhoffen uns deswegen eine möglichst signaltreu-neutrale Abstimmung, keinen tiefmittenverliebten, durchaus ohrenschmeichelnden Warmzeichner. Nun, wir werden es zu gegebener Zeit hören.
Viereckige Treiber
Weiter ist der Planar The II als offener, ohrumschließender Hörer konstruiert. Obschon sich die offene Bauweise regelmäßig bei Magnetostaten findet, gibt es auch geschlossene Hörer mit planar-magnetischen Treibern. Wir bevorzugen die offene Bauweise für einen Kopfhörer, der in erster Linie für Mischung und Mastering zum Einsatz kommen soll, da die grundsätzlich Vorteile bei der Raumdarstellung bringt. Dass ein so konstruierter Hörer nicht eben diskret auftritt, also beim Betrieb gut hörbar ist, macht ihn hingegen nicht zum besten Reisebegleiter und seine Einsatzmöglichkeiten beim Aufnehmen sind ebenfalls begrenzt.

Retrochic und Power
Die Treibergehäuse sind im Wesentlichen aus hochfestem, dabei leichtem Kunststoff gemacht. Lediglich die beiden perforierten Abdeckschalen über den Treibern sind aus Leichtmetall. Die gibt es nun in drei Lackierungen – schwarz, rot und creme -, sodass auch die Augenmenschen unter den Tonschaffenden eine kleine Auswahl vorfinden, um ihren Planar The II passend zu Stil und Kleidung oder zur Studioeinrichtung wählen zu können. Die neu hinzugekommene Creme-Lackierung, die auch unser Testmodell ziert, gefällt uns selbst am Besten, denn damit besticht der Magnetostat mit vollendetem Retrocharme.

Die Ohrpolster sind dick und mit schwarzem Samt bezogen, der wegen seiner adhäsivem Kraft den einen oder anderen Studio-Betreiber daran erinnern mag, häufiger seine Arbeitsräume und -oberflächen abzusaugen: Der Staub besetzt die Polster nur zu gerne und so ist es auch deswegen fein, dass Avantone Ersatzpolster anbietet. Beide Treibergehäuse verfügen über Anschlussbuchsen für das mitgelieferte Kabel, wobei es sich um echte Stereobuchsen handelt. Deswegen lässt sich das Kabel, welches über zwei 3,5 Millimeter Stereoklinkenstecker verfügt ohne Not an das rechte oder linke Treibergehäuse anschließen. Die Wiedergabe erfolgt stets in stereo. Dass auf ein unseres Erachtens weniger praktisches Y-Kabel verzichtet wurde, begrüßen wir. Mit eineinhalb Metern ist das somit einseitig geführte Kabel auch ausreichend lang, sodass der Hörer für den Studioeinsatz schon mal gut aufgestellt ist. Wichtig zu erwähnen: Das Kabel stellt laut Avantone gegenüber den älteren Planar-Kabeln eine deutliche Verbesserung dar, sei es doch ausgesprochen nebengeräuscharm. Wie es sich gehört, findet sich im Zubehörfach des schlichten Transportbeutels auch noch ein 6,3 mm-Klinkenadapter, sodass der Planar The II an den verschiedensten Geräten Anschluss findet. Dazu gehören die standesgemäßen Kopfhörerverstärker der Ober- und Spitzenklasse, denn auch ein kostengünstiger Magnetostat verdient einen Spezialisten, der ihn antreibt. Doch auch an Mischpulten und sogar an Bus-powered Audio-Interfaces sowie mobilen Endgeräten darf der Avantone angeschlossen werden. Mit nur 32 Ohm handelt es sich um einen niederohmigen Kopfhörer, der vor allem aber einen besonders hohen Wirkungsgrad bei einer Empfindlichkeit von eindrucksvollen 104 dB/1mW hat. Das ist für einen Magnetostaten herausragend laut, denn auch vergleichbar niederohmige Mitbewerber bringen es meistens nur auf maximal 98 dB/1mW. Das macht den Avantone gleich noch attraktiver für viele homerecordende Musiker und Klangkünstler, die nicht über einen dezidierten Kopfhörer-Verstärker verfügen, aber sehr gerne ihre Erfahrungen mit einem Magnetostaten machen möchten.
Groß, schwer und doch tragbar

