
Digital integriert sein und analog inspiriert arbeiten, muss sich nicht widersprechen, sondern kann sich befruchten. Mit dem xmax Masterbus Processor von elysia macht das „Strippen ziehen“ auch im voll digitalen Produktionsalltag jedenfalls wieder Spaß. Warum die Entscheidung für eine analoge Klangveredelung auch für Plug-in-Fans lohnend sein kann, beleuchtet unser Test.
von Carina Pannicke
Einer meiner absoluten Favoriten meines Plug-in-Fuhrparks ist der Softube Bus Processor – er verleiht meinen Summen klangliche Ausgewogenheit, Tiefe und das gewisse Maß an Leim, das alles zusammenhält. Eigentlich brauche ich also keine Hardware. Doch besonders beim Bus-Processing, das klanglich entscheidende Weichen stellen kann, hat analoge Technik – das muss ich zugeben – bis heute ihren Reiz. Sie bietet nicht nur klangliche Finesse, sondern auch ein unmittelbares, haptisches Arbeiten, das selbst spezialisierte Controller bis heute kaum imitieren können. Genau hier setzt auch der elysia xmax an: ein analoger Masterbus-Processor mit eben jenem klanglichen Höchstanspruch. Erhältlich ist er als 19-Zoll-Gerät für rund 1.700 Euro, als 500er-Modul für 1.100 Euro oder als eigenständige Qube-Version für circa 1.300 Euro. Letztere stand uns für unseren Test zur Verfügung. Einzige Unterschiede der drei Ausführungen sind die jeweiligen Gerätemaße und die unterschiedliche Anordnung der Bedienelemente.
Doch was kann der xmax, was der hochgeschätzte Plug-in-Kollege nicht kann? Klingt er wirklich besser oder nur anders?
Und: Rechtfertigt dieses „anders“ die deutlich höheren Kosten und Umstände für ein analoges Hardware-Gerät? Das werde ich im Folgenden für euch herausfinden.
Die Vorteile echter Haptik sind, neben dem Klang, tatsächlich Argumente, die ich auch im voll digitalen Produktionsalltag durchaus zu schätzen weiß. So auch beim xmax, dessen – Elysia-typische – marineblau-silberne Optik mit dem großen hinterleuchteten Firmen-Logo und der lasergravierten Beschriftung alles andere als im Vintage-Look daherkommt und dessen fein gerastete, angenehm schwergängige Potis ein hochwertiges Produkt versprechen, wie ich es von der renommierten deutschen Schmiede auch nicht anders erwarte.

Außen Stereo, innen M/S-Processing
Der xmax masterbus processor – kurz xmax – ist, wie der Name suggeriert, vor allem für die Kompression von Summensignalen konzipiert, was bedeutet, dass er zum einen in stereo ausgelegt ist und zum anderen, dass mit ihm noch andere Signaleingriffe möglich sind als mit konventionellen (Mono-)Kompressoren – und im Übrigen auch als mit anderen Bus-Prozessoren. Denn intern arbeitet der xmax mit getrenntem Mitten- und Seitensignal, wobei das Mittensignal noch einmal frequenzseitig in die Bänder Low und Mid gesplittet wird. Insgesamt sind unter der Haube also drei Kompressoren an drei unterschiedlichen Stellen am Werk, was sich auch auf der Gerätefront in den regelbaren Parametern niederschlägt. So lassen sich die beiden Mittensignalanteile und das Seitensignal mit jeweils eigenen Threshold- und Gain-Reglern separat verdichten. Wo genau Low und Mittenband liegen, ist präzise in zehn Hertz-Schritten zwischen 40 und 470 Hertz einstellbar. Drei separate siebenstufige LED-Meter informieren über die im jeweiligen Band stattfindende Gain-Reduction, vier weitere LEDs signalisieren die grobe Pegelstärke von Mitten- und Seitenanteilen. Für die Anpassung der Rücklaufzeit, vulgo: Release, steht ein weiteres Poti zur Verfügung, welches alle drei Kompressoren gleichzeitig regelt; Werte zwischen 10 Millisekunden und 1,3 Sekunden sind möglich.
Mit diesem Multiband-Ansatz allein ließen sich nun schon sehr wirkungsvolle Eingriffe in das Summensignal vornehmen, wie beispielsweise eine Verschiebung der Balance zwischen Mitten- und Seitensignal, was zu einem breiteren oder engeren Stereoeindruck führen kann oder einem kompakteren Bassbereich, der dem Gesamtmix mehr Stabilität verleiht. Allerdings verzichtet der xmax auf einige der üblicheren dynamischen Funktionen wie Attack oder eine dezidiert regelbare Ratio, worauf wir gleich noch einmal zurückkommen.

