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Juni 17, 2025

Test: Tascam Studio Bridge – Back to the roots

Angesichts der Reizüberflutung, die DAWs mittlerweile bieten können, mag sich mancher die Rückkehr zu „herkömmlichen“ Aufnahmegeräten ohne großen Bildschirm wünschen. Dem kommt Tascam mit der Studio Bridge nach – einem digitalen Desktop-24-Spur-Recorder, der auf SD-Speicherkarten aufnimmt. Zudem kann er als USB-Audio-Interface fungieren, um ­beispielsweise ein analoges Mischpult mit digitalen Fähigkeiten zu versorgen.

von Nicolay Ketterer

Mal Hand aufs Herz: Wer hat sich nicht manchmal gedanklich die Zeit zurückgewünscht, in der das Recording einen unkomplizierten Druck auf den Aufnahmeknopf an einem Hardware-Gerät darstellte, zumal wenn sich die DAW im Dickicht des Treiber-Dschungels verliert und den Dienst verweigert? Andererseits: Niemand will auf die Klangqualität moderner Systeme verzichten. Trotzdem existieren immer noch Nutzer, die die DAW eher als „digitale Bandmaschine“ nutzen, die eigentlich nur unkompliziert aufnehmen können soll. Gemischt wird nach alter Väter Sitte über ein analoges Pult und entsprechende Peripherie.

Stand-Alone-Recorder und USB-Interface

Und damit sind wir bei der neuen Tascam Studio Bridge: Der 24-Spur-Recorder ist einerseits als einfache Desktop-Recording-Lösung im Kontext eines analogen Mixing-Setups gedacht. Als Speichermedium dienen SD-Karten (SDXC) mit bis zu 512 GB Speicherplatz. Alternativ kann – und hier kommt der Produktname als „Studio Bridge“ ins Spiel – das Gerät auch als Signalvermittler vom Computer-Sequenzer zum Mischpult und umgekehrt genutzt werden in Form eines USB-Audio-Interface für eine DAW. Auf den ersten Blick erscheint die Studio Bridge als ein Produkt, das eine überschaubare Zielgruppe in der Nische bedient. Näher betrachtet, stellt sich das Konzept allerdings als flexibler heraus als zunächst gedacht: Eine „24-Spur-Soundkarte“ für jene, die viele Ein- und Ausgänge benötigen, ist nicht leicht und vor allem in guter Qualität nicht günstig zu finden. Gerade am Notebook war eine entsprechende Lösung lange kaum denkbar und erscheint noch heute zumindest eine kleine Herausforderung zu sein, wenn es darum geht, mehrere USB-Interfaces zu kaskadieren. Sehr schön: Überdies lässt sich die Tascam-Steuereinheit auch als externer DAW-Controller für grundlegende Transport-Funktionen einsetzen. Primär dürfte man aber an den Anschluss an ein Live-Pult denken, um Mehrspur-Mitschnitte zu machen, was vor allem für jene digitalen Pulte interessant ist, die keine eigenen Mitschnitt-Features der Einzelspuren per USB anbieten. Für einen Verkaufspreis von rund 1.000 Euro klingt das nach einem gut geschnürten Paket.

Der Tascam Studio Bridge-Recorder nimmt intern bis zu 24 Spuren auf oder dient als klassisches USB-Audio-Interface
zum Anschluss an einen Rechner.

Anschluss per ­­Sub-D25-Stecker

Mit knapp 45 cm Breite und 27 cm Tiefe wirkt das Gerät überraschend kompakt und macht sich gut als „Desktop-Recorder“ auf dem Arbeitstisch. Mit den Seitenpanelen aus Holz bekommt der Recorder mit seiner minimalistisch-technoiden 1980er-Jahre-Anmutung Wohnzimmer-Charme und erinnert an den Look der „Moogerfooger“-Effekte von Moog. Für einen Rack-Einbau bietet Tascam aber auch aufpreispflichtige montierbare Rack-Ohren/Winkel aus Metall an. Dann weicht die Wohnzimmer-Ästhetik allerdings endgültig der Stilkategorie „Musikwerkzeug“.

