Das Lewitt RAY ist kein gewöhnliches Mikrofon, es ist ein Mikrofon, das die Art und Weise, wie wir recorden, auf den Kopf stellt. Wieso das so ist, erfährst du in diesem Artikel.
von Stefan Hofmann
Im Bereich der Musikproduktion gibt es ab und an Innovationen, die alles verändern. Auto-Tune, der Kemper-Profiling-Amp sowie Melodyne zählen dazu. In der Mikrofontechnik gibt es zwar immer wieder Verbesserungen von Komponenten, auf wirkliche Innovationen warten Nutzer jedoch vergeblich. „Hold my beer“, dürften sich die Entwickler von Lewitt gedacht haben, als sie das RAY-Mikrofon in den Handel brachten. Der erste Schallwandler mit Autofokus für die Stimme…
Lewitt RAY – Ein Überblick
Das Lewitt RAY ist ein Großmembran-Kondensatormikrofon mit XLR-Anschluss, fester Nierencharakteristik und einer 1-Zoll-Echtkondensatorkapsel, das auf dem Lewitt LCT 440 PURE basiert. Der Preis hat mich erstmal ungläubig dreinblicken lassen. Gerade einmal 350 Euro werden für den smarten Schallwandler fällig – trotz seiner innovativen Funktionen, doch dazu später mehr.
Im Lieferumfang sind eine Transporttasche, eine Mikrofonspinne, die tieffrequentes Rumpeln und Körperschall reduziert, ein magnetischer Pop-Filter, der sich einfach an der Spinne befestigen lässt und ein Windschutz aus Schaumstoff enthalten. Optisch bewegt sich das Mikrofon dank des schicken, in Schwarz gehaltenen Gehäuses und der mit LED-Balken versehenen Bediensektion, am Puls der Zeit. Der Hersteller nennt das Mikrofon „kamerafreundlich“, was ich so unterschreiben würde. Die Verarbeitungsqualität ist erstklassig – nichts wackelt, alles bleibt an seinem Platz.
AURA-Technologie
Jeder von uns musste schon einmal mit Vokal-Aufnahmen arbeiten, die zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden sind und sich aufgrund der unterschiedlichen Positionierung der Schallquelle klanglich unterscheiden. Dieser Umstand zieht meist zeitintensive Anpassungen in der Postproduktion nach sich. Nicht so mit dem Lewitt RAY, da es diesem Problem schon beim Recording entgegenwirkt.
Das RAY ist das erste Mikrofon mit der sensorbasierten AURA-Technologie. Diese wirkt unter anderem dem Nahbesprechungseffekt entgegen und gleicht, wenn nötig, Bassgehalt und Pegel aus, wenn sich der Abstand der Schallquelle zum Mikrofon verändert. Ein verbauter Sensor an der Vorderseite des Gehäuses erkennt den Abstand des Sprechers/Sängers zum Mikrofon zu jeder Zeit und passt den Sound entsprechend an. Das Signal hat also den gleichen Bassanteil und Pegel, egal ob du näher oder weiter entfernt vom Mikro stehst. Ein echter Autofokus für Audiosignale eben. Die Spannungsversorgung funktioniert dabei in Gänze über die Phantomspeisung.
Besonders als Einzelkämpfer im Studio ist dieses Feature bahnbrechend. So kannst du dich auf deine Performance konzentrieren und ideale Aufnahmen für Podcasts, Live-Streaming und deine Musikproduktionen realisieren, ohne ständig auf Klang, Positionierung und Pegel achten zu müssen.
AURA lässt sich ganz einfach über einen Button auf der Vorderseite an- und ausschalten. Du musst diese Funktion also nicht nutzen, wenn du das nicht möchtest. Über sechs beleuchtete Balken auf der Vorderseite bekommst du Auskunft über den Abstand. Diese sind auch für das nächste Feature wichtig.
MUTE by Distance
„MUTE by Distance“ ist, wie der Name schon sagt, ein Stummschaltungs-Feature, das du nicht händisch handhaben musst. So schaltet sich das Mikrofon selbstständig stumm, sobald du dich von ihm entfernst und eine gewisse Distanz zum Schallwandler erreichst. Kommst du wieder näher, aktiviert es sich eigenständig. Zum Einstellen der Funktion hältst du die MUTE-Taste etwas länger gedrückt. Nun kannst du die Entfernung definieren, indem du das Mikrofon oder dich selbst an die gewünschte Position bewegst. Möchtest du das Mikrofon manuell muten, kannst du einfach die Mute-Taste betätigen, die auch bei aktiviertem MUTE by Distance funktioniert.
