
Nein, ein hyperaktiver Hardrocker ist der Fostex T50RPmk4 nicht. Eher will er sich als eleganter Studio-Profi für alle relevanten Aufgaben andienen und auch kritische Ohrenmenschen überzeugen.
Text und Fotos von Harald Wittig
Viel tut sich im Kopfhörersegment beim japanischen Hersteller Fostex: Nach den sündhaft teuren und sauguten Edelhörern TH1000RP und TH1100RP, die wir in der Ausgabe 3/2024 ausführlich besprochen haben, hat Fostex sein Kopfhörer-Line Up auch um sehr viel günstigere Modelle ergänzt. Dazu gehört auch unser heutiger Testkandidat, der T50RPmk4 heißt und sich gegenüber seinem nach wie vor erhältlichen Vorgänger, dem T50RPmk3, nicht nur äußerlich verändert präsentiert. Vor allem technisch unterscheidet er sich – dazu nachher alles Wesentliche – vom älteren Modell. Dafür ist er auch deutlich teurer: Mit etwa 314 Euro schlägt der T50RPmk4 zu Buche. Den T50RPmk3 gibt’s schon für 175 Euro. Ob der T50RPmk4 den deutlichen Mehrpreis wert ist, klären wir im Rahmen dieses Tests. Bevor wir einsteigen noch ein wichtiger Hinweis: Auf der Fostex-Website wird eine Variante des Kopfhörers angeboten, T50RPmk4g geheißen, der, so scheint es, „For Gaming“ optimiert ist. Tatsächlich handelt es sich lediglich um einen Marketing-Gag: Es ist der gleiche Hörer, lediglich der Name und die Verpackung wurden geändert. Der Grund: Der T50RPmk4 wurde in kürzester Zeit zum Liebling der japanischen Gamer – was die Marketingstrategen bei Fostex gewinnbringend nutzen wollen. Lasst Euch also nicht verwirren. Es gibt nur einen T50RPmk4. Den wir uns jetzt vornehmen wollen.
Völlig neu gestaltete Treiber
Der T50RPmk4 ist ein orthodynamischer Kopfhörer in halboffener Bauweise. Die findet sich generell selten. Bei Magnetostaten, wie Orthodynamiker auch genannt werden, ist diese Konstruktion hienieden so rar wie Marsstaub. Grundsätzlich ist die Bauweise für einen Studio-Kopfhörer, der vielseitig für Aufnahme, Mix und Mastering einsetzbar sein soll, ein guter Kompromiss: Diese Hörer haben eine bessere Isolierung nach außen, sodass damit auch Mikrofonaufnahmen, Stichwort: Übersprechen, machbar sind. Gleichzeitig können halboffene Hörer – sofern der Hersteller sein Handwerk versteht – an die klangliche Ausgewogenheit der offen Konstruierten heranreichen. Weswegen der T50RPmk4 durchaus das Zeug zum Allround-Werkzeug im Rahmen einer Produktion haben könnte.
Damit auch die Wiedergabe den Anforderungen der Tonschaffenden genügt, hat Fostex den Hörer mit einem völlig neu gestalteten RP-Treiber der vierten Generation ausgestattet. „RP“ steht für „Regular Phase“ und Bewunderer japanischer Ingenieurskunst mögen an die HiFi-Kultmarke Accuphase denken. Da steht der Name nämlich ebenfalls für eine hochpräzise Wiedergabe ohne Verfärbungen. Entsprechend soll Fostex´ RP-Kerntechnologie eine besonders akkurate Wiedergabe, die wir für die penible Klangbeurteilung bei der Produktion brauchen, garantieren.