Soll ein Kopfhörer für längere Arbeitssitzungen getragen werden, ist ein möglichst hoher Tragekomfort wünschenswert. Der Planar The II sei insoweit gegenüber seinem Amtsvorgänger verbessert worden, indem der Hersteller Gewicht eingespart habe. Seltsam, seltsam…Die uns vorliegenden Datenblätter verzeichnen das exakt gleiche Gewicht von 480 Gramm. Lediglich auf der Avantone-Website ist der ältere Planar mit einem Einsatzgewicht von 570 Gramm gelistet, allerdings wiege der Neue laut Online-Auskunft 510 Gramm. Hier scheint der Fehlerteufel seine giftige Tinte verspritzt zu haben. Wir wollen annehmen, dass das neue Modell in der Tat etwas leichter ist und Euch stattdessen unsere Einschätzung zur Tragbarkeit mitteilen. Dank der weichen Polster einerseits und des insgesamt stabilen, aber gut konstruierten Kopfbandes nicht zu straffen Sitzes, trägt sich der Planar The II in der Tat recht gut. An den Tragekomfort hochwertiger Dynamiker, die sich nunmal sehr viel leichter bauen lassen, kommt er allerdings nicht heran. Dass seine Treibergehäuse aufs Anfassen, wie es sich für einen hochwertigen Kopfhörer gehört, kaum Berührungsgeräusche übertragen, werten wir als Zusatzplus. Am Material hat Avantone keinesfalls gespart. Ein Zusatz-Zückerchen ist die eindeutige Kennzeichnung von linkem und rechten Kanal in Form einer auch auf größere Entfernungen hin sichtbare Bedruckung. Ganz im Ernst: Wir haben uns in der Vergangenheit schon über sehr teuere Hörer ärgern müssen, bei denen die Hersteller aus nicht nachvollziehbaren Gründen auf jegliche Kennzeichnung verzichtet haben. Einem Pro Audio-Hersteller mit Ohr an den Studio-Türen der Welt passiert so was eben nicht und alle Anwender können zufrieden sein.