Das Lewitt RAY in der Praxis
Für den Praxistest habe ich das Lewitt RAY in meiner gewohnten Studioumgebung mit dem Antelope Audio Zen Go Synergy Core und einem MacBook Pro samt Logic Pro genutzt. Also Spinne auf den Mikroständer geschraubt, Mikro reingesteckt und festgedreht, Popschutz drauf und XLR-Kabel rein. Nach dem Aktivieren der Phantomspeisung können auch schon alle Funktionen genutzt werden.
Zuerst habe ich das Mikrofon ohne seine Sonderfunktionen genutzt, um ein Gefühl für den Sound zu bekommen. Kurz gesagt: Das RAY ist ein Mikrofon, das sehr gute Klangeigenschaften mitbringt und Aufnahmen mit hervorragender Qualität ermöglicht. Kommen wir nun zu AURA. Ich platzierte das Mikrofon vor dem Sänger und bat ihn, einen Song einzusingen, ohne meine normalen Vorgaben zu beachten, wie beispielsweise zu versuchen, den Abstand zum Mikro nicht zu verändern. Er hatte also volle Freiheit bei seiner Gesangperformance. Die entstandene Aufnahme ließ mich ziemlich baff zurück. Obwohl sich der Sänger der Musik hingab und sich zum ein oder anderen Ausreißer in Bezug auf den Mikrofonabstand hinreißen ließ, klang die Aufnahme so, als hätte er brav ruhig gehalten. Das müsst ihr unbedingt einmal ausprobieren. Natürlich ist das RAY kein magischer Zauberkasten, der jede Aufnahmesituation in ein perfektes Aufnahmeergebnis verwandelt. Ist das Objekt beispielsweise zu weit vom Mikrofon entfernt, sind natürlich auch Raumanteile auf der Aufnahme zu hören, das sollte aber jedem Nutzer klar sein. Das Aktivieren der AURA-Funktion bringt übrigens auch keine störenden Artefakte oder dergleichen mit. Übrigens: Lewitt hat bei der Entwicklung der AURA-Technologie dafür gesorgt, dass ein wenig Nahbesprechungseffekt vorhanden bleibt. Sonst würde das Signal unnatürlich klingen.
Besonders gefallen hat mir die MUTE-by-Distance-Funktion, die durch ein längeres Drücken auf die MUTE-Taste aktiviert und eingestellt werden kann. Während meines Tests gab es keine Situation, in der dieses Feature nicht tadellos funktioniert hat. Besonders Podcaster mit großen Gesprächsrunden oder Streamer mit Hustenanfällen dürften vor Freude in die Luft springen. So reicht es sich zurückzulehnen, um das Mikrofon stumm zu schalten. Beugt man sich wieder nach vorne, ist es wieder aktiv. Dieser Prozess funktioniert schnell und ohne Knackser – Bravo. Alles in allem lässt sich das Mikrofon sehr einfach bedienen und kommt, zur Freude meinerseits, auch ohne App aus.
Fazit
Mit Produkten wie dem RAY zeigt Lewitt, dass die Mikrofontechnik noch lange nicht am Ende ihrer Entwicklung ist. Durch seine innovativen Funktionen und die hohe Anpassungsfähigkeit setzt es neue Standards und gibt uns einen Blick darauf, wie moderne Mikrofone den steigenden Ansprüchen an Klangqualität und Flexibilität gerecht werden können. Die sensorbasierte AURA-Technologie arbeitet verlässlich und sorgt dafür, dass dein Stimmsound immer gleich bleibt, egal ob sich die Schallquelle während der Aufnahme zum Mikrofon hin- oder wegbewegt. Das MUTE-by-Distance-Feature dürfte besonders Streamer erfreuen, da es das Mikrofon nach vorheriger Einstellung stummschaltet, wenn beispielsweise der Mikrofonarm weggedreht wird. Neben den innovativen Funktionen ist das Lewitt RAY aber vor allem eins: Ein sehr gut verarbeitetes Mikrofon mit einer hervorragenden Klangqualität und einem grandiosen Preis-Leistungs-Verhältnis, das jeden Musiker, Podcaster oder Streamer begeistern dürfte.
RAY
Hersteller | Lewitt |
Vertrieb | https://lewitt-audio.com |
Preis [UVP] | 349 Euro |
Bewertung
Kategorie | Mittelklasse |
Ausstattung | sehr gut |
Verarbeitung | überragend |
Bedienung | sehr gut – überragend |
Klang | sehr gut – überragend |
Gesamtnote | sehr gut – überragend |