Dafür hat Fostex eine neue gedruckte Spulenform erdacht, um den Schwingungsbereich der hauchdünnen Flachmembran zu vergrößern und zu entzerren. Zudem wurde die Anzahl der Neodym-Magnete, welche die Membran einfassen, erhöht. Des Weiteren zeigen sich die Magnetkreise in der aktuellen Ausführung der RP-Treiber neu gestaltet, um die Verteilung des magnetischen Flusses zu optimieren, verfälschende Resonanzen zu unterdrücken und ein besseres Einschwingverhalten zu erreichen. Unterm Strich böten diese neuen Treiber eine höhere Empfindlichkeit, einen lineareren Frequenzgang und ein herausragendes Einschwing-/Impulsverhalten.

Jedenfalls protzt der Neue mit einem gegenüber dem Vorgängermodell erheblich erweiterten Frequenzgang: In den Tiefen reicht der T50RPmk4 weit in den Basskeller hinab. Zehn Hertz soll er darstellen können – das ist sehr gut, wird aber von einigen dynamischen Studio-Profihörern noch übertroffen. Wir denken beispielsweise an die Dynamiker DT 990 Pro und DT 1990 Pro von beyerdynamic, die ganz tief ins Bassdunkel, nämlich bis fünf Hertz absteigen können. Das sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Denn der Tiefbassumfang des T50RPmk4 ist fraglos bemerkenswert und wiedergabetauglich für subbassige Schallereignisse. Umgekehrt soll der Magnetostat auch in lichte Höhen emporsteigen können: Bei den angegebenen 40 Kilohertz wird es schon sehr hell und auch wenn es Mitbewerber geben mag, die zumindest auf dem Papier noch weiter hinaufreichen, ist der Fostex in bester Gesellschaft mit den etablierten Platzhirschen unter den Profihörern. Zumal Impulsverhalten, Auflösung und Linearität für uns weitaus wichtiger sind als ein wenig mehr an Höhenfunkeln oder Bassgebrumme.
Passt und trägt sich gut
Die vergleichsweise geringe Impedanz von nur 28 Ohm und eine erhöhte Empfindlichkeit von 97 dB/mW begrüßen wir hocherfreut. Denn damit ist der Fostex auch an Kopfhörerausgängen mit geringerer Ausgangsspannung betreibbar. Tatsächlich hört es sich an den meisten Audio-Interfaces mit dem T50RPmk4 ohne Aufreißen des Pegels in den kritischen, sprich rauschenden Bereich sehr gut. Die höhere Empfindlichkeit begünstigt eine, im Vergleich zu gering empfindlicheren Kopfhörern, laute, dabei verzerrungsfreie Wiedergabe.

Neben diesen klangentscheidenden Neuerungen hat Fostex dem T50RPmk4 auch ein neues, einheitlich im eleganten Schwarz gehaltenes Gehäuse spendiert. Die neu geformten Hörmuscheln haben eine mittig platzierte Anschlussbuchse. Das dankbarerweise einseitig geführte Anschlusskabel darf je nach Gusto in die eine oder andere Muschel gesteckt werden. Ein unwillkommener Kanaltausch ist nicht zu befürchten. Das hat Vorteile für Linkshänder und wird auch von Musikern begrüßt, die das Anschlusskabel am Liebsten beim Einspielen über die Schulter werfen, um unbehindert spielen zu können. Das es keinen Bajonett-Verschluss gibt, stört uns nicht. Das Kabel sitzt in beiden Buchsen sehr fest und sicher.
Beim Anschlusskabel handelt es sich um ein zwei Meter langes hochwertiges OFC-Kabel mit 3,5 Millimeter Klinkensteckern. Optional sind auch symmetrische Kabel mit 2,5 und 4,4 Millimeter Klinkensteckern sowie XLR-Anschlüssen erhältlich. Wer aus klanglichen Gründen auf den symmetrischen Betrieb mit seinem HighEnd-Kopfhörerverstärker schwört, kann also nachrüsten. Ganz günstig ist das aber nicht: Die Preise rangieren von knapp 100 bis 110 Euro fürs XLR-Kabel.
