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Oktober 20, 2024

Mackie DLZ Creator XS: Klein und dennoch übermächtig

Mackie stellt dem im vorigen Jahr vorgestellten DLZ Creator Pult einen kleinen Bruder zur Seite, der zwar eher ­unscheinbar daherkommt, aber ebenso mächtig wie der Große aufspielt.

von Georg Berger

„Nanu, wer hat denn da am DLZ-Pult den Stöpsel gefunden und einfach mal Zweidrittel der Luft rausgelassen?”, war mein erster Gedanke, als ich das neue DLZ Creator XS Pult von Mackie das erste mal sah. Feierte der Hersteller im vergangenen Jahr mit dem DLZ Creator Pult (ohne “XS”, siehe Ausgabe 06/2023) eine glänzende Premiere im Segment der Streaming-Mischpulte, legt der Hersteller jetzt mit der kompakten XS-Variante nach. Während das große DLZ-Pult konzeptionell auf das Produzieren von Gesprächsrunden mit mehreren Teilnehmern ausgerichtet ist, konzentriert sich das XS-Modell auf Alleintäter, die Interviews in einer Vier-Augen-Situation im Studio oder unterwegs produzieren. Und dafür braucht es nicht unbedingt die Dimensionen des großen Pults. Die XS-Variante nimmt etwas weniger Fläche als ein DIN-A-4-Blatt ein, die Anzahl an Mikrofoneingängen hat sich auf zwei halbiert, anstelle von Fadern gibt es griffige, sehr geschmeidig und präzise laufende Drehregler, ein Endlos-Encoder neben dem Display ist weggefallen und das zentrale Touch-Display ist mit sieben Zoll Diagonale rund drei Zoll kleiner als im großen Bruder. Dafür ist das XS-Pult mit rund 530 Euro auch ungefähr 250 Euro günstiger zu haben als das große Modell. Dank der zentralen Steuerung über das Touch-Display verfügt auch das XS-Pult über die gleichen Funktionen und Features wie das Große. So lassen sich die Eingänge mit allen üblichen Studio-Effekten bearbeiten, es gibt einen zumischbaren Echo- und Hall-Effekt. Das Pult besitzt Bluetooth-Konnektivität, um Musik oder Telefonate via Smartphone in die Produktion einbinden zu können, Mix-Minus-Funktion (auch Loopback genannt) inklusive, so dass der Anrufer keine Slapback-Echos beim Sprechen hört. Über sechs Pads lassen sich Djingles einspielen. Mit der genialen Automix-Funktion, die ein intelligentes Ducking in den Sprecherkanälen realisiert, sowie opulenten Möglichkeiten zum Erstellen individueller Kopfhörer-Mixe verfügen beide Pulte über professionelle und nicht selbstverständliche Features. Überaus kraftvolle Vorverstärker (maximal 80 dB Gain), die Möglichkeit zur direkten Aufnahme über angeschlossene Micro-SD-Karten oder USB-Medien runden die wichtigsten Eckpunkte beider DLZ-Pulte ab. Schon damals wies ich auf die Möglichkeit hin, dass Dank Touch-Display Steuerung und dahinter werkelnder Software das Pult dynamisch um weitere Features erweiterbar ist, was jetzt auch geschehen ist. Und so warten beide Pulte mit neuen Features auf, die ich einmal kurz anreißen möchte.

 

Neue Funktionen dank Firmware-Update

Ab sofort können die Pulte sozusagen auch deutsch sprechen. Zur Auswahl stehen neun Systemsprachen. Ungleich spektakulärer geht es in den Pad-Bänken weiter. So stehen jetzt insgesamt acht wählbare Banken zu Verfügung. Allerdings geht das über die kleinen Pfeiltaster im Übersichts-Display nur mühsam. Besser gehts durch direkten Druck auf den Buchstaben-Button und die Spalte im Übersichts-Display wechselt zwischen Sample- und Bank-Slots. Sehr gut. Noch besser und sogar einzigartig: Anstelle von Samples können jetzt auch Effekte – Echo, Hall, und ganz neu ein Telefoneffekt sowie diverse Pitch-Shift-Effekte – durch Druck auf ein Pad auf einen der Mikrofon-Eingänge geroutet werden. Noch besser: Über das Unter-Menü “Steuern” lassen sich jetzt sechs Optionen aufrufen, die beim Druck auf ein Pad für Ruhe während einer Aufzeichnung sorgen, sollte ein Gesprächspartner zu renitent auftreten. Die Zensieren-Funktion schaltet alle Kanäle stumm und lässt ein Sample erklingen, um Schimpftiraden auszublenden. Zudem gibt es schaltbare Mute-Groups, um bestimmte Kanäle beim Betätigen stumm zu schalten und andere bei der Aufzeichnung durchzulassen. Ein Fade lässt sich einstellen sowie auch ein Ducking, um alle Kanäle bis auf den ersten (Mikro-)Kanal auszublenden. Weitere Funktionen erlauben es, dass bestimmte Kanäle aus der Mischung ausgenommen werden, aber intern immer noch hörbar sind. So ist etwa ein Anrufer während einer Sendung hörbar, aber nicht die gleichzeitig stattfindende Unterhaltung, die über die Mikro-Kanäle geführt wird und nur für die Leute direkt am Pult hörbar ist. Das ist so ähnlich wie die Talkback-Funktion an großen Studio-Pulten. Wer mag, kann diese Funktionen nur temporär, also so lange wie das Pad gedrückt ist, ausführen oder permanent aktivieren und nach erneutem Druck deaktivieren. Einzig mit diesem Satz an Features verfügen die DLZ-Pulte über professionelle Features aus der Radio-Praxis, die ich bislang in Produkten der Mitbewerber so noch nicht gesehen habe. Alleine dafür gibt es schon ein Sonderlob in Sachen Ausstattung und dank einfachem Handling auch in Sachen Bedienung. 