Klanglich ein Profi
Doch die letztendliche Zufriedenheit stellt sich erst ein, wenn der Avantone Planer The II auch klanglich überzogen kann. Genauer gesagt: Wenn der Magnetostat hält, was seine Schöpfer versprechen. Um dem Hörer auf die Klangspur zu kommen, muss er uns beim Abhören des Projekts, das im Rahmen der Tests des upgedateten Arturia Audiofuse 16Rig für diese Ausgabe entstanden sind, zu Diensten sein. Außerdem hat er dazu noch diverse Referenzproduktionen aus verschiedenen Epochen und Stilistiken unseren Ohren zu servieren und dabei sein Bestes zu geben. Als Interface dient der ultrapräzise Mutec MC3+USB, der via S/PDIF direkt mit unserem Referenz-Kopfhörerverstärker Violectric V281 verbunden ist.
Sein Bestes zeigt der Planar The II zunächst bei der Basswiedergabe. Er erweist sich, wie schon das ältere Modell, als echter Könner in dieser Disziplin: Ganz gleich ob akustische Bassgitarre, weich gespielter Kontrabass, Slap-Gewitter oder knallharte Synthiebässe – der Avantone hat alle im Griff, zeichnet stets sauber und bildet die tieffrequenten Ereignisse bestens konturiert mit präzisem Fokus ab. Das hat eindeutig Studioqualität, die wegen ihrer ohrenfälligen Präzision ein gezieltes Arbeiten an Klangstellern und Dynamikeffekten zur leichten Übung macht.
Das mithin wie erwartet ausgezeichnete Impulsverhalten zeigt sich auch im gesamten Mitten- und Höhenbereich. So gefällt uns ganz ausgezeichnet die transientengenaue Darstellung der mit hartem Plektrumanschlag à la Al Di Meola auf einer Ovation Legend von 1982 eingespielten, vom Royer Labs R121 unnachahmlich eingefangenen Akustik-Leads auf der Arturia AudioFuse 16Rig-Produktion. Das gilt selbstverständlich ebenso für die auf der Flamencogitarre klassisch im angelegten Zweifinger-Wechselschlag intonierten Picados. Die sind naturgemäß sehr perkussiv und stellen folglich hohe Anforderungen an das Impulsverhalten eines Hörers. Einmal mehr wird der Avantone Planar The II diesen vollauf gerecht.
Im Hochmitten- und Höhenbereich agiert der Planar The II sehr wohltuend für scharfgestellte, konzentrierte Ohren und tönt folglich weich ohne enervierende Spitzen. Allenfalls nimmt er sich in diesem Spektrum ein wenig zurück im Vergleich mit einem AKG K702 Studio, während der wegen seiner besonders feinen Höhenabbildung fast schon elektrostatisch anmutende Beyerdynamic DT 990 Pro ähnlich tönt. Wir wollen deswegen dem Avantone die herstellerseits versprochene Ausgewogenheit gerne attestieren. Dass sündhaft teure HighEnd-Magnetostaten in den Höhen noch farbiger und informativer abbilden sei rein vorsorglich erwähnt. Aber da sind wir auch bei Preisdifferenzen, die mehrer Euro-Kilo schwer wiegen. Jedenfalls haben wir den Magnetostaten nach der üblichen Einspiel- und Eingewöhnungszeit richtig lieb gewonnen.
Zu seinen unbedingt hervorzuhebenden Stärken gehört die plastische Darstellung von führenden Gesangstimmen, sofern die entsprechend im Mix in Stellung gebracht und in Szene gesetzt sind. Wir meinen, dass mit diesem Hörer Mischfehler praktisch ausgeschlossen sind. Ein Zuwenig gibt es ebenso wenig wie ein Zuviel des Guten. Auch in puncto Raumdarstellung kann der Hörer trotz einer gewissen Verengung des Panoramas überzeugen. Sehr räumlich abbildende Hörer erkaufen diese Mehrkompetenz gerne mit zu viel Präsenz. Weswegen uns eine besonders hohe Ausgewogenheit im tonalen Gesamtspektrum lieber ist, als mehr „Räumlichkeit“. Die es ohnehin nur über Lautsprecher geben kann, sodass wir auch insoweit dem Avantone-Magnetostaten ein solides „Gut“ ins Zeugnis schreiben mögen.
So kann der Planar The II bei der Arbeit überzeugen und da wir uns auch nach einer langen Arbeitssitzung unter ihm wohlfühlen, bleibt er zum reinen Genußhören einfach auf und serviert uns die grandiose Hyperion-Produktion von Rachmaninoffs Klavierkonzert Nr. 3 mit dem Super-Virtuosen Marc-André Hamlin als Solisten in 24Bit/96kHz-Auflösung in opulenter Pracht. Die losgelöst von allen Vergleichen überzeugend wirkt und den Planar The II zum Geheimtipp für alle macht, die einen echten Magnetostaten zum supergünstigen Preis suchen.

Fazit
Der Planar The II von Avantone Pro überzeugt als weitgehend signaltreuer Magnetostat, der zum erschwinglichen Anschaffungspreis klanglich auf Oberklasse-Niveau agiert und Tonschaffenden zuverlässiges Werkzeug sowie Audiophilen gewandter Klangdiener sein kann.
Planar The II
Hersteller | Zoom |
Vertrieb | https://audiowerk.eu https://elysia.com |
Typ | |
Farbe | Schwarz-Schwarz/Rot/Creme |
Gewicht | 480 g |
Preis [UVP] | 499 Euro |
Technische Daten
Wandlerprinzip | |
Bauweise | offen |
Frequenzbereich | 30 Hz – 30 kHz |
Membranmaße | 95 x 70 mm |
Magnete | Neodymium-Magnete |
Impedanz | 32 Ohm |
Empfindlichkeit | 104,5 dB/1mW |
Anschlusskabel | |
Zubehör | |
Besonderheiten |
Bewertung
Kategorie | Oberklasse |
Ausstattung | gut |
Tragekomfort | gut |
Verarbeitung | sehr gut |
Klang | sehr gut |
Gesamtnote | sehr gut |