Nicht so gut: Der vergoldete Adapter wird nicht geschraubt, sondern nur gesteckt – und bleibt ausweislich unserer Erfahrungen gerne mal in der Buchse des Verstärkers stecken. Dafür gibt es einen schwach gedruckten Minuspunkt. Außerdem hätte Fostex seinem nicht eben billigen Hörer noch ein zweites Kabel beipacken können. Ansonsten ist an dem Kupferkabel nichts auszusetzen: Es wirkt stabil und ist weder zu steif, noch droht es schnell zu verringeln.
Sehr gut gefällt hingegen die Machart der Ohrpolster: Sie sind mit Kunstleder bezogen und bestehen aus „Gedächtnisschaum“, der sich vorzüglich an die Trägerohren anpasst. Das fühlt sich ausgesprochen angenehm an und tatsächlich kommen wir auch bei sehr langen Hörsitzungen nicht ins Schwitzen. Der Tragekomfort wird noch erhöht dank des selbstjustierenden Kopfbügels. Er passt sich automatisch an die Kopfgröße an. Die Feinabstimmung muss zwar noch über die beidseitig angebrachten und einigermaßen geschmeidig zu verstellenden Führungsschienen erfolgen. Ist er aber erst mal eingestellt, kann der Hörer jederzeit aufgesetzt werden und der Träger begrüßt ihn mit einem überzeugten: „Willkommen zu Hause.“

Fraglos studiotauglich
Die Verarbeitung ist gediegen und bietet keinerlei Anlass zur Klage. Überwiegend kommt hochfester Kunststoff zum Einsatz, wobei beispielsweise die Führungsschienen aus Metall sind. Frugale Kost steht aber beim Zubehör auf dem Speiseplan: Es gibt nicht mal einen Transportbeutel. Da wünschen wir uns doch mehr. Immerhin ist der T50RPmk4 ein Hörer der 300 Euro-Klasse.
Aber entscheidend bleiben Tragekomfort und vor allem der Klang des Hörers. Weswegen wir den Fostex nunmehr aufsetzen und mit wachen Ohren seinen Klang erkunden wollen. Damit die Signalkette optimal geschmiedet ist, spielen wir dem T50RPmk4 verschiedenes Material über unsere bewährte Referenz-Combo zu. Die besteht aus dem Mutec MC3+USB als Audio-Interface, das mit dem MacBook Pro verbunden ist. Über AES/EBU geht es in den Mytek Stereo192-DSD DAC und von da analog in unsere beiden HighEnd-Kopfhörerverstärker: Via XLR in den Violectric HPA V280 und über RCA gleichzeitig in den HPA V200 desselben Herstellers. Als ersten Titel hören wir die weniger bekannte Ballade „Nightmare“ der MacAuley Schenker Group von der gleichnamigen Akustik-EP. Gitarrist Michael Schenker spielt die Leadparts nämlich mit einer Ovation, die er direkt ins Mischpult einstöpselte. Der Gitarrenklang ist deswegen von dem höhenreichen Piezo-Tonabnehmersystem des Instruments geprägt. Dieses typische Höhenbrizzeln unterschlagen aber auch gute Kopfhörer gerne. Der Fostex lässt sich indes nicht an der Nase herumführen und präsentiert die Gitarrenmelodien detailliert und fein aufgelöst. Das kann auch unser altbewährter AKG K702 Studio nicht besser. Im Gegenteil: Im direkten Vergleich fällt er zumindest bei der Höhenwiedergabe hinter den Fostex zurück. Der findet zwar in dieser Disziplin und in puncto Plastizität seinen Meister im Dan Clark Stealth. Allerdings spielt der Dan Clark in einer ganz anderen Liga – auch preislich. Denn der Edelhörer kostet viereinhalb Tausend Euro.
Lassen wir also den ungerechten Vergleich und stellen so objektiv wie möglich fest, dass der T50RPmk4 ein richtig guter Magnetostat ist. Er liefert immer detailreiche, durchaus naturalistische Abbilder des Audiomaterials. Beispielsweise stellt er beim Abhören eines Logic Pro-Projekts das spezielle Höhenfunkeln eines mikrofonierten Fender ´65 Deluxe Reverb und der gelungenen Digital-Emulation in Form des Combo Deluxe ´65 in Pedalform von TC Electronic sowie des feinen Digitalnachbaus in IK Multimedias Amplitube 5 sehr gut dar. Andere, preislich vergleichbare Magnetostaten aus der HiFi-Ecke tönen doch gerne schönfärbender und dämpfen die Höhen bei gleichzeitig vordergründigeren Tiefmitten.
Erwartungsgemäß lässt sich der Fostex von Bässen jeglicher Beschaffenheit kaum aus der Ruhe bringen. Dank seiner Reaktionsschnelligkeit, sprich sehr guten Impulsverhaltens – die bauartbedingte Stärke der Magnetostaten – verbunden mit dem erweiterten Tiefenbereich, ist die Bass-Beurteilung mühelos möglich. Der gut angekoppelte und ausgewogene Mittenbereich schließt sich an und rundet die insgesamt lineare Wiedergabe ab. Die Raumdarstellung ist sehr gut, wenngleich uns in dieser Disziplin der dynamische Focal Lensys Professional (Test in Ausgabe 04/2024) immer noch besser gefällt. Aber das könnten die Ohren Dritter anders empfinden, denn ohrenfällig eindeutig sind die Unterschiede insoweit nicht.
Auch an den Kopfhörerausgängen von Audio-Interfaces und Wandlern wie einem UA Apollo X8 oder unserem treuen Mytek Digital 8×192 ADDA lässt sich der T50RPmk4 gewinnbringend betreiben. Sogar am Kopfhörerausgang des Combo Deluxe ´65-Pedals, sodass wir unseren Sound für die Testaufnahmen mit Hilfe des Fostex mühelos nach Gehör einstellen konnten. Zum Schluss ist der Fostex auch zum Genusshören geeignet, denn hochaufgelöstes Audio-Material kann der elegante Profi aus Japan dank seiner Wiedergabekompetenz auf Oberklasse-Niveau präsentieren. Dann darf es auch gerne die HiRes-Ausgabe des AC/DC-Klassikeralbums „Back in Black“ sein. Auf dass sie ewig und sehr gerne mit dem T50RPmk4 rocken mögen.

Fazit
Der Fostex T50RPmk4 ist ein professioneller Magnetostat, der sich dank halboffener Bauweise für fast alle Stadien der Musikproduktion eignet. Er macht vieles goldrichtig und muss allenfalls die um ein Vielfaches teureren Mitbewerber – auch aus eigenem Hause – fürchten.
T50RPmk4
Hersteller | Fostex |
Vertrieb | https://megaaudio.de |
Typ | |
Farbe | Schwarz |
Gewicht | 330 g |
Preis [UVP] | 314 € |
Technische Daten
Wandlerprinzip | |
Bauweise | halboffen |
Frequenzbereich | 10 Hz – 40 kHz |
Magnete | Neodymium |
Impedanz | 28 Ohm |
Empfindlichkeit | 97 dB/1mW |
Max. Eingangsleistung | 3.000 mW |
Anschlusskabel | |
Lieferumfang | 2m-Kabel, 6,3mm Klinke Adapter, Kurzbedienungsanleitung, symmetrische Anschlusskabel (optional) |
Besonderheiten | Grundlegend neu gestaltete RP-Treiber der vierten Generation, selbstjustierendes Kopfband, OFC-Anschlusskabel wahlweise links oder rechts steckbar. |
Bewertung
Kategorie | Oberklasse |
Ausstattung | gut |
Tragekomfort | sehr gut |
Verarbeitung | sehr gut |
Klang | sehr gut |
Gesamtnote | sehr gut |