 

Das DLZ Creator XS Pult hat weniger Mikrofon- und Kopfhörer-Anschlüsse als sein großer Bruder. Auch das Touch-Display ist etwas kleiner. Aber in Sachen Features und Funktionen spielt es ebenso mächtig auf, wie das große DLZ-Pult.

Audio über Ethernet dank NDI

Den Vogel schießt Mackie aber mit der endlich  funktionsfähigen Ethernet-Schnittstelle ab. Ähnlich wie im Dante- oder AVB-Protokoll erlauben die DLZ-Pulte jetzt auch das Übertragen von Audio via Ethernet-Schnittstelle. Doch das ist nicht der Haupt-Einsatzzweck. Mackie nutzt das kostenlose NDI-Protokoll des Herstellers Newtek, das primär zur Übertragung von Video-Streams über Ethernet dient. Die Übertragung von Audio ist zwar auch möglich, würde aber die Einsatzfähigkeit dieses Protokolls eher eingrenzen. So sind diverse Szenarien möglich, etwa ein Setup aus DLZ-Pult, einer Netzwerk-Webcam und einem Desktop-Rechner, wobei das Webcam-Signal in den Rechner geht, das Audio vom DLZ-Pult ebenfalls, wo beides dort simultan etwa von OBS Studio aufgezeichnet wird, während parallel im DLZ-Pult etwa auf SD-Karte aufgezeichnet wird. Auch kann beispielsweise ein Laptop mit integrierter Webcam, ein Desktop-Rechner und das DLZ-Pult einen Verbund eingehen. So kann der Laptop hierbei das OBS Studio laufen lassen und der Desktop-Rechner die reine Audio-Anwendung. Der Varianten und Möglichkeiten gibt es unzählige. Einzig ein Ethernet-Switch ist dafür erforderlich und das Installieren der NDI-Software, die es für Windows, Mac und auch Linux gibt (https://ndi.video/tools/). Umständliches und kryptisches Einstellen von IP-Adressen ist nicht nötig. Das Pult erkennt angeschlossene Geräte, auf denen die NDI-Tools installiert sind automatisch. Dabei werden auch dedizierte VST3-NDI-Plug-ins installiert, die in die gewünschten Eingänge und am Stereo-Bus der DAW insertiert werden müssen, um Audio vom DLZ-Pult ohne Zuhilfenahme von ASIO (was natürlich nach wie vor möglich ist) im Rechner aufzuzeichnen. Im Test geht dies jedenfalls kinderleicht. Mein schwachbrüstiges Macbook nutze ich als Webcam und fliege über das DLZ Creator XS das Audio in den zentralen Desktop-Rechner, wo das OBS-Studio läuft und beide Signalarten entgegennimmt (dazu ist zuvor das Installieren eines speziellen OBS-NDI-Plug-ins nötig). Mit diesen Möglichkeiten sorgt Mackie jedenfalls für eine kongeniale Verbindung und Verzahnung von Audio und Video, die ich bislang so ebenfalls noch nicht gesehen habe, zumindest nicht im Podcast-/Creator-Bereich.

Fazit

Mackie legt mit dem Modell DLZ Creator XS eine kompakte Modellvariante für Alleintäter vor, die in Sachen Features und Funktionen keine Abstriche macht. Ganz im Gegenteil verfügt die Creator-Serie über neue professionelle , sogar einzigartige Features – Pad-Steuerung, Einbindung via NDI-Protokoll – die  in diesem Marktsegment bislang Ihres Gleichen suchen.

Hersteller Mackie
Vertriebhttps://mackie.com
Preis [UVP]529 Euro
KategorieOberklasse
Ausstattungsehr gut – überragend
Bedienung sehr gut
Verarbeitungsehr gut
Klangsehr gut
Gesamtnotesehr gut