Spezialfeatures für noch mehr Feinschliff
Zunächst sei nämlich erwähnt, dass dies noch nicht alles ist, was der Masterbus-Prozessor zu bieten hat. Um das mehr oder weniger komprimierte Summensignal noch weiter zu veredeln beziehungsweise um noch mehr Feinschliff zu ermöglichen, wurden ihm weitere Features spendiert. Da wären erstens: ich kann als Userin entscheiden, ob die VCA’s der drei Kompressoren separat agieren sollen oder nicht. Mithilfe des Link-Potis sind alle Abstufungen zwischen vollständig verlinkt und vollständig unabhängig voneinander möglich. Ein Feature, was ich persönlich sehr nützlich finde, weil es noch weitere Flexibilität und Klangoptionen erlaubt: insbesondere, wenn es darum geht, unterschiedlichste Klänge wie aus einem Guss klingen zu lassen – eine der Spezialitäten von Bus-Prozessoren – kann es sinnvoll sein, mit dieser Funktion zu experimentieren.
Zweitens verbirgt sich hinter dem „Tone“-Poti ein High-Shelf-Filter, welches dem anliegenden Stereo-Signal nach der Kompression auf Wunsch einen „High End-Höhensound“ (elysia) aufprägt oder diesen Frequenzbereich um bis zu zwölf Dezibel absenkt. Drittens, verbirgt sich ein weiterer Filter hinter dem „lowmo“-Button: Via Hochpass lassen sich hier auf Knopfdruck die Bassanteile des Seitensignals unterhalb 150 Hertz im Sidechain reduzieren, was dort sinnvoll ist, wenn diese anderenfalls eine möglicherweise unerwünscht starke Kompression der Seitenanteile zur Folge hätte (beim Softube-Konkurrenten heißt diese Funktion übrigens „Mono Maker“). Viertens, um auf den Punkt Ratio zurückzukommen: Diese liegt grundsätzlich im eher sanften Bereich unterhalb 2:1 und ist nicht dezidiert regelbar – außer mit dem „Punch“-Button, welcher die Gain-Reduction auf etwa 3:1 anhebt. Und fünftens, befindet sich hinter dem M/S-Decoder und vor dem Gain noch ein Soft-Clipper, mit dem sich auf Wunsch Transienten abrunden lassen, was sich noch einmal auf Pegelstärke und Klangqualität auswirken kann. Dieses umfangreiche Feature-Set heizt nun endgültig meine Neugier an und ich brenne darauf zu erfahren, wie der xmax denn nun klingt.
In der Praxis: Back to the analogue roots
Eins vorneweg: Der xmax lässt sich vielseitig als Stereo-Widener, als Limiter, als Multibandkompressor oder eben als Booster für alle Arten von Bussen oder Master-Tracks einsetzen. Sogar ein Einsatz im Live-Betrieb ist möglich, nicht zuletzt dank der drei verschiedenen Bauformen des Geräts.
Die Klangergebnisse lassen sich übrigens nur hören, wenn der humorvoll mit „Hit it!“-beschriftete Button aktiv ist; es gibt folglich einen echten Bypass, auch wenn dabei sämtliche Pegelanzeigen aktiv bleiben. Das kann anfangs irritieren, erleichtert im Betrieb aber die Pegelkontrolle.

Auf dem Drum-Bus erzeugt der xmax mit kurzer Release-Zeit, moderater Gain Reduction (circa 3 dB) und mittlerer Link-Einstellung einen angenehm lauten, druckvollen Schlagzeug-Sound. Noch mehr Wumms gibt’s mit aktiviertem „Punch“: Trotz unveränderter Zeitkonstanten in der Schaltung greift die Kompression hier hörbar kräftiger zu, vor allem in den Tiefmitten. Auch auf Vocals angewendet, zeigt sich der Busprozessor flexibel, wenn ich die Crossover-Frequenz an die jeweilige Stimmlage anpasse. Besonders bei Backings oder Chören lässt sich hier ein herrlich breiter, klanglich kompakter oder auch schimmernder Vocal-Sound erzeugen. Sein ganzes Potenzial entfaltet der xmax jedoch auf dem Masterbus: Die drei Kompressionsbänder erlauben drastische Eingriffe in die Stereobreite und die tonale Balance des gesamten Mixes. Der Soft-Clipper sorgt dabei auf Wunsch für eine Extraportion Analogcharakter.