Wie sieht die analoge Anbindung der „Studio Bridge“ aus? Auf der Rückseite befinden sich je drei Sub-D25-Anschlüsse für acht analoge Ein- und Ausgänge – natürlich – im Tascam-Format. Wichtig zu wissen: Alternativ existiert für diese Anschlussart auch das Yamaha-Format, dessen Belegung jedoch abweicht. Wer, wie in meinem Fall vor einigen Jahren, einmal versehentlich ein Yamaha-belegtes Kabel an ein Tascam-kompatibles Gerät angeschlossen hat, bekommt vorwiegend digitale Störgeräusche zu hören, in die sich grobschlächtige Signalfetzen des Audiomaterials einmengen. Wenn sich der Grund nicht unmittelbar aufdrängt, klingt das Ergebnis scheinbar nach einem fehlerhaften Audiotreiber und die Betroffenen suchen zunächst fieberhaft in Einstellmenüs. Also heißt es „Augen auf beim Peitschenkauf!“.

Die Verwendung von Sub-D25-Anschlüssen ist wohl in erster Linie dem Platzbedarf für die 24 Ein- und Ausgänge geschuldet. Bei je 24 XLR- oder ­Klinkenbuchsen wäre das Gehäuse viel zu groß geraten. Dafür lässt sich aber auch frei auswählen, welche Stecker und Buchsenbelegung – XLR oder Klinke – an die Studio Bridge angeschlossen werden sollen. Ein- und Ausgänge liefern stets Signale mit Line-Pegel.

Die Ein- und Ausgänge sind über je drei Sub-D25-Anschlüsse zugänglich, mit jeweils acht Kanälen pro Anschluss. Dabei werden Signale mit Line-Pegel geführt.

Zur Verbindung mit PC oder Mac befindet sich auf der Rückseite außerdem ein USB-Anschluss (Typ B) zum Anschluss an einen  Rechner. Auch MIDI Ein- und Ausgang sowie ein Metronom-Ausgang und ein Fußschalter-Anschluss zur Recording-Steuerung stehen dort zur Verfügung.

Übersichtliche Bedienung

Um die Nutzerschaft in Sachen einfacher Bedienbarkeit abzuholen, ist der Aufbau denkbar übersichtlich gestaltet: Die Oberfläche wird von 24 Kästchen dominiert – für jeden Kanal also eins – die mit drei Bedienelementen und einer LED aufwarten. Über einen ersten Druckschalter lässt sich zwischen der Signalquelle (analoger Eingang oder USB-Signal) wählen, ein zweiter Schalter erlaubt das Vorhören des Eingangssignals per Monitor-Schaltung. Der rot unterlegte Rec-Button erlaubt das scharf schalten der jeweiligen Kanäle. Eine kleine LED neben der Kanalnummer gibt Auskunft über die Pegelstärke. Grün ist OK, Rot ist übersteuert. Rechts davon ist die Steuerzentrale der Studio Bridge eingelassen, die neben den üblichen Transport-Tasten mit einem Jog-/Shuttle-Rädchen aufwartet. Zentrales Element ist hier das LC-Display, das Auskunft über diverse Vorgänge im Gerät gibt, etwa die anliegenden Pegel, der Takt, in dem man sich gerade befindet und/oder die Aufnahmedauer. Ein Kopfhörer-Anschluss und ein Metronom mit Tap-Funktion rundet die übersichtliche Ausstattung ab.

Übersichtlich: In jedem Kanal kann zwischen der Quelle – analoger Input oder USB-Signal – gewählt werden, zudem ist eine Monitor-Funktion vorhanden. Zum Aufnehmen muss die Spur über den Rec-Button ­scharf ­geschaltet werden.

Die Haptik der einzelnen Drehregler erscheint angenehm griffig, auch die verschiedenen Druckschalter machen einen soliden Eindruck. Die Navigation über Stop, Wiedergabe/Pause, Aufnahme sowie mit dem Jog Wheel funktioniert nach kurzer Eingewöhnung tadellos. Über einen Shift-Button sind zusätzliche Funktionen wie beispielsweise Parameter für den Kopfhörer-Mix zugänglich. Ein wirklich tiefgreifendes Editieren der Aufnahmen ist hingegen nicht vorgesehen. Es geht rein ums Recorden.

Nahtlose Integration

Im Test verbinden wir die Studio Bridge mit Steinberg Nuendo: Nach der Verbindung per USB und der Installation der Windows-Gerätesoftware wird die Tascam Studio Bridge umgehend als Audio-Schnittstelle erkannt und lässt sich problemlos via ASIO-Treiber verwenden. Zudem steht auch ein WDM-Treiber für andere Anwendungen zur Verfügung. Die Tascam-Geräte-Software verfügt über eine Oberfläche über die sich die Anzeige für die eingehenden oder die ausgehenden Pegel der 24 Kanäle umschalten lässt. Die erfolgreiche USB-Verbindung wird auf dem Display der Studio Bridge angezeigt. Klanglich erweisen sich die 24-Bit-Wandler im Test einwandfrei, mit einem für heutige Oberklasse-Wandler entsprechend linearem Klangbild. Im Vergleich bieten die im Test-Setup vorhandenen Mytek 8×192-Wandler zwar noch etwas mehr Tiefenstaffelung in der Klangbühne. Allerdings ist der Unterschied gering, was das Preis-/Leistungsverhältnis für den Tascam-Recorder mehr als gelungen erscheinen lässt, gemessen am nahezu dreifachen Neupreis des „nur“ achtkanaligen Mytek. Einziger Wermutstropfen beim Tascam-Kandidaten: Das Gerät bedient lediglich Sampling-Raten von 44,1 und 48 kHz – was je nach DAW-Projekten mit höheren Raten ein Problem darstellen könnte. Weshalb Tascam hier auf höhere Raten verzichtet hat, bleibt ein Rätsel. Davon abgesehen, lässt sich die Ein- und Ausgabe verschiedener Spuren problemlos bewerkstelligen, ebenso wie die grundlegende DAW-Steuerung über die Taster auf der Hardware und in Verbindunge mit dem MCU-Protokoll.

Direkte Aufnahme

Und „autark“ gedacht? Die Unmittelbarkeit der Bedienung nur über einzelne Knöpfe und Regler erinnert an die „seligen“ Zeiten, als noch Mehrspuraufnahmen auf Compact-Cassetten aufgenommen wurden. Kleines Detail am Rande: Teac/Tascam war hier 1979 Vorreiter mit dem „PortaStudio 144“ Vierspur-Recorder. Damit nahm Bruce Springsteen seinerzeit sein Album „Nebraska“ im Schlafzimmer auf. (übrigens: Dieses Jahr soll ein Film über die Entstehung jenes Albums mit Jeremy Allen White als Springsteen erscheinen)

Die Aufnahmen können auf SDXC-Speicherkarten bis 512 GB in dem vorhandenen Slot gespeichert werden.

Der Kosmos als reines Aufnahmegerät ohne Maus und Plug-ins übt im Test rasch eine eigene Faszination aus. Allerdings sind die Abläufe durch das zentrale Display als Hauptarbeitswerkzeug im Vergleich zur  analogen Arbeitsweise der PortaStudio-Kassetten-Geräte doch ungleich technischer. Dennoch kann es bereits nach wenigen Handgriffen losgehen. Im Praxistest lege ich zunächst im Menü einen Song an und wähle die gewünschte Auflösung – hier: 44,1 kHz/24 Bit. Dann stelle ich das gewünschte Songtempo im Menü ein und teste die Lautstärke des Click-Signals am Kopfhörer. Auf der ersten Spur höre ich kurz per Monitor-Funktion das Signal meines gewählten Eingangs vor. Die Eingangslautstärke des Line-Signals muss ich logischerweise noch vor dem Tascam an meinem Preamp regeln. Die Studio Bridge hat ja keine. Im Gerät selbst kann ich zwar auch den Pegel anpassen. Doch das stellt lediglich eine digitale Korrektur dar. Dann: Spur scharfgeschaltet, Aufnahme und Wiedergabe gedrückt und einen Take (hoffentlich fehlerfrei) eingespielt. Anschließend spiele ich einen Overdub auf der zweiten Spur ein, indem ich dort den gleichen Eingang wie im ersten Kanal zuweise und im Menü zurück zum Anfang des Songs gehe. Bemerkenswert: Diese „minimalistische“ Arbeitsweise wirft einen tatsächlich auf die eigene Kreativität zurück und „zwingt“ gleichzeitig zu sauberer Performance, ohne sich auf späteres Reparieren/Editieren zu verlassen – wobei Undo-Funktionen grundsätzlich möglich sind. Auto Punch-In und -Out lassen sich für Overdubs einer Spur ebenfalls automatisieren. Die Audio-Bearbeitung beschränkt sich auf eine Normalisierungsfunktion, ohne weitere Cut- oder Trim-Funktionen, was schade ist. Ein Firmware-Update könnte da Abhilfe schaffen und – auch wenn es im Vergleich zur Bildschirmarbeit mühsamer anmutet – die Ausstattung um nützliche Funktionen erweitern. Sind die Aufnahmen im Kasten, erlaubt die Studio Bridge am Ende einen Mixdown als Stereo-Export.

Fazit

Wer einen Stand-Alone-Recorder mit unkomplizierter Bedienbarkeit schätzt und/oder ein kompaktes und bezahlbares Setup sucht, um sein (analoges) Mischpult mit 24 (digitalen) Kanälen auf einen Schlag  bespielen zu können und dabei auf Sampling-Raten oberhalb von 48 kHz verzichten kann, sollte die Studio Bridge unbedingt ausprobieren. Dabei bietet das Paket ein hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis und sehr gute Audioqualität der Wandler ohne färbenden Eigenklang. Wirkliche Alternativen auf dem Markt gibt es nicht. Um ähnliches zu realisieren, gibt es nur einzelne Bausteine aus Interface und Mehrspur-Recorder, die der Nutzer selbst (teurer) kombinieren müsste.

HerstellerTascam
Vertriebhttps://tascam.eu
Typ24-Kanal-Audio-Recorder/Audio-Interface
Maße447 x 115 x 270 mm (B x H x T)
Gewicht4,5 kg
Preis [UVP]999 Euro

Anzahl Audiospuren24
AufnahmeformatWAV (BWF-Format) 44, 1/48 kHz, 16/24 Bit
AufnahmemediumSD (SDXC, bis max. 512 GB)
Eingänge 24x Line (über 3x SubD-25)
Ausgänge24x Line (über 3x SubD-25)
Kopfhörer1x 6,3 mm Stereoklinke
sonstige Anschlüsseje 1x 6,3 mm Klinke für ­Metronom und Fußpedal
MIDI5-Pol-DIN In & Out
Digital-AnschlüsseUSB-B
Bedienelemente78 Taster/Schalter, 5 Transporttasten, 2 Drehregler, 1 Jog-Wheel
AnzeigeZweifarb-LC-Display, 28 Status-LEDs
LieferumfangNetzkabel , Adapter für Rack-Montage gegen Aufpreis optional erhältlich
BesonderheitenPunch-In-Aufnahme bei bis zu zehn Spuren ­gleichzeitig möglich

KategorieOberklasse
Ausstattunggut – sehr gut
Bedienungsehr gut
Verarbeitungüberragend
Klangsehr gut
Gesamtnotesehr gut