Was den xmax besonders macht, ist das komplexe Wechselspiel zwischen Thresholds, Releasezeit und Verlinkung der VCAs. Hier gilt: Ausprobieren und Standardwerte vergessen, denn die Ergebnisse sind stark signalabhängig und manchmal überraschend. Mich beeindruckt, dass selbst bei höchster Gain Reduction meine Mixe nie überkomprimiert klingen, sondern stets in irgendeiner Form musikalisch bleiben. Besonders überzeugend ist für mich übrigens der unscheinbare „Tone“-Poti. Das High-Shelf-Filter, das ab circa 4 kHz einsetzt und bis 20 kHz mit bis zu zwölf Dezibel für reichlich Luftigkeit sorgen kann, wartet mit einem wunderbar seidigen und feinen Klang auf, sodass ich ihn bei jedem Signal einsetzen möchte. Er hat also ein ähnliches Suchtpotenzial wie der Exciter des Softube Bus Processors.
Doch zurück zur Eingangsfrage: klingt der xmax besser als mein Lieblingsvertreter der Plug-in-Fraktion? Die Antwort lautet: Jein. Klanglich ermöglichen beide Werkzeuge exzellentes Summenprocessing, allerdings auf unterschiedliche Weise. Der xmax erlaubt frequenzselektive Kompression und klingt dabei keineswegs „chirurgisch“, sondern organisch, griffig und souverän. Der Softube-Processor arbeitet hingegen mit Excitern und separaten Sättigungsstufen, ein Ansatz, der ebenfalls funktioniert, aber eben klanglich anders färbt. Beide bieten Stereo-Enhancement, beide klingen high-end – aber der xmax bringt qua analoger Schaltung native Obertöne ins Spiel, wie auch die Analyse mit dem Plugin-Doctor bestätigt.
Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch der Workflow-Unterschied: Will ich den xmax mehrfach in einem Projekt benutzen, muss ich den Klang in Echtzeit „printen“, inklusive schriftlicher Notizen für den Recall. Das zieht eine gewisse Entscheidungsfreude und zusätzlichen Aufwand nach sich, was je nach Arbeitsweise inspirieren oder stören kann.
Ob sich die Anschaffung lohnt, muss deshalb jede/jeder für sich entscheiden. Für mich persönlich ist der xmax ein ernstzunehmender Zuwachs im Studio – kein Ersatz, aber eine hochwertige Erweiterung meines Plug-in-Fuhrparks. Vor allem deshalb, weil er nicht nur klanglich überzeugt, sondern das Drehen an echten Potis auch einen kreativen Akt darstellen kann. Und genau das sollten wir bei aller Digitalisierung nicht unterschätzen.

Fazit
Der elysia xmax ist kein schnödes Effektgerät, sondern ein Klangveredler mit Charakter. Wer zudem das Haptische liebt und seine Summensignale, ganz gleich ob Drums, Vocals oder den Masterbus mit präziser Eleganz formen will, findet hier einen verlässlichen und flexiblen analogen Partner auf modernem High-End-Niveau.
xmax
Hersteller | elysia |
Vertrieb | https://elysia.com |
Typ | Masterbus-Prozessor |
Maße | 19-Zoll, 1 HE, 23 cm tief; API500 (2 Slots); Qube |
Gewicht | 1,76 kg (19-Zoll) |
Preis [UVP] | 19-Zoll: 1.740 €; Qube: 1.350 €; API500: 1.150 € |
Ausstattung
Eingänge | 2; symmetrisch, XLR/Klinke |
Ausgängen | 2; symmetrisch, XLR/Klinke |
Kompressor | 3 (Low, Mid, Side) |
Threshold | Low, Mid, Side |
Gain | Low, Mid, Side; je -12 bis +12dB |
Crossover Low/Mid | 40 Hz – 470 Hz |
Release | 10 ms – 1,3 s |
High-Shelf-Filter | 12 bis +12 dB (ca. 4 – 20 kHz) |
Bedienelemente | |
Anzeige | 6 (3x Gain Reduction, 1x Soft Clip, 2x Mid/Side-Pegel) |
Lieferumfang | Netzteil |
Besonderheiten | Multiband-Kompression mit Tief-, Mitten-, und Seitenbändern; variable Verlinkung der Kompressoren; „Punch“-Funktion für höhere Ratio; „Lowmo“-Funktion zur Mono-Schaltung tieffrequenter Seitenanteile; High-Shelf-Filter für zusätzliche Klangfärbung; Drei verschiedene Geräteausführungen erhältlich |
Bewertung
Kategorie | Spitzenklasse |
Ausstattung | sehr gut – überragend |
Bedienung | sehr gut |
Verarbeitung | überragend |
Klang | sehr gut – überragend |
Gesamtnote | sehr gut